Öffentliche Versicherer

IT-Modernisierung in der Assekuranz - Zeit zum Handeln

Quelle: pixabay.com

Die IT-Landschaft in der Assekuranz bremst innovative Entwicklungen häufig aus. Sie müssen deshalb ihre IT neu ausrichten. Die Zeit individueller IT-Landschaften geht damit zu Ende, so der Autor. Immer häufiger denken Versicherer, die beim Outsourcing noch ganz am Anfang stehen, über die Auslagerung der IT nach. So lassen sich beispielsweise Lastspitzen ausgleichen, die etwa bei Elementarschadenfällen erheblich sein können. Red.

Beim Begriff "Digitale Unternehmen denken die meisten an erfolgreiche Internetkonzerne oder innovative Start-ups, aber nur wenige an Versicherungen. Während zahlreiche Branchen den digitalen Wandel schon vollzogen haben, stehen sie mitten in diesem Veränderungsprozess. Denn einerseits stellen heute Kunden ganz andere Anforderungen an ihre Versicherungen, andererseits nehmen junge Insurtechs den etablierten Unternehmen Marktanteile ab.

Die Zeit individueller IT-Landschaften in der Assekuranz geht zu Ende

Dies gelingt den Start-ups insbesondere deswegen, weil sie konsequent auf flexible und skalierbare Cloud-Technologien setzen. So können sie in kurzen Intervallen neue Services und Produkte entwickeln. Dabei nutzen sie das altbekannte Maklermodell und platzieren Angebote im Markt, die direkt auf die Kundenbedürfnisse abzielen. Diese Entwicklung wird zusätzlich durch Vergleichsportale im Internet verschärft.

Im Vergleich zu den agilen Insurtechs mit Cloud-Technologien basiert die IT in Versicherungen auf Großrechner-Systemen. Die IT-Landschaften sind über Jahre gewachsen. So sind sie komplex und unflexibel und damit nicht auf kurze Entwicklungs- und Produktionszyklen ausgelegt.

So bremst der IT-Betrieb innovative Ideen von Fachbereichen bereits im Ansatz aus. Die Zeit individueller IT-Landschaften in der Versicherungsbranche neigt sich zwangsläufig dem Ende entgegen.

Schatten-IT versus IT-Betrieb

Aber nicht nur die Veränderungen in der IT selbst treiben diese Entwicklung. Denn auch Fachabteilungen befinden sich zurzeit in einem Zwiespalt.

- Der Einsatz von Technologien wie Big Data, Predictive Analytics oder künstliche Intelligenz ist zwingend erforderlich, um den digitalen Wandel erfolgreich zu gestalten.

- Der eigene IT-Betrieb ist aber für Fachbereiche nicht der erste Ansprechpartner, um solche Projekte zu realisieren.

Daher greifen Fachbereiche immer wieder auf Ressourcen von Cloud-Anbietern zurück und bauen eine Schatten-IT auf. Hier testen sie neue kundenorientierte Services und Angebote. Ihr Ziel: Neue Angebote schnell und flexibel umsetzen.

Die gewonnene Zeit in der Entwicklungs- und Testphase verlieren sie aber, sobald das neue Angebot in den eigenen IT-Betrieb integriert werden muss. Denn zu den obersten Prioritäten des unternehmenseigenen IT-Betriebes gehört es, Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten.

Regulierung und Cyberkriminalität fordern die Versicherer

Dabei fordert das Thema IT-Sicherheit die Mitarbeiter angesichts steigender Hacker-Angriffe immer mehr heraus. Gleichzeitig gewinnt auch das Thema Regulierung an Bedeutung. Die Aufsichtsbehörden werden analog zu Banken auch Versicherungen in Zukunft intensiver prüfen und strenger bewerten.

Zurzeit stehen auch Versicherungen etwa vor der Herausforderung, die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung umzusetzen. Bis zum In-Kraft-Treten am 25. Mai 2018 müssen Versicherungen noch zentrale Fragen lösen.

Aber nicht nur die steigende Regulatorik stellt die Versicherungs-IT vor Probleme, sondern auch die zunehmende Gefahr durch Cyber-Kriminelle. Denn Versicherungen mit ihren großen Datenschätzen bilden auch für Hacker und Diebe ein lohnenswertes Ziel. Daher müssen Versicherungen immer mehr Ressourcen in den Datenschutz und die -sicherheit investieren - sowohl finanziell als auch personell.

Ein weiterer Grund: Infolge der anhaltenden Niedrigzinsphase spüren Versicherungen den steigenden Kostendruck. Dabei hat der Investitionsbedarf in digitale Projekte deutlich zugenommen.

Auf zu neuen Ufern

Vor diesem Hintergrund müssen Versicherungen ihre IT-Strategie neu ausrichten, um die digitale Transformation nachhaltig zu gestalten. Dazu gehört auch die Modernisierung des IT-Betriebs, um künftig im Wettbewerb zu bestehen.

Was sich auf den ersten Blick als konsequentes Handeln zeigt, birgt beim genaueren Hinsehen einige Klippen. Diese gilt es zu umschiffen, um den IT-Betrieb zukunftsfähig auszurichten. Denn noch setzt der überwiegende Teil von Versicherungen den IT-Betrieb in Eigenregie um. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels stellt das aber keine Option mehr dar. Um die digitale Transformation zu gestalten, sind versierte Nachwuchskräfte nötig.

In der Gunst der Hochschulabsolventen stehen Versicherungen nicht an erster Stelle. Sie bevorzugen Unternehmen wie Microsoft, Google oder auch vermehrt innovative Automobilkonzerne wie die Daimler AG.

Datenschutz ist kein Totschlag-Argument gegen die Cloud

Angesichts der aktuellen Situation planen Versicherungen, die IT-Infrastruktur auszulagern. Denn das Outsourcing des IT-Betriebs birgt großes Potenzial, um über Skaleneffekte Kosten zu senken. Kosten, die etwa für IT-Ressourcen zum Ausgleich von Spitzenlasten anfallen oder für neue IT-Services. Gleichzeitig erhalten sie Zugang zu flexiblen und skalierbaren IT-Ressourcen. Daher beschäftigen sich die Unternehmen intensiv mit der Frage nach dem richtigen IT-Partner für das Outsourcing-Projekt. Dieser muss die besonderen Bedürfnisse der Branche beherrschen und umsetzen.

Aufgrund der besonderen Anforderungen in Bezug auf Datenschutz und -sicherheit stellen Versicherungen hohe Ansprüche an ihre IT-Dienstleister. Die Speicherung und Verarbeitung sensibler Daten aus dem Bereich Unfall-, Lebens- und Krankenversicherung genießen gemäß Paragraf 203 Strafgesetzbuch besonderen Schutz. Allerdings ist diese gesetzliche Regelung kein Totschlagargument gegen Cloud Computing. Vielmehr müssen Versicherungen hier ihre Hausaufgaben erledigen und Daten entsprechend klassifizieren. So können sie weniger sensible Daten in die Cloud auslagern.

Der digitale Wandel macht es erforderlich, dass Versicherungen regelmäßig neue Produkte und Services anbieten. Diese werden maßgeblich durch die IT unterstützt. Dafür benötigen Versicherungen passende sowie flexible Test- und Entwicklungsumgebungen.

Ausgleich von Lastspitzen für Versicherer besonders wichtig

Eine weitere Anforderung: Für den Ausgleich von Lastspitzen sind sie auf zusätzliche und flexibel einsetzbare IT-Ressourcen angewiesen. Denn die Kontaktfrequenz zu ihren Kunden ist recht gering. Das ändert sich aber beispielsweise dramatisch nach Elementarschäden.

Die Herausforderungen an Versicherungen und die damit verbundenen Anforderungen an die IT sind für jeden IT-Outsourcing-Partner komplex. Daher haben branchenversierte IT-Dienstleister einen klaren Wettbewerbsvorteil, wenn sie etwa Erfahrungen und Referenzen in verwandten Bereichen wie der Finanzwirtschaft vorweisen können. Denn insbesondere bei regulatorischen Themen gibt es Überschneidungen, zumal beide Branchen von derselben Aufsichtsbehörde überprüft werden.

Beim IT-Outsourcing erst am Anfang

Versicherungen stehen beim IT-Outsourcing erst am Anfang. Es ist aber ein zentraler Erfolgsfaktor: Anbieter können einerseits den digitalen Wandel gegenüber Kunden nachvollziehen. Andererseits versetzt es sie in die Lage, Prozesse zu automatisieren und zu standardisieren. Von der Auslagerung der IT-Systeme profitieren Assekuranzen langfristig. Denn ein versierter IT-Provider hat finanzielle und personelle Ressourcen, um den Datenschutz und die Datensicherheit zu gewährleisten.

Gleichzeitig besitzt er langjährige Erfahrungen, um Prozesse effizienter zu gestalten. Und nicht zuletzt sparen Versicherungen Kosten durch Skaleneffekte. Das freigewordene IT-Budget nutzen sie, um mehr digitale Services und Produkte anzubieten.

Zum Autor

Hans Schätzle, Abteilungsleiter Vertrieb Versicherung, Finanz Informatik Technologie Service GmbH & Co. KG, Haar

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