REGULIERUNG

Bankaufsichtsrecht - was bringt das Jahr 2021?

Gerhard Hofmann, Foto: BVR

Auch das Jahr 2021 wird zwar noch von Covid-19 geprägt sein. Was das Bankaufsichtsrecht betrifft, stehen jedoch andere Themen auf der Agenda, die den Genossenschaftsbanken Sorgen bereiten. Gerhard Hofmann wiederholt deshalb einer mal mehr die Forderung, Basel III an die Bedürfnisse kleinerer Banken und der kleinen und mittelgroßen Unternehmen anzupassen. Mit Blick auf das Risikoreduzierungsgesetz sieht er unter anderem die Gefahr, dass es für Genossenschaftsbanken schwieriger werden könnte, Aufsichtsräte zu gewinnen. Und die Kombination aus der sechsten MaRisk-Novelle und dem als Referentenentwurf vorliegenden Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktstabilität droht das Thema Outsourcing zum Bürokratiemonster werden zu lassen. Red.

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Nachdem im abgelaufenen Jahr 2020 Corona-bedingt die Bankenaufsicht eine Reihe von meist temporären Erleichterungen erlassen hatte, um den realwirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie entgegenzuwirken, dürfte sich der Fokus in diesem Jahr auf andere wichtige Vorhaben richten.

Vollendung von Basel III

Der BVR blickt auf Brüsseler Ebene vor allem auf den Vorschlag der EU-Kommission zur Umsetzung der Vollendung von Basel III - oft auch als Basel IV bezeichnet, dessen Regelungen 2023 in Kraft treten sollen. Der Kommissionsvorschlag hierfür wird im Frühjahr 2021 erwartet. Dabei erwarten wir vom europäischen Gesetzgeber, dass die Besonderheiten des europäischen Bankenmarktes hinreichend berücksichtigt werden und zusätzliche Kapitalbelastungen für Banken in der EU moderat bleiben. Dies betrifft vor allem eine angemessene Umsetzung des sogenannten Output-Floors, der nach EBA-Berechnungen zu einem Anstieg der Kapitalanforderungen bei großen Banken um mehr als 30 Prozent führen kann. Unabhängig hiervon ist es ein Kernanliegen des BVR, dass die administrativen Anforderungen bei kleinen nicht-komplexen Instituten nicht weiter erhöht, sondern - wo immer möglich - gesenkt werden. Viele kleine und mittlere Banken sind bereits heute stark mit umfangreichen und komplexen Regelungen belastet, mit dem Ergebnis, dass sie zu Fusionen gezwungen werden und vom Markt verschwinden, obwohl sie ein ökonomisch tragfähiges Geschäftsmodell haben und in ihrer Region attraktive Finanzdienstleistungen anbieten. Daher muss das Proportionalitätsprinzip bei der Umsetzung des neuen Baseler Standards in Europa in stärkerem Maße als bisher berücksichtigt werden. Im Einzelnen werden durch die Baseler Reform die bisherigen Regelungen zur Unterlegung von Kreditrisiken im Kreditrisikostandardansatz (KSA) und in dem auf internen Ratings basierenden Ansatz (IRBA), von Forderungen im Handelsbuch und von operationellen Risiken erheblich verändert.

Die Anpassungen des KSA waren vor allem dadurch motiviert, diesen für Großbanken, die interne Modelle verwenden, als Referenzgröße anwendbar zu machen. Banken, die interne Modelle verwenden, müssen zur Berechnung des Output Floors künftig auch das Kreditrisiko anhand des neuen KSA berechnen. Dies führt jedoch dazu, dass Institute, die schon bisher den KSA angewendet haben, einen Großteil ihrer Kredite neuen Forderungsklassen zuordnen müssen. Dies verursacht einen hohen administrativen Aufwand, der insbesondere bei kleinen Instituten disproportional ist. Dem steht aber nur ein vergleichsweise geringer regulatorischer Nutzen gegenüber. Zudem sieht das neue Basel-Paket vor, dass externe Ratings im Rahmen einer Due Diligence von der kreditgebenden Bank überprüft werden sollen. Die meisten Banken verfügen weder über das Know-how noch über die notwendigen Ressourcen, die Ergebnisse von externen Ratingagenturen überprüfen zu lassen. Daher sollten aus Sicht des BVR kleine und nichtkomplexe Institute das Wahlrecht erhalten, anstatt des KSA die aktuell geltende Regelung weiter zu verwenden.

SME supporting factor erhalten

Die Finanzierung des Mittelstandes in Europa weicht von den Gegebenheiten auf anderen Märkten erheblich ab. Zum einen gibt es in Europa deutlich mehr kleine und mittlere Unternehmen (KMU) als beispielsweise in den USA. Zum anderen erfolgt die Finanzierung dieser Unternehmen hier im Wesentlichen durch die Kreditinstitute, während sich Firmen in anderen Märkten in viel höherem Maße über die Kapitalmärkte finanzieren. Daher verfügen europäische KMUs nur selten über Ratings von externen Ratingagenturen. Aufgrund der besonderen Strukturen und der Geschäftsmodelle mittelständischer Unternehmen sind die Verluste bei diesen Finanzierungen aber verhältnismäßig gering. Dies hat den europäischen Gesetzgeber veranlasst, bei der Kapitaladäquanzverordnung (CRR) einen Konversionsfaktor für KMU-Finanzierungen einzuführen - also einen Unterstützungsfaktor für kleine und mittlere Unternehmen ("SME supporting factor"). Im Rahmen der CRR II sind diese Erleichterungen noch ausgedehnt worden.

Demgegenüber sieht das Baseler Rahmenwerk zwar ein etwas geringeres Risikogewicht (85 Prozent) für KMU-Kredite vor; es bleibt dabei aber deutlich hinter den Erleichterungen in der CRR I zurück. Damit käme es zu einer Verschärfung der Mittelstandsfinanzierung, die aus Sicht des BVR aufgrund der Besonderheiten der KMU-Finanzierung in der EU nicht gerechtfertigt ist. Entsprechend sollte der "SME supporting factor" bei der europäischen Umsetzung erhalten bleiben.

Drohender Verkaufsdruck bei Beteiligungen

Basel sieht weiterhin vor, künftig sämtliche Beteiligungen mit einem Risikogewicht von mindestens 250 Prozent anzurechnen. Bisher werden strategische Beteiligungen mit einem Risikogewicht von 100 Prozent berücksichtigt. Dies betrifft auch die Beteiligungen der Genossenschaftsbanken an der DZ Bank und den Verbundunternehmen. Aufgrund der verbundeinheitlichen Kontrolle und Steuerung sind die mit diesen Beteiligungen verbundenen Risiken deutlich geringer als bei sonstigen Beteiligungen. Daher sollten verbundinterne Beteiligungen auch künftig mit einem Risikogewicht von 100 Prozent angesetzt werden können.

Generell ist zu befürchten, dass die Baseler Regelung zu den Beteiligungen künftig einen Verkaufsdruck bei Banken in verschiedenen Ländern Europas auslösen könnte, der Investoren aus Drittstaaten wie den USA oder China günstige strategische Einkaufsmöglichkeiten in Europa bietet. Dies kann europapolitisch nicht gewollt sein.

Das Baseler Rahmenwerk regelt zudem, dass grundsätzlich nur solche Forderungen der Forderungsklasse "Mengengeschäft" (Retail) zugeordnet werden können, die nicht größer sind als 0,2 Prozent des gesamten Mengengeschäftsportfolios. Für kleine Institute würde die Anwendung eines solchen starren Granularitätskriteriums zu einem extrem niedrigen maximalen Kreditbetrag führen, was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit dieser Häuser unterminieren würde. Der gleiche Kredit wäre bei Banken unterschiedlicher Größe unterschiedlich mit Eigenkapital zu unterlegen. Um dies zu vermeiden, sollte es in Europa bei der Regelung bleiben, dass die Institute anstatt des vorgenannten quantitativen Granularitätskriteriums ein qualitatives Diversifizierungskriterium verwenden können. Kleine Institute dürfen bei der Kapitalunterlegung von Retail-Exposures, die oft den Kern deren Geschäftsmodells ausmachen, nicht benachteiligt werden.

Durch das Baseler Rahmenwerk wird auch die Eigenmittelunterlegung von außerbilanziellen Positionen geändert. Während aktuell vorbehaltlos und jederzeit kündbare Kreditzusagen nicht mit Eigenmitteln unterlegt werden, sollen diese künftig mit 10 Prozent der Eigenmittelanforderungen für einen voll ausgereichten Kredit versehen werden. Es ist kennzeichnend für die deutsche Mittelstandsfinanzierung, Unternehmen mit angemessenen Kreditlinien auszustatten, welche im Bedarfsfall schnell in Anspruch genommen werden können, ohne dass es jeweils eines umfangreichen neuen Kreditvergabeprozesses bedarf. Vielmehr wird von den Instituten heutzutage fortlaufend überwacht, ob sich die Bonität des Kreditnehmers soweit verändert hat, dass die Kreditlinie reduziert werden muss.

Die vorgesehene Eigenmittelreduzierung würde dazu führen, dass die Kreditinstitute die bisherige Vergabepolitik von Kreditlinien ändern müssten und sich daher die Bedingungen im Bereich der Mittelstandsfinanzierung verschlechtern würden. Daher sollte auf die Eigenmittelunterlegung von jederzeit kündbaren Kreditlinien weiterhin verzichtet werden. Dieser Aspekt hat in der Vergangenheit nie zu Stabilitätsproblemen geführt.

Risikoreduzierungsgesetz macht Aufsichtsratsmandat unattraktiv

Aber auch auf nationaler Ebene sind verschiedene Gesetzgebungs- und Konsultationsprozesse mit zum Teil erheblichen Auswirkungen auf Banken hervorzuheben. Zum einen ist das Risikoreduzierungsgesetz (RiG) zu nennen, welches in weiten Teilen Ende Dezember 2020 in Kraft getreten ist, und im Kern - mit einem "gold plating" in einigen Bereichen - das europäische Bankenpaket 2019 mit Änderungen an den Kapital- und Abwicklungsregeln umsetzt.

Im Bereich des KWG wurden neben der Umsetzung von europäischen Vorgaben auch nationale Regelungen erlassen oder ausgeweitet. Insbesondere die Erweiterungen der Organkreditregelungen haben viele praktische Fragen aufgeworfen und stellen Genossenschaftsbanken vor erhebliche Probleme. Denn ab Jahresende 2020 werden nunmehr auch volljährige Kinder und die Eltern von Organen in den Anwendungsbereich der Regelung einbezogen. Zudem wurde die Regelung, die erhöhte Beschlussfassungspflichten und Vorgaben für die Ausgestaltung von Geschäften mit Organen umfasst, statt bislang nur auf Kredite nunmehr auf sämtliche Geschäfte ausgeweitet. Diese Regelungen bergen durchaus die Gefahr, dass es schwieriger wird, Aufsichtsräte zu gewinnen, denn die Attraktivität dieses Mandats wird deutlich geschmälert. Dies ist gerade für Genossenschaftsbanken, die keine oder nur eine geringe Vergütung für Aufsichtsratsmandate zahlen, ein wichtiger Punkt. Die Zahl der betroffenen Organkredite beziehungsweise -geschäfte dürfte um den Faktor fünf bis zehn steigen und damit die administrativen Belastungen der Institute erhöhen.

Auch im Bereich der Anzeigen ist es zu Verschärfungen gekommen. So ist der Absichtsanzeige zur Bestellung eines Geschäftsleiters künftig das Ergebnis der Geeignetheitsbeurteilung (Zuverlässigkeit, fachliche Eignung, zeitliche Verfügbarkeit) beizufügen. Weiterhin ist eine neue Ad-hoc-Anzeige abzugeben, wenn sich Tatsachen geändert haben, die sich auf die Geeignetheit auswirken können. Letzteres führt zu einer permanenten Überwachungspflicht der Institute. Erstmals wurden mit dem RiG aufgrund europäischer Vorgaben die Anforderungen an die Eigenmittelempfehlungen (Eigenmittelzielkennziffer) in das KWG übernommen. Hier wurden die europäischen Regelungen "eins zu eins" umgesetzt, sodass die Eigenmittelzielkennziffer zukünftig durch Eigenmittel abzudecken ist.

Durch das RiG kam es zudem zu Änderungen des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (SAG) sowie einer damit in Zusammenhang stehenden praktisch relevanten Änderung des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG). Bei den durch das RiG erfolgenden Änderungen des SAG geht es vornehmlich um die Umsetzung internationaler TLAC-Anforderungen für global systemrelevante Banken in das bestehende Regime der Mindestanforderungen an für ein Bailin berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL). Aus Sicht des BVR erfreulich ist, dass nahezu alle weniger bedeutenden Genossenschaftsbanken auf absehbare Zeit kaum Berührungspunkte zu abwicklungsrechtlichen Vorgaben haben werden.

Erleichterungen werden weiterhin an die Eigenschaft eines sogenannten insolvenzgeeigneten Instituts geknüpft. Dies sind Institute, die nach Bewertung der Abwicklungsbehörde bei (drohendem) Ausfall nicht nach speziellen Vorgaben des SAG abgewickelt, sondern im üblichen Insolvenzverfahren liquidiert würden. Diese Institute erfüllen in der Regel die MREL-Anforderungen bereits durch die Eigenmittelanforderungen. Auch sind solche Institute von MREL-bezogenen Melde- und Veröffentlichungspflichten befreit. Schließlich haben die Abwicklungsbehörden nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit, insolvenzgeeignete Institute von bürokratischen Pflichten im Hinblick auf Verbindlichkeiten, die dem Recht eines Drittstaates unterliegenden, zu befreien. All dies ist positiv zu werten.

Praktische Bedeutung auch für Genossenschaftsbanken wird in Zukunft eine auf der Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie BRRD beruhende Änderung entfalten, die in § 65b WpHG umgesetzt wurde und zum 28. Dezember 2020 in Kraft tritt. Dabei geht es um die Veräußerung nachrangiger berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten und relevanter Kapitalinstrumente an Privatkunden. Bei relevanten Kapitalinstrumenten handelt es sich um Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals (AT1) sowie des Ergänzungskapitals (Tier 2), bei nachrangigen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten um solche, die grundsätzlich keine Eigenmittelqualität besitzen und für MREL-/ Bail-in-Zwecke wichtig sind. Demnach dürfen - trotz der aus der Kreditwirtschaft geäußerten Kritik - nachrangige berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten sowie relevante Kapitalinstrumente an Privatkunden (§ 67 Abs. 3 WpHG) nur mit einer Mindeststückelung von 50 000 Euro veräußert werden. Ausgenommen davon sind relevante Kapitalinstrumente von kleinen und nicht komplexen Instituten, für die eine Mindeststückelung von 25 000 Euro gilt. Die Regelungen gelten nicht für Verbindlichkeiten und relevante Kapitalinstrumente, die vor dem 28. Dezember 2020 begeben wurden. Hier dürften unterschiedliche Regelungen in den Mitgliedstaaten entstehen, die nicht wettbewerbsneutral sind.

FISG-Referentenentwurf in Teilen nicht sachgerecht

Vor dem Hintergrund des Falls Wirecard soll mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität die Bilanzkontrolle und Abschlussprüfung gestärkt sowie weiter reguliert werden. Zudem wird eine gesetzliche Verschärfung der Auslagerungsregelungen angestrebt. Der Wirecard-Skandal ist ein Betrugsfall, bei dem bestehende Regeln mit hoher krimineller Energie bewusst verletzt wurden. Deshalb lassen sich daraus nur bedingt Konsequenzen für das rechtliche Rahmenwerk ableiten. Die im Referentenentwurf des FISG vorgesehenen Gesetzesänderungen greifen deutlich darüber hinaus und sind daher in Teilen nicht sachgerecht.

Mit Blick auf die im FISG-Entwurf enthaltenen Regelungen zur Bilanzkontrolle und Abschlussprüfung ist zu begrüßen, dass die Routineprüfungen bei der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) verbleiben. Ebenfalls sinnvoll ist die Stärkung der Rechte der BaFin, insbesondere im Zusammenhang mit anlassbezogenen Prüfungen sowie die Stärkung des Austausches zwischen DPR, BaFin und der Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS). Jedoch ist die vorgesehene Anordnungsbefugnis der BaFin zur Korrektur des Jahresabschlusses kritisch zu sehen. Da ein Widerspruch hiergegen keine aufschiebende Wirkung haben soll, könnte die BaFin bereits vor einer gerichtlichen Klärung Fakten schaffen, die das Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf die Beurteilung durch den Kapitalmarkt sehr negativ beeinträchtigen würden, auch wenn sich im Nachhinein als Ergebnis einer Überprüfung herausstellen sollte, dass das zuständige Gericht der Fehlerfeststellung der BaFin nicht folgt, was in der Vergangenheit bereits geschehen ist.

Ferner soll die Haftungsobergrenze von 4 Millionen Euro bei der Abschlussprüfung von börsennotierten Aktiengesellschaften auf 20 Millionen Euro erhöht werden und künftig für die Prüfung aller Kapitalgesellschaften gelten, die Unternehmen von öffentlichem Interesse sind. Damit wären auch alle Banken und Sparkassen sowie Versicherungsunternehmen erfasst. Wir halten es nicht für angemessen, die massiv erhöhte Haftungsobergrenze undifferenziert auf die Prüfung aller Unternehmen von öffentlichem Interesse und damit auf alle Kreditinstitute zu übertragen. Die Vorkommnisse um den Fall Wirecard lassen in keiner Weise den Schluss zu, dass nicht börsennotierte Kreditinstitute der erhöhten Haftungsgrenze unterworfen werden sollten. Vielmehr sprechen gerade die sehr umfangreichen aufsichtsrechtlichen Prüfungen im Zusammenhang mit der Jahresabschlussprüfung dafür, dass für diese Unternehmen weiterhin die Regel-Ersatzpflicht gilt. Im Ergebnis würden sich die Kosten der Jahresabschlussprüfung für alle Banken ohne Grund erhöhen.

Auslagerungsthematik aus dem Gesetzesentwurf herauslösen

Kritisch sehen wir im Rahmen des FISG-Entwurfs, dass der Umfang der Befugnisse der BaFin in Zusammenhang mit Auslagerungen stark ausgedehnt werden soll. Die vorgesehenen Änderungen hinsichtlich der Auslagerung von Tätigkeiten und Prozessen an externe Dienstleister erachten wir als zu weitgehend. Unter anderem sollen auslagernde Institute im Zuge ihres Risikomanagements ein Auslagerungsregister führen, in dem sie "sämtliche wesentlichen und nicht wesentlichen Auslagerungen" erfassen. Die BaFin wird außer dem befugt, Anordnungen gegenüber Aus lagerungsunternehmen zu treffen, um Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen oder "Missstände in einem Institut zu verhindern".

Nicht zuletzt fasst der Entwurf den Begriff des Auslagerungsunternehmens im KWG weiter als bisher. Nach der vorgesehenen Neuregelung sollen daher nun auch die wesentlichen Weiterverlagerungen unter den Auslagerungsbegriff fallen. Erst im vergangenen Jahr wurden diese Vorgaben durch die EBA-Leitlinien zu Auslagerungen deutlich erweitert. Die vorgesehenen Änderungen werfen diverse Fragen und rechtliche Zweifel auf und gehen deutlich über die Anforderungen der EBA hinaus. Hierdurch würde für die Institute und auch für die Auslagerungsunternehmen ein erheblicher Mehraufwand entstehen.

Die erweiterten Befugnisse und direkten Anweisungsrechte der BaFin gegenüber den Auslagerungsunternehmen sind zum Teil vertraglich schwierig bis unmöglich durchzusetzen. Daher sollte die gesamte Thematik aus diesem Gesetzesvorhaben herausgelöst und sachgerechte Lösungsansätze zwischen Aufsicht und Kreditwirtschaft erörtert werden, bevor es zu gesetzlichen Regelungen kommt, die am Ende deutsche Kreditinstitute benachteiligen.

MaRisk-Novelle braucht angemessene Umsetzungsfrist

Schließlich ist die kürzlich abgeschlossene Konsultation der sechsten MaRisk-Novelle hervorzuheben, mit der die Leitlinien der EBA zu notleidenden und gestundeten Risikopositionen (Non-Performing Exposures - NPE) sowie zu Auslagerungen und IT-Risiken aufgegriffen werden. Zentrales Element dieser Leitlinien zum NPE-Management ist Erarbeitung einer Strategie zum wirksamen Abbau der NPE-Bestände sowie zur nachhaltigen Begrenzung neuer Zuflüsse bei Banken mit bereits hohen Beständen. Für alle Institute wird ein Ausbau der Risikofrüherkennung im Forbearance-Bereich, die frühzeitige bilanzielle Bewältigung von NPL-Fällen und auch die Sicherstellung aktueller und unabhängiger Sicherheitenbewertungen erforderlich werden.

Zudem wird das Notfallmanagement neu geordnet. Die Aufsicht legt dabei einen besonderen Stellenwert auf eine regelmäßige und zeitnahe Aktualisierung der Notfallkonzepte, die im Auslagerungsfall erstellt werden müssen. Diese sollen mittels Auswirkungsanalysen über Art und Umfang potenzieller Schäden und Risikoanalysen zeitkritischer Aktivitäten und Prozesse insbesondere bei IT-Ausfällen verfügen.

Details zur Szenario-Analyse noch unklar

Detaillierte Anforderungen wurden insoweit aus den Outsourcing Guidelines der EBA in Abschnitt AT 9 umgesetzt. Die Änderungen betreffen den gesamten Auslagerungszyklus. So wurden Anforderungen zur Risikoanalyse und zur Bestimmung der Wesentlichkeit, zur Ausgestaltung des Auslagerungsvertrages sowie zur Steuerung und Überwachung der Risiken von Auslagerungsvereinbarungen aufgenommen oder präzisiert. So sollen bei wesentlichen Auslagerungen im Auslagerungsvertrag neben Informations- und Prüfungsrechten auch Zugangsrechte berücksichtigt werden. Die Vereinbarung weiterer, bisher nicht in den MaRisk vorgesehener Anforderungen an Auslagerungsverträge bedeutet allerdings einen unverhältnismäßigen zeitlichen und kostenmäßigen Aufwand für die Institute, da viele Auslagerungsverträge neu verhandelt werden müssen. Solche Anpassungen bedürfen zudem einer angemessenen Umsetzungsfrist.

Auch die Ergänzung der Risikoanalyse um eine Szenarioanalyse erscheint tendenziell als unverhältnismäßig. Die BaFin sollte zumindest klarstellen, dass die Sinnhaftigkeit der Szenarioanalyse bei nicht-wesentlichen Auslagerungen in der Regel nicht gegeben ist. Zudem ist nicht ersichtlich, welchen konkreten Inhalt eine Szenarioanalyse aufzuweisen hat. Vor dem Hintergrund der inhaltlich immer detaillierter werdenden Risikoanalyse stellt sich deshalb die Frage, was hier zusätzlich zu prüfen ist.

Um die zentrale Steuerung und Überwachung der Risiken von Auslagerungsvereinbarungen zu bündeln, soll jedes Institut selbst einen zentralen Auslagerungsbeauftragten bestimmen. Das zentrale Auslagerungsmanagement, das das Institut abhängig von Art, Umfang und Komplexität der Auslagerungsaktivitäten einzurichten hat, dient der Unterstützung des Auslagerungsbeauftragten. Mit der Novelle wird nunmehr auch die Möglichkeit eingeräumt, ein zentrales Auslagerungsmanagement auf Gruppen- beziehungsweise Verbundebene einzurichten. Diese Erleichterungen begrüßen wir. Als neue Dokumentationsanforderung ist vorgesehen, dass die Institute ein aktuelles Auslagerungsregister mit Informationen über alle Auslagerungsvereinbarungen vorzuhalten haben, welches in der Gesamtschau mit den geschilderten Regelungen im FISG als zu weitreichend anzusehen ist. Darüber hinaus werden die Möglichkeiten hinsichtlich der vollständigen Auslagerung der besonderen Funktionen Risikocontrolling-Funktion, Compliance-Funktion und Interne Revision aufgrund von Diskussionen im Fachgremium MaRisk dahingehend erweitert, dass die vollständige Auslagerung unter bestimmten Umständen nun auch auf Schwesterinstitute innerhalb einer Institutsgruppe möglich ist. Diesen Funktionen wird als Steuerungs- und Kontrollinstrumente für die Geschäftsleitung weiterhin große Bedeutung beigemessen.

Insgesamt bedarf es bei der MaRisk-Novellierung im vorgelegten Entwurf an verschiedenen Textstellen noch an Klarstellungen. Zudem plädieren wir auch hier für ein "Mehr" an Proportionalität. Die neu anstehenden Regulierungen werden insbesondere kleinere Institute vor erhebliche Herausforderungen in der Umsetzung stellen. Geplant ist, dass die neugefassten MaRisk im Laufe des ersten Quartals 2021 in Kraft treten.

Gerhard Hofmann, Mitglied des Vorstands, Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), Berlin
Gerhard Hofmann , Mitglied des Vorstands , Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), Berlin

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