Firmenkundengeschäft

Notleidende Kredite - Online-Börse als Ausstieg

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Europas Banken haben notleidende Kredite im hohen dreistelligen Milliardenbereich angesammelt. Eine Möglichkeit, diese wieder zu Geld zu machen, bietet der Verkauf über eine Online-Börse. Über die Plattform von Debitos wurden seit 2010 schon Kredite im Wert von mehr als 1,4 Milliarden Euro versteigert. Zu den etwa 1 400 Verkäufern zählen auch etwa 20 Banken, Käufer sind Fonds, Inkassounternehmen und Rechtsanwälte, die die Portfolios häufig für Family Offices erstehen. Red.

Die Banken hatten es in den vergangenen Jahren nicht einfach: Striktere Kapitalvorschriften, eine Vielzahl neuer Regularien vonseiten der EZB und ein anhaltendes Niedrigzinsumfeld machten den europäischen Kreditinstituten schwer zu schaffen. Hinzu kommt, dass seit 2010 in Europa laut Creditreform mehr als eine Million Unternehmen Insolvenz angemeldet haben. Viele der nicht bezahlten Forderungen aus diesen Firmenpleiten schlummern jetzt in den Bilanzen der europäischen Kreditinstitute.

Besonders stark betroffen ist dabei der italienische Bankensektor: Das schwache wirtschaftliche Jahrzehnt vor Ort hat dafür gesorgt, dass die Banken mehr als 360 Milliarden Euro an notleidenden Krediten angesammelt haben. Das entspricht knapp 20 Prozent des Kreditbestands in Italien. Die italienische Regierung plant aktuell, die Banken mit 40 Milliarden Euro zu stützen - doch dies erscheint momentan eher wie der berüchtigte Tropfen auf dem heißen Stein.

Banken müssen Masse an notleidenden Krediten abbauen

Eine drastische Reduzierung der NPLs ("Non-Performing Loans") könnte eine Möglichkeit sein, damit Italiens Banken wieder mehr Handlungsspielraum haben.

Auch die EZB hat die Problematik mittlerweile erkannt und will sich in Form der obersten Bankenaufseherin Daniele Nouy um die Reduzierung der notleidenden Kredite in Europas Banken kümmern. Man arbeite an "geeigneten Instrumenten", um die Masse einzudämmen.

Wann dies geschehen soll, steht noch in den Sternen. In der Zwischenzeit haben allerdings auch die Kreditinstitute selbst die Chance, etwas zum Abbau der notleidenden Kredite zu tun.

Viele Geldinstitute betrauen beispielsweise

- interne Workout-Abteilungen oder externe Dienstleister mit der Verwertung der notleidenden Kredite

- oder sie lassen sich von großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bei einem Verkauf der offenen Forderungen beraten.

Das entlastet allerdings nur selten die Bilanzen der Banken und ist zu allem Überfluss noch teuer und zeitintensiv.

Handel per Forderungsbörse

Doch welche Möglichkeit haben Kreditinstitute noch, um zumindest einen Teil der Non-Performing Loans wieder zu Geld zu machen? Die Debitos GmbH ermöglicht Banken den Handel mit notleidenden Krediten per Forderungsbörse.

Die Plattform ist der einzige Anbieter in Europa, der den Forderungsverkauf vollständig digital abwickelt - von der Investorenansprache bis zum Verkauf. Seit Gründung des Fintechs im Jahr 2010 wurden bereits NPLs im Wert von über 1,4 Milliarden Euro verkauft.

Zu den etwa 1 400 Verkäufern auf der Online-Plattform zählen mehr als 20 deutsche Banken. Die hiesigen Finanzinstitute haben in der aktuellen Marktsituation allerdings auch wenig Druck, sich von bestimmten Positionen zu trennen. Aus Ländern wie Spanien, Italien und Österreich kommen dagegen vermehrt Anfragen und seit Ende 2015 auch die ersten Kunden. Dort spürt man, wie die Institute händeringend nach effizienten Methoden suchen, um die Probleme vor Ort zu lösen.

Lukrativer Spezialbereich für Investoren

Aber wer hat ein Interesse daran, die offenen Forderungen, die Europas Banken seit der Eurokrise angesammelt haben, zu kaufen? In den vergangenen Jahren ist das öffentliche Interesse an alternativen Investmentformen stark angestiegen: Moderne Anlagekonzepte wie Private Equity sorgen für eine erhöhte Diversifizierung und auf Dauer für verbesserte Renditechancen. Auch der Markt der Distressed Investments, also notleidenden Krediten und NPLs, ermöglicht Investoren den Einstieg in vielversprechende Anlageklassen fernab von Aktien und Anleihen.

Vor nicht allzu langer Zeit wurde der Handel mit offenen Forderungen allerdings noch ausschließlich von institutionellen Investoren wie Investmentbanken oder großen Equity-Fonds bestimmt, die milliardenschwere Portfolios aufgekauft haben. Damals war der Markteintritt quasi unmöglich, wenn man nicht über sehr große Finanzmittel oder direkte Bankenkontakte verfügte. Entsprechend groß waren auch die NPLs, die verkauft wurden.

Einzelengagement statt großer Portfolios

Diese großen Portfolios werden heute nur noch sehr eingeschränkt angeboten. Dafür trennen sich institutionelle Investoren und Banken nach Jahren der Abarbeitung der Portfolios vermehrt von Einzelengagements, die dann im freien Handel auftauchen. Das bietet auch kleineren Private-Equity-Gesellschaften und Family Offices die Gelegenheit, in den Distressed-Investments-Markt einzusteigen. Denn die notleidenden Kredite haben sich als lukrativer Spezialbereich für Investoren entwickelt.

Als Verkäufer muss man zur Einstellung einer Forderung auf der Debitos-Seite lediglich eine gültige Firmenanschrift, einen vertretungsberechtigten Ansprechpartner und eine valide E-Mail-Adresse angeben. Die eingegebenen Daten werden mit öffentlichen Registern, wie der Bürgel-Datenbank abgeglichen. Damit wird gewährleistet, dass es sich tatsächlich um seriöse Geschäftspartner handelt. Bei den zugelassenen Käufern handelt es sich um Fonds, Inkassounternehmen und Rechtsanwälte, die die Portfolios häufig für Family Offices erstehen. Die Käufer haben Zugriff auf offene Forderungen, die von Unternehmen, Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistern angeboten werden.

Das höchste Gebot gewinnt

Bei Debitos finden sich dabei Forderungen in jeder Preisklasse: Der niedrigste versteigerte NPL auf der Online-Börse betrug 130 Euro, der größte dagegen 630 Millionen Euro. Neben kaufmännisch ausgemahnten Forderungen werden unter anderem auch titulierte Forderungen und Kredite, immobilienbesicherte Forderungen oder immer häufiger auch Insolvenzquoten angeboten. Wie bei jeder anderen Versteigerung gilt hier: Das höchste Gebot gewinnt. Der Verkäufer muss sich in diesem bisher sehr intransparenten Markt also nicht mit einem Preis zufriedengeben, sondern kann bei einem entsprechend interessanten Angebot beobachten, wie die verschiedenen Marktteilnehmer für die NPLs bieten. So kann er einen möglichst hohen Marktpreis erzielen.

Dreistufiges Verfahren

Das dreistufige Verfahren läuft folgendermaßen ab:

- Zunächst wird dem Angebot ein möglichst aussagekräftiger Titel gegeben und mit aktuellen Kontaktdaten des Schuldners, wie Adresse, E-Mail und Ansprechpartner, versehen.

- Im zweiten Schritt muss der Verkäufer der Forderungen detaillierte Angaben zu seinem Angebot machen. Im Falle der Insolvenzquote ist hier vor allem wichtig, in welcher Höhe und wann eine Quote vom Insolvenzverwalter in Aussicht gestellt wurde und ob der Schuldner sich in einem Insolvenzverfahren befindet. Diese Daten lassen sich bei Bedarf um kurze Texte zu Zeitpunkt und Ergebnis des letzten Vollstreckungsversuchs und des Schuldners ergänzen. Häufig unterstützt das Team von Debitos den Verkäufer bei der Datenaufbereitung, speziell auch bei größeren Transaktionen. Potenzielle Bieter können diese Informationen während der Auktion einsehen, um sich so einen detaillierten Überblick über den Kontext der versteigerten Forderung zu machen.

- Im dritten Schritt startet der Due-Diligence-Prozess, bei dem Fragen und Antworten zum Angebot ausgetauscht und gegebenenfalls noch Dokumente nachgereicht werden. Bei sensiblen Auktionen ist auch ein geschlossener Bieterkreis möglich.

Anschließend muss der Verkäufer nur noch den Forderungswert, den Mindestpreis und die Auktionsfrist bestimmen. Der Forderungswert setzt sich dabei primär aus dem Hauptforderungswert und der eventuell angefallenen Mehrwertsteuer zusammen. Sekundär entstandene Kosten können unter "Zinsen" oder "zusätzliche Gebühren" hinzugefügt werden.

Außer einem Mindestpreis kann der Verkäufer zudem die Möglichkeit für einen Sofortkauf anbieten. Auf dieser Seite befindet sich ebenfalls eine Gebührentabelle, aus der man die anfallenden Gebühren für einen Verkauf ablesen kann. Diese fallen allerdings nur im Falle eines erfolgreichen Verkaufs an. Wenn eine Forderung nach Ablauf der Auktionsfrist ohne Gebot bleibt oder der Mindestpreis nicht erreicht wurde, ist das für den Verkäufer kostenlos und man kann es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal versuchen.

Internationalisierung weiter vorantreiben

Wird eine Forderung auf der Online-Börse verkauft, erhält Debitos einen Prozentsatz des realisierten Verkaufspreises. Dieser bewegt sich im einstelligen Prozentbereich und ist von der Art der verkauften Forderung abhängig. Für verkaufte Insolvenzquoten werden beispielsweise bis zu neun Prozent vom Transaktionserlös berechnet.

Während das Fintech weiter auf dem deutschen Markt ausgebaut wird, richtet sich der Blick mehr und mehr auch auf das europäische Ausland: Denn wie bereits beschrieben, handelt es sich bei NPLs nicht um ein deutsches Problem - ganz im Gegenteil. Durch die Eurokrise haben beispielsweise Geldhäuser in ganz Europa offene Forderungen angesammelt, die sie jetzt nur unter hohem Zeit- und Kostenaufwand wieder loswerden. Von den rund 400 Käufern, die auf der Debitos-Online-Börse registriert sind, stammt bereits jetzt ein Zehntel aus dem Ausland.

Wichtige Referenzkunden aus Spanien, Italien, Großbritannien und Österreich sorgen dafür, dass diese Zahl ständig ansteigt. Auch Kooperationen, wie beispielsweise mit der DDC Financial Group, die unter anderem Kongresse und weitere Veranstaltungen rund um das Thema NPLs in ganz Europa organisiert, sollen dazu beitragen, Debitos in ganz Europa zu einem wichtigen Player auf dem Forderungsmarkt zu machen.

Zum Autor

Timur Peters, Geschäftsführer, Debitos GmbH, Frankfurt am Main

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