DIGITALISIERUNG

Identifikation über das Bankkonto - der Bedarf wächst

Delia König, Foto: Max Threllfall Photo

Mit der Corona-Pandemie sind medienbruchfreie Prozesse für viele Menschen zum Abschlusskriterium für neue Verträge geworden. Dass Banken hier noch etwas hinterherhinken, ist zwar ein Stück weit der Regulierung geschuldet, so die Autoren. An den Kundenerwartungen ändert das jedoch nichts. Die Videoidentifikation sehen Delia König und Marco Schmid in diesem Kontext nur als zweitbeste Lösung. Noch höher ist der Nutzerkomfort bei der Identifikation über das Bankkonto. Noch ist die qualifizierte elektronische Signatur ohne Hardware-Anforderungen an den Kunden nicht weit verbreitet. Deshalb können Early Adopter hier im Wettbewerb punkten. Red.

Spätestens jetzt in der Corona-Krise wird offenbar, woran es bei digitalen Geschäftsmodellen hapert. Auch heute noch lassen sich eigentlich einfache Prozesse wie Kontoeröffnungen oder Kreditanträge nicht auf rein digitalem Wege abwickeln. Das hätte man noch vor wenigen Monaten als "Luxusproblem" abtun können, doch heute ist die Lage eine andere: Jeder nicht digitalisierte Geschäftsprozess bringt in Zeiten von Social Distancing und Ausgangsbeschränkungen potenzielle Probleme mit sich.

Medienbruchfreiheit wird zum Abschlusskriterium

Für Kunden wird es so zu einem entscheidenden Kriterium, ob sie für einen Vertragsabschluss aus dem Haus müssen oder nicht. Denn Kunden etablieren in dieser neuen Normalität neue Gewohnheiten, Verhaltensweisen ändern sich und der Konsum wird zielgerichteter. Für Unternehmen dürfte die Corona-Krise die größte Zäsur seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, bedeuten.

Doch es trifft nicht alle gleich: Je digitaler ein Unternehmen aufgestellt ist, desto besser wird es mit der Situation fertig, das verdeutlicht noch einmal aufs Neue den dringenden Bedarf einer weitgehenden Digitalisierung.

Fintechs tun sich beim Angebot neuer digitaler Services naturgemäß leichter als etablierte Institute, da sie im Prinzip auf der grünen Wiese beginnen konnten, zudem punkten sie oft mit einer sehr kundenzentrierten Denkweise und verfügen über einen technologischen Vorsprung. Sie konnten von Beginn an gesetzliche Anforderungen, Datenschutz und Nutzerfreundlichkeit vereinen und damit gelang es ihnen, neue Standards in der Finanzwelt zu setzen.

Das setzt nun auch etablierte Akteure der Finanzbranche unter Zugzwang, ebenfalls ihre Geschäftsmodelle zu modernisieren. Sicher, das ist keine leichte Aufgabe, schließlich sollen die Kunden davon nicht beeinträchtigt werden und die Umstellungen sollen möglichst im laufenden Betrieb stattfinden. Ein zentraler Aspekt der Transformationsprozesse ist auf jeden Fall die Vermeidung von Medienbrüchen, die oft zu Frust bei den Kunden führen.

Im Internet kann man mittlerweile fast alles mit wenigen Klicks kaufen oder Abos abschließen. Die großen Marktplätze und Streaming-Anbieter haben ihren Erfolg unter anderem auch dieser angenehmen Nutzererfahrung zu verdanken. Geht es aber nicht mehr ums Geldausgeben, sondern um die Verwaltung der eigenen Finanzen, sehen sich Verbraucher doch wieder analogen Hürden ausgesetzt. Will man etwa auf rein digitalem Wege ein Bankkonto eröffnen oder einen Kredit beantragen, ist die Auswahl an Anbietern deutlich reduziert. Hier ist der Verbraucher auf einmal wieder mit Formularen auf Papier konfrontiert, die er ausdrucken und unterschreiben muss.

Natürlich gibt es kaum eine Branche, in der Gesetze, Regularien und Betrugsprävention so wichtig sind wie im Finanzwesen. Doch wird es immer schwieriger, dem Verbraucher zu vermitteln, warum ausgerechnet hier keine digitalen Lösungen eingesetzt werden - zumal die Technologie bereits existiert.

Video-Identifikation nicht ganz friktionslos

An den Konsumentenwünschen kann es nicht liegen, schließlich boomen digitale Banking-Angebote schon seit Jahren. Dabei geht es schon längst um mehr als einen Bankschalter im Internet, beziehungsweise bloßen Online-Zugriff auf Konten. Diverse Trading-Apps liegen im Trend, Silicon-Valley-Unternehmen kooperieren mit den großen der Branche, um immer neue Produkte anbieten zu können. Spätestens die aktuellen Hygienebestimmungen zeigen, dass Mobile Payment wesentlich mehr als ein Strohfeuer ist. Kryptowährungen und Blockchain sind ohnehin schon seit Langem ein Dauerbrenner in den Tech-Medien.

Zur Kontoeröffnung in die Bankfiliale zu gehen, um eine Unterschrift zu leisten, passt hier nicht mehr ins Bild. Mit Video-Ident gibt es eine etablierte Alternative dafür muss sich der Nutzer bei einem Dienstleister identifizieren. Das Video-Ident-Verfahren bindet dabei auf Unternehmensseite personelle Ressourcen. Denn für den Identifikationsvorgang muss ein Mitarbeiter vonseiten des Dienstleisters erreichbar sein, was eine gewisse zeitliche Einschränkung in der Verfügbarkeit des Services mit sich bringt. Eine wirklich friktionslose, digitale Lösung ist das noch nicht ganz, doch bietet Video-Ident eine gute Alternative der Identifikation. Unternehmen, denen es gelingt, auch noch diese Hürde zu nehmen und eine komplett friktionslose Customer Experience zu bieten, schaffen sich dadurch einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil.

Im E-Commerce gehören One-Klick-Bestellungen mittlerweile zum Standard. Damit haben die Händler das Level an Nutzerfreundlichkeit sehr hoch gelegt. Allerdings ist der Handel auch in einer vergleichsweise angenehmen Position. Im Finanzwesen dagegen erfordern Transaktionen oft die eindeutige Identifikation eines Kunden. Die Befolgung der Regularien für Identifikationen so zu gestalten, dass das Gesamtnutzererlebnis dadurch nicht beeinträchtig wird, stellt viele Akteure im Markt vor komplexe Herausforderungen.

Die Frage ist: Bemerkt der Kunde das oder nicht? Er muss zwar jederzeit wissen, was gerade passiert, um sich im Ablauf bewusst für oder gegen einen bestimmten Schritt zu entscheiden, allerdings soll sich das nicht schwierig und unkomfortabel anfühlen. Idealerweisen setzen Banken hierfür auf eine qualifizierte elektronische Signatur. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist die qualifizierte elektronische Signatur der Unterschrift von Hand in vielen Bereichen rechtlich gleichgestellt. Von den verschiedenen Arten elektronischer Signaturen besitzt sie die höchste Rechtswirkung. Um eine elektronische Signatur auslösen zu können, ist eine einmalige Identifikation eines Nutzers notwendig. Hierfür bieten sich verschiedene Verfahren an:

  • Identifikation in bestimmten Verkaufsstellen,
  • Video-Ident oder
  • die Identifikation über ein bestehendes Bankkonto.

Besonders komfortabel für den Nutzer ist letzteres Verfahren, denn er muss dabei weder das Haus verlassen noch eine Webcam nutzen. Es reicht, sich bei einem bestehenden Bankkonto anzumelden und die erforderliche sogenannte Referenzüberweisung eines Kleinstbetrages (zum Beispiel 5 Cent) auszuführen. Da der Nutzer über die nötigen Zugangsdaten für das Konto verfügt, gilt er als identifiziert. Sicher ist das Verfahren auch, da Online-Banking mittlerweile verpflichtend über Multi-Faktor-Authentifizierung abgesichert wird.

Mit der Verifikation über ein bestehendes Konto schaffen Banken für ihre Kunden einen unkomplizierten und nutzerfreundlichen Identitätsnachweis. Damit wird die Compliance nahtlos in digitale Transaktionsprozesse eingebunden, ohne Mehraufwand für Endnutzer. Das wissen Kunden durchaus zu schätzen und die Abschlussraten bezeugen dies.

Elektronische Signatur noch etwas für "Early Adopter"

In der Fläche ist die elektronische Signatur allerdings noch nicht in einem solchen Maße verbreitet, wie es wünschenswert wäre. Sicherlich fehlt es auch am Bewusstsein unter den Konsumenten, dass diese Form der Willenserklärung einer händischen Unterschrift gleichkommt. Dahinter steht wiederum die Tatsache, dass es vergleichsweise lange dauerte, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, obwohl die entsprechenden Technologien schon längere Zeit existiert haben. Die eIDAS-Verordnung wurde beispielsweise erst im Juli 2016 eingeführt.

Ein weiterer Grund könnte darin liegen, dass Nutzer für frühere Verfahren zunächst teure Hardware erwerben mussten. Nun entfällt einerseits das, andererseits ist für Unternehmen und Verbraucher eine eindeutige Rechtsgrundlage gegeben. Man kann also davon ausgehen, dass der Service in Zukunft stärker nachgefragt werden wird. Für Unternehmen, die ihn schon jetzt anbieten, besteht dabei die Chance, sich als "Early Adopter" zu profilieren und neue technikaffine Kunden zu gewinnen.

Als Fazit lässt sich festhalten: Ob und wie gut es gelingt, ein Geschäftsmodell zu digitalisieren, ist zu einer existenziellen Frage geworden. Diese Entwicklung, die schon seit langem im Gange ist, wurde durch Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen noch einmal immens beschleunigt. Unternehmen müssen also handeln, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Die qualifizierte elektronische Signatur hilft ihnen dabei, auch in hochregulierten Branchen, wie Banken und Finanzen, innovative digitale Geschäftsmodelle zu realisieren.

 
Delia König , Managing Director Identity Unit, Solarisbank AG, Berlin
Marco Schmid , Head of International Expansion Strategy, Swisscom Trust Services AG, Zürich

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