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Verbraucherschutz oder Entmündigung?

Foto: © Kai Hartmann Photography / BaFin

In dem Maß, wie die BaFin Kompetenzen in der Bankenaufsicht abtreten musste, hat sie an anderer Stelle neue hinzugewonnen: beim Verbraucherschutz nämlich. Davon hat die Aufsichtsbehörde im Mai Gebrauch gemacht, als sie Vermarktung, Vertrieb und Verkauf von finanziellen Differenzkontrakten (Contracts for Difference, CFDs) mit Nachschusspflicht an Privatkunden verboten hat. Mit dieser Beschränkung des CFD-Handels hat die BaFin erstmalig die Möglichkeit zur Produktintervention genutzt.

Begründet wird dieser Schritt vor allem mit dem für Privatkunden unkalkulierbaren Verlustrisiko, das nicht auf den Kapitaleinsatz des Kunden beschränkt ist, sondern sein gesamtes Vermögen erfassen und ein Vielfaches des eingesetzten Kapitals betragen kann. In CFDs mit Nachschusspflicht zu investieren, sei wie ein Glücksspiel, so Elisabeth Roegele, Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht/Asset Management, nur eben mit dem entscheidenden Unterschied, dass der Anleger je nach Hebelwirkung sogar sein gesamtes Hab und Gut verlieren kann. Dieses Risiko könne die Aufsicht als Verbraucherschützer nicht hinnehmen.

Mit dem Vertriebsverbot fühlt sich die BaFin in guter Gesellschaft: In der EU hat es bereits Vorbilder in Polen, Frankreich, Belgien, Großbritannien, Irland, den Niederlande und Malta; in den übrigen EU-Staaten steht es zumindest auf der Agenda der Aufsichtsbehörden. Trotzdem zeigen die Medienberichte, dass das erste Produktverbot durchaus umstritten ist - zu Recht. Natürlich ist Verbraucherschutz gerade bei Produkten mit hohem Risiko wichtig. Und doch ist es fraglich, ob dafür wirklich ein Vertriebsverbot nötig ist oder ob es nicht Möglichkeiten gäbe, Anleger in aller Deutlichkeit auf die hohen Risiken hinzuweisen, die mit solchen CFDs mit Nachschusspflicht verbunden sind. Wer dann ganz bewusst ein solches Risiko eingehen will, dem sollte das auch möglich sein. Alles andere ist ein Stück weit Entmündigung des Verbrauchers. Und das steht dem auch von der Politik immer wieder ins Feld geführten Leitbild vom mündigen Verbraucher entgegen.

Dass die Aufsicht offenbar der Meinung ist, die Aufklärung über die Risiken reiche als Verbraucherschutz nicht aus, ist im Grunde eine Bankrotterklärung für die ganze Flut an Informationen, mit denen Anleger im Kontext ihrer Investitionsentscheidung bedacht werden und die auch BaFin-Präsident Felix Hufeld als Überforderung der Verbraucher bezeichnet. Denn offenbar fürchtet die Aufsicht, dass entsprechende Warnhinweise in der Informationsflut untergehen beziehungsweise nicht hinreichend wahrgenommen werden. Und dann kann es tatsächlich zu bösen Überraschungen bei manchem Anleger kommen, was wiederum das Vertriebsverbot rechtfertigt.

Ein Einschreiten wie dieses darf aber nur die Ultima Ratio sein. Damit es in Zukunft nicht öfter dazu kommt, wird es wichtig sein, den Informationsdschungel auszulichten und damit die Gefahr zu verringern, dass Warnhinweise nicht zur Kenntnis genommen werden. In der europäischen PRIIP-Verordnung sieht Hufeld dazu einen vielversprechenden Ansatz. Es werde aber möglicherweise weiter nachjustiert werden müssen.

Ohne Vertriebsverbote besonders riskanter Produkte ließe sich der Verbraucherschutz vielleicht durch Einziehen einer neuen "Sicherheitsstufe" im Abschlussprozess verbessern. Bei den CFDs mit Nachschusspflicht wäre es etwa denkbar, Anleger per Unterschrift oder einer vergleichbaren Identifikation im Online-Bereich ausdrücklich bestätigen zu lassen, dass sie sich des Risikos, sehr viel mehr als ihr eingesetztes Kapital zu verlieren, bewusst sind und dennoch die Investition tätigen wollen. Wer so etwas leichtfertig unterschreibt oder anklickt, der ist dann selber schuld. Auch im Spielkasino wird schließlich niemand daran gehindert, sich bis über beide Ohren zu verschulden. Red.

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