REGULIERUNG

Restschuldbefreiung: doch keine Fehlanreize?

Am 1. Juli dieses Jahres hat die Bundesregierung den Regierungsentwurf des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens vorgelegt, mit denen die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/1023 über Restrukturierung und Insolvenz für den Bereich Entschuldung in deutsches Recht umgesetzt werden soll. Im Vergleich zum ursprünglichen Referentenentwurf stellt diese Version aus Sicht der deutschen Kreditwirtschaft eine deutliche Verbesserung dar - nicht zuletzt deshalb, weil der Mindestzeitraum für eine erneute Restschuldbefreiung beibehalten wird.

Natürliche Personen sollen demnach zwar künftig bereits nach einer Abtretungsfrist von drei Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Möglichkeit zur Restschuldbefreiung erhalten, vorerst befristet bis zum 30. Juni 2024. Für eine neuerliche Erlangung der Restschuldbefreiung sieht der Regierungsentwurf eine Sperrfrist von elf statt bisher zehn Jahren vor. Zudem soll sich die Abtretungsfrist von drei auf fünf Jahre verlängern, während der Schuldner zur Abtretung seines pfändbaren Einkommens verpflichtet ist. So bleibt - anders als im ursprünglichen Referentenentwurf, der eine Sperrfrist von 13 Jahren ohne eine verlängerte Abtretungsfrist vorsah - eine Gesamtsperrfrist von 16 Jahren erhalten, bevor der Schuldner erneut eine Restschuldbefreiung erreichen kann.

Sowohl die Verlängerung der Abtretungsfrist als auch die verlängerte Sperrfrist dürften aus Sicht der Gläubiger positive Effekte haben: Die um zwei Jahre längere Abtretungspflicht erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass deren Ansprüche befriedigt werden. Dem dient auch die Regelung, dass Schuldner künftig durch Schenkung erhaltenes Vermögen zur Hälfte herausgeben sowie Gewinne aus Ausspielungen, Lotterien, Wetten und sonstigen Gewinnspielen in voller Höhe abführen müssen. Bisher müssen nur Erbschaften zur Hälfte abgeführt werden. Die Beibehaltung des Mindestzeitraums von 16 Jahren für zwei aufeinanderfolgende Restschuldbefreiungsverfahren gibt darüber hinaus keinen Fehlanreiz für eine leichtfertige Verschuldung.

Nach dem Regierungsentwurf soll die Restschuldbefreiung von Amts wegen versagt werden, wenn dem Insolvenzgericht Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflicht verletzt, keine unangemessenen Verbindlichkeiten zu begründen, und dadurch die Befriedigung des Insolvenzgläubigers beeinträchtigt hat. Nach derzeit geltender Rechtslage ist dies nur nach einem Gläubigerantrag möglich. Häufig erfährt jedoch das Insolvenzgericht ohnehin über die Berichte des Treuhänders von Verstößen. So würden durch die neue Regelung Gläubiger von Aufwand entlastet, ohne dass das zu einem Mehraufwand für die Gerichte führt.

Eine weitere Verbesserung gegenüber dem Referentenentwurf betrifft die Speicherung von Informationen über das Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren bei Auskunfteien: Hier war ursprünglich eine Frist von einem statt bisher drei Jahren vorgesehen. Dieses Vorhaben ist im Regierungsentwurf nun aufgegeben worden. Dass die DK dies mit Blick auf eine vernünftige Bonitätsprüfung begrüßt, liegt auf der Hand.

Dennoch kann die Branche nicht resümieren: alles gut. Denn vor Ablauf der Frist bis zum 30. Juni 2024 soll die Bundesregierung laut Gesetzesentwurf eine Evaluation der neuen Regelungen durchführen und dann über die Beibehaltung der neuen Fristen oder ihre Überarbeitung entscheiden. Eine Verkürzung des Gesamtzeitraums von 16 Jahren bis zu einem erneuten Restschuldbefreiungsverfahren ist also selbst dann nicht endgültig vom Tisch, wenn der Regierungsentwurf den Bundestag passiert. Die Forderung der DK lautet deshalb: Die Evaluation sollte nicht nur schuldnerbezogene Auswirkungen auswerten, sondern auch die Auswirkungen einer Änderung auf die weiteren Beteiligten, nicht zuletzt auf die Gläubiger berücksichtigen. Red.

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