VERSICHERUNGEN

R+V gerüstet für Effekte der Epidemie

Die Staatshilfen für Unternehmen im behördlich verordneten Stillstand, das hat sich schnell gezeigt, bewirken weit weniger als versprochen. Nur, wer ohne Rücklagen quasi schon am Boden liegt, kann auf die versprochenen Liquiditätshilfen hoffen. Für die vielen, auf die das nicht zutrifft, die aber dennoch unter dem Einfrieren der Wirtschaft leiden, muss es deshalb darum gehen, Kosten zu sparen, wo immer möglich.

Getreu der genossenschaftlichen Idee hat sich die R+V, die sich mit 15 000 Mitarbeitern im Homeoffice selbst im Krisenmodus befindet, dazu einiges einfallen lassen. In der Kfz-Versicherung für Firmenkunden wird eine beitragsfreie Ruheversicherung für Firmenfahrzeuge ohne amtliche Stilllegung angeboten, da viele Zulassungsstellen ohnehin geschlossen haben. Zudem wird die jährliche Gewinnbeteiligung für Firmenkunden mit gutem Schadenverlauf vorgezogen, um ihnen Liquidität zu verschaffen. In der Warenkredit- und Kautionsversicherung will der genossenschaftliche Versicherer keine generellen Einschränkungen oder Reduzierungen bei übernommenen Risiken vornehmen. Und die Berufshaftpflicht für Ärzte wird auf telemedizinische und telefonische Beratungen sowie die Praxisvertretung erweitert.

Corona-Lösungen für Privatkunden sind unter anderem die zinslose Stundung der Beiträge zu Sparverträgen zum Vermögens- und Vorsorgeaufbau für sechs Monate oder in der Krankenvollversicherung die Möglichkeit, auf einen Tarif mit geringerem Leistungsumfang und/oder höherem Selbstbehalt zu wechseln und innerhalb von sechs Monaten ohne Gesundheitsprüfung in den Ursprungstarif zurückkehren zu können.

Was das alles für die Geschäftsentwicklung 2020 bedeutet, lässt sich heute noch gar nicht absehen und wird vor allem davon abhängen, wie es mit der Pandemie weitergeht. Der R+V hält jedoch den Wegfall versicherter Risiken, Vertragsbeendigungen oder Beitragsfreistellungen ebenso möglich wie erhöhte Leistungszahlungen in der PKV durch den Anstieg von stationären oder gar intensivmedizinischen Behandlungen oder einen Anstieg der Schadenaufwendungen in der Kompositsparte, vor allem in der Kautions-, Warenkredit oder Arbeitslosenversicherung.

Die Ergebnisse des Jahres 2019 treten demgegenüber fast in den Hintergrund. Ein Blick auf die Zahlen lohnt aber dennoch - und sei es auch nur, weil es in der Zeit "nach Corona" den Vergleichsmaßstab bilden wird, wenn die Dinge sich hoffentlich wieder normalisieren.

Das Beitragswachstum lag in allen Sparten über den Erwartungen und - mit Ausnahme der Leben-Sparte - auch über dem Markt. Im Leben-Geschäft liegt das am starken Wachstum der Einmalbeiträge im Markt, die bei der R+V weitaus geringere Bedeutung haben. Branchenweit legten die Einmalbeiträge um 35,1 Prozent zu, bei der R+V "nur" um 9,4 Prozent. Bei den laufenden Beiträgen hingegen fiel das Wachstum bei der R+V mit 3,8 Prozent deutlich höher aus als im Markt (0,6 Prozent). Insgesamt kommt der genossenschaftliche Versicherer 2019 in der Lebens- und Pensionsversicherung erstmals auf Beitragseinnahmen von mehr als 8 Milliarden Euro.

Nach wie vor versteht sich die R+V in der Lebensversicherung als Komplettanbieter und bietet deshalb auch weiterhin Produkte mit klassischen Langzeitgarantien an. Deren Anteil an den Beitragseinnahmen sinkt allerdings auch bei der R+V und betrug 2019 weniger als die Hälfte der gebuchten Beiträge in der Lebens- und Pensionssparte (ohne bAV und RKV). Knapp jeder dritte Beitragseuro entfällt auf Produkte mit neuen Garantien.

Der Marktanteil in der Leben-Sparte wird bei den gebuchten Beiträgen für 2019 mit 8,0 angegeben (nach 8,3 im Vorjahr). Auch dieser leichte Rückgang liegt wiederum an den Einmalbeiträgen, wo die R+V auf 10,2 Prozent Marktanteil kommt, was einem Rückgang um 2,5 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr entspricht. Bei den laufenden Beiträgen (6,6 Prozent) und der bAV (15,0 Prozent) hingegen haben die Wiesbadener Marktanteile hinzugewonnen.

Im Kompositgeschäft hat sich die Mitglieder-Privatpolice VR Mitglieder Plus, bei der den Mitgliedern jeder Bank als Kollektiv bei guter Schadenentwicklung Beiträge erstattet werden, als eine der erfolgreichsten Produkteinführungen in der Geschichte des Unternehmens erwiesen. 649 Volks- und Raiffeisenbanken nehmen mittlerweile teil, mit 150 000 Kunden und 250 000 abgeschlossenen Verträgen. In der ersten Beitragsrückerstattung wurden 4,6 Millionen Euro an die Kunden zurückbezahlt. Aufgrund des Erfolgs soll das Konzept weiter ausgebaut und künftig auch auf die Kfz-Versicherung ausgedehnt werden.

Auch die von Vorstandschef Norbert Rollinger in Angriff genommene Digitalisierung steht weiter auf der Agenda. Gemeinsam mit der Fiducia und GAD IT und dem BVR arbeitet die R+V an einer gemeinsamen Vertriebsplattform, die über das Online-Banking der Genossenschaftsbanken läuft und bis 2022 alle Omnikanal-Produkte und -Services der Finanzgruppe vereinen soll. Erste Versicherungsprodukte befinden sich im Test bei Beratern und Kunden. Red.

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