GIROKONTO

Noch viel Verbesserungsbedarf beim Eröffnungsprozess

Immer mehr Anbieter, die die Bankenbranche bislang nicht als Wettbewerber im Zahlungsverkehr auf dem Radar hatte, bieten ein eigenes Girokonto an - noch dazu meist gebührenfrei. Jüngste Beispiele sind Klarna und Check24. Diese Entwicklung zeigt, wie sehr das Girokonto Dreh- und Angelpunkt der Beziehung zum Kunden ist und bleibt. Angesichts des hohen Wettbewerbsdrucks ist es umso wichtiger, den Kontoeröffnungsprozess möglichst nutzerfreundlich zu gestalten, um in diesem Prozess möglichst wenige potenzielle Kunden zu verlieren, ehe die Kundenbeziehung überhaupt zustande kommt. Der Kontoeröffnungsprozess ist gewissermaßen die Visitenkarte der Bank.

Wie gut Fintechs, Direkt- und Filialbanken hier aufgestellt sind und welche Fehler sie machen und wo die klassischen Anbieter von den neuen Wettbewerbern lernen können, hat Cofinpro untersucht. Dafür wurde zwischen Mitte Oktober und Mitte November 2020 bei 16 Anbietern ein Girokonto eröffnet. C24, N26, Tomorrow und Vivid Money stehen dabei für die Challenger-Banken, 1822 direkt, Comdirect, DKB und ING für die Direktbanken sowie Commerzbank, Deutsche Bank, Frankfurter Sparkasse und Frankfurter Volksbank, GLS Bank, HVB, Postbank und Targobank für die Filialbanken.

Zu viele Klicks bis zum richtigen Konto

Im ersten Schritt ging es dabei um die Auswahl des richtigen Kontos. Je größer die Auswahl der zur Wahl stehenden Kontomodelle, desto wichtiger wird ein transparenter und für alle Endgeräte gut auffindbarer Vergleich von Produktbeschreibung, Kosten und Konditionen. Hier förderte der Vergleich vor allem bei den Filialbanken noch Optimierungsbedarf zutage. Es gilt für sie, die Links präsenter darzustellen und direkt in die Produktseiten einzubinden, damit der Kunde nicht nochmals zurück navigieren muss. Durchschnittlich braucht es bei den untersuchten Filialbanken 4,25 Klicks bis zur Auswahl des richtigen Kontos, bei den Direktbanken 3 und bei den Challenger-Banken 1,5 - wobei hier natürlich in Betracht zu ziehen ist, dass sie meist keine breite Auswahl an Kontomodellen anbieten. Direkt- und Challenger Banken leiten den Nutzer direkt von der Auswahl des Kontomodells zur Kontoeröffnung. Bei den Filialbanken dagegen verzichtet ein Viertel noch auf diesen Direktlink. Hier dauert es im Schnitt sechs Klicks von der Produktauswahl zum Start der Kontoeröffnung.

Im Kontoeröffnungsprozess selbst legen die Challenger-Banken Wert auf Datensparsamkeit und stellen nur wenige, notwendige Fragen. Bei Filial-, aber auch Direktbanken werden dagegen auch solche Daten erhoben, die für die Kontoeröffnung nicht zwingend erforderlich sind, mal mit, mal ohne optionale Felder. Das ist zwar später hilfreich beim Cross Selling, verlängert aber den Kontoeröffnungsprozess und ist deshalb nicht ohne Risiko. Denn mit jedem zusätzlichen Datenfeld, das vom Kunden auszufüllen ist, wächst die Abbruchquote. Die Anzahl der Pflichtfelder variiert zwischen allen untersuchten Anbietern zwischen 10 und 37. Deshalb zeigen 88 Prozent der betrachteten Filialbanken ihren Kunden in einer Statusanzeige an, wie weit sie im Prozess vorangekommen sind, bei den Filialbanken und den Challenger-Banken, die mit schlankeren Prozessen daherkommen, sind es nur 50 Prozent. Der Statusbalken nützt allerdings wenig, wenn es zu langsam vorangeht.

"Endlos-Scrolling" im Antragsprozess

Ein Tipp, den die Studie gibt: In der Eingabemaske bieten mehr Klicks eine bessere Nutzererfahrung als "Endlos Scrolling". Dass das Ausfüllen der erforderlichen Felder bei den Challenger-Banken 15 Klicks benötigt und damit doppelt so viele wie bei Direkt- und Filialbanken (sieben beziehungsweise sechs Klicks), zeigt somit das Nachhol potenzial der etablierten Anbieter.

Wenig nutzerfreundlich ist es auch, den Kunden durch strikte Anforderungen bei den Formaten der Eingabe zu gängeln. Wenn etwa Telefonnummern mit "+49 151..." angegeben werden müssen und alternative Schreibweisen wie etwa 0151... zur Fehlermeldungen führen, schreckt auch das Kunden ab. Gleiches gilt für Datumsfelder.

Beim Legitimationsdienstleister nicht an Service-Levels sparen

Ist der Antrag fertig ausgefüllt, geht es an die Legitimation. Hier will der Kunde vor allem eins: Schnell soll es gehen und möglichst ohne Medienbruch. An dieser Stelle macht die Untersuchung ebenfalls beträchtliches Optimierungspotenzial bei Filial- und Direktbanken aus. Nur jedes vierte der untersuchten Institute hat die Legitimation direkt in den Antragsprozess integriert. In den meisten Fällen muss dafür eine zusätzliche App geladen und genutzt werden.

Insgesamt konnte die Legitimation bei den Direktbanken deutlich schneller durchgeführt werden als bei Filial- und Challenger-Banken. Hier kommt ihnen offensichtlich die langjährige Erfahrung bei der Auswahl des Anbieters zugute. Denn hier schlummert ein weiteres Risiko, den Kunden kurz vor dem Ziel noch zu verlieren: Schließlich sind erfolgreiche Kontoeröffnungen auch von Servicezeiten und Kapazitäten der jeweiligen Legitimationsanbieter abhängig. Am vereinbarten Service-Level zu sparen, ist somit keine gute Idee.

Ist das Konto erst einmal eröffnet, will der Kunde es auch möglichst sofort nutzen können. Bei den Challenger-Banken ist das Standard - bei Filial- und Direktbanken dauert es durchschnittlich fünf beziehungsweise sechs Tage. Nur jedes dritte Institut ermöglicht eine sofortige Kontonutzung - beispielsweise durch virtuelle Karten, die unabhängig von Prägezeiten und Versand der physischen Karte sofort eingesetzt werden können. Zudem beschleunigt es das Verfahren, wenn auf den Versand von PIN oder TAN Unterlagen per Post verzichtet wird. Red.

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