Die Zukunft der Hausbank

Bargeldservice in Zeiten der Digitalisierung

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Das Thema Bargeld stellt für Filialbanken nach wie vor einen großen Kostenblock dar. Angesichts des Kostendrucks wird eine Effizienzsteigerung an dieser Stelle immer wichtiger - zumal sich auch in Deutschland das Zahlverhalten wandelt. Der Mittelbrandenburgische Sparkasse ist es gelungen, die Effizienz in der Bargeldlogistik erheblich zu steigern und gleichzeitig die Kunden vom Nutzen der neuen Strategie mit verschiedenen SB-Geräten zu überzeugen, berichtet Silke Koch. Red.

Die Mittelbrandenburgische Sparkasse (MBS) ist nicht nur flächentechnisch eine der größten Sparkassen bundesweit. Gleichwohl hat auch sie die aktuellen Herausforderungen des Marktes, wie etwa das niedrige Zinsniveau oder die stetig steigenden Kosten im Barzahlungsverkehr zu meistern. Diese und weitere Faktoren, wie etwa neue rechtliche Rahmenbedingungen, in Form der Münzgeldverordnung zum Beispiel, tragen dazu bei, dass die Effizienz im Bargeldservice sank. Dieser Entwicklung wollte die MBS mit zukunftsweisenden Maßnahmen begegnen: Das Projekt "Bagel", welches das Institut gemeinsam mit der P3N Beratungs GmbH ins Leben rief, hatte allerdings weit mehr zum Ziel als nur die bloße Effizienzsteigerung im Bargeldbereich. Vielmehr standen auch vertriebliche Überlegungen und die Frage im Fokus, wie die Sparkasse trotz Kosteneinsparungen aus Kundenperspektive heute und zukünftig einen optimalen Service leisten kann.

Ein Blick über den Tellerrand

Verglichen mit Europa ist Deutschland im Bereich "Digitalisierung des Zahlungsverhaltens" ein Entwicklungsland. In den skandinavischen Ländern beispielsweise, allen voran Schweden, spielt Bargeld im Alltag nur noch eine untergeordnete Rolle. Lediglich 20 Prozent des Umsatzes werden dort noch bar abgewickelt. In Deutschland hingegen scheint nach wie vor das Sprichwort "Nur Bares ist Wahres." zu gelten. Immerhin werden hierzulande knapp 80 Prozent in bar bezahlt - obwohl der Umgang mit Scheinen und Münzen rein volkswirtschaftlich betrachtet die teuerste Zahlungsform darstellt.

Dass Bargeld Geld kostet, spürt eben in der Regel nicht der Kunde, sondern vor allem die Kreditwirtschaft, insbesondere die Sparkassen, die aufgrund ihrer regionalen Versorgungsverpflichtung in weiten Teilen die Bargeldbereitstellung nahezu allein schultern. Waren im Jahr 2002 mit Beginn der Euro-Einführung noch 11 Milliarden Münzen in Deutschland im Umlauf, so sind es heute mehr als 30 Milliarden. Das sind Summen, die hauptsächlich dem Institut, sowie der Hauptkasse und dem Wertdienstleister im Speziellen enorme personelle und finanzielle Anstrengungen abverlangen. Die MBS als Marktführer in ihrer Region sieht sich dem immer größer werdenden Kostenblock Barzahlungsverkehr besonders stark ausgesetzt und startete aus diesem Grunde das Projekt "Bagel".

Effizienz und Service verbinden

Dabei standen allerdings weit mehr als reine Effizienzüberlegungen im Fokus. Vielmehr ging es dem Institut auch darum, die Dienstleistung "Bargeld" zwar kostengünstiger anzubieten, dem Kunden jedoch weiterhin einen optimalen Service offerieren zu können. Gleichzeitig sollten vertriebsstrategische Überlegungen in die Neugestaltung des Barzahlungsverkehrs einfließen. Dabei galt es stets, die Situation heute und auch in Zukunft im Blick zu haben.

Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen schreitet voran, die Auswirkungen der digitalen Zukunft auf das Leben und die Bankenwelt sind noch nicht vollständig abzuschätzen. Wie wird sich der Kunde verhalten? Wird er die Filiale noch nutzen? Wie werden sich junge Kunden verhalten, die in einer sich digitalisierenden Welt aufwachsen? Welchen Einfluss üben demografische Faktoren aus? Diesen und weiteren Fragestellungen ging das Projektteam, bestehend aus internen und externen Fachleuten ebenso nach wie dem Ziel eines effizienteren Barzahlungsverkehrs trotz widriger Rahmenbedingungen (siehe Abbildung 1).

Im Rahmen der Analyse wurde deutlich, dass die Sparkasse mit einer Cost Income Ratio (CIR) im Barzahlungsverkehr mit 2,58 sogar noch unter dem Durchschnitt der Vergleichsinstitute lag (siehe Abbildung 2).

Größte Stellschrauben im Bargeldvertrieb

Trotz der guten Ausgangslage begann sie, nach weiteren Optimierungsmöglichkeiten zu suchen. Dabei stand das Ziel im Mittelpunkt, die Wirtschaftlichkeit des Barzahlungsverkehrs um mindestens 2 Millionen Euro jährlich zu verbessern, was in Anbetracht des Gesamtkostenblocks von rund 10 Millionen Euro immerhin 20 Prozent ausmachte.

Folglich analysierte das Projektteam die gesamte Wertschöpfungskette des Barzahlungsverkehrs - vom Kunden zum Kunden. Die größten Stellschrauben zeigten sich dabei im Bargeldvertrieb. Darüber hinaus ließen sich dank der eingehenden Analyse zahlreiche weitere Erkenntnisse festhalten, die die Effizienz im Barzahlungsverkehr beeinflussten. Beispielsweise war die SB-Auslastungsquote im Einzahlbereich sehr gering und das Leistungsangebot im Bargeldbereich in den Geschäftsstellen nicht vollständig am tatsächlichen Kundenbedarf ausgerichtet.

Aus den im Zuge der Analysephase aufgedeckten Optimierungspotenzialen galt es nun, die richtigen, strategischen Überlegungen abzuleiten und diese Stück für Stück in ein stimmiges, zukunftsfähiges Konzept zu gießen. Teil des zielführenden Maßnahmenpakets war dabei auch eine abgestufte Clusterung der Geschäftsstellen mit einem bedarfsgerechten Leistungsangebot. Aus der Definition standardisierter Ausstattungsrichtlinien ließ sich nun die technische Ausstattung in den Geschäftsstellen ableiten.

Um das Leistungsangebot aufrecht erhalten zu können, definierte das Projektteam in Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen, in welcher Geschäftsstelle künftig Cashrecyler, Geldausgabeautomaten, Online-Münzeinzahler, mitarbeiterbediente Cashpoints oder SB-Kasse die Hauptrolle spielen sollten. Da die Sparkasse ohnehin Ersatzinvestitionen in die bargeldlogistische Infrastruktur plante, entstand im Rahmen des Projektes glücklicherweise kein Bedarf nach Mehrinvestitionen.

Darüber hinaus ergriff die MBS zahlreiche weitere Maßnahmen, wie etwa die optimale Ausrichtung der bargeldlogistischen Prozesse in den Geschäftsstellen und der Hauptkasse insgesamt. Dazu zählten beispielsweise auch die Reduzierung der Bargeldlogistikmengen und der damit in Verbindung stehenden Aufgaben, wie etwa Werttransporte, Geldbearbeitungsvorgänge sowie Ver-/Entsorgungen von SB-Cashpoints. Zudem sollten Dispositionsprozesse zentralisiert und maschinell unterstützt werden, um die Mitarbeiter in den Filialen von Routinetätigkeiten zu entlasten und mehr Raum für die aktive Kundenberatung und -gewinnung zu schaffen. In diesem Zusammenhang wurden die Mitarbeiter ebenfalls durch ein zusätzliches Training geschult, um ihnen insbesondere bei der Umsetzung der neuen Vertriebsstrategie entsprechende Nutzenargumente für die Kunden an die Hand zu geben.

Erwarteter Nutzen bereits eingetroffen

Aus Sicht der Mittelbrandenburgischen Sparkasse ist der erwartete Nutzen aus dem Projekt "Bagel" bereits in weiten Teilen spürbar.

- Die Herstellungskosten wurden signifikant gesenkt.

- Die Heranführung der Kunden an die SB-Geräte, insbesondere mit Blick auf ihren Einzahlungsbedarf, ist mehrheitlich geglückt, was auch die reduzierten Kassentransaktionen zeigen (siehe Abbildung 3).

- Die Bargeldlogistikmengen - und daraus folgend der Wertdienstleister-Aufwand und dezentrale Personalaufwand in den Geschäftsstellen - konnten in der Pilotregion sogar stärker als prognostiziert gesenkt werden. Die Wertdienstleister-Filialstopps beispielsweise reduzierten sich um 30 Prozent von 1 500 auf rund 1 000 pro Jahr - ein Effekt, der aus dem abgestuften Leistungsangebot resultiert. Zudem ließ sich der Personalaufwand für den Barzahlungsvertrieb und die Bargeldlogistik in den Geschäftsstellen insgesamt um 46 Prozent verringern - eine Entlastung, die hauptsächlich im Kundengeschäft am Schalter spürbar wird: In Relation zum gesamten Personalaufwand in einer Geschäftsstelle (Service, Beratung, Leitung) wurden durch "Bagel" 10 Prozent freie Ressourcen geschaffen, die künftig für den Vertrieb einsetzbar sind.

Diese Entwicklung war nur möglich, weil die Vertriebsseite (die Produkt- und Ertragsseite) und die Betriebsseite (die Kostenseite) gleichermaßen betrachtet wurden. Immerhin "laufen" die Betriebsprozesse den Vertriebsprozessen in praxi nach und müssen darum stets als Einheit verstanden werden. Mit anderen Worten ausgedrückt: Die Bargeldlogistik oder auch andere Marktfolgeprozesse können nur so gut oder so schlecht sein wie die vorgelagerten Vertriebsprozesse. Gleichwohl müssen die Betriebsprozesse die (dann gegenüber dem Kunden versprochenen) Vertriebsleistungen jederzeit gewährleisten.

Die Kunden der Mittelbrandenburgischen Sparkasse haben sich schnell an die neuen Gegebenheiten gewöhnt. Sie konnten feststellen, dass sie den haushaltsüblichen Barzahlungsverkehr weiterhin uneingeschränkt in ihrer Sparkassenfiliale abwickeln können. Für höherwertige Leistungen sind sie darauf eingestellt, rechtzeitig vorzubestellen. Nur in seltenen Ausnahmen muss ein Kunde den Weg zur nächstgrößeren Geschäftsstelle auf sich nehmen.

Die Sparkasse ist auf ihrem Weg zur Filiale der Zukunft, in der hochwertiger Service und Vertrieb die primären Leistungen bilden, ein gutes Stück vorangekommen. Die Verzahnung der stationären Filiale mit SB- und medialen Online-Lösungen hin zum Omni-Kanal-Angebot wird vom Bargeldprojekt hervorragend unterstützt.

Zur Autorin

Silke Koch, Projektleiterin, Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam, Potsdam

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