PRIVATINSOLVENZEN

Nachholeffekte durch neues Gesetz

Zehn Jahre lang gab es bei den Zahlen der Privatinsolvenzen in Deutschland nur eine Richtung: abwärts. Damit war es im ersten Quartal dieses Jahres vorbei, so die Zahlen von Crifbürgel. Die Privatinsolvenzen sind in Deutschland in diesem Zeitraum sogar sprunghaft angestiegen, so das zentrale Ergebnisse aus dem "Schuldenbarometer 1. Quartal 2021". Mit 31 821 privaten Insolvenzen gab es in den ersten drei Monaten 2021 um 56,5 Prozent mehr Fälle als im Vorjahreszeitraum (20 328). Auch für das Gesamtjahr erwartet Crifbürgel steigende Fallzahlen. "Aktuell gehen wir von bis zu 110 000 Privatinsolvenzen und damit von einer Verdopplung der Zahlen in diesem Jahr aus", so Geschäftsführer Dr. Frank Schlein. 2020 gab es insgesamt 56 324 private Insolvenzen in Deutschland.

Der Anstieg der Insolvenzzahlen betrifft alle Altersgruppen. Die größten Zuwächse gab es jedoch in den beiden jüngsten Alterskohorten. Bei den 18- bis 20-Jährigen mussten 83 Personen und damit 93 Prozent mehr eine Privatinsolvenz anmelden. In der Gruppe der 21- bis 30-Jährigen stiegen die Fallzahlen um 84,9 Prozent auf 5 171 Insolvenzen (1. Quartal 2020: 2 797). Die höchste Fallzahl gab es in der Altersgruppe 31 bis 40 Jahre mit insgesamt 8 966 Fällen. Das entspricht gegenüber dem Vorjahreszeitraum einem Anstieg um 61,1 Prozent.

Als Ursache macht die Auskunftei allerdings nicht in erster Linie die Corona-Pandemie, sondern die Gesetzesreform aus, durch die - rückwirkend für alle Insolvenzverfahren, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden - die Zeit bis zu einer Restschuldbefreiung von sechs auf drei Jahre verkürzt wurde. Viele Verbraucher haben mit Blick auf diese Änderung den Beschluss des Bundestags abgewartet und ihren Insolvenz antrag bis dahin zurückgehalten. Der sprunghafte Anstieg der Zahlen im ersten Quartal beinhaltet insofern Nachholeffekte.

Die erwartete Verdoppelung der Fallzahlen im Gesamtjahr 2021 lässt sich jedoch nicht allein damit erklären. Hier kommt wohl doch wieder Covid-19 ins Spiel. Die unmittelbar von der Corona-Pandemie verursachte Insolvenzwelle erwartet Crifbürgel ab dem 2. Halbjahr 2021 und bis in das Jahr 2022 hinein. Sie werde nicht nur Beschäftigte im Niedriglohnbereich betreffen. Sondern auch im mittleren Einkommenssegment könnten die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, etwa durch Kurzarbeit, existenzbedrohend sein. Zudem werde die höhere Arbeitslosigkeit wieder zu mehr Privatinsolvenzen führen, da die betroffenen Verbraucher bei gleichbleibenden Kosten über weniger Geld verfügen, um ihren Verpflichtungen wie Kreditzahlungen, Mieten oder Finanzierungen nachzukommen. Wie deutlich die Entwicklung bei den Privatinsolvenzen ausfällt, dürfte somit in starkem Maße von der wirtschaftlichen Erholung und der Entwicklung am Arbeitsmarkt abhängen. Red.

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