Unternehmensstrategie

Die Bank der Zukunft - Strategien für den Erfolg

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Banken und Sparkassen haben es selbst in der Hand, Wege aus dem sich verschärfenden Dilemma zu finden, betonen die Autoren. Denn oftmals werden bestehende Potenziale nicht genutzt. Als erfolgskritisch bezeichnen sie einen Wandel jenseits von Kostensenkungsprogrammen anzustoßen. Dabei müssten auch etablierte Methoden und Prozesse der Strategieentwicklung überprüft werden. Und bei der Umsetzung müssen auch Kurskorrekturen "unterwegs" von vornherein einkalkuliert werden. Red.

Durch die globale Finanz- und Schuldenkrise sind die Aktivitäten von Banken stärker als je zuvor im Fokus der Öffentlichkeit und der Politik. Alleine In Deutschland wurde zur Rettung des Bankensektors eine neue Behörde ins Leben gerufen, die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung mit dem angeschlossenem Rettungsfonds Soffin, die über 60 Milliarden Euro Kapitalhilfen und dreistellige Milliardenbeträge als Bürgschaften und Garantien vergeben musste, um einen Kollaps zu verhindern. Experten schätzen die Verluste, die der deutsche Steuerzahler zu tragen haben wird, auf 30 bis 50 Milliarden Euro.

Es stellt sich die Frage, wie es so weit kommen konnte. Faktisch sahen und sehen sich viele Banken einer Ergebniskrise gegenüber. Die Eigenkapitalrentabilität ist in den letzten zwanzig Jahren merklich zurückgegangen. Seit Beginn dieses Jahrtausends haben viele Banken in Deutschland im Durchschnitt kaum ihre Kapitalkosten verdient; dies gelang bestenfalls in den (positiven) Ausnahmejahren 2005 und 2006. Die tradierten Geschäftsmodelle der Kreditwirtschaft mit Fokus auf die Hereinnahme von Einlagen, Vergabe von Krediten und Abwicklung des Zahlungsverkehrs sind bereits seit geraumer Zeit verschärftem Wettbewerb mit Nichtbanken (grauer Kapitalmarkt, Payment-Abwickler mit IT-Hintergrund) ausgesetzt.

Die Strategiekrise der Banken verschärft sich

Um die damit verbundenen Marktanteilsverluste und folglich Rentabilitätseinbußen zu kompensieren, haben Banken über viele Jahre hinweg vor allem mit Kostensenkungen reagiert. Neue Ertragsquellen wurden dagegen kaum erschlossen. Wenn dies doch erfolgte, dann zeigte sich schnell, dass bei den gewählten Strategien die Risiken weit größer als die Chancen waren. Subprime-Kredite und Verbriefungen sind Beispiele dafür.

In dieser Situation stehen viele Banken in einem sich verschärfenden strategischen Dilemma.

- Die Erträge erodieren weiter und sind durch zusätzliche Kostensenkungen kaum noch auszugleichen.

- Die disruptiven Impulse der Krise wurden bislang von den Banken kaum zu deren Vorteil genutzt, etwa durch eine klare Positionierung und Abgrenzung. Geht dies in dieser Form weiter, steht die Zukunft der traditionellen Bank in Frage.

Die Studie "Zukunft der Banken" soll Ansatzpunkte für Auswege aus dem Dilemma der Banken und des Bankensektors entwickeln. Dies erfolgte mit einem in zwei Dimensionen ungewöhnlichen Ansatz. Zum einen bezog die Studie statt der üblichen Zielgruppe Top Management und große Institute auch das mittlere Management und die Expertenebene sowie ein breites Spektrum von Kreditinstituten ein. Zum anderen wurden die Teilnehmer um ihre Einschätzung zu bewusst provokativ formulierten Thesen gebeten, die bereits in Richtung möglicher Lösungen weisen.

Insgesamt wurden 40 provokative Thesen von rund 50 Teilnehmern eingeschätzt und kommentiert. Die Antworten stammen zu ungefähr je einem Viertel aus Großbanken, Sparkassen, Genossenschaften und Landesbanken beziehungsweise öffentlichrechtlichen Spezialinstituten. Die Teilnehmer stammen zu weitgehend gleichen Teilen aus Marktbereichen, Middle- und Back-Office beziehungsweise Stabsbereichen.

Die Auswertung erfolgte nach dem Grad der Zustimmung zu den Thesen. Dabei konnten die Teilnehmer den Thesen zustimmen (eher ja: "trifft voll und ganz zu"/ "trifft eher zu") oder diese ablehnen (eher nein: "trifft eher nicht zu"/"trifft gar nicht zu"). Ein interessantes Ergebnis ist, dass praktisch allen Thesen mehrheitlich zugestimmt wurde. Nur eine These fällt aus dem Rahmen: "Die letzte Innovation der Banken war der Geldautomat (nach Paul Volcker)". Diese These erhielt den niedrigsten Grad der Zustimmung von 31 Prozent (eher ja).

Eine detailliertere Auswertung erfolgte für die Thesen, bei denen der Grad der Zustimmung (eher ja) über 80 Prozent lag. Bei diesen Thesen besteht mehrheitlich ein Konsens der Teilnehmer in Bezug auf die Herausforderungen der Banken und die sich logisch daraus ergebenden Lösungsstrategien.

Vier Kernthemen mit Handlungsbedarf

Die Auswertung und Interpretation der Thesen mit deutlicher Zustimmung ergibt vier Kernthemen, in denen klare Handlungsaufforderungen für die Banken und deren Weg in die Zukunft liegen. Die Lösungsstrategien ergeben sich aus den Thesen mit der höchsten Zustimmung.

1. Führung und Steuerung für den Wandel ausbauen: Dass die Banken sich wandeln müssen ist unstrittig. Die Ergebnisse der Studie "Zukunft der Banken" belegen den Handlungsbedarf in den Bereichen Führung und Steuerung. Die These "Funktionierende Führungs- und Steuerungsprozesse sind für die Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger Veränderungen essenziell" erhielt 100 Prozent Zustimmung.

Der Erfolg von Veränderungsprozessen hängt maßgeblich von den Führungskräften ab, von deren Richtungssetzung und Steuerung. Hier liegt ein wichtiger Schlüssel für den noch ausstehenden fundamentalen Wandel der Banken, konkret die Entwicklung und Umsetzung von neuen Strategien - jenseits von Kostensenkungen.

2. Kundenorientierung und Vertrauen als Basis für Wachstum etablieren: In Presse und Öffentlichkeit werden die Banken fast täglich kritisiert. Daher verwundert es nicht, dass die These "Nachhaltige Kundenberatung und Vertrauen sind für Banken entscheidende Schlüssel zum Wachstum" eine Zustimmung von 96 Prozent erhielt. Vielen Kunden scheint der Glaube abhandengekommen zu sein, dass der Bankberater sie in ihrem Sinne berät. Aus der Finanzkrise hat sich eine Vertrauenskrise entwickelt. Von Politik und Regulatoren initiierte Maßnahmen wie Basel III zeigen das hohe Maß des Misstrauens den Banken gegenüber. Doch Kontrolle allein schafft kein Vertrauen und ist kostspielig.

Eine Kernaufgabe für die Zukunft der Banken besteht folglich darin, das Vertrauen der Kunden und der Öffentlichkeit wieder zu gewinnen. Hier liegen Chancen, etwa unter der Überschrift "faires Banking". Dies gelingt, wenn der Kundennutzen im Mittelpunkt der Strategien steht und sich dies im täglichen verlässlichen Handeln zeigt.

3. Strategische Antworten in einem instabilen Umfeld finden: Drei weitere Thesen, die das Umfeld der Banken betreffen, erhielten eine Zustimmung von 94 bis 96 Prozent. Zusammengefasst stehen die Banken vor der Herausforderung, dass deren bisherige volkswirtschaftliche Funktion zum Teil entfällt. So besteht durch die aktuell flachen Zinsstruktur kurven in allen wesentlichen Währungen kaum die Möglichkeit, Erträge aus der Fristentransformation zu generieren. Traditionelle Ertragsquellen erodieren durch die Niedrigzinspolitik beziehungsweise werden durch neue Wettbewerber mit digitalen Geschäftsmodellen, etwa im Zahlungsverkehr besetzt. Das Bankgeschäft in der Filiale erreicht nur noch wenige Kundengruppen. Viele Kunden nutzen selbstverständlich digitale Services und erwarten auch von ihrer Bank moderne Lösungen.

Diese vielschichtigen Veränderungen können als Risiko oder als Chance begriffen werden. Es ist klar, dass Druck von außen alleine nicht wirklich zu einem tief greifenden Wandel führt. Es ist an den Banken und deren Führung, die Chancenseite in Innovation und tragfähige Strategien zu übersetzen.

4. Das "Wer" und "Wie" der Strategieentwicklung anpassen: Die These "Die Strategie der Banken wird vielfach von Einzelpersonen oder kleinen Gruppen vorgegeben" erhielt eine Zustimmung von 90 Prozent. Dies stimmt mit der heute üblichen Praxis überein, dass Strategien im kleinen Kreis der obersten Führungskräfte, oft mit Hilfe externer Berater, entwickelt werden, auch wenn einige Banken damit beginnen, eine größere Anzahl von Köpfen einzubeziehen.

Daraus ergeben sich zwei logische Ansatzpunkte, um die Strategieentwicklung zu optimieren.

- Dazu gehört, den Kreis der Strategen gezielt zu erweitern, um die kreativen Potenziale und Ideen der Meinungsdiversität zu nutzen.

- Weiterhin sollten etablierte Prozesse und Methoden der Strategieentwicklung geprüft und weiter entwickelt werden.

Den Erfolg selbst gestalten

Diese Ergebnisse der Studie "Bank der Zukunft" zeigen, dass der Erfolg von den Banken selbst gestaltet werden kann. Es ist an den Banken, diese Lösungsstrategien entlang ihrer jeweils individuellen Ausrichtungen und Stärken einzusetzen. Damit lassen sich zugleich die traditionellen Organisations- und Managementstrukturen zukunftsorientiert weiter entwickeln.

Die damit deutlich werdenden strategischen und operativen Ansatzpunkte sind direkt und mit praktischem Nutzen in den Banken anwendbar. Damit bietet die Studie konkrete und gangbare Ansatzpunkte für den Weg in die Zukunft. Die Umsetzung ist dabei für jede Bank individuell zu entwickeln, entlang von Stärken, Zielen und Aufstellung. Eine für alle Wettbewerber passende Pauschalstrategie gibt es nicht.

Strategische und operative Ansatzpunkte

Um die Umsetzung weiter zu detaillieren, sind nachfolgend strategische und operative Ansatzpunkte dargestellt. Diese sollen illustrieren, wie die Ergebnisse der Studie konkret genutzt werden können.

Zugang zu Erfolgsstrategien finden: Die Erfolgskrise der Banken wie auch die vorliegende Studie machen deutlich, dass neue Strategien erforderlich sind. Banken können unterschiedliche Wege gehen, um die etablierten Methoden und Prozesse der Strategieentwicklung anzupassen.

Strategieentwicklung ausbauen: Strategien systematisch weiterentwickeln und auf die digitalen Anforderungen des Marktes ausrichten.

Kreative Potenziale und Ideen nutzen:

Banken können die Ideen von Mitarbeitern gezielt nutzen. Hier sei besonders auf die in jeder Organisation präsenten Querdenker hingewiesen.

Fokus der Strategie auf Kundennutzen: Den Kundennutzen in den Mittelpunkt des strategischen Denkens zu rücken lenkt die Ausrichtung direkt auch auf die Erlösseite. Grundlage ist hier insbesondere die Analyse und Nutzung der eigenen Stärken anstatt einseitiger Ausrichtung auf Kostensenkungen.

Führung und Steuerung stärken

Sobald die strategische Richtung entwickelt ist, bedarf es der Führung und Steuerung in Richtung Ziel. Banken können die Führung und Führungskräfte gezielt stärken und dabei die Potenziale im bestehenden Geschäft ausschöpfen.

Die Führungskräfte müssen ein gemeinsames Verständnis davon entwickeln, was Führung bedeutet und wie diese in der eigenen Organisation umgesetzt werden soll. Führung ist nur so gut wie die Führungskraft, die diese Rolle wahrnimmt. Dazu gehören insbesondere Kompetenzen in der Kommunikation und in der Steuerung von Veränderungen.

Unterwegs den Kurs korrigieren

Auf dem Weg zur Umsetzung neuer Strategien sind auch unvorhergesehene Entwicklungen vorprogrammiert. Diese gehören zu jeder Veränderung. Daher brauchen die Führungskräfte und Mitarbeiter der Banken die Fähigkeit, die Erkenntnisse daraus zu nutzen und daraus Kurskorrekturen abzuleiten.

Auch wenn viele der hier präsentierten Ansätze wie Selbstverständlichkeiten anmuten, zeigt die Studie klaren Handlungsbedarf im Bereich der Strategieentwicklung und Führung auf. Dies sind Ansatzpunkte, die von jeder Bank mit eigener Kraft umsetzbar sind. Offenbar werden die auf der Hand liegenden Potenziale nicht genutzt. Nötig ist die Bereitschaft, Veränderungen vorzunehmen. Dabei ist es wichtig, dass jede Bank ihren eigenen Weg entwickelt und geht. Wer neue Lösungen sucht, muss Neues wagen!

Zu den Autoren Prof. Dr. Markus Petry, Hochschule RheinMain, Wiesbaden, Dr. Anja Henke, Geschäftsführerin, Carpe Viam GmbH, Düsseldorf, Bianca Späth, Düsseldorf

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