VERBRAUCHERSCHUTZ

Gesetzeswidriger Umgang mit dem Moratorium?

Um Verbraucher mit Krediten vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren, hat der Bundestag im März 2020 ein Kreditmoratorium beschlossen. Auf dessen Grundlage konnten Verbraucher, die wegen der Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten gerieten, die Raten für Zins- und Tilgungsleistungen für drei Monate aussetzen. Wie die Geldinstitute dieses Gesetz umgesetzt haben, hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) untersucht. Betroffene Verbraucher konnten sich dabei direkt an den Verband wenden. Das Ergebnis wirft wieder einmal ein schlechtes Bild auf die Branche. "Kreditinstitute haben sich teilweise unsolidarisch verhalten und von Verbrauchern in Not mehr Geld verlangt als ihnen zusteht", so Dorothea Mohn, Leiterin des Teams Finanzmarkt des VZBV.

In den gemeldeten Fällen machten die Verbraucherschützer unterschiedliche Szenarien aus, die Mehrkosten für die Verbraucher bedeuteten. Im ersten Szenario kamen die Banken dem Stundungsbegehren der Verbraucher nach, forderten jedoch weiterhin die Zinsen, sodass die Gesamtkosten des Kredites sich erhöhten. In einer anderen Variante mussten Verbraucher individuelle Vereinbarungen mit ihren Banken treffen, die gegenüber ihrem rechtlichen Stundungsanspruch nachteilig für sie waren, etwa in Form höherer Raten oder einer Aufstockung des Kredits als Bedingung für die Stundung. Anderen Verbrauchern wurde geraten, zur Überbrückung ihren Dispokreditrahmen zu erhöhen.

Keine Frage: Solche Praktiken sind nicht eben kundenfreundlich. Und sie entsprechen wohl auch nicht dem, was der Gesetzgeber im Sinn hatte. So verweist der VZBV auf die Gesetzesbegründung, in der es heißt, dass den Verbrauchern keine Verzugszinsen, Entgelte oder Schadenersatzansprüche entstehen sollten. Nach Einschätzung des VZBV verstoßen die gemeldeten Fälle daher gegen das gesetzliche Kreditmoratorium oder doch gegen die Intention des Gesetzes.

Letzteres mag stimmen. Dann muss sich der Gesetzgeber allerdings vorwerfen lassen, im Gesetzestext nicht konkreter geworden zu sein und eventuelle Mehrkosten für den Kreditnehmer ebenso zu untersagen wie die Kündigung des Kredits während des Moratoriums. Wenngleich das "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht" im März dieses Jahres unter dem Druck der Ereignisse mit heißer Nadel gestrickt wurde, hätte sich ein solcher Satz wohl aufnehmen lassen. Stattdessen sieht der Gesetzestext ausdrücklich anstelle einer bloßen Verschiebung der vertraglichen Verpflichtungen einvernehmliche Vereinbarungen, zum Beispiel über Teilleistungen, Zins- und Tilgungsanpassungen oder Umschuldungen vor. Insofern dürfte zumindest in der Mehrzahl der von den Verbraucherzentralen zusammengetragenen Fälle kein Gesetzesverstoß vorliegen. Der VZBV hat bisher auch nichts von Abmahnungen berichtet, die im Fall von vermuteten Gesetzesverstößen der naheliege Weg wären.

Das heißt nicht, dass die BaFin in ihrer Verbraucherschutzfunktion den Umgang der Kreditwirtschaft mit dem Moratorium nicht überprüfen sollte, um mögliches Fehlverhalten abzustellen, wie es Dorothea Mohn fordert. Denn natürlich lässt sich die Frage stellen, wie "einvernehmlich" die Regelungen im Einzelfall waren, wenn Kreditnehmer finanziell unter Druck standen und Alternativen fehlten.

Bei all dem gilt es allerdings auch zu bedenken, dass es sich bei den genannten Praktiken um kein repräsentatives Bild zum Umgang der Branche mit dem Moratorium handelt. Bei den Verbraucherzentralen schlagen schließlich üblicherweise nur diejenigen Fälle auf, in denen Kunden mit ihrer Bank unzufrieden waren. In vielen anderen Fällen - vermutlich der großen Mehrheit - werden sich Kunden und Banken oder Sparkassen zur beiderseitigen Zufriedenheit geeinigt haben. Wie so oft sind es also wieder einmal einzelne, die dem Ruf der gesamten Branche schaden. Auch das könnte eine Untersuchung der BaFin offenlegen - sofern es der Aufsicht dafür nicht überhaupt an den erforderlichen Kapazitäten fehlt. Red.

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