Firmenkundengeschäft

Entwicklungstendenzen im Firmenkundengeschäft

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Nicht zuletzt aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung wird das Firmenkundengeschäft aus Sicht von Kreditinstituten als attraktiv bewertet. Ein Allheilmittel ist die Konzentration auf die gewerblichen Kunden jedoch nicht, warnen die Autoren. Denn sie verweisen darauf, dass die Perspektiven nicht per se günstiger sind als im Privatkundengeschäft. In mancher Hinsicht (Stichworte sind hier zum Beispiel Regulierung und Digitalisierung) gleichen sich die Herausforderungen sogar. Red.

Banken stehen derzeit einer Konstellation von Herausforderungen gegenüber, wie sie in der jüngeren Vergangenheit nicht zu beobachten waren und für die ihre Investitionsbudgets nicht ausreichen. Eine Hauptursache sind - sowohl zeitlich als auch von ihrem Umfang - die regulatorischen Anforderungen, eine weitere Quelle bildet das sich ändernde Kundenverhalten. Von der Marktseite sind die Politik der Europäischen Zentralbank sowie der bevorstehende Eintritt neuer Marktteilnehmer aus dem Kreise der Non-Banks in einzelne Marktsegmente zu nennen.

Die bisherigen Marktsegmente und Geschäftsfelder können nicht mehr ausreichend Erträge generieren, um die Kosten, die vor allem aufgrund der strengeren Bankenregulierung und -aufsicht sowie der Lieferung der insbesondere in naher Zukunft erforderlichen Informationen an die Bankenaufsicht weiter steigen, zu decken. Die Politik der EZB belastet sehr stark das Zinsergebnis und kann von den Erträgen aus Provisionsgeschäften sowie Kosteneinsparungen nur begrenzt aufgefangen werden. Eine grundlegende Überarbeitung und teilweise auch eine Neuausrichtung der Geschäftsmodelle stehen an. Deren Umsetzung verlangt Investitionen in Vertriebswege, Geschäftsprozesse und Bankprodukte/-dienstleistungen, aber auch beim Personal.

Verringerung der Margen

Die Perspektiven des Firmenkundengeschäfts waren Gegenstand von Untersuchungen der Unternehmensberatungen zeb 1) und Bain & Company 2) aus dem Jahr 2013. Zeb befragte zum einen 181 Kreditinstitute aller Größenordnungen und aus allen drei Säulen in Deutschland sowie 703 Unternehmen aller Branchen aus Deutschland und der Schweiz. Zum anderen wurde öffentlich zugängliches statistisches Datenmaterial in die Analysen mit einbezogen, unter anderem die Bundesbankstatistik und die Umsatzsteuerstatistik, Auswertungen von Branchenverbänden und des Sparkassen- und Genossenschaftssektors. Ziel der Studie war es, die aktuelle Ertragssituation aufzuarbeiten, die Kern-Ertragsbringer zu identifizieren, zukünftiges Potenzial und zu erwartende Bedrohungen der Profitabilität zu prognostizieren sowie daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten.

Zeb taxiert das gesamte Ertragspotenzial im deutschen Firmenkundengeschäft mit etwa 3,1 Millionen Firmenkunden der Banken nach Abzug von Refinanzierungskosten und exklusive dem Investmentbanking auf zirka 25 Milliarden Euro brutto im Jahr. Es weist in den vergangenen Jahren zwar ein stetiges Wachstum aus, erreicht aber immer noch lediglich die Hälfte des Ertragspotenzials des Privatkundengeschäftes, das auch weiterhin insbesondere im Kreditgeschäft deutlich höhere Margen erwirtschaftet.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich sowohl mit Großunternehmen als auch mit dem Mittelstand und Kleinunternehmern Geld verdienen lässt. Während kleinere Unternehmen in der Regel nur eine bis maximal zwei Bankverbindungen aufweisen, verfügen große Unternehmen in der Regel über eine hohe Anzahl von Bankverbindungen. Das führt zu einer verschärften Wettbewerbssituation, die zu einer Verringerung der Margen führt.

Wenig Einlagengeschäft mit dem Mittelstand

Wesentlicher Ertragsbringer ist das Kreditgeschäft, insbesondere bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken, während die Großbanken einen höheren Anteil ihrer Erträge mit dem Provisionsgeschäft erzielen. Die mit Abstand höchste Kundenreichweite, definiert als Anteil der Kunden, die mit einem Institut eine Geschäftsbeziehung unterhalten, weisen die Sparkassen auf. Dadurch erreichen sie in Zusammenarbeit mit den Landesbanken den höchsten Anteil im Kreditgeschäft in Deutschland, derzeit circa 40 Prozent aus insgesamt 900 Milliarden Euro. Demgegenüber ging der Marktanteil der Großbanken hier in den letzten Jahren auf 12 Prozent zurück.

Die Relevanz der gewerblichen Kunden für die Refinanzierung und somit das Einlagengeschäft der Banken ist eher kritisch zu sehen. Insbesondere Mittelstand und Kleinunternehmen werden Geld in der Regel nur kurzfristig anlegen. Aufgrund der aufsichtsrechtlichen Liquiditätsanforderungen nach Basel III in Form der Liquidity Coverage Ratio (LCR) und der Net Stable Fund Ratio (NSFR) sind die Banken aber auf eine längerfristige Refinanzierung angewiesen, die in der derzeitigen Marktlage einer Niedrigzinsphase mit sehr flacher Zinsstruktur kurve nur sehr schwer umzusetzen ist.

Derivategeschäft im Zahlungsverkehr weiter rückläufig

Das Zahlungsverkehrsgeschäft ist bei den gewerblichen Kunden von einer weiter ansteigenden Automatisierung gekennzeichnet, die unverändert Druck auf die Margen ausüben wird. Ein bedeutender Ertragsbringer in der Vergangenheit war das Derivategeschäft mit den gewerblichen Kunden, insbesondere zur Absicherung von Währungs- und Zinsänderungsrisiken. Durch die erweiterten aufsichtsrechtlichen Anforderungen von Basel III, der EMIR und die Eigenkapital- wie auch Collateral-Anforderungen an bilateralen OTC- (Over the Counter-) Transaktionen ohne Clearing House und ohne Zentralen Kontrahenten (CCP) ist das Derivategeschäft deutlich zurückgegangen. Dieser Trend wird aller Voraussicht nach auch weiter anhalten.

Als Marktsegment mit Perspektive hatte sich in der Vergangenheit das Auslandsgeschäft gezeigt. Doch ist es für die Banken mit erheblichen Kosten verbunden, ihre Kunden ins Ausland zu begleiten und dort zu betreuen. Aufgrund der starken ausländischen Bankenkonkurrenz haben die deutschen Institute bislang höhere Investitionen in diesen Bereich gescheut. Besser aufgestellt sind sie hingegen im beratungsintensiven Corporate Finance und Kapitalmarktgeschäft, in dem aufgrund des Individualcharakters spezifizierter Transaktionen immer noch hohe Margen und Provisionen durchsetzbar sind.

Stabile Margen im Transaction Banking

Eine Studie zum Corporate Banking im deutschen Mittelstand der Beratungsgesellschaft Bain & Company bestätigt das weiterhin hohe Ertragspotenzial im klassischen Firmenkundengeschäft, das vom Kreditgeschäft dominiert wird mit einem Kreditvolumen von zirka 1 000 Milliarden Euro. Aber auch Zahlungsverkehr, Devisenhandel, Liquidity Management, Auslandsgeschäft und Depotgeschäft sind von großer Bedeutung. Der deutsche Corporate-Banking-Markt teilt sich danach auf in

- bis zu 450 Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von über 1 Milliarde Euro bei einem Ertragspotenzial von bis zu 4,5 Milliarden Euro,

- den zirka 1 900 Großunternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 250 Millionen Euro und 1 Milliarde bei einem geschätzten Ertragspotenzial von 4 Milliarden Euro,

- dem klassischen Mittelstand - etwa 19 000 Unternehmen - mit einem jährlichen Umsatz zwischen 25 und 100 Millionen Euro bei einem Ertragspotenzial von zirka 7 Milliarden Euro sowie

- den zirka 335 000 Kleinunternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 1 Millionen Euro und 25 Millionen Euro und einem taxierten Ertragspotenzial von 9,4 Milliarden Euro.

Innerhalb des Corporate Banking kommt dem Transaction Banking besondere Bedeutung für Ertrags- und Entwicklungspotenziale zu. Zum Transaction Banking gehören Zahlungsverkehr, Depotgeschäft, Clearing, Margin und Collateral Management, Cash Management und Handelsfinanzierung. Auf internationaler Ebene wird es von den fünf Global Playern Citigroup, J.P. Morgan, HSBC, Deutsche Bank und Standard Chartered dominiert. Auf nationaler Ebene gibt derzeit aber noch genug Nischen- und Sektoranbieter, wobei der Konzentrationsprozess auch hier voranschreitet, etwa durch regionale Fusionen bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

Überangebot im Markt zu erwarten

Die Margen im Transaction Banking gelten aufgrund einer hohen Standardisierung und Effizienz der Geschäftsprozesse wie auch IT-Strukturen als stabil und stark. Weltweit wird hier das Ertragspotenzial auf zirka 160 Milliarden Euro im Jahr geschätzt, mit ansteigender Tendenz. Dabei drängen jedoch zunehmend Nichtbanken in diesen Sektor vor, wie zum Beispiel Paypal, Emoney, Swift, Trade Card oder GE Capital, und entwickeln neue elektronische Plattformen für Zahlungsverkehr und Clearing. 3)

Das Firmenkundengeschäft in Deutschland wird weiterhin als attraktiv bewertet, obwohl der Wettbewerb immer mehr zunimmt und in dessen Folge die Margen unter Druck geraten. Ausländische Kreditinstitute dringen in dieses Marktsegment ein, die inländischen, in diesem Marktsegmente bereits etablierten Institute bemühen sich, Marktanteile zu gewinnen, Institute mit Schwerpunkt Privatkundengeschäft versuchen, ihr Business Portfolio um ein neues Geschäftsfeld zu erweitern. Auf der anderen Seite stagniert die Nachfrage der Firmenkunden nach Produkten und Dienstleistungen. Daher ist in den nächsten Jahren ein Überangebot im Markt zu erwarten. Ein Ausweg wäre eine Verdoppelung des Marktwachstums oder ein Abbau von Kapazitäten - beides erscheint indes unwahrscheinlich.

Verändertes Finanzierungsverhalten der Unternehmen

Die Attraktivität des Firmenkundengeschäfts resultiert unter anderem aus der Stabilität der Unternehmenskunden in Deutschland, die in den letzten Jahren durch im langfristigen Durchschnitt wenig Insolvenzen aufgefallen sind. Allerdings hat die Finanzkrise seit 2008 zu einem veränderten Finanzierungsverhalten der Unternehmen geführt. Die Eigenkapitalquoten sind im Durchschnitt erheblich gestiegen, die Unternehmen haben sich vor dem Hintergrund restriktiver Kreditvergaben, Ablehnung von Prolongationen und Einschränkung von Kreditrahmen zu Beginn der Finanzkrise - soweit möglich - alternative Finanzierungsquellen erschlossen und die in Deutschland bestehende hohe Abhängigkeit von den Kreditinstituten etwas abgebaut.

Auch beim Cash Management hat man dazugelernt. Durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat sich die Attraktivität von Real- gegenüber Finanzinvestitionen erheblich erhöht und die gute Entwicklung der Unternehmensgewinne hat die Liquiditätsposition der Firmenkunden erheblich gebessert. Hinzu kommen die Negativzinsen der EZB für Einlagen von Kreditinstituten, die diese an Firmenkunden weitergeben, wenn die Geschäftsbeziehung es opportun erscheinen lässt. Ohnehin befindet sich der Unternehmenssektor in einer Nettoforderungsposition gegenüber dem Banksektor, das heißt, die Forderungen der Banken an die Unternehmen sind niedriger als deren Verbindlichkeiten. Infolgedessen führten Investitionen und steigende Umsätze der Firmenkunden nicht zu einer Ausweitung der Nachfrage nach Fremdkapital oder Bankdienstleistungen.

Wie können Kreditinstitute auf diese Situation reagieren? Eine Option sind Vereinfachungen bei Produkten, Produktvarianten und Produktbündeln sowie effizientere interne Prozesse, zusammengefasst unter dem Stichwort Industrialisierung. Bisher stand für den Firmenkundenbereich der Kreditinstitute das Angebot maßgeschneiderter Lösungen für den Firmenkunden im Vordergrund und aufgrund der langfristigen Kundenbeziehungen hatte sich eine entsprechende Erwartungshaltung seitens der Kunden herausgebildet. Trotzdem war dessen ungeachtet in den vergangenen Jahren eine starke Angleichung der Angebote zu beobachten. Die Differenzierung wird (und muss) aber ein Unterscheidungsmerkmal im Wettbewerb bleiben, zumal die Kosten der Produktentwicklung und Vermarktung bei der Preiskalkulation nicht der dominierende Faktor sind. In die Kalkulation sind beispielsweise auch Refinanzierung und Risikopositionen einzubeziehen. Es geht darüber hinaus um Standardisierung sowie Automatisierung von Prozessen. Dennoch lässt sich ein erheblicher Grad an Individualisierung, etwa durch Modularisierung oder flexible Workflows, aufrechterhalten.

Fixkosten optimieren

Ein weiterer Blick gilt den Fixkosten. Hier steht vor allem das Back Office im Fokus. Service-, IT- und Backup-Funktionen stehen vor dem Hintergrund der Alternative Outsourcing zur Disposition. Allerdings haben sich hier in den letzten Jahren die Anforderungen seitens der Bankenaufsicht erheblich erhöht und Eingang in die Ma-Risk 4) gefunden. Trotzdem sind in diesem Bereich in den nächsten Jahren wesentliche Veränderungen zu erwarten. Weitere Optimierungsansätze sind Durchlaufzeiten, Qualität und Komplexitätsmanagement.

Perspektiven nicht günstiger als im Privatkundengeschäft

Neben den endogenen Faktoren stehen die Kreditinstitute vor zwei Herausforderungen, die von außerhalb auf die Branche einwirken und sich sowohl auf die Kosten als auch auf die Erträge auswirken: Die steigenden Anforderungen aus der Regulierung der Banken und Finanzmärkte sowie die Digitalisierung.

Bereits die Umsetzung der neuen bankaufsichtsrechtlichen Vorschriften führt zu enormen einmaligen Kosten, insbesondere in der IT; die Einhaltung der Vorgaben, zum Beispiel Dokumentation, Reporting, sorgt für zusätzliche laufende Kosten. Treiber dieser Entwicklung sind vor allem die von der Bankenaufsicht gestellten Anforderungen und Vorgaben hinsichtlich Bereithaltung und Lieferzeit von Daten, Informationen und Berichten. Außerdem schränken die Anforderungen an die Eigenkapitalquote, die Liquidität sowie die zu erwartende Leverage Ratio die Geschäftsmöglichkeiten ein, sodass Ertragspotenziale und Geschäftsfelder betroffen sind. Das trifft nicht nur das Investmentbanking, sondern auch das traditionelle Kreditgeschäft.

Die Digitalisierung des Bankgeschäfts wird von Nichtbanken vorangetrieben. Diese sogenannten "Fintechs" - also Startups und junge Technologieunternehmen, die moderne Technologien zur Bereitstellung finanzieller Dienstleistungen nutzen - haben in anderen Industrien Erfahrungen gesammelt und dort ihre Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen getestet und verfeinert. Das Internet bildet ihre Basis. Als Beispiele sind Zahlungsverkehr (Mobile Payment) und Finanzierung (Peerto-Peer-Lending, Crowd Lending, Crowd Investing) zu nennen. Sie treten als neue Wettbewerber auf und üben massiven Druck auf die Geschäftsmodelle und Geschäftsstrategien der Kreditinstitute aus. Das gesamte Produktsortiment und die gesamte Wertschöpfungskette sind betroffen: Zahlungsverkehr, Kreditgeschäft, Wertpapierhandel, Vermögensverwaltung. Das wird zum einen zu Kundenabwanderungen und zu verändertem Kundenverhalten führen, zum anderen - als Reaktion der Kreditinstitute - zu Investitionen in die Entwicklung von entsprechenden Angeboten. Hiervon ist ebenfalls das Firmenkundengeschäft tangiert - wenn auch derzeit noch weniger stark als das Privatkundengeschäft. Vergleicht man die Herausforderungen im Firmenkundengeschäft der Kreditinstitute mit denen im Privatkundengeschäft, so weist Letzteres per se keine günstigeren Perspektiven auf; dessen Ausbau oder nur eine Verlagerung der Ressourcen bieten sich also nicht ohne Weiteres als Alter native an. 5)

Fußnoten

1) Sträter, Jens, Dubiel, Eddi, zeb/-Firmenkundenstudie 2013: Bedrohungen erkennen - Chancen nutzen, Münster 2014.

2) Sinn, Walter, Huber, Jan-Alexander, Graf, Christian, Corporate Banking: Der Kampf um den Mittelstand, München 2013 (Bain & Company).

3) Vgl. Lubig, Dirk, Wandhöfer, Olaf, Margenstark, risikoarm und kundennah: Die Renaissance des Transaction Bankings, München 2014 (Bain & Company).

4) MaRisk: Mindestanforderungen an das Risikomanagement.

5) Zu den Perspektiven im Privatkundengeschäft vgl. Pietrzak, Michael, Bächstädt, Karl-Heinz, Entwicklungspotenziale im Retailbanking, in: Die Bank, H. 11, November 2014, S. 47-49.

Zu den Autoren

Karl-Heinz Bächstädt und Dr. Michael Pietrzak, beide Geschäftsführer, Rating & Risk Consulting GmbH, Berlin

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