Immer mehr Fintechs verschwinden vom Markt

Quelle: PWC

Seit dem Jahr 2011 haben insgesamt 233 Finanz-Start-ups in Deutschland ihr Geschäft wieder eingestellt. Seit 2017 hat sich das Fintech-Sterben rasant beschleunigt. Waren es in den Jahren 2014 bis 2016 jährlich 12 Unternehmen, die vom Markt verschwanden, stieg diese Zahl 2017 auf 62 und 2018 auf 74. Von Januar bis Mai 2019 wurden 34 Fintechs geschlossen - so viele wie noch nie zu diesem Zeitpunkt. Das geht aus dem Fintech-Kooperationsradar 2019 von PwC hervor. Insgesamt haben sich damit von 2017 bis Mai 2019 170 Fintechs wieder aus dem Markt verabschiedet - das sind 73 Prozent der Schließungen seit 2011.

PwC erklärt diese Entwicklung nicht zuletzt mit der Gürndungseuphorie der Jahre 2015 und 2016. In diesen beiden Jahren wurden laut der EY-Studie German Fintech Landscape vom November 2018 64 (2015) beziehungsweise 59 (2016) neue Fintechs gegründet. Danach schwächte sich der Gründungsboom deutlich ab - auf 22 Neugründungen 2017 und geschätzt 12 im Jahr 2018.

Andere Studien kommen zwar - je nach Definition des Begriffs "Fintech" zu deutlich höheren Zahlen. Die Beobachtung, dass sich die Gründungseuphorie 2017 und 2018 nach einem Höhepunkt in den Jahren 2015 und 2016 wieder stark abgeschwächt hat, sind sich jedoch alle einig.

Sollte der von PwC festgestellte Trend anhalten, wonach Finanz-Start-ups, die ihre Geschäfte einstellen, im Schnitt knapp vier Jahre alt sind, würde dies bedeuten, dass der Fintech-Schwund auch 2019 und vermutlich noch 2020 weiter zunehmen wird. Bis zum Jahresende 2019 sagt PwC eine Gesamtzahl von 82 gescheiterten Fintechs voraus. Das wären erneut sechs mehr als 2018.

Noch eine andere Beobachtung spricht für die Vermutung, dass unter den wieder vom Markt verschwundenen Fintechs viele "Me-too-Start-ups" waren, "die irgendwann 2013 oder 2014 auf den Zug aufspringen wollten - und dann feststellen mussten, dass es in ihrem Segment schon Wettbewerber gibt, die schlicht früher dran waren", wie es Sascha Demgensky von PwC formuliert. Das ist die geografische Verteilung der Schließungen. Denn der Großteil der verschwundenen Fintechs hatte seinen Sitz jeweils dort, wo zuletzt besonders viele gegründet wurden - also in der Start-up-Hauptstadt Berlin (74). Dahinter folgen nahezu gleichauf München (25), Hamburg (21) und Frankfurt am Main (20). In diesen vier Städten zusammen waren 60 Prozent der seit 2011 vom Markt verschwundenen Fintechs ansässig.

Derzeit geben vor allem B2C-Fintechs auf

48 Prozent der gescheiterten Fintechs wandten sich mit ihren Produkten und Services direkt an den Endverbraucher. Nahezu gleichauf verfolgten 44 Prozent ein B2B-Geschäftsmodell, bei 8 Prozent war keine klare Zuordnung zu einer der beiden Rubriken möglich. Den Überhang der B2C-Geschäftsmodelle unter den Schließungen erklärt PwC unter anderem damit, dass in diesem Bereich viele Start-ups die Kosten der Kundenakquise unterschätzt hatten.

2017 und 2018 lagen jedoch die B2B-Fintechs unter denen, die ihre Tätigkeit einstellten, vorn. 2017 standen 23 Geschäftseinstellungen im B2B-Bereich nur 5 im B2C-Bereich gegenüber, 2018 waren es 42 (B2B) versus 30 (B2C). 2019 hat sich dieses Verhältnis jedoch bislang deutlich umgekehrt. 11 der Unternehmen, die sich vom Markt verabschiedet haben, richteten sich an Unternehmen, 28 an Endkunden.

Auch über die Segmentverteilung gibt die Erhebung Aufschluss. So waren allein 70 der gescheiterten Fintechs im Bereich "Finanzierung" tätig, bei 53 handelte es sich um sogenannte Proptechs (also Finanz-Start-ups mit Bezug zur Immobilienbranche), es folgen Payment-Firmen (29) und Insurtechs (22). Im Investmentsegment - wozu zum Beispiel sogenannte Robo Advisor gehören - verzeichnet die Studie 20 Geschäftseinstellungen. Elf verschwundene Fintechs hatten sich auf Dienstleistungen rund um den Bitcoin oder die Blockchain spezialisiert.

Start-ups mit Venture-Capital-Finanzierung geben selten auf

Für Banken, die mit Fintechs kooperieren, ist es immer ärgerlich, wenn der Partner scheitert - wie es etwa der DKB mit Cringle erging. Hier, so PwC, lohnt ein Blick darauf, wer in den potenziellen Partner investiert hat. Denn Venture Capital finanzierte Start ups machen nur 11 Prozent aller Geschäftseinstellungen aus.

Ist ein potenzieller Partner bereits 5 Jahre und länger am Markt, senkt auch dies das Risko, dass das Geschäft wieder eingestellt wird. 81 Prozent der vom Markt verschwundenen Start-ups waren bis zu vier Jahre alt.

Mehr "Outbound"- als "Inbound"- Fintechs

Während auf der einen Seite die Konsolidierung stattfindet, sind andere Fintechs am Expandieren. Rund 100 deutsche Fintechts sind laut EY-Studie mittlerweile im Ausland tätig, davon 35 Prozent in der DACH-Region und 44 Prozent im Rest von Europa. Damit sind deutsche Fintechs in Sachen Auslandsexpansion aktiver als Wettbewerber aus dem Ausland. Die Zahl der "Inbound"-Fintechs, die aus dem Ausland kommend ihr Geschäft auf Deutschland ausweiten, gibt EY mit 84 an. Von ihnen kommen 26 Prozent aus der Schweiz oder Österreich und 65 Prozent aus dem übrigen Europa. Als Beispiele sind hier Klarna, Transferwise, Monese oder i-Zettle zu nennen. Red.

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