MOBILITÄT

Mobilitätsdienstleister - Flotten im Wandel

Frank Hägele, Foto: Deutsche Leasing AG

Die Folgen der Corona-Pandemie hielten in den vergangenen Monaten auch die Fuhrparkmanager und die Anbieter von Dienstleistungen rund um die Dienstwagenflotten auf Trab. Wichtiger sind für Frank Hägele jedoch Herausforderungen, die sich etwa aus dem Aufstieg der Elektromobilität ergeben. Insgesamt etablieren sich in der Welt der Mobilität ganz neue Geschäftsmodelle, die erst durch die Digitalisierung möglich werden. Red.

Der Lockdown zu Beginn der Corona-Pandemie hat für einen regelrechten Einbruch beim Markt für Flottenfahrzeuge gesorgt. Kein Wunder, konnten doch in der Phase mitunter keine Autos gekauft, ausgeliefert oder zurückgegeben werden. Inzwischen hat sich die Situation auch dank Nachholeffekten wieder beruhigt. Laut den jüngsten Zahlen der Marktforscher von Dataforce gab es im relevanten Flottenmarkt mit 73 165 Pkw-Neuzulassungen einen neuen Septemberrekord.

Foto: AdobeStock/Petair

Trotzdem wird der Gesamtmarkt zum Jahresende mit 20 Prozent im Minus bleiben. Und so dürfte der Jahresbestwert aus dem Jahr 2019 mit knapp 940 000 Neuzulassungen, die nur auf das Flottensegment entfielen, vermutlich länger Bestand haben. Zudem rücken gerade in Zeiten knapper Kassen infolge des Wirtschaftseinbruchs die Kosten weitaus schärfer in den Fokus.

Aber auch in einem stagnierenden Markt bleiben Dienstleistungen aus dem Geschäftsfeld Mobilität von externen Anbietern gefragter denn je. Oft können diese Spezialisten allein durch ihr Einkaufsvolumen und ein großes Netzwerk an Partnerhändlern schon bei der Fahrzeuganschaffung günstigere Konditionen für ihre Kunden realisieren. Dabei gehen die Dienstleistungen weit über die Anschaffung hinaus und erstrecken sich bis hin zur kompletten Auslagerung des Fuhrparks. Das umfasst dann die vollständige Übernahme der gesamten administrativen Aufgaben durch den externen Partner beim Betrieb eines Fuhrparks und im Lebenszyklus eines Dienstfahrzeugs. Dazu zählen unter anderem auch die Bereiche Kfz-Versicherung, Tankmanagement, Reparaturen, Wartung, Schadenmanagement und die zertifizierte Fahrzeugrückgabe. Ein Vorteil zeigt sich in der besseren Kalkulierbarkeit der Kosten während der Vertragsdauer. Finanzierungen per Leasing wirken sich beispielsweise bilanzschonend aus, sofern nach HGB bilanziert wird. Bereits durch die Auslagerung von Teilaufgaben werden die Unternehmen spürbar entlastet und können sich weitaus stärker auf ihre Kernaufgaben konzentrieren.

Gesetzgeber nimmt bei E-Mobilität Flottensektor ins Visier

Zugleich besteht eine hohe Flexibilität, um auf aktuelle Entwicklungen im dynamischen Markt für Mobilität schneller reagieren zu können, wie sich beim Trend zur Elektromobilität zeigt. Der eröffnet etwa der Leasingwirtschaft mit ihrer über Jahrzehnten gewachsenen Expertise grundsätzlich viele Chancen, da sich bei der Einführung neuer Technologien auch immer die Leasingquoten erhöhen.

Von dem Know-how profitieren die Kunden auch bei der Nutzung staatlicher Fördertöpfe. In zwischen gibt es eine schier unübersichtliche Landschaft von Förderprogrammen. Dabei will der Gesetzgeber damit im besten Sinne die E-Mobilität fördern und nimmt deswegen vor allem den starken Dienstwagen- und Flotten-Sektor ins Visier. Mit gutem Grund, denn allein auf die Flotten entfiel im Jahr 2019 laut Dataforce knapp ein Viertel aller Neuzulassungen in Deutschland. Zudem erneuern Flotten ihren Bestand viel schneller als Privatfahrer. Das wiederum sorgt für eine zügigere Verbreitung der Elektroautos.

Und der Einsatz der Fördergelder lohnt sich. Der Gesetzgeber hatte Mitte des Jahres die Zuschüsse für E-Autos noch einmal kräftig erhöht, wenngleich die Maßnahme einstweilen bis Ende 2021 befristet ist. Der Bund fördert im Rahmen des BAFA-Umweltbonus den Kauf von Batterie-Elektro- oder Brennstoffzellenfahrzeugen unter einem Nettolistenpreis von 40 000 Euro nun mit 6 000 Euro. Zusammen mit dem Zuschuss, den der Hersteller zahlt, ergibt sich eine Gesamtförderung von 9 000 Euro. Auch für Plug-in-Hybridfahrzeuge gab es einen Zuschlag: Hier liegt die maximale Förderung bei Autos in der genannten Preisklasse nunmehr bei 6 750 Euro. Auch bei Fahrzeugen deren Nettolistenpreis über 40 000 Euro liegt, hat der Gesetzgeber draufgesattelt. Für E-Autos beträgt die Gesamtförderung 7 500 Euro, während für bestimmte Hybride 5 625 Euro fällig werden.

Die drastische Erhöhung der Förderprämien hat schon jetzt deutliche Spuren im Markt hinterlassen, wie ein Blick auf die Neuzulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamts verrät. So wurden vom Januar bis September dieses Jahres insgesamt 98 369 Elektroautos neu zugelassen. Dazu kamen im Bereich alternativer Antriebe noch 105 882 Plug-in-Hybride.

Somit lag der Anteil der E-Autos am Gesamtmarkt im genannten Zeitraum immerhin schon bei 4,8 Prozent beziehungsweise 5,2 Prozent für die Plug-in-Hybride. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum entfielen auf E-Autos lediglich 1,7 Prozent bei den Neuzulassungen, während der Anteil bei den Plug-in-Hybriden nur bei 1 Prozent lag.

Zum jüngsten Zuwachs dürften neben den Förderprogrammen auch steuerliche Privilegien bei den Dienstwagen sorgen. In mehreren Schritten hatte der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren den prozentualen Anteil des geldwerten Vorteils für die Fahrer von Dienstwagen mit reinem E-Antrieb bei privaten Fahrten auf aktuell nur noch 0,25 Prozent des Listenpreises im Monat abgesenkt. Ein immenser Kostenvorteil im Vergleich zum konventionellen Auto, bei dem 1 Prozent des Listenpreises steuerlich berechnet wird. Kein Wunder dass angesichts dieser Vorteile die Dienstwagenfahrer bei ihren Arbeitgebern auf den Einsatz von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben drängen. Und die Arbeitgeber und verantwortlichen Flottenmanager reagieren und akzeptieren gegebenenfalls selbst in Zeiten knapperer Kassen infolge Corona auch höhere Anschaffungspreise.

Reichweitenangst bleibt ein Hindernis

Dafür bekommen die Kunden am Markt auch immer mehr Modelle geboten mit stark verbesserten Fahrleistungen. Und mit Tesla hat eines der führenden Unternehmen im Bereich E-Mobilität erst vor wenigen Wochen auf seinem Battery-Day deutlich höhere Reichweiten, wenn auch erst in den nächsten Jahren, in Aussicht gestellt. Aber die bleibt einstweilen im Vergleich zum Diesel und Benziner ein wunder Punkt in der Betrachtung der E-Mobilität im Flotteneinsatz. Das liegt nicht zuletzt am derzeitigen Netz von Ladestellen. Laut Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) gab es im Juni dieses Jahres trotz eines Zuwachses von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr von knapp 60 Prozent nur 27 730 öffentliche Ladepunkte in Deutschland. Und nur 14 Prozent davon sind Schnelllader. Immerhin planen der Bund und die Autobauer einen umfassenden Ausbau der Ladeinfrastruktur.

Der Gesetzgeber hat mit dem neuen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) überdies den privaten Einbau von Lademöglichkeiten bei Mietern begünstigt, was auch dem einen oder anderen Dienstwagenfahrer helfen wird. Gerade aber auch beim Flottenbetreiber selber gilt es je nach Bedarf eine adäquate Ladeinfrastruktur bereitzustellen, was heutzutage ein ganzheitliches Angebot der externen Dienstleister beinhalten muss.

Abgesehen von den klassischen Ladestellen könnte es in Zukunft noch ganz andere technische Lösungen geben. Dazu zählt zum Beispiel die Möglichkeit des induktiven Ladens ohne Kabel. Überhaupt schreitet die Entwicklung in der Mobilität rasant voran und könnte auch andere alternative Antriebsformen, wie etwa der Wasserstoff und E-Fuels den Weg ebnen.

Keine einseitige Fokussierung auf Elektromobilität

Grundsätzlich sollte man sich angesichts der Dynamik nicht einseitig auf das Thema Elektromobilität bei den Flotten fokussieren. Entscheidend ist das Mobilitätsbedürfnis, wonach sich die Nutzer, als auch die Anbieter von Dienstleistungen im Geschäftsfeld Mobilität orientieren sollten. Konkret bedeutet dies etwa, dass für den typischen Außendienstmitarbeiter mit jährlichen Fahrleistungen von 50 000 Kilometer und mehr nach wie vor ein konventioneller Diesel die beste Wahl ist. Auch dank moderner Motoren emittieren diese Fahrzeuge wesentlich weniger Schadstoffe und auch die Co2-Emissionen nehmen signifikant ab.

Aber für viele Firmen etwa im urbanen Raum, die Fahrzeuge mit eher kurzen Strecken einsetzen, wäre der Einsatz von E-Fahrzeugen geboten. Tatsächlich dürfte es in den nächsten Jahren zu einem Mix von konventionell betriebenen Autos und Fahrzeugen mit alternativen Antrieben kommen.

Carsharing: Akzeptanzprobleme aufgrund von Covid-19

Eine zeitgemäße und wirtschaftliche Mobilität zeigt sich nicht nur im Antrieb, sondern auch in der Form der Nutzung. Hier halten bei den Finanzierungslösungen immer mehr Modelle aus der Sharing-Economy Einzug. Ganz nach dem aktuellen Mobilitätsbedürfnis bedeutet dies, dass zum Beispiel bei sogenannten Corporate-Carsharing-Lösungen die Fahrzeuge nur dann wirtschaftlich genutzt werden, wenn diese auch tatsächlich benötigt werden.

Diese Modelle werden in der aktuellen Situation von den Nutzern allerdings nicht mehr bedenkenlos akzeptiert. Wer kann schon gewährleisten, dass die Fahrzeuge bei der Übernahme fachgerecht desinfiziert wurden, um ein Infektionsrisiko zu vermeiden? Mittelfristig ist dieses Modell aber sicher eine gute Ergänzung zu anderen Mobilitätsangeboten.

Hilfreich sind derartige Modelle auch, um erste Erfahrungen mit alternativen Antrieben zu sammeln, wovon Mitarbeiter und Firmen gleichermaßen profitieren. Auch können etwa Corporate-Carsharing-Modelle als Incentives für Mitarbeiter dienen, wenn diese auch die private Nutzung umfassen. Für Mitarbeiter ohne Dienstwagenberechtigung ist dies eine interessante Ergänzung und wird als Arbeitgeber-Mehrwert wahrgenommen.

Digitalisierung macht viele Services erst möglich

Eine wichtige Rolle spielt im Hinblick auf Dienstleistungen rund um die Mobilität die Digitalisierung. Erst die digitale Vernetzung macht überhaupt erst viele Services möglich und hebt enorme Potenziale für Einsparungen.

  • So lässt sich mithilfe digitaler Reportings generell die Auslastung optimieren und somit die Effizienz bei bereits bestehenden Fahrzeugpools und Flotten erhöhen.
  • Hilfreich sind auch Webdienste mit unterstützenden Services wie etwa für das Fahrsicherheitstraining und der Anwendung von Unfallverhütungsvorschriften (UVV).

Perspektiven eröffnen sich auch durch den Megatrend Connected Cars. Ganz allgemein bieten sich für die Fahrzeuge in der vernetzten Welt zahlreiche nützliche Navigations- und Kommunikationslösungen an. Für die Flotten können vernetzte Autos die Analyse und Steuerung von Flotten erleichtern und die Kontrolle von Fahrzeugfunktionen und Kosten verbessern. Unterschätzen sollten die Betreiber dabei nicht das Thema Datenschutz. Auch bei der Mitbestimmung gibt es Hürden. Nicht alles was technisch möglich ist, ist auch ohne Weiteres rechtlich machbar.

Noch keine entscheidende Rolle in der Praxis spielt das Thema "autonomes Fahren" bei den Flotten. Faszinierend ist indes, was schon jetzt möglich ist. Von den fünf Levels des autonomen Fahrens sind aktuell immerhin schon zwei zugelassen, erhältlich und tatsächlich auch stark nachgefragt. Das sind Assistenzsysteme, die beim Halten der Spur assistieren, automatisch beschleunigen und abbremsen oder das Fahrzeug selbstständig einparken. Hierbei muss der Fahrer noch die Lage ständig im Blick haben und das Fahrzeug jederzeit übernehmen können.

Ein anderes Kaliber sind die höheren Level des autonomen Fahrens. Hier muss der Fahrer nicht mehr ständig überwachen beziehungsweise gibt es im höchsten Level sogar keinen eigentlichen Fahrer mehr. Technisch möglich wäre schon der Einsatz von Systemen mit Level-3-Funktionen, wie etwa in der neuen S-Klasse von Mercedes. Mercedes hat jüngst angekündigt in 2021 die Freigabe für Level-3 Funktionen erhalten zu wollen. Mit Level-3 gibt der Fahrer zeitweise die Kontrolle über das Fahrzeug ab. Bislang fehlen dafür - in der Fachwelt auch hochautomatisiertes Fahren genannt - die nötigen regulatorischen Voraussetzungen, sodass diese bei den Fahrzeugen noch gar nicht freigeschaltet sind. Immerhin hatte Mitte dieses Jahres die für die Standardisierung von Fahrzeugvorschriften zuständige UN-Organisation wichtige Leitlinien erlassen, die aber erst 2021 gelten sollen und in nationales Recht umgesetzt werden müssen.

Aber auch dann wird man selbst die fortschrittlicheren Systeme nur auf Autobahnen und Landstraßen nutzen können. Vor dem Einsatz im weitaus dynamischeren Stadtverkehr werden wohl noch einige Jahre ins Land gehen. Überdies ist es gar nicht ausgemacht, dass die Systeme überhaupt auf Zustimmung stoßen. Im autoverliebten Deutschland dürften die Fahrer eher ungern das Steuer aus der Hand geben, während man das in Asien womöglich pragmatischer sieht.

Aber die Entwicklungen gerade auch beim autonomen Fahren bleiben allemal spannend und könnten in den nächsten Jahren noch einige Überraschungen bereithalten. Nicht zuletzt das Beispiel autonomes Fahren und die E-Mobilität zeigen also, mit welchen dynamischen Entwicklungen es die Entscheider bei Flotten und Anbietern von Mobilitätsdienstleistungen zu tun haben.

Ein wesentlicher Treiber ist aber auch das gewachsene ökologische Bewusstsein in der Wirtschaft in Zeiten intensiver Debatten rund um den Klimawandel. Viele Unternehmen setzen auch als wesentlichen Aspekt ihrer Firmenpolitik auf die Reduktion von Schadstoffen. Dieses hehre Ziel im Einklang mit den wirtschaftlichen Notwendigkeiten zu bringen, stellt eine zusätzliche Herausforderung und Motivation für die Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen dar.

Frank Hägele, Leiter des Geschäftsfelds Mobility, Deutsche Leasing AG, Bad Homburg
Frank Hägele , Vorsitzender des Verbands markenunabhängiger Mobilitäts- und Fuhrparkmanagementgesellschaften e.V., Leiter des Geschäftsfelds Mobility, Deutsche Leasing AG, Bad Homburg

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