AUSKUNFTEIEN

Geschäftsmodell infrage gestellt?

Muss die Eintragung einer Restschuldbefreiung auch aus dem Schufa Datenbestand gelöscht werden, wenn sie nach sechs Monaten aus den Veröffentlichungen der Insolvenzgerichte getilgt wird? Diese Frage hat das Verwaltungsgerichts Wiesbaden dem EuGH vorgelegt. Bisher erfolgt die Löschung bei der Schufa gemäß den "Verhaltensregeln für die Prüf und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien" vom 25. Mai 2018 des Branchenverbandes "Die Wirtschaftsauskunfteien e.V." erst nach drei Jahren. Dagegen hat ein Betroffener Beschwerde beim hessischen Datenschutzbeauftragten eingelegt, der das Begehren jedoch ablehnte.

Der EuGH soll in diesem Kontext zum einen klären, ob es genügt, wenn sich der Datenschutzbeauftragte wie im Falle einer Petition mit der Beschwerde der Betroffenen befasst und sie über den Stand und das Ergebnis der Beschwerde unterrichtet - oder ob dadurch nicht das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen die Aufsichtsbehörde eingeschränkt wird. Hier bedürfe es einer Klärung, ob die Entscheidung der Aufsichtsbehörde, also des Datenschutzbeauftragten, der vollen inhaltlichen Kontrolle der Gerichte unterliegt.

Daneben geht es um die Frage, ob die Eintragungen aus den öffentlichen Verzeichnissen, beispielsweise aus den Veröffentlichungen der Insolvenzgerichte, eins zu eins in privat geführte Verzeichnisse übertragen werden können, ohne dass ein konkreter Anlass zur Datenspeicherung bei der privaten Wirtschaftsauskunftei besteht, sondern die Daten nur für den Fall einer eventuellen Auskunftsanfrage durch ein Wirtschaftsunternehmen, gespeichert werden. Dies, so die Wiesbadener Richter, führe letztendlich zu einer Vorratsdatenspeicherung, vor allem dann, wenn in dem nationalen Register die Daten schon wegen Ablaufs der Speicherfrist gelöscht worden seien.

Nicht zuletzt hat das Gericht Zweifel daran geäußert, ob eine solche "Parallelhaltung" dieser Daten neben den staatlichen Registern bei einer Vielzahl von Auskunfteien überhaupt zulässig ist, zumal eine solche "Datenhaltung" gesetzlich nicht geregelt sei und massiv in die wirtschaftliche Betätigung von Betroffenen eingreifen könne. Hier liegt die eigentliche Brisanz der Entscheidung - wird damit doch das Geschäftsmodell der Auskunfteien insgesamt infrage gestellt. Sofern die Speicherung zulässig sein, sollte, müssten nach Auffassung der Richter jedenfalls dieselben Speicher und Löschfristen gelten, wie in den öffentlichen Registern. Dann müssten Daten, die im öffentlichen Register zu löschen seien, zeitgleich auch bei allen Auskunfteien getilgt werden.

Wenngleich es im konkreten Fall um die Schufa geht, ist diese Vorlage an den EugH für alle Auskunfteien und indirekt auch für alle Kreditgeber ein Schlag ins Kontor. Dass der EuGH gleich das ganze Geschäftsmodell der Auskunfteien vom Tisch fegt und deren Datenspeicherung generell für unzulässig erklärt, ist vielleicht nicht unbedingt zu befürchten. Denn es ist gut möglich, dass das Gericht ein berechtigtes Interesse von Banken und anderen Wirtschaftsunternehmen an einer Information über die Bonität ihrer Kunden anerkennt und in der Folge auch das Interesse an einer Dienstleistung in dieser Angelegenheit.

Selbst dann geht die Frage nach einer einheitlichen Speicherfrist bei den Insolvenzgerichten und den Auskunfteien in die gleiche Richtung wie die Verkürzung der Wohlverhaltensfrist zum Erreichen der Restschuldbefreiung: Der Trend geht dahin, überschuldeten Verbrauchern so schnell wie möglich wieder zu einer "weißen Weste" zu verhelfen, dank derer sie wieder in vollem Ausmaß am wirtschaftlichen Leben teilnehmen - und möglicherweise alte Gewohnheiten wieder aufnehmen können, die sie erst in die Überschuldung geführt haben. Damit täte man den Verbrauchern, die so immer schneller in eine Endlosschleife der Überschuldung zu geraten drohen, ebenso wenig einen Gefallen wie den Gläubigern. Insofern bleibt nur zu hoffen, dass der EuGH Augenmaß beweisen wird. Red.

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