RISIKOMANAGEMENT

Open-Banking-Abfrage statt Schufa?

So sehr die Schufa sich auch seit Langem darum bemüht, sich als Kreditermöglicher und nicht als Kreditverhinderer zu positionieren - die Kritik an ihrem Scoringverfahren will nicht verstummen. Dabei lohnt der Blick in andere Länder. Nicht überall funktioniert die Bonitätsprüfung so gut wie - primär der Schufa wegen - in Deutschland. Andernorts ist nach wie vor viel "Handarbeit" damit verbunden.

Vor diesem Hintergrund ist eine kürzlich vereinbarte Kooperation von Worldline mit dem französischen Fintech Algoan zu sehen, das im Bereich der Bonitätsprüfung tätig ist. Gemeinsam wollen beide Partner eine innovative Lösung für die Kreditwürdigkeitspüfung entwickeln, die Open-Banking-Schnittstellen und Machine Learning nutzen und sich auf Transaktionsdaten aus dem Open Banking stützen soll.

Mit diesem Ansatz soll Banken, Kreditinstituten, Kreditgebern und Dienstleistern eine genauere Prüfung ermöglicht werden, ein besserer Datenzugang und eine effizientere Bearbeitung, sei es nun bei Privatfinanzierungen und Verbraucherkrediten, Autofinanzierungen und Leasing, Finanzierungen durch Händler und Buy Now, Pay Later oder auch für Versicherungen und Versorgungsunternehmen.

Herzstück des neuen Bonitätsprüfungstools ist die Open Banking API von Worldline, die Zugang zu mehr als 3 500 Banken in 19 Ländern in ganz Europa bietet. Da der Kreditgeber die Daten von der Bank erhält, ist die Gültigkeit der Daten gewährleistet. Durch den Zugang zu den Kontodaten der Kunden auf Grundlage von deren Zustimmung können sich die Kreditgeber schnell einen Überblick über die tatsächliche finanzielle Situation der Kunden verschaffen und so den Bedürfnissen des Kreditnehmers entsprechen, ohne eine Überschuldung zu riskieren. Der Kreditnehmer wiederum erhält eine faire Bonitätsprüfung - ohne die in Deutschland so umstrittene "Black Box" des Schufa-Scores.

Am größten ist der Nutzen der Open- Bankingbasierten Bonitätsprüfungen vermutlich in Märkten, in denen diese Dienstleistung bislang nicht so gut organisiert ist wie in Deutschland. Es ist aber keineswegs auszuschließen, dass auf dieser Basis auch hierzulande eine ernst zu nehmende Konkurrenz zur Schufa- Abfrage entsteht, wenngleich zumindest die Sparkassen und die genossenschaftliche Finanzgruppe als Gesellschafter eigenem Bekunden nach fest zur Schufa stehen. Aufseiten von Händlern und Dienstleistern könnte das möglicherweise irgendwann anders aussehen. Nicht zuletzt ist das vermutlich auch eine Konditionenfrage.

Auch die noch ausstehende Entscheidung des EuGH zu einer möglichen Vorratsdatenspeicherung der Wirtschaftsauskunfteien könnte hier eine Rolle spielen. Dabei geht es um die Frage, ob Eintragungen aus öffentlichen Verzeichnissen, beispielsweise aus den Veröffentlichungen der Insolvenzgerichte, eins zu eins in privat geführte Verzeichnisse von Wirtschaftsauskunfteien übertragen und für den Fall einer eventuellen Auskunftsanfrage durch ein Wirtschaftsunternehmen gespeichert werden dürfen. Diese Frage hatte das Verwaltungsgericht Wiesbaden im Oktober 2021 dem EuGH vorgelegt. Sollte der EuGH diese Frage verneinen, dann würde die Wettbewerbsposition der Schufa dadurch vermutlich massiv beeinträchtigt. Denn Informationen über eine Privatinsolvenz lassen sich aus den Open-Banking-Daten nicht unbedingt herauslesen. Red.

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