NACHHALTIGKEIT

Nachhaltigkeit als vierte Dimension der Geldanlage

Rudolf Geyer, Foto: Ebase

Nachhaltige Geldanlage ist längst kein Nischenthema mehr, so Rudolf Geyer. Das Dreieck aus Risiko, Rendite und Liquidität entwickelt sich zunehmend zum Viereck mit der Nachhaltigkeit als vierte Dimension. Das Angebot an nachhaltigen Investmentfonds ist gewachsen, ebenso wie das Interesse der Privatanleger. Für Institutionelle ist Nachhaltigkeit schon fast Pflichtprogramm. Trotzdem sieht Geyer noch einige Stolpersteine - vor allem in fehlenden Informationen. Filter, mit denen das Produktangebot nach unterschiedlichen Nachhaltigkeitskriterien durchsucht werden kann, können sich hier als hilfreich erweisen. Red.

Seit der ersten Erwähnung des Themas Nachhaltigkeit im Jahr 1713 durch Hans Carl von Carlowitz in seinem Werk "Sylvicultura oeconomica" im Zusammenhang mit einer "nachhaltenden" Nutzung von Holz, im Rahmen derer immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmäßige Aufforstung - durch Säen und Pflanzen - nachwachsen konnte, hat sich das Thema stark weiterentwickelt.

Speziell in den letzten Jahren hat die Dynamik, mit der das Thema Nachhaltigkeit in den Vordergrund gerückt ist, immer weiter zugenommen. Mittlerweile hat sich Nachhaltigkeit zu einem der Topthemen entwickelt und beschäftigt die Bürger mehr und mehr, was nicht zuletzt an der "Fridays for Future"-Bewegung zu sehen ist. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Komplexität und Vielfältigkeit des Themas eine bemerkenswerte Entwicklung.

Ein sehr vielschichtiges Thema

Im Unterschied zu vielen anderen Themen ist das Begriffsverständnis, aber auch das Urteil darüber, was als nachhaltig angesehen werden kann, von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Definitionsgemäß lässt sich Nachhaltigkeit in die Dimensionen Ökonomie, Ökologie sowie Soziales und Ethik unterteilen.

Grundsätzlich bedeutet Nachhaltigkeit dabei das aktuelle und zukünftige Handeln so zu gestalten, dass die Bedürfnisse und Chancen der heutigen und auch zukünftigen Generationen nicht beeinträchtigt werden. Neben der Schonung und dem Erhalt der Umwelt sowie sozialer Gerechtigkeit zählt hierzu auch in ökonomischer Sicht ein langfristig ausgelegtes strategisches und werteorientiertes Handeln von Unternehmen sowie Privatpersonen.

Auch beim Thema Geldanlage immer wichtiger

Da immer mehr Menschen dem wichtiger werdenden Thema Nachhaltigkeit auch bei der Geldanlage Berücksichtigung schenken wollen, haben nachhaltige Geldanlagen in den letzten Jahren deutlich an Relevanz gewonnen. Unter nachhaltigen Anlagen oder Social Responsible Investments (SRI) werden eine Reihe unterschiedlicher Investments subsumiert, bei denen besondere Rücksicht auf ökologische, soziale und ethische Kriterien sowie gute Unternehmensführung (Governance) genommen wird.

Der Markt für nachhaltige Investments ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Auch das Interesse auf Kundenseite ist deutlich gestiegen. Gemäß den Zahlen des Forums Nachhaltige Geldanlagen sind in Deutschland bereits weit mehr als 200 Milliarden Euro in nachhaltige Anlagen investiert worden. Mehr als 60 Prozent der Mittel sind dabei in nachhaltigen Fonds und Mandaten angelegt. Das Volumen in diesen Produkten hat sich innerhalb des letzten Jahrzehnts weit mehr als verzehnfacht. Alleine im Jahr 2018 betrug das Wachstum 45 Prozent, womit nachhaltige Fonds eines der Topthemen im gesamten Asset-Management-Markt waren.

Angebot an nachhaltigen Investmentfonds klar ausgebaut

Im Zuge der dynamischen Entwicklung des Marktvolumens wurde auch das Angebot an nachhaltigen Geldanlagen in den letzten Jahren deutlich ausgebaut. Insbesondere im Bereich der Investmentfonds steht interessierten Anlegern dadurch mittlerweile eine breite Auswahl zur Verfügung. Ebenso wie beim an sich vielfältigen Begriff der Nachhaltigkeit unterscheiden sich auch die Ansätze der Fonds, mittels derer Nachhaltigkeit berücksichtigt werden soll, teilweise deutlich.

- Nach wie vor die größte Verbreitung haben dabei auf Ausschlüssen basierende Ansätze, im Rahmen derer beispielweise Anlagen in fossile Brennstoffe, Waffen und Rüstung oder auch Tabak unmöglich sind.

- Daneben haben Anlagestrategien, die auf ein normbasiertes Screening, eine ESG-Integration sowie Engagements setzen, eine sehr hohe Relevanz.

Das magische Dreieck der Kapitalanlage wird zum Viereck

Anleger haben in den letzten Jahren nicht nur häufig in unterschiedliche nachhaltige Kapitalanlagen investiert, sondern oftmals ist auch eine deutlich tiefergreifende Veränderung zu beobachten. Infolge des wachsenden Interesses an nachhaltigen Kapitalanlagen verändert sich der Entscheidungsrahmen der Anleger zunehmend. Das "magische Dreieck" der Kapitalanlage - Rendite, Risiko und Liquidität -, welches die Anlageentscheidungen seit langer Zeit bestimmt hat, wird zunehmend zu einem Viereck.

Nachhaltigkeit ist bei zahlreichen Anlegern zur vierten Entscheidungsdimension geworden. Denn einer Vielzahl von Privatanlagern, aber auch Firmen und Stiftungen ist es wichtig, ihre Nachhaltigkeitsanforderungen auch bei der Kapitalanlage berücksichtigen zu können.

Privatanleger haben großes Interesse

Eine kürzlich zum zweiten Mal von Ebase durchgeführte repräsentative Befragung unter 1 000 Personen hat belegt, dass das Thema nachhaltige Kapitalanlage immer stärker in der Mitte der Gesellschaft ankommt. Mehr als 50 Prozent der Deutschen sind demnach der Meinung, dass nachhaltige Kapitalanlagen in den nächsten zwölf Monaten weiter an Bedeutung gewinnen werden, nur deutlich weniger als 10 Prozent gehen davon aus, dass deren Bedeutung eher zurückgehen wird (siehe Abbildung 1). Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil derer, die davon aus gehen, dass nachhaltige Anlagen im Laufe des Jahres an Bedeutung gewinnen, sogar nochmals an gestiegen.

Dabei rechnen insbesondere Personen unter 40 Jahren sowie solche mit hohen Einkommen mit einer zunehmenden Relevanz. Nachhaltigkeit gewinnt dabei nicht nur abstrakt an Bedeutung, sondern wird tatsächlich ein immer wichtigerer Faktor bei Anlageentscheidungen. Das zeigt sich auch daran, dass mehr als 50 Prozent der Befragten entsprechende Kriterien bei zukünftigen Anlagen berücksichtigen wollen. Auch auf Basis dieser Zahlen wird das Potenzial nachhaltiger Geldanlagen deutlich.

Während die Nachhaltigkeit einer Anlage bei Privatanlegern oftmals ein wünschenswertes, aber kein automatisch notwendiges Kriterium ist, sind Unternehmen und insbesondere auch Stiftungen hier bereits vielfach einen Schritt weiter.

Für Firmen und Stiftungen zunehmend Pflicht

Im Zuge der Corporate Social Responsibility (CSR), also dem freiwilligen Beitrag der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung, welcher über die gesetzlichen Forderungen hinausgeht, werden auch für den Bereich der Kapitalanlage Nachhaltigkeitsanforderungen definiert. Darin wird beispielweise festgelegt, dass auf Basis des eigenen Wertefundaments keine Anlagen im Bereich der Rüstung oder aber Atomenergie erfolgen dürfen. Dadurch soll das definierte Nachhaltigkeitsprofil des Unternehmens oder der Stiftung auch in der Kapitalanlage nachvollzogen werden. So ist es möglich, neben dem klassischen Geschäftsbetrieb eine durchgängige Nachhaltigkeitsausrichtung sicherzustellen.

Die Ergebnisse einer im Juli 2019 von Ebase durchgeführten Umfrage unter 129 Vermittlern bestätigen diesen Trend. Sie zeigen, dass auch seitens der Berater von einer weiter wachsenden Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit ausgegangen wird. Mehr als 90 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Bedeutung von nachhaltigen Anlagen innerhalb der nächsten drei Jahre (stark) steigen wird (siehe Abbildung 2). Nahezu niemand erwartet eine sinkende Relevanz.

Auch die Nachfrage nach nachhaltig anlegenden Fonds belegt die Bedeutung des Themas. So haben die Kunden der Ebase 2019 deutlich mehr Anteile an Fonds gekauft, die unterschiedliche Nachhaltigkeitskriterien und -ansätze umsetzen, als im selben Zeitraum verkauft wurden. Dies untermauert, dass trotz der eher volatilen Marktphase zu Jahresbeginn 2019 das Interesse an nachhaltigen Kapitalanlagen sehr groß ist. Anders als noch vor einigen Jahren handelt es sich nicht länger um ein Nischenthema, vielmehr ist es beim Großteil der Anleger in den Fokus gerückt.

Noch einige Hürden zu meistern

Damit die Anleger bei ihrem Wunsch, nachhaltig zu investieren, unterstützt und die Potenziale entsprechender Anlagen erschlossen werden können, müssen jedoch noch einige Hürden gemeistert werden.

Ein wichtiger Grund, warum bisher nicht oder nur wenig in nachhaltige Anlagen investiert wurde, sind fehlende Informationen. So ist es Kunden vielfach nicht möglich, die Anlagen zu identifizieren, die ihrer Vorstellung von einem nachhaltigen Investment entsprechen. Um hier Abhilfe zu schaffen, bietet Ebase beispielsweise die Möglichkeit, bei der Fondsauswahl unterschiedliche Nachhaltigkeitskriterien über einen speziellen Filter zu berücksichtigen. So kann gezielt nach Fonds gesucht werden, die den eigenen Nachhaltigkeitsanforderungen entsprechen, wie beispielsweise "frei von Tierversuchen" oder "frei von Atomenergie". Für Anleger, die sich nicht selbst um die Geldanlage kümmern wollen, steht zudem mit dem Ebase Managed Depot eine an Nachhaltigkeitsgrundsätzen orientierte Vermögensverwaltung zur Verfügung. Entsprechende Angebote sind jedoch noch bei Weitem nicht bei allen Anbietern am Markt erhältlich.

Banken und Vermittler mit zentraler Rolle

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Reihe von Gründen für eine weiterhin wachsende Bedeutung von nachhaltigen Geldanlagen sprechen. Denn nicht nur das Interesse bei den Kunden nimmt stetig zu, auch seitens des Gesetzgebers wird nachhaltigen Anlagen zunehmend mehr Bedeutung eingeräumt. So haben sich beispielsweise die EU-Kommission beziehungsweise Experten in deren Auftrag intensiv damit befasst. Ergebnis ist, dass eine nachhaltige Unternehmenspolitik und Geschäftspraxis gefördert werden soll. Dies wird unter anderem auch eine zunehmende Kapitalallokation in nachhaltigen Geldanlagen zur Folge haben. Speziell dem Kunden gegenüber soll zudem bei nachhaltigen Kapitalanlagen eine größere Transparenz geschaffen werden.

Banken und Vermittlern kommt in diesem Zusammenhang im Rahmen der Anlageberatung eine zentrale Rolle zu. So soll in der Kundenanalyse gezielt auch auf Nachhaltigkeit eingegangen werden. Für Ebase beispielsweise ist es stets das Ziel, für die angeschlossenen Kooperationspartner und Kunden ein optimales Angebot zu bieten. Vor diesem Hintergrund hat sich das Unternehmen bereits jetzt des Themas angenommen und eine Lösung bereitgestellt, bevor die Anforderungen tatsächlich Gesetz werden. Damit kann schon heute ein zusätzlicher Mehrwert und eine weitere Qualitätsverbesserung geboten werden.

Rudolf Geyer, Geschäftsführer, European Bank for Financial Services (ebase), Aschheim
Rudolf Geyer , Sprecher der Geschäftsführung, European Bank for Financial Services GmbH (ebase), Aschheim

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