FILIALEN

Zu wenig Service?

Wenn die Marktforschung Bankkunden befragt, weshalb sie sich für eine Filialbank entschieden haben, dann rangiert ein persönlicher Ansprechpartner regelmäßig ganz oben auf der Wunschliste. Angesichts solcher Analysen klopfen sich die Institute gerne selbst auf die Schulter und fühlen sich darin bestätigt, dass sie vor allem mit der Beratung im Wettbewerb punkten können. Das ist auch sicher nicht ganz falsch - aber doch nur die halbe Wahrheit.

In der örtlichen Sparkassenfiliale des Chronisten zeigt sich die andere Hälfte. Hier sieht man nicht selten Warteschlangen wie bei der Post, die die Mitarbeiter an den beiden Empfangstischen nur quälend langsam abarbeiten können. Hin und wieder wird ein Glücklicher, der einen Beratungstermin vereinbart hat, aus der Schlange herausgerufen und nach hinten geleitet. Ansonsten drängt sich mitunter der Eindruck auf, dass sie nur deshalb kürzer wird, weil ab und zu einer der Wartenden entnervt aufgibt. Gleichzeitig ist das Callcenter des Instituts offenbar übereifrig, wenn es um die Vereinbarung von Beratungsterminen geht. Schlägt man dann beim Berater auf, der vorgeblich einen Depot-Check für dringend erforderlich hält, dann fragt dieser ganz erstaunt, worin man denn aktuell das Problem sehe - es sei doch alles ganz fein. Ob denn etwa schon wieder die Kollegen vom Callcenter angerufen hätten?

In solchen Erfahrungen, über die man immer wieder hört, zeigt sich ein grundlegendes Problem: Beratung benötigt der Durchschnittskunde vergleichsweise selten. Serviceanliegen, die man doch lieber vor Ort klären möchte, kommen dagegen sehr viel häufiger vor. Service wird allerdings von erfahrenen Mitarbeitern häufig weniger geschätzt und als unter ihrer Qualifikation empfunden. Zudem ist der Service vordergründig weniger Ertrag versprechend, sondern erscheint eher als Kostenfaktor. Mit Verweis auf die Möglichkeiten, einen Großteil der Serviceanliegen digital oder über das Callcenter erledigen zu können, wird das Serviceangebot in der Filiale deshalb weitestmöglich eingedampft. Zudem werden hier gerne junge Mitarbeiter eingesetzt, die dann die oft an sich banalen Anliegen nicht allein erledigen können, sondern erst Rat bei Kollegen einholen müssen, was das Abarbeiten der Warteschlange nicht unbedingt beschleunigt.

Nachvollziehbar ist das alles. Dennoch sollte in Betracht gezogen werden, dass persönlicher Service vor Ort deutlich mehr ist als ein bloßer Kostenfaktor, nämlich ein wichtiger Faktor für die Kundenzufriedenheit. Wer seine Anliegen vor Ort nicht oder nur nach langer Wartezeit erledigen kann, der wird sich irgendwann die Frage stellen, wozu er eigentlich eine Filialbank braucht. Digitale Services gibt es bei Online-Banken günstiger. Und Hand aufs Herz: Tut es einem Berater, der sich nach zwei Minuten schon wieder von einem Kunden verabschiedet hat, weil es wirklich nichts zu besprechen gab, wirklich weh, sich in der verbleibenden, für das Beratungsgespräch eingeplanten Zeit eines der Kunden aus der Warteschlange anzunehmen? So könnten Filialbanken wirklich beim Kunden punkten. Red.

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