MITARBEITER

Metallbranche als Vorbild?

Die Rahmenbedingungen, mit denen es die Kreditwirtschaft derzeit zu tun hat, sind unverändert schwierig: Regulierungs- und Wettbewerbsdruck bleiben hoch, ebenso die Investitionen, die für den Umbau des Geschäftsmodells erforderlich sind. Auch an der Zinsfront, da sind sich die Experten weitgehend einig, ist keine Entlastung in Sicht.

In diesem Umfeld sind die Forderungen der Gewerkschaft Verdi ambitioniert. Für die rund 200 000 Beschäftigten des privaten und öffentlichen Bankgewerbes fordert sie eine Erhöhung der Gehälter um 6 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten sowie für alle Beschäftigten sechs "Gesundheits- und Entlastungstage". Nach dem Vorbild der Metallbrache sollen zudem auch die Bankmitarbeiter die individuelle Wahlmöglichkeit erhalten, die Gehaltssteigerung in mehr Freizeit umzuwandeln.

Begründet wird die Forderung nach sechs zusätzlichen freien Tagen sowie der Wandlungsoption von Geld in Freizeit mit der durch Personalabbau gestiegenen Arbeitsverdichtung sowie neuen Anforderungen durch digitale Arbeitsprozesse und verändertes Kundenverhalten, durch die die Arbeit deutlich anspruchsvoller und belastender geworden sei.

Diese Argumente sind zweifellos nicht von der Hand zu weisen. Natürlich ist der Arbeitsalltag der Banker (wie auch der Beschäftigten in anderen Branchen) nicht einfacher geworden. Nur: Das alles geschieht ja nicht, um die Mitarbeiter auszubeuten, sondern es ist notwendig, damit die Kreditinstitute wettbewerbsfähig bleiben, und damit auch, um Arbeitsplätze zu sichern. Die Forderung der Arbeitgeberseite, auch die Lage der Branche zu berücksichtigen, ist deshalb nicht von der Hand zu weisen.

Natürlich ist es klar, dass die Gewerkschaft immer mit einer Maximalforderung in die Verhandlungen geht - wohl wissend, dass sich nicht alles wird durchsetzen lassen. Zusätzliche freie Tage und die Option auf Arbeitszeitverkürzung wird es (zumindest in dem geforderten Umfang) deshalb wohl nicht geben. Es ist auch fraglich, ob das wirklich erforderlich ist. Schon jetzt liegt die Teilzeitquote bei 26 Prozent. Überdies können laut Tarifvertrag heute schon bis zu 10 Prozent der Beschäftigten ihre Arbeitszeit für bis zu zwei Jahre auf 28 Stunden reduzieren.

Je mehr die Flexibilität der Branche durch Tarifabschlüsse eingeschränkt wird, umso stärker dürfte der Trend dahin gehen, die Beschäftigtenzahlen durch Automatisierung von Prozessen zu reduzieren - etwa indem man Kundenanfragen verstärkt durch Chatbots beantworten lässt. Die Anzahl der Beschäftigten, die von den Segnungen neuer Tarifverträge profitieren, wird dann immer kleiner. Das ist allerdings selten die Sorge von Gewerkschaften. Red.

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