PREISPOLITIK

Kommunikationsaufgabe Verwahrentgelte

44 Prozent wollen nicht zustimmen Quelle: YouGov

Bei Frauen können Kreditinstitute geringfügig eher auf Verständnis für Verwahrentgelte hoffen als bei Männern. Doch auch von ihnen halten mehr als zwei Drittel, nämlich 69 Prozent, solche "Strafzinsen" auf Bankeinlagen für falsch (Männer 72 Prozent). Das geht aus einer Umfrage hervor, für die Yougov am 26. September 2021 insgesamt 2 074 Personen repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren befragt hat. Wenig überraschend sind es vor allem Ältere, die Verwahrentgelte ablehnen, sind sie doch zum einen während eines großen Teils ihres finanziellen Lebens noch an teils ordentliche Zinssätze gewöhnt gewesen und zum anderen dank höherer Sparguthaben auch stärker von Negativzinsen betroffen als Jüngere. Deshalb steigt die Ablehnung mit dem Alter der Befragten an - auf stolze 83 Prozent bei Befragten über 55 Jahre. Einzig unter den 18- bis 24-Jährigen lehnt etwas weniger als die Hälfte (46 Prozent) Verwahr entgelte ab.

Was den Umgang mit solchen Entgelten angeht, haben 24 Prozent der Betroffenen bereits zugestimmt, 17 Prozent haben noch vor, dies zu tun. Diesen zusammen 41 Prozent stehen 44 Prozent gegenüber, die weder zugestimmt haben noch die Absicht hegen, dies noch zu tun. 15 Prozent sind noch unentschieden.

Kontokündigung für Mehrheit nicht gerechtfertigt

Den Kommunikationsaufwand, der für die Institute mit Verwahrentgelten verbunden ist, zeigt die Tatsache, dass nur 31 Prozent der Betroffenen nicht beabsichtigen, sich darüber zu beschweren. 60 Prozent hingegen haben dies bereits getan (27 Prozent) oder haben es noch vor (33 Prozent). Die Kündigung der Kontobeziehung seitens der Bank bei Nicht-Zustimmung zu Verwahrentgelten finden fast drei Viertel der Befragten nicht gerechtfertigt. Lediglich 14 Prozent beurteilen sie als gerechtfertigt. Auch hier gibt es wieder deutliche Unterschiede nach Altersgruppen. Bei den 18- bis 24-Jährigen sowie den 25- bis 34-Jährigen ist das Verständnis für solche Kündigungen mit 30 beziehungsweise 26 Prozent etwa doppelt so weit verbreitet wie im Durchschnitt über alle Altersgruppen hinweg.

Noch immer sagen fast drei Viertel der Befragten (73 Prozent): Ein Verwahrentgelt würde mich veranlassen, mein Bankinstitut zu wechseln. Fast ebenso viele (72 Prozent) würden sich dadurch veranlasst sehen, den Umfang ihrer Geschäftsbeziehung mit der entsprechenden Bank zu reduzieren und mehr mit anderen Banken zusammenzuarbeiten - und das, obwohl immerhin 61 Prozent befürchten, dass alle Bankinstitute letztendlich Verwahrentgelte erheben werden (womit ein Bankwechsel oder die Verteilung der Guthaben auf mehrere Banken als Ausweichstrategie sich als obsolet erweisen würde). Der Altersvergleich und der Vergleich nach Geschlechtern zeigt auch hier: Vor allem Ältere würden zur Vermeidung von Verwahrentgelten ihre Bank wechseln und/oder mehr mit anderen Banken zusammenarbeiten, Männer häufiger als Frauen.

Lediglich 39 Prozent der Studienteilnehmer (Männer 46 Prozent, Frauen 33 Prozent) gaben an, derzeit aktiv nach Möglichkeiten zu suchen, ihr Geld so anzulegen, dass kein Verwahrentgelt fällig wird. Diese potenziellen aktiven Verwahrentgelt-Vermeider suchen zu 55 Prozent ständig nach Möglichkeiten, ihr Geld gewinnbringend zu investieren. Sie bezeichnen sich zu 67 Prozent als finanziell abgesichert (Gesamtbevölkerung 53 Prozent) und fühlen sich sicher in Bezug auf ihre Karriere und Berufsaussichten (gesamt: 52 Prozent). 45 Prozent von ihnen (Gesamtstichprobe 33 Prozent) macht es deshalb nichts aus, mit ihrem Geld zu spekulieren. Nachhaltigkeit bei Banken ist ihnen zu 70 Prozent wichtig. Zugleich zeichnen sie sich durch eine unterdurchschnittliche Loyalität zu ihrer Hausbank aus: Zu 55 Prozent (Gesamtbevölkerung 40 Prozent) ziehen sie es vor, mehr als ein Bankkonto zu haben.

Sensibilität bei älteren Kundengruppen

Was also können Banken aus diesen Ergebnissen lernen? Punkt eins: Kommunikation ist das A und O, und zwar weit über das vom BGH geforderte Maß hinaus. Auch wenn man nur bei einem Teil der Kunden auf Verständnis dafür hoffen darf, müssen Verwahrentgelte erklärt werden. Nur so lässt sich der Eindruck vermeiden, Banken und Sparkassen hätten sie als neue Ertragsquelle identifiziert. Angesichts der Ausweichstrategien gilt es zudem darüber nachzudenken, "Abwehrkonditionen" für solche Kunden einzuführen, die Guthaben von anderen Banken verlagern wollen - beispielweise in Form von Verwahrentgelten für Neukunden mit geringeren Freibeträgen, als sie für Bestandskunden gelten, wie es bereits eine Reihe von Instituten umgesetzt hat.

Die eigentliche Aufgabe besteht indessen darin, die Kunden auf andere Spar- und Anlagemöglichkeiten aufmerksam zu machen, ohne sie ohne echte Überzeugung aufseiten der Kunden in Wertpapieranlagen hineinzuberaten. Das dürfte besonders bei älteren Kunden zur Herausforderung werden, bei denen das Argument, dass sich die Investition in Wertpapiere langfristig immer auszahlt, nicht mehr zieht. Gerade bei diesen Kunden ist besondere Sensibilität gefragt. Red.

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