VERSICHERUNGEN

Paradigmenwechsel bei der R+V

Norbert Rollinger; Quelle: R+V

Als einer von zwei Versicherern in Deutschland, die bereits gemäß IFRS 9 bilanzieren, hat die R+V eine der volatilsten Bilanzen im deutschen Markt, sagt Dr. Norbert Rollinger, der R+V-Vorstandsvorsitzende. Das passe zwar nicht zum soliden, genossenschaftlichen Selbstverständnis, man habe sich jedoch inzwischen daran gewöhnt. Dass der Vorsteuergewinn im Geschäftsjahr 2020 mit 291 Millionen Euro deutlich niedriger ausfiel als 2019 mit knapp 1,0 Milliarden Euro, erklärt Rollinger deshalb mit Bewertungseffekten durch die IFRS-Rechnungslegung. So hatte der R+V-Konzern Im Geschäftsjahr 2019 von einer besonders positiven Entwicklung der Kapitalmärkte profitiert und infolgedessen ein Rekord-Kapitalanlageergebnis ausgewiesen. 2020 war die Entwicklung an den Kapitalmärkten Corona-bedingt weniger günstig, was zu einem um 71,6 Prozent niedrigeren Kapitalanlageergebnis (1,8 Milliarden Euro) führte.

Ein weiterer Grund für den Ergebnisrückgang war natürlich der erhöhte Schadenaufwand durch Corona. In Summe werden die Sonderbelastungen mit 321 Millionen Euro angegeben. Angefallen sind sie vor allem in der Betriebsschließungsversicherung, wo es während des ersten Lockdowns 2 500 Schadenmeldungen gab, während des zweiten Lockdowns bis zur Bilanz-PK am 19. März zwischen 300 und 400 weitere Fälle. Auch die Restkreditversicherung, die bei der R+V das Risiko der Kurzarbeit einschließt, trug zu den erhöhten Schadenaufwendungen bei. Hier gab es 130 000 Leistungsfälle - gegenüber 33 000 im Jahr 2019. Gerade während der Pandemie, so Rollinger, habe sich die Sinnhaftigkeit dieses Produkts bewährt. Dass Versicherer Dankschreiben von Kunden erhalten, wie es die R+V von Kunden mit Restschuldversicherung im Corona-Jahr 2020 erlebt hat, dürfte auch eher Seltenheitswert haben.

Dass der Versicherer der Genossenschaftsbanken das Jahr 2020 unter dem Strich "mit leichten Kratzern" überstanden hat, wie Rollinger es formuliert, ist nicht zuletzt dem guten Neugeschäft zu verdanken. Das Beitragswachstum in der Erstversicherung lag in allen Sparten über dem Markt - besonders deutlich in der Leben-Sparte, wo die R+V ein Beitragsplus um 9,5 Prozent verbuchen konnte, während der GDV für die Branche einen Beitragsverlust von 0,6 Prozent ausweist. "Spargeld hat seinen Weg gesucht", sagt Rollinger dazu.

In der Leben-Sparte vollzieht die R+V jetzt auch den Paradigmenwechsel, den Abschied von den klassischen Garantien. Vorstandsmitglied Claudia Andersch ist es dabei wichtig zu betonen, dass die Änderung der Produktpolitik dem Kundenwunsch nach mehr Renditechancen folgt. Seit dem 1. April gibt es zudem mit der "Ansparkombi Safe + Smart" eine flexible Altersvorsorge, wie sie bislang vor allem von Fintechs kreiert wurde - mit jederzeit möglichen Zuzahlungen oder kostenfreien Auszahlungen, der Verfolgung per App und einem während der Laufzeit veränderbaren Chance-/ Sicherheitsverhältnis. Hier kann sich Genossenschaftsbanken in Zeiten von Negativzinsen eine echte Alternative zum Tagesgeldkonto bieten. Red.

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