GELDAUTOMATEN

Sicherheit erfordert Kooperation

Beim Einsatz von Festsprengstoffen können beträchtliche Schäden am Gebäude entstehen, Foto: LKA Hessen

Die immer wieder zu hörenden Meldungen über Sprengungen von Geldautomaten sind natürlich in erster Linie ein Problem der Kreditwirtschaft, soweit es um die finanziellen Schäden durch die Bargelddiebstähle und vor allem die Schäden an Gebäuden geht. Weil die Explosionen jedoch auch Menschen in Gefahr bringen, schaltet sich zunehmend auch die Politik in die Problematik ein.

In Nordrhein-Westfalen gab es Ende Februar einen Bankengipfel im Innenministerium, bei dem Banken und Sparkassen beschlossen haben, für jeden der rund 11 000 Geldautomaten in Nordrhein-Westfalen eine Gefahrenbewertung zu erstellen, um geeignete Maßnahmen zu treffen. Hierzu zählen ein Zufahrtsschutz sowie eine verbesserte Überwachung der Innenräume. Auch der Abbau von Geldautomaten an Risikostandorten kommt als Maßnahme infrage. Im April hat der nordrheinwestfälische Innenminister Herbert Reul zudem eine Sonderkommission eingesetzt, um die Zahl der Sprengungen gezielt zu bekämpfen - immerhin 152 waren es 2021 und bereits 73 bis zum 4. Mai 2022, was im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als eine Verdreifachung darstellt. Die auf sechs Monate angelegte "Soko BEGAS (Bekämpfung und Ermittlung von Geldausgabeautomaten-Sprengungen)" soll die bisherigen Ermittlungs-, Fahndungs- und Präventionsansätze analysieren und neue Standards setzen, um das Delikt einheitlich und effizient anzugehen. Die ersten Erkenntnisse lauten: Künftig soll die Tatortarbeit bei Behörden konzentriert werden, die über eine Kriminaltechnische Untersuchungsstelle verfügen. Zudem braucht es einen ganzheitlichen Ansatz aus Prävention, Repression, Zusammenarbeit mit den Banken und mehr internationaler Zusammenarbeit - nicht zuletzt mit den Nieder landen, da es sich vor allem in NRW bei den Tätern häufig um Banden von dort handelt.

Auch in Hessen hat das Innenministerium eine verstärkte Zusammenarbeit von Polizei und Kreditwirtschaft in die Wege geleitet. Am 18. Mai hat der hessische Innenminister Peter Beuth die "Allianz Geldautomaten" vorgestellt, der zum Start 15 hessische Kreditinstitute angehören. Wie bei der Soko in NRW hat auch die hessische Allianz das Ziel, die Anzahl von Geldautomatensprengungen in Hessen - 56 im Jahr 2021 und 16 im laufenden Jahr - signifikant zu senken, um die Gefahr für Personen- und Sachschäden weiter zu minimieren. Mit dem Risikoanalysetool "GLB operativ" (Geldautomatenlagebild operativ) sollen künftig Geldautomatensprengungen verhindert und der Druck auf reisende Täter erhöht werden.

Auf dieses Analysetool, das nach dem Vorbild eines recht erfolgreichen Tools zur Bekämpfung von Wohnungseinbrüchen entwickelt wurde, werden große Hoffnungen gesetzt, zumal es bereits erste Erfolge gibt. Nach der Festnahme von drei Tatverdächtigen durch Spezialkräfte im März dieses Jahres im mittelhessischen Ober-Mörlen ergaben Ermittlungen des LKA nicht nur, dass die Täter offenbar insgesamt drei Geldautomaten in Hessen sprengen wollten. Sondern nach Abgleich mit den vonseiten der Banken zur Verfügung gestellten Zahlen zeigte sich, dass die drei Geldautomaten allesamt durch das Analysetool als besonders gefährdet bewertet wurden, was erstmals die Wirksamkeit der Prognosesoftware eindrucksvoll belegte.

Das Risikoanalysetool "Geldautomatenlagebild (GLB)-operativ" kann alle Geldautomaten, die mit qualitativen Daten (wie Standort, Fabrikat, Sicherheitsvorkehrungen) hinterlegt sind, einer Risikobewertung unterziehen und anschließend eine Wahrscheinlichkeitsprognose erstellen. An der Allianz Geldautomaten teilnehmende Kreditinstitute unterstützen die Zulieferung von qualifizierten Daten (etwa Angaben zu Eigenschaften der Geldautomaten, installierten Präventionselementen oder Angaben zu den Standorten, in denen sich Geldautomaten befinden). Zugleich erklären sie sich bereit, den Ausbau präventiver Elemente an erkannten Risikostandorten zu priorisieren. Dazu gehören beispielsweise Nachtverschluss, Videoüberwachung, Nebeltechnik oder die Verwendung von Einfärbe-/Klebeschutz. Um neue Sicherheitsmaßnahmen einem realistischen Härtetest zu unterziehen, führen die Sprengspezialisten des LKA Hessen sogar Testsprengungen durch. Eine erste Testsprengreihe hat bereits stattgefunden.

Entscheidend ist bei alldem vermutlich die Kommunikation. Denn nur, wenn der Austausch zwischen Kreditinstituten, Polizei, Justiz und Geldautomatenherstellern funktioniert, wird sich die Prävention insgesamt verbessern lassen. So muss sich beispielsweise zeigen, ob es eine gute Idee ist, wieder verstärkt auf die zuletzt etwas aus der Mode gekommenen Geldautomaten an der Außenseite der Filialen zu setzen - oder ob dadurch womöglich zwar die Fallzahlen und die Schäden an Filialen reduziert werden können, die Schäden in der Umgebung hingegen sogar zunehmen könnten. Red.

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