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Digitaler Euro - was brauchen deutsche Unternehmen?

Dr. Andreas Martin, Foto: BVR

Die Diskussion um den digitalen Euro konzentriert sich vor allem auf die Anforderungen der Verbraucher an digitales Zentralbankgeld. Demgegenüber kommen die Bedürfnisse der Unternehmen zu kurz, meinen Andreas Martin und Stephan Paul. Eine Befragung von Firmenkunden der VR-Banken und Firmenkundenberatern zeigt, dass für sie ganz andere Aspekte im Vordergrund stehen. In diesem Kontext fordern die Autoren, sich nicht zu einseitig auf die Verbraucherperspektive zu konzentrieren, sondern Lösungen zu eruieren, die auch die Bedürfnisse von Unternehmen abdecken. Red.

Das heutige Geldsystem steht aufgrund fortschreitend digitalisierter Volkswirtschaften vor dynamischen strukturellen Veränderungen. Einer Umfrage der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zufolge veranlasst das mehr als 80 Prozent der Zentralbanken, sich mit der Einführung einer digitalen Zentralbankwährung auseinanderzusetzen.

Seit April 2020 testet beispielsweise China in einer Reihe von Städten den digitalen E-Yuan, während die schwedische Riksbank bereits seit 2017 die Ausgabe eines auf der Distributed Ledger-Technologie (DLT) basierenden E-Krona-Prototypen analysiert. Gleichzeitig arbeiten auch privatwirtschaftliche Konsortien, wie die 2019 durch Facebook gegründete Diem Association (ehemals Libra), an einem DLT-basierten Stablecoin.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde gab am 14. Juli 2021 offiziell den "Startschuss für das Projekt zum digitalen Euro". Schon in einer öffentlichen Konsultation von Oktober 2020 bis Januar 2021 unter Bürgern haben die EZB und jüngst auch die Deutsche Bundesbank in einer Bevölkerungsumfrage mit 2 718 Teilnehmern und einer qualitativen Inhaltsanalyse auf der Basis von 40 Tiefeninterviews die Perspektive von Privatpersonen auf den digitalen Euro eingeholt. Die Befragten beider Notenbanken wünschen sich, dass ein digitaler Euro über wichtige Merkmale wie eine hohe IT- Sicherheit, Anonymität sowie eine Offline-Nutzbarkeit verfügt. Zugleich offenbaren die Ergebnisse der Bundesbank, dass deutsche Verbraucher eine ausgeprägte Skepsis gegenüber einem digitalen Euro hegen und bezweifeln, dass dieser ihnen wesentliche Mehrwerte gegenüber den bisherigen Zahlungsmitteln bieten kann.

Unterschiedliche Bedürfnisse von Verbrauchern und Unternehmen

Umso überraschender, dass bislang unklar ist, wie ein digitaler Euro vor dem Hintergrund von Unternehmensbedarfen auszugestalten ist. Immerhin sollten die Bedarfe aller Nutzer eine Grundvoraussetzung für die Konzeption und Ausgestaltung eines digitalen Euro darstellen. Daher wurde in einer Kooperation zwischen dem Lehrstuhl für Finanzierung und Kreditwirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum und dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) eine erste empirische Studie zum möglichen Einsatz eines digitalen Euro bei Firmenkunden durchgeführt.

Ein zentrales Ergebnis ist, dass die Bedürfnisse der Firmenkunden ganz andere sind als die der Privatkunden. Alles deutet darauf hin, dass der von der EZB diskutierte digitale Euro nicht beiden Nutzergruppen in gleicher Weise gerecht werden kann und sollte. Für die Bedürfnisse der Privatkunden wäre eine digitale Form des Bargelds die richtige Lösung, die als digitale Wallet in die Banking-Apps integriert werden kann, anonyme Zahlungen ermöglicht und auch ohne Internet nutzbar wäre. Demgegenüber ist für die Bedürfnisse der Industrie nach Einbindung des Zahlungsverkehrs in die Prozessautomatisierung gar nicht zwingend ein digitaler Euro der EZB notwendig. Hier kann die Kreditwirtschaft passende Lösungen - zum Beispiel in Form eines Giralgeldtoken - entwickeln, um die Digitalisierung der Wirtschaft zu unterstützen.

Angesichts der Komplexität dieser Untersuchung wurde ein qualitativer, explorativer Forschungsansatz gewählt. Hierbei wurden die Ergebnisse mithilfe einer inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Grundlage der Befragung bildeten leitfadengestützte Tiefeninterviews mit einer durchschnittlichen Dauer von 90 Minuten mit Entscheidungsträgern (Inhabern, Geschäftsführern oder Finanzleitern) der deutschen Wirtschaft. Dabei wurden zum einen Vertreter von nichtbörsennotierten, mittelständischen deutschen Unternehmen befragt. Zu diesem Zweck haben fünf Volks- und Raiffeisenbanken die Auswahl der Firmenkunden unterschiedlicher Branchen und Bedarfsgruppen unterstützt. Bei diesen Unternehmen wurden spiegelbildlich auch die jeweiligen Bankberater befragt. Zur weiteren Vervollständigung der Bedarfsanalyse wurden mithilfe der DZ Bank darüber hinaus zehn Tiefeninterviews mit Großkunden des Hauses ("kapitalmarktorientierte Unternehmen") geführt. Insgesamt basierte die Untersuchung auf 56 leitfadengestützten Tiefeninterviews. Obgleich eine Repräsentativität der Stichprobe aufgrund der qualitativen Natur der Analyse nicht angestrebt wurde, erlaubt das Vorgehen doch eine valide Indikation der Bedarfe von Kunden unterschiedlicher Größenklassen.

Abbildung 1: Unternehmen und Berater sehen unterschiedliche Verbesserungspotenziale Quelle: Andreas Martin/Stephan Paul

Verbesserungspotenziale bei gegenwärtigen Zahlungslösungen

74 Prozent der Firmenkunden der Volks- und Raiffeisenbanken geben an, dass sie jenseits der initialen Bereitstellung der Zahlungsverkehrsinfrastruktur kaum beziehungsweise keine weitere Unterstützung bei der Zahlungsabwicklung durch "ihr" Finanzinstitut erhalten. Einzig Firmenkunden mit komplexeren Abwicklungen (zum Beispiel im Auslandszahlungsverkehr) nehmen eine aktive Unterstützung ihrer Hausbank wahr.

Gleichzeitig zeigen sich 65 Prozent der befragten Firmenkunden aus der heutigen Perspektive mit dem Status quo zufrieden. Allerdings sehen sie im Detail und vor allem perspektivisch mehrere Verbesserungspotenziale, um den Zahlungsverkehr einerseits noch effizienter zu gestalten und andererseits besser mit bestehenden und zukünftigen Geschäftsprozessen im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung verknüpfen zu können.

  • So wünschen sich 74 Prozent der Firmenkunden eine stärkere Integrierbarkeit des Zahlungsverkehrs in die eigenen betrieblichen Abläufe. Um auf eine möglichst große Vielfalt verschiedener Zahlungswege zurückgreifen zu können, unterhalten sie neben der Beziehung zur Hausbank Geschäftsbeziehun gen zu weiteren Banken und speziellen Zahlungsdienstleistern. Die Folge sind Medienbrüche durch verschiedene Zahlungsverkehrssysteme, die in Kombination mit un zureichenden Schnittstellen zu einem überproportional erhöhten Abwicklungsaufwand in den Buchhaltungs- oder ERP-Systemen führen.
  • Eng damit verknüpft äußern 70 Prozent der Firmenkunden den Wunsch, dass der Zahlungsverkehr die eigenen Automatisierungsbemühungen besser unterstützen soll. Indes betonen einzelne Unternehmen, zunächst selbst erste Schritte in der Digitalisierung der internen Prozesse gehen zu wollen, da die eigenen Systeme unter Umständen nicht hinreichend auf potenzielle Automatisierungen im Zahlungsverkehr ausgelegt sind.
  • 61 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass die bisherigen Zahlungsinstrumente ihnen zu wenig Kontrolle über ihre Zahlungsströme ermöglichen. Durch neue Zahlungsverkehrslösungen erhoffen sie sich, ihre Liquiditäts- und Kreditrisiken sowie ihre Prozesskosten für die Rechnungsbearbeitung nachhaltig zu senken. Die Hälfte (51 Prozent) wünscht sich eine höhere Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Umgang mit Zahlungsinformationen.

Im Gegensatz dazu ergibt sich für die Firmenkundenberater ein zum Teil anderes Bild. Die Berater schätzen die allgemeine Transaktionsgeschwindigkeit mit 88 Prozent als relevantesten Punkt unter den Verbesserungspotenzialen ein und überschätzen damit ihre Kunden um 27 Prozentpunkte. Andere Verbesserungspotenziale, wie eine bessere Geschäftsintegration und Automatisierbarkeit des Zahlungsverkehrs, sind zwar für Firmenkunden besonders relevant, werden aber deutlich weniger an den Berater herangetragen (Integrierbarkeit minus 36 Prozentpunkte und Automatisierbarkeit minus 20 Prozentpunkte). Gleiches gilt für den Bereich der Zahlungsinformationen.

Hauptanforderung Automatisierung

Verständlicherweise ist demnach die Möglichkeit der deutlich weitergehenden Automatisierung die wichtigste Anforderung der mittelständischen Unternehmen an eine digitale Währung. Von dieser versprechen sich die Befragten eine maßgebliche Steigerung der Effizienz der gesamten Zahlungsabwicklung, vor allem aber der vor- und nachgelagerten Prozesse. Eine Vielzahl wünscht sich, dass das Forderungsmanagement noch stärker digitalisiert und automatisiert wird, sodass zugleich der Aufwand für das Mahnwesen signifikant reduziert werden kann. Dazu ist es aber beispielsweise notwendig, dass die Zahlungsabwicklung noch besser mit der Buchhaltung verknüpft werden kann.

Ein häufig genanntes Problem ist ein fehlender Zahlungsmittelstandard, der eine "schlanke" Integration in die Systeme und somit das Realisieren von einfachen Automatisierungen erleichtern würde. Ansonsten berichteten einzelne Befragte, dass sie sich eine umfassende Digitalisierung des Euro, zum Beispiel in Form eines Tokens auf DLT- Basis, wünschen würden. Denn dies sei Voraussetzung, um innovative Zahlungsabwicklungskonzepte, wie beispiels weise Machineto-Machine-Zahlungen (M2M) oder Abo-Modelle in der Industrie (Pay-Per-Use- Konzepte) umzusetzen.

Passend dazu haben 16 Befragte ein erhöhtes Interesse an einem Delivery versus Payment bekundet. Dieser gleichzeitige Werteaustausch kann durch den Einsatz eines Smart Contracts, der die Steuerung der Vertragsabwicklung übernimmt, zum Beispiel das Erfüllungsrisiko vollständig eliminieren. Infolgedessen können Unternehmen ihre Liquiditätssteuerung optimieren. Ist ein gleichzeitiger Werteaustausch jedoch nicht möglich, ist für 67 Prozent der Befragten aus denselben Gründen eine Zahlung mit erhöhter Informationsfunktion von sehr hoher Relevanz. Eine besondere Rolle spielt die Informationskomponente auch bei grenzüberschreitenden Zahlungen, von geringerer Relevanz ist hingegen eine Erhöhung der Transaktionsgeschwindigkeit.

Abbildung 2: Automatisierung im Fokus Quelle: Andreas Martin/Stephan Paul

Hohe Marktakzeptanz als Hygienefaktor

Neben unternehmensspezifischen Bedarfen, die sich aus den operativen Abläufen und dem eigenen Geschäftsmodell ergeben, existieren weitere Basisbedarfe im Sinne von "Hygienefaktoren". Letztere sind als notwendige Vorbedingungen zur eigentlichen Nutzung eines digitalen Euro seitens der Unternehmen zu verstehen. So geben 100 Prozent der Unternehmen an, dass die IT-Sicherheit eines Euro als Zahlungsmittel für den digitalen Raum von sehr hoher/hoher Relevanz ist. Zugleich können Unternehmen die ökonomischen Mehrwerte eines digitalen Euro nur dann realisieren, wenn dieser eine hohe Akzeptanz am Markt besitzt. Entsprechend sind die Marktakzeptanz und Verbreitung des digitalen Euro für 95 Prozent der Unternehmen von hoher/sehr hoher Relevanz. Damit diese Marktakzeptanz und Verbreitung allerdings auch aus technischer Perspektive sichergestellt werden kann, muss der digitale Euro für 87 Prozent der Unternehmen eine hohe Kompatibilität zu anderen Systemen und Geldformen (Interoperabilität) aufweisen.

Unter der Voraussetzung, dass der digitale Euro diese grundlegenden und die zuvor diskutierten unternehmensspezifischen Bedarfe abdeckt, testieren sowohl Unternehmen als auch Berater ihm einen großen Anwendernutzen. Für 78 Prozent der Firmenkunden und 81 Prozent der Bankberater hat er einen hohen bis sehr hohen Nutzen.

Großunternehmen schon heute mit erhöhtem Bedarf

In Bezug auf die Bedarfe an einen digitalen Euro werden markante Unterschiede nach den Größenklassen der Unternehmen deutlich. Während für mittelständische Unternehmen konkrete Bedarfe nach einem digitalen Zahlungsmittel erst nach einer weitgehenden Digitalisierung der internen Prozesse entstehen, verwenden die "Kapitalmarktunternehmen" bereits die nötigen Systeme (beispielsweise ERP- Systeme) und verfügen über das erforderliche Knowhow, sodass sie bereits heute einen erhöhten Bedarf nach einem digitalen Zahlungsmittel aufweisen. Dabei liegt der Fokus der einzelnen Bedarfe im Vergleich weniger auf Effizienzsteigerungen einzelner Prozesse im Zahlungsverkehr als vielmehr auf der Realisierung zahlreicher neuer Anwendungsfälle, wodurch eigene Geschäftsmodelle weiterentwickelt und neue Umsatzquellen erschlossen werden können.

Im B2B-Kontext haben mehrere Gesprächspartner angeführt, dass sie über verschiedene Anwendungsfälle auf Basis von M2M-Zahlungen und Pay-Per-Use-Konzepten nachdenken sowie bereits kleinere Geschäftsvorfälle pilotiert haben. Der gegenwärtige Zahlungsverkehr und damit verbundene Ansätze (Trigger-Lösungen) seien indes ungeeignet, um als Basis für derartige Anwendungsfälle zu fungieren, da fehlende digitale Identitäten für Maschinen und die Regulatorik, wie zum Beispiel die Zwei-Faktor-Authentifizierung, eine automatische Zahlungsabwicklung erheblich erschweren. Könnten diese (eher regulatorischen) Probleme jedoch beseitigt werden, würde dies neue Geschäftsmodelle fördern und zu einem sektoralen Wandel von produzierenden zu dienstleistenden Unternehmen führen.

Ferner erlauben aktuelle Zahlungsverkehrssysteme nicht die notwendige Datenintegrität im Sinne eines Single Point of Truth. Dieser ließe sich aber durch DLT-basierte Zahlungsverkehrsinfrastruktur realisieren. Aus diesem Grund werden Pilotprojekte derzeit meist mit E-Geld-Token umgesetzt. Dabei handelt es sich um digitales Geld aus dem privaten Sektor, vollständig besichert und tokenisiert, welches durch E-Geld-Institute mit entsprechender Lizenz begeben wird.

Digitaler Euro auf der Blockchain?

Ein Gesprächspartner, der mit einer derartigen Lösung in einem Pilotprojekt bilaterale Verrechnungen entlang der eigenen Lieferkette mit einem anderen Unternehmen komplett automatisiert hat, beschreibt Vorteile bei der Vollständigkeit der Daten sowie eine Reduktion von Übertragungsfehlern. Dies liegt daran, dass die Übertragung ausschließlich von Wallet zu Wallet und damit Peer-to-Peer erfolgt, wodurch Medienbrüche der Vergangenheit angehören. Zudem kann über die Wallet eine Logik eigenständig und inhärent mithilfe von Smart Contracts programmiert werden.

Schlussendlich resümiert ein Gesprächspartner stellvertretend: "Für mich ist ein digitaler Euro ein Euro auf der Blockchain". Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass dies nur eine mögliche Form der Ausgestaltung ist. Ob und wie dringend einzelne Akteure tatsächlich, das heißt im Realbetrieb, einen digitalen Euro auf der Blockchain benötigen, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgrund vieler Projekte, die sich erst in der Phase eines Proof of Concepts befinden und folglich nicht den Status der Marktreife erlangt haben, schwer abzusehen.

Unsere empirische Studie zum digitalen Euro für Firmenkunden verdeutlicht drei Aspekte:

  1. Die befragten Unternehmen der deutschen Wirtschaft wünschen sich nachdrücklich ein neues, digitales Zahlungsmittel für das 21. Jahrhundert und stehen dem Vorhaben der EZB offen gegenüber.
  2. Ihre Anforderungen an digitales Geld, insbesondere im B2B-Zahlungsverkehr, gehen deutlich über die grundlegenden Bedarfe von Privatanwendern (Marktakzeptanz, IT-Sicherheit und Datenschutz) hinaus.
  3. Es zeigen sich signifikante Unterschiede in den Einschätzungen von Firmenkunden und Beratern. Dabei waren die Vorstellungen von einem digitalen Euro angesichts seiner noch unklaren Ausgestaltung häufig vage. Perspektivisch besteht ein großer Weiterbildungsbedarf sowohl bei den Firmenkunden als auch ihren Beratern. Ziel sollte es aus Sicht der Kreditinstitute auch im Zahlungsverkehr der Zukunft sein, "die Betreuer durch die Brille des Kunden sehen zu lassen". Im Vergleich zum Status quo sollten die Berater daher über ein noch höheres und stärker kundenbezogenes Geschäftsmodell- und Digitalisierungsverständnis verfügen. Dies schließt die aktuell stattfindende Weiterentwicklung zur Anbindung von Smart Contracts an den heutigen Zahlungsverkehr und tokenisiertes Geld mit ein.

Unternehmen brauchen tokenisiertes Geld

Bei der bisherigen Diskussion über die Ausgestaltung des digitalen Euro der EZB stand bislang vor allem die Perspektive der Privatanwender im Mittelpunkt. Die Akzeptanz bei Privatkunden und entsprechende Mehrwerte müssen gewährleistet werden. Sie sind entscheidend für den Erfolg des digitalen Euro der EZB. Die Bedürfnisse der Privatkunden können durch eine neue Form digitalen Bargelds gut befriedigt werden, das beispielsweise über Banking-Apps oder Chipkarten bereitgestellt wird und im Alltag anonyme Zahlungen ermöglicht, auch dann, wenn kein Internet zur Verfügung steht. Doch müssen gleichzeitig auch Lösungen für die Bedarfe der Unternehmen im Zuge der zunehmenden Digitalisierung gefunden werden. Für die Mehrzahl der von den Firmenkunden eingeforderten, verbesserten oder erweiterten Funktionalitäten im Zahlungsverkehr ist tokenisiertes Geld erforderlich, was ein digitaler Euro der EZB sein kann, aber nicht zwingend muss.

Auch Kreditinstitute könnten tokenisiertes Geld anbieten, das Automatisierungen sowie eine stärkere Integration des Zahlungsverkehrs in die eigenen betrieblichen Abläufe ermöglicht und so die fortschreitende digitale Transformation der europäischen Wirtschaft fördert. Schon jetzt können Blockchain-basierte Lösungen über Technologien, sogenannte Trigger-Lösungen, an den bestehenden Zahlungsverkehr angebunden werden und damit Effizienzreserven heben, auch wenn dies noch wenig bekannt ist. Die EZB und der Gesetzgeber könnten als Katalysator eine solche Initiative unterstützen und einen Rechtsrahmen bereitstellen. Im Gesamtkonzept des digitalen Euro sollte die Notenbank daher frühzeitig mit der Kreditwirtschaft Lösungen eruieren, um die Belange der Firmenkunden angemessen berücksichtigen zu können. Denn eine zu starke Fokussierung auf die rasche Einführung des digitalen Euro der EZB bei Privatpersonen würde die Belange der Unternehmen und den Bedarf im Interbankenverkehr nur unzureichend berücksichtigen.

Dr. Andreas Martin , Mitglied des Vorstands , Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), Berlin
Prof. Dr. Stephan Paul , Lehrstuhl für Finanzierung und Kreditwirtschaft , Ruhr Universität Bochum

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