PRÄMIENSPARVERTRÄGE

Niederlage mit Ansage

Aussitzen ist für die Finanzbranche nur selten eine Option. Wenn Verbraucherschützer sich auf ein Thema eingeschossen haben, bei dem sie dringenden Handlungsbedarf sehen, dann urteilen über kurz oder lang entweder die Gerichte - oder die Aufsicht schaltet sich ein. Beim Thema Prämiensparverträge ist gleich zweierlei geschehen.

Im Mai 2019 hatte der Bundesgerichtshof ein eher bankenfreundliches Urteil gesprochen: Prämiensparverträge können demnach seitens eines Kreditinstituts nicht vor Erreichen der höchsten Prämienstufe gekündigt werden - danach aber schon. Das hat der unter anderem für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 14. Mai 2019 entschieden (Aktenzeichen XI ZR 345/18). Das war für die Banken erst einmal eine gute Nachricht. Seitdem entzündet sich die Kritik der Verbraucherschützer allerdings an einem anderen Aspekt, nämlich an der Tatsache, dass viele dieser Verträge Zinsanpassungsklauseln enthielten und noch immer enthalten, mit denen die Bank oder Sparkasse die vertraglich vorgesehene Verzinsung einseitig ändern kann. Diese Praxis hatte der BGH bereits 2004 für ungültig erklärt. Damit ist in den betreffenden Verträgen eine Vertragslücke entstanden. Unternommen wurde danach allerdings wenig - sehr zum Missfallen von Verbraucherschützern.

Ihre Kritik, dass vielen Sparern dadurch zu wenige Zinsen gezahlt wurden, hat auch die BaFin in ihrer Verbraucherschutzfunktion aufgegriffen. Ende November 2020 lud sie zunächst zu einem "Runden Tisch" unter anderem mit Verbänden der Kreditwirtschaft und Verbraucherschutzorganisationen zu diesem Thema ein, der aber keine "kundengerechten Lösungen" gebracht hat. Ende Januar 2021 kündigte die BaFin dann an, Kreditinstitute über eine Allgemeinverfügung verpflichten zu wollen, Prämiensparkunden nicht nur über unwirksame Zinsanpassungsklauseln zu informieren, sondern auch darüber ob sie dadurch zu geringe Zinsen erhalten haben, und - sofern dies bejaht werden muss - eine entsprechende Nachberechnung anzubieten.

Rund fünf Monate hat die Aufsicht den Banken Zeit gelassen, auf diese Androhung zu reagieren. Am 21. Juni nun hat sie Ernst gemacht und die entsprechende Allgemeinverfügung erlassen. Damit verpflichtet die BaFin Kreditinstitute dazu, Prämiensparkunden über unwirksame Zinsanpassungklauseln und dadurch zu geringe Zinszahlungen zu informieren. In diesen Fällen müssen die Banken ihren Kunden entweder unwiderruflich eine Zinsnachberechnung zusichern oder einen Änderungsvertrag mit einer wirksamen Zinsanpassungsklausel anbieten, der die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BHG) aus dem Jahr 2010 (Urteil vom 13.04.2010 - XI ZR 197/09) berücksichtigt.

Dass die BaFin zu diesem Mittel greifen musste, ist im Grunde ein Armutszeugnis für die Branche. Es war eine Niederlage mit Ansage. Spätestens seit Januar war so gut wie sicher, dass die betroffenen Kreditinstitute nicht umhin kommen würden, ihre Kunden zu informieren und entsprechend Zinsen nachzuzahlen. Die Branche hätte deshalb gut getan, schnell zu reagieren, um der angekündigten Allgemeinverfügung zuvorzukommen. So hätte sich nicht nur der neuerliche Imageschaden vermeiden oder mindestens begrenzen lassen. Vielleicht hätte es in den Medien sogar zu positiven Schlagzeilen nach dem Muster "Sparkasse zahlt Kunden mehr Zinsen" geführt. Stand heute ist die Botschaft: Die Kreditwirtschaft hat ihre Kunden (wieder einmal) übervorteilt. Bei allem Verständnis für die Schwierigkeiten, mit denen die Branche zu kämpfen hat. Das hätte nicht auch noch sein müssen. Red.

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