BANKENINFRASTRUKTUR

Neue Effizienzpotenziale durch Managed Services

Ronny Weigler, Foto: Awado

Aus Sicht vieler Volks- und Raiffeisenbanken wird Digitalisierung mehr und mehr zum Nullsummenspiel, da Effizienzvorteile durch zusätzliche Betriebsausgaben für die Infrastruktur kompensiert werden, so die Autoren. Managed Services können hier eine Lösung sein. Denn dabei geht es um weit mehr als nur um IT, sondern um eine Kapazitätssteuerung entlang der gesamten Prozesskette. Deshalb gilt es zunächst, Ineffizienzen erst einmal aufzuspüren, und das Kriterium der Effizienz auf die Bank wie auch einen möglichen Dienstleister gleicher maßen anzuwenden. Chancen für Managed Services sehen die Autoren vor allem im aufsichtlichen Meldewesen. Red.

Obwohl mittlerweile mehr als ein Jahrzehnt seit der Finanzmarktkrise und ihren Ausläufern vergangen ist, tut sich der deutsche Bankensektor immer noch sehr schwer damit, an die davor liegenden "profitableren" Zeiten anzuknüpfen. Das Niedrigzinsumfeld und das damit verbundene geringere Zinsergebnis tragen seit Jahren einen gewichtigen Anteil an dieser Entwicklung und führen zu einem großen Druck auf die Kostenseite der Volks- und Raiffeisenbanken.

Digitalisierung ein Nullsummenspiel?

Die Digitalisierung führt ertragsseitig zu neuen Möglichkeiten in der niedrigschwelligen Kundenansprache und der Möglichkeit positiver Kundenerlebnisse auch abseits der eigenen Filialen. Gleichzeitig aber ist eine große Zahl von Banken oft nur "Follower" in dieser Entwicklung, während agilere Fintechs häufig Ideen und Trends (um)setzen. Marktpotenziale erodieren somit Stück für Stück.

Kostenseitig sind die Möglichkeiten für Volks- und Raiffeisenbanken nach Jahren der intensiven Befassung mit der eigenen Kostenstruktur und der eigenen Kostenkultur dagegen vermeintlich ausgeschöpft. Die Digitalisierung ist hier Fluch und Segen zugleich. Gut in die End-to-End-Prozesse integriert kann sie tatsächlich Wachstum (über optimierte Vertriebsprozesse und -strukturen) oder Einsparungen (über den Aufbau einer schlanken Organisation) herbeiführen. Doch gerade bei komplexeren Prozessen werden die viel beschworenen Effizienzen häufig nur durch die zusätzlichen Betriebsausgaben für die Infrastruktur substituiert. So droht Digitalisierung im schlechtesten Fall zum Nullsummenspiel zu werden.

Im Konglomerat mit zusätzlicher Regulation, Daten- und Verbraucherschutzanforderungen und gestiegenen Anforderungen an die IT-Sicherheit ist es daher keine Überraschung, dass sich die CIR der deutschen Banken in den letzten Jahren trotz aller Bemühungen nicht signifikant positiv entwickelt hat. Und auch bei den genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken ist trotz einer etwas positiveren Ausgangslage die durchschnittliche CIR in den letzten fünf Jahren nicht merklich gesunken, nein, im Gegenteil, sogar leicht gestiegen.

Neben der effizienteren Gestaltung der eigenen Tätigkeiten ist die Verlagerung der Leistungserbringung auf Dritte eine "weitere Alternative" über die nachgedacht werden und der im heutigen Umfeld eine besondere Bedeutung beigemessen werden sollte.

Make or buy

Im Rahmen eines solchen "Make or buy" Entscheidungsprozesses wird dabei der Fokus der zukünftigen eigenen Leistungserstellung auf wertschöpfende oder strategisch bedeutsame Prozesse beziehungsweise Geschäftseinheiten gelegt. Insbesondere, wenn diese nicht gegeben sind oder die eigene Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit von Ressourcen in diesem Bereich nicht sonderlich "stark" ausgeprägt sind, kann eine externe Inanspruchnahme dieser Dienstleistung sinnvoller sein als die eigenständige Leistungserbringung.

Diese Art der Verlagerung der Leistungserbringung wird im Bereich der Informationstechnologie (hier vermehrt unter dem Begriff "as a service") bereits vielfältig wahrgenommen, ebenso bei einigen Backoffice Funktionen, mit einer hohen Frequenz an standardisierten Prozessen, wie beispielsweise HR/Payroll (den klassischen "Shared Services") oder im Fuhrparkmanagement. Insbesondere in wissensbasierten Funktionen mit höherer Spezifität der Leistung fällt die Verlagerung den Volks- und Raiffeisenbanken nach wie vor schwer und der Aufbau eigener Shared Service Center ist mangels Best Practices am Markt nicht darstellbar.

Die Entwicklung sogenannter "Managed Services" hat diese Lücke in den letzten Jahren zum Teil schließen können. Diese haben mit den bekannten Shared Services insofern den gleichen Grundansatz gemein, nämlich, dass hochfrequente, standardisierte Prozesse für eine entsprechende Skalierung von Effizienzen sorgen, die die einzelnen Volks- und Raiffeisenbanken, auch aufgrund ihrer Größe, so nicht erreichen können. Von diesen Effizienzen profitieren dann die Banken wie auch externe Dienstleister gleichermaßen. Der Unterscheid zu Shared Services liegt im Begriff "Managed", der hier den Bezug zu den klassischen Beratertätigkeiten herstellt.

Da das traditionelle Verständnis von Beratung mit hohem persönlichem Engagement, Kundenorientierung und fachlicher- oder methodischer Kompetenz geprägt ist, bleibt generell ein hoher Bezug auf die einzelne Beraterpersönlichkeit. Die Leistungserbringung hat einen hohen Bezug zum einzelnen Individuum, ist damit facettenreich und gleichzeitig spezifisch. Die Möglichkeiten hoher Effizienz und Produktionsvorteile sind damit aber auch eingeschränkt.

Signifikant höhere Standardisierung

Ein Managed Service strebt zunächst eine signifikant höhere Standardisierung der Leistungserbringung an. Das ist nicht in allen Dienstleistungen erforderlich oder möglich, aber doch in deutlich mehr Themengebieten als üblicherweise angenommen. Der Fokus liegt neben einer Standardisierung der Leistung im eigentlichen Sinne ("Was ist die Dienstleistung?") auch auf der Standardisierung der Leistungserstellung selbst ("Wie erbringt man die Dienstleistung?"), ähnlich wie es auch bei Shared Service Centern bekannt ist.

Mit der Standardisierung wird folglich die Möglichkeit geschaffen, eine größere Arbeitsteilung herzustellen. Ein Berater muss so nicht mehr End-to-End die gesamte Dienstleistung selbstständig bewerkstelligen. Unterschiedliche Experten mit unterschiedlichen Qualifikationen, gegebenenfalls sogar in unternehmensübergreifenden Partnerschaften, können die Gesamtleistung deutlich effizienter zusammenstellen. Im Ergebnis wird jeder einzelne Dienstleistungsauftrag nicht nur nach den gleichen Standards bearbeitet. Sondern die Arbeitsergebnisse weisen auch eine gleichbleibend hohe Qualität auf.

Kapazitätssteuerung entlang der Wertschöpfungskette

Damit dies nachhaltig umsetzbar ist, ist es erforderlich, dass der gesamte Leistungserstellungsprozess entlang der Leistungskriterien (zum Beispiel Inhalt, Zeit, Qualität und Kosten) aktiv gemanaged wird, was durch neue Rollen und/oder durch bestehende oder neu einzuführende Systeme ermöglicht wird. Das "Managed" im Managed Services wird manchmal mit einer Optimierung der Büroorganisation, einem Housekeeping oder Ähnlichem gleichgesetzt. Diese Sichtweise greift aber deutlich zu kurz und adressiert die zentralen Designprinzipien nicht, vielmehr ist eine effektive Prozess- und Kapazitätssteuerung entlang der Wertschöpfungskette erforderlich.

Die Bedeutung der Informationstechnologie wird dagegen häufig zu früh beziehungsweise suboptimal als das zentrale Designprinzip diskutiert. Die Bedeutung von IT kann und soll nicht relativiert werden. Daten und Technologien sind im Rahmen von Managed Services durchaus wichtige Enabler und können sogar helfen, die Spielregeln in reifen Märkten neu zu sortieren.

Prozessuale Effizienzen identifizieren

Besser ist aber zunächst, sich intensiv mit dem Leistungserstellungsprozess entlang seiner gesamten Breite und Tiefe zu befassen und so bereits prozessuale Effizienzen zu identifizieren, als auch die passgenauen Rollenbilder hierfür abzuleiten. Erst anschließend sollte die Frage erfolgen, wo welche Technologie helfen kann und wie viel Technologie die Dienstleistung benötigt. Es ist ein denkbarer Ansatz, sich zunächst mit der Technologie zu befassen und dann die Frage zu stellen, "wie kann sie das Unternehmen beziehungsweise. die Kunden des Unternehmens voranbringen". Erfahrungsgemäß setzt dies aber eine enorm hohe organisatorische Reife des Dienstleisters, Investitionsstärke und Ausdauer voraus.

Ein Managed Service adressiert somit viele interne Herausforderungen von Unternehmen im Zusammenhang mit der entsprechenden Dienstleistung. Wachstumsbarrieren können überwunden werden, da die Leistungserbringung standort- und teamübergreifend besser skaliert werden kann. Neue Kompetenzen können genutzt werden, ohne diese zwingend selbst aufbauen zu müssen, wodurch sprungfixe Kosten oder Bruchteilskapazitäten vermieden werden. Bestehende Ressourcen können besser genutzt werden, zum Beispiel durch ein besseres Kapazitätsmanagement.

Möglichkeiten werden unterschätzt

Die Möglichkeiten von Volks- und Raiffeisenbanken, sich mithilfe von Managed Services als Institut schlanker aufzustellen und gleichzeitig auf die Kernaufgaben zu fokussieren, werden insgesamt noch unterschätzt. Denn im Zielbild ließe sich so auch eine Volks- und Raiffeisenbank modellieren, die große Teile ihrer Kernbanken-, Unterstützungs- und auch Steuerungsprozesse via Business Process as a Service ausgelagert hat und sich somit vollständig auf ihre wertschöpfenden Tätigkeiten fokussieren kann.

Volks- und Raiffeisenbanken werden auch zukünftig aufgrund der begrenzten ertragsseitigen Handlungsmöglichkeiten die Kostenbasis im Blick behalten. Neben den bereits oft ausgeschöpften Möglichkeiten zur Reduktion von Sachoder Personalkosten können sich durch die Nutzung von Managed Services Möglichkeit für die Fokussierung auf wertschöpfende Tätigkeiten und die Hebung zusätzlicher Effizienzen ergeben.

Chancen im aufsichtsrechtlichen Meldewesen

Gerade im aufsichtsrechtlichen Meldewesen hat es in jüngerer Vergangenheit zahlreiche Neuerungen gegeben, die einen guten Eindruck von den besonderen Herausforderungen der genossenschaftlichen Kreditinstitute im Kontext des Meldewesens vermitteln. Neben der anstehenden MaRisk-Novelle, die im Laufe des aktuellen Jahres zu erwarten ist, sind ebenso Neuerungen in der IT-Infrastruktur durch die Einführung von Agree21-Finanzen oder die CRR2-Änderungen zum 30. Juni 2021 zu beachten, zu verstehen und anzuwenden. Und dies, sogar weitestgehend, unabhängig von der Größe der entsprechenden Genossenschaftsbank. Somit kommen auf genossenschaftliche Kreditinstitute gleich mehrere Aufgaben bei Beibehaltung der Bearbeitung aufsichtsrechtlicher Meldungen zu:

  • Laufendes Monitoring von Entwicklungen, egal ob regulatorischer und prozessualer Natur, oder bei Änderungen am vorgegebenen IT-System.
  • Aufbau und Pflege von Spezialwissen: Dies ist über regelmäßige interne und externe Schulungsmaßnahmen von Mitarbeitern sicher zu stellen.
  • Ressourcenaufbau: Im aktuellen Arbeitsmarkt und bei stark nachgefragten spezialisierten Meldewesenexperten ist dies insbesondere in der Fläche eine anspruchsvolle Aufgabe.
  • Kapazitäts- und Auslastungsplanung: Bei zu erwartender Fluktuation, beispielsweise aufgrund von Mitarbeiteraustritten oder Ruhestand, aber auch bei Engpässen, auf die kurzfristig reagiert werden muss, beispielweise Krankheitsfälle, sind entsprechende Ressourcen vorzuhalten.
  • Erfüllung regulatorischer Vorgaben an interne Kontrollsysteme, der internen Revision und weiterer Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fehlervermeidung.

Nicht bei allen genossenschaftlichen Banken sind diese Herausforderungen gleichermaßen ausgeprägt oder überhaupt vorhanden. Tendenziell ist festzustellen, dass insbesondere bei kleineren Volks- und Raiffeisenbanken die Verfügbarkeit entsprechend geschulter Ressourcen eine anspruchsvolle Aufgabe darstellt. Häufig entsteht hier ein Handlungsbedarf durch unerwarteten Mitarbeiterabgang, der in der Folge dazu führt, dass die Meldungsbearbeitung auf der Managementebene selbst anfällt. Auch die Benennung eines Stellvertreters zur Gewährleistung des Vier-Augen-Prinzips ist dadurch mehr als nur herausfordernd.

Mit zunehmender Größe stellen Ressourcen im Sinne der grundsätzlichen Verfügbarkeit nicht mehr die zentrale Herausforderung dar. Gleichwohl sind die laufende Überwachung der aufsichtsrechtlichen Entwicklungen in ihrer gesamten Breite und deren Konsequenzen bei der Bearbeitung von Meldungen sowie die Schulung der Mitarbeiter entsprechend diesen Entwicklungen oft nicht eigenständig und mit hoher Güte zu gewährleisten.

Abseits der Größe einer Bank wird unter den Prämissen des eingangs beschriebenen Schemas "Make or buy" und der Fokussierung einer Bank auf kundenzentrierte Leistungen schnell deutlich, dass die Bearbeitung aufsichtsrechtlicher Meldungen auch im engeren Sinne keine wertschöpfende Tätigkeit darstellt. Vorhandene Kapazitäten können nicht komplett mit diesen Tätigkeiten ausgelastet werden, wodurch Effizienzen in der Bearbeitung grundsätzlich schwerer zu erzielen sind. Auf der anderen Seite führen die engmaschigen regulatorischen Vorschriften dazu, dass ein enormes Fachwissen aufseiten der Bearbeiter notwendig wird, um den Anforderungen der Aufsicht gerecht zu werden.

Entscheidungskriterium Effizienz

Bei der Bewertung zum Für und Wider einer Auslagerung müssen daher all die oben genannten Faktoren ebenso auf den Dienstleister angelegt werden wie auch auf die Bank. Ein Dienstleister, der über keine standardisierten Prozesse verfügt, wird nur geringe Effizienzen generieren, wodurch der Nutzen für die Bank gering ausfällt. Ein Dienstleister, der den Schwerpunkt auf die Informationstechnologie und Daten ausrichtet, dabei aber nur in geringem Maße hochwertig qualifiziertes Fachpersonal zur Bearbeitung der Meldungen heranzieht, wird tendenziell fehleranfälliger in der Meldungsbearbeitung sein und weniger flexibler auf regulatorische Anpassungen reagieren können.

Sind alle diese Designprinzipien erfüllt, vom Aufbau standardisierter Prozesse kommend, über neue, den Anforderungen entsprechende Rollenmodell und Organisationsformen, digitalen Instrumenten bis hin zu hochwertig ausgebildeten Fachexperten im Meldewesen, kann ein Managed Service im Meldewesen die entsprechenden Skaleneffekte in Bezug auf Zeit, Kosten sowie hinsichtlich der Qualität, liefern. Die regulatorischen Anforderungen an das Meldewesen sind hoch, und damit in gleichem Maße auch die Anforderungen an einen Dienstleister. Sind alle Voraussetzungen gegeben hinsichtlich fachlicher Expertise des Personals, einer strukturierten Organisation sowie hoher qualitativer Ansprüche, besteht in diesem Leistungsbereich für genossenschaftliche Kreditinstitute eine gute Möglichkeit, Effizienzen über die Auslagerung zu generieren.

Ronny Weigler , Geschäftsführer , AWADO Services GmbH
Alexander Schagerl , Mitglied des Vorstands , Volksbank Lauterbach-Schlitz eG

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