Stiftungen

Fundraising gewinnt an Bedeutung

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Die Stiftungslandschaft in Deutschland ist vielfältig. Und Stiften ist im Trend - möglicherweise auch aufgrund des demografischen Wandels, der viele Vermögende ohne Erben mit sich bringt. Die Zahl der Stiftungen wächst deshalb. Die Zahl der neu errichteten rechtlich selbstständigen Stiftungen sinkt jedoch, weil immer häufiger unselbstständige Stiftungen als Alternative für kleinere Vermögenswerte empfohlen werden. Im Trend sind auch - ebenfalls im kleineren Segment - die Treuhandstiftungen. Wiederum die kleinen Stiftungen sind es, die vom Niedrigzinsumfeld vor besondere Herausforderungen gestellt werden. Sie werden deshalb verstärkt beim Einwerben neuer Mittel aktiv.

Elf neue Stiftungen gibt es in Deutschland pro Woche. 583 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts wurden damit 2015 neu errichtet, so der Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V., Berlin. Damit steigt die Zahl der Stiftungen in Deutschland auf 21 301. Die Wachstumsquote liegt bundesweit bei 2,5 Prozent. In Thüringen und Sachsen liegt sie mit 5,8 beziehungsweise 4,5 Prozent sogar noch deutlich höher. Damit holen die östlichen Bundesländer, in denen die absoluten Stiftungszahlen noch viel geringer sind als in den westlichen, allmählich auf.

Dass sich die Zahl der Neuerrichtungen rechtsfähiger Stiftungen bundesweit leicht verringert hat, erklärt der Verband mit der zunehmenden Beliebtheit von unselbstständigen Stiftungen, die statistisch nicht erfasst sind. Denn bei zu geringer Vermögensausstattung raten Aufsichtsbehörden und der Bundesverband Deutscher Stiftungen zu dieser Alternative.

Den größten Zuwachs an Stiftungen in absoluten Zahlen erreichte erneut das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 117 Neugründungen. 4 159 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts haben dort ihren Sitz. An zweiter Stelle liegt Bayern mit insgesamt 3 845 Stiftungen, gefolgt von Baden-Württemberg mit 3 187 Stiftungen. Sachsen ist das stiftungsreichste ostdeutsche Bundesland mit 509 Stiftungen.

Höchste Stiftungsquote in Würzburg

Gemessen an der Einwohnerzahl haben bei den Bundesländern die Stadtstaaten Hamburg (78 Stiftungen pro 100 000 Einwohner) und Bremen (50) sowie die Flächenländer Hessen (31), Bayern und Baden-Württemberg (30) in der Stiftungsdichte die Nase vorn. Bundesweit kommen 26 Stiftungen auf je 100 000 Bürger.

Hauptstadt der Stiftungen in Bezug auf ihre Einwohnerzahl bleibt Würzburg. Pro 100 000 Einwohner gibt es hier 92 Stiftungen, dahinter kommen Hamburg und Oldenburg mit jeweils 78 und Frankfurt mit 77 Stiftungen.

Treuhandstiftungen werden in Deutschland immer beliebter

Immer beliebter sind offenbar Treuhandstiftungen. Stifter, die für ihre unselbstständige Stiftung einen Vertrag mit einem Treuhänder schließen, wollen damit primär von Verwaltungsaufgaben entlastet werden und setzen dabei auf die Expertise des Treuhänders. Das geben je zwei Drittel der Treuhandstiftenden an, die sich an einer Umfrage für die Studie "Stifterinnen und Stifter in Deutschland. Engagement - Motive - Ansichten" des Verbands beteiligten.

Nach aktuellen Schätzungen werden in Deutschland seit einigen Jahren inzwischen sogar deutlich mehr treuhänderische als rechtsfähige Stiftungen errichtet. Rund 20 000 Treuhandstiftungen soll es inzwischen geben. Die genaue Anzahl ist unbekannt, da sie - anders als rechtsfähige Stiftungen - nicht von der auf Länder ebene organisierten Stiftungsaufsicht erfasst werden. Obwohl die Treuhandstiftung als besonders geeignete Rechtsform für kleinere Vermögenswerte gilt, zeigt die Umfrage, dass es durchaus Treuhandstiftungen mit einem Vermögen von mehr als einer Million Euro gibt. Wenngleich sie mit Verwaltungsaufgaben oder der Geschäftsführung nicht belastet sein wollen, engagieren sich gut 90 Prozent der Treuhandstifter in der Stiftung. Dabei sind sie stärker in die Auswahl der Förderempfänger und Projekte eingebunden als die Stiftenden rechtsfähiger Stiftungen bürgerlichen Rechts.

Neben der Übernahme der Verwaltungsaufgaben geht es bei Treuhandstiftungen vor allem um die fachliche Expertise der Treuhänder. Das gaben in der Umfrage 67 Prozent der Treuhandstifter an. Notwendig ist die fachliche Betreuung durch die Treuhänder nicht zuletzt im Gründungsprozess, da für viele Treuhandstiftende ihre Treuhänder die wichtigsten und oft auch einzigen Ansprechpartner im Gründungsprozess ist.

Wichtig ist ihnen dabei, dass die Treuhänder über rechtliche und steuerliche Expertise verfügen, den in der Satzung festgelegten Stiftungszweck zu verwirklichen und in der Lage sind, die Stiftung langfristig betreuen zu können. Dem Bundesverband Deutscher Stiftungen sind 800 Treuhänder für Stiftungen in Deutschland bekannt.

Niedrigzinsumfeld bleibt eine Herausforderung

Zu den großen Herausforderungen aller Stiftungen zählt der Verband derzeit das niedrige Zinsniveau, das besonders kleinere Stiftungen vor Herausforderungen stellt. Viele Stiftungen begegnen den gesunkenen Zinserträgen deshalb mit kreativen Fundraising-Ideen.

Das Einwerben neuer Mittel ist zwar für viele Stiftungen schon lange ein Thema. Jede dritte Stiftung, unter den großen ist es sogar die Hälfte, widmet sich bereits seit mehr als zehn Jahren diesem Thema. Diesen langfristigen Horizont gibt es nur bei 20 Prozent der kleineren Stiftungen. Unter ihnen befassen sich 41,8 Prozent erst seit einem bis fünf Jahren mit der Beschaffung neuer Mittel. Das geht aus einer im Januar 2016 durchgeführten Befragung im Stiftungspanel des Verbands hervor. Insgesamt werben Stiftungen dieser Studie zufolge viel häufiger um Spenden und Zustiftungen als bisher angenommen. Vor allem bei kleineren Stiftungen dürfte das Niedrigzinsumfeld diese Entwicklung vorangetrieben haben.

Der Umfrage zufolge sind bereits 43 Prozent der befragten Stiftungen im Fundraising aktiv. Weitere 16 Prozent planen entsprechende Aktivitäten. 40 Prozent werben jedoch keine zusätzlichen Mittel ein.

Kleine Stiftungen stärker auf Fundraising angewiesen

Entscheidend für die Fundraisingaktivitäten ist nicht zuletzt die Größe. Große Stiftungen kommen weit häufiger ohne das Einwerben neuer Mittel aus als kleinere. So verzichtet knapp die Hälfte der größeren Stiftungen mit einem Kapital von über einer Million Euro auf Fundraising. Beträgt das Stiftungskapital weniger als eine Million Euro, sinkt die Quote auf ein rundes Drittel.

Auf die Frage nach den größten Vorbehalten gegen das Fund raising antworten 32,2 Prozent der großen, aber nur 13,2 Prozent der kleinen Stiftungen, über genügend Mittel zu verfügen. Und so befinden sich auch unter jenen, die künftig neue Mittel einwerben wollen, zu 64,1 Prozent kleine Stiftungen.

Bei der Mittelbeschaffung stehen naturgemäß Kleinspenden bis 200 Euro im Vordergrund, da sie vermutlich am leichtesten zu erhalten sind. Das gilt vor allem für die kleineren Stiftungen. Über alle Größenklassen hinweg werben 79 Prozent der Stiftungen um Kleinspenden, 75 Prozent um Großspenden, 73 Prozent um Zustiftungen, 42 Prozent um Erbschaften und 40 Prozent um Sachspenden. 44 beziehungsweise 40 Prozent bemühen sich um die Finanzierung durch andere Stiftungen sowie die öffentliche Hand.

Mehr Spardruck ohne zusätzliche Mittel

Ohne die Erschließung zusätzlicher Finanzierungsquellen müssten fast 86,7 Prozent der befragten Stiftungen ihre Aktivitäten einschränken. Unter den operativ tätigen Stiftungen sind es sogar 93,3 Prozent. Vor allem bei geplanten Projekten (83,9 Prozent), weniger häufig bei laufenden Projekten (64,5 Prozent), wären Abstriche erforderlich. Jede vierte Stiftung müsste beim Projektpersonal sparen. Ganze Programmbereiche wären ohne zusätzliche Mittel bei jeder dritten Stiftung von Kürzungen betroffen.

Von den 40 Prozent der befragten Stiftungen, die nicht im Einwerben neuer Mittel aktiv sind, hat immerhin jede vierte nach ihrer eigenen Einschätzung ausreichend finanzielle Ressourcen für ihre Arbeit. Bei größeren Stiftungen mit einem Kapital von mehr als einer Million Euro ist dies deutlich häufiger der Fall als bei kleineren Stiftungen mit weniger als einer Million Euro Stiftungsvermögen.

Erbschaften im Fokus

Für die Zukunft sehen viele Stiftungen die größte Fundraisingchance in Erbschaften. Schließlich sollen in diesem Jahrzehnt 2,6 Billionen Euro von einer Generation auf die nächste vererbt werden. Das ist jedoch offenbar eher ein Thema für große als für kleinere Stiftungen. So setzen fast 80 Prozent der Großen auf die Gewinnung von Zustiftungen und über die Hälfte auf Erbschaften. Kleine Stiftungen bemühen sich dagegen zu zwei Dritteln um Zustiftungen und nur zu knapp 30 Prozent um Erbschaften. Vermutlich spielt hier die Bekanntheit eine große Rolle - und da haben nun einmal die großen Adressen die Nase vorn.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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