Start-Ups

Offene Architektur für Tages- und Festgelder

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Bei einer Vielzahl von Bankprodukten sind Vergleichsplattformen, über die Kunden auch abschließen können, bereits selbstverständlich. Seit Dezember 2014 ist mit Zinspilot eine solche Plattform auch für Tages- und Festgelder am Markt. Thomas Meier und Tim Sievers beschreiben den Vorteil für Banken: Anders als mit teuren Werbekampagnen wird keine überschüssige Liquidität angeworben. Eine direkte Kundenbeziehung wird jedoch nicht aufgebaut. Stattdessen werde die Hausbank wieder zum zentralen Ansprechpartner für den Vertrieb von Einlagenprodukten. Red.

Überweisung per Snapchat, Bezahlen mit Apple Pay, Kreditaufnahme über die Crowdfunding-Plattform Auxmoney: Das klassische Bankgeschäft mit Endkunden gerät durch immer neue technische Innovationen zunehmend unter Druck. Längst sind es nicht mehr andere Banken, sondern komplett andere Branchen, die sich immer neue Nischen aus dem klassischen Girokonto- und Hausbankengeschäft herauspicken.

Diese technischen Innovationen haben das ohnehin raue Wettbewerbsklima in der Bankenlandschaft zusätzlich verschärft, in dem sich immer mehr Filialbanken, Online-Banken, Online-Broker und zahlreiche in- und ausländische Kreditinstitute um die deutschen Kunden und deren Einlagen bemühen.

Doch nicht jede Innovation ist eine Bedrohung für das eigene Geschäftsmodell. Intelligente Ideen, professionelle Software, digitale Kanäle und eine Bereitschaft, sich mit neuen Geschäftsmodellen auseinanderzusetzen, können etablierten Banken auch dabei helfen, sich für die Zukunft besser aufzustellen. Es ist die Chance, sich mit attraktiven Angeboten für die eigenen Kunden, effizienteren Zugangswegen zu den Zielmärkten oder schlankeren Prozessen in der Abwicklung von den Mitbewerbern erfolgreich abzusetzen.

Eine solche Finanz-Innovation stellt aktuell das 2011 gegründete Unternehmen Deposit Solutions vor. Die Einlagen-Plattform Comonea ist die derzeit erste offene Architektur für Tages- und Festgeldanlagen für Banken. Der darauf aufbauende Anlegerservice Zinspilot ist die Retail-Marke, unter der dieser Service im Dezember 2014 für Privatanleger eingeführt wurde. Er soll nicht nur einlagensuchende Banken und Privatanleger auf der Suche nach guten Zinsen zusammenbringen. Die offene Architektur ist so konzipiert, dass auch Hausbanken das Konzept offen oder als White-Label-Service in ihr eigenes System integrieren und ihren Kunden direkt attraktive Zinsangebote von unterschiedlichen Instituten anbieten können. Als einer der ersten Bankenpartner ist die Hamburger Sutor Bank mit an Bord.

Fintech-Lösungen: Konsumenten offen für Innovationen

Start-ups im Finanzbereich, die sogenannten Fintech-Unternehmen, sind im Grunde kein neues Phänomen und haben auch nicht zwingend etwas mit den Global Players wie Apple mit Apple Pay oder Google mit dem Bezahlkonzept Google Wallet zu tun.

Zu den spannendsten Innovationen im Bereich Finanzen gehörte in der letzten Dekade zum Beispiel die Entwicklung von Prohyp, einer offenen Architektur für Immobilienkredite, welche die Angebote vieler unterschiedlicher Finanzierer erstmals auf einer Plattform zusammenführte. Mit dem Konzept für professionelle Anwender und der Endkundenmarke Interhyp schufen die deutschen Gründer ein Angebot, das auf vorbildliche Weise Angebotstransparenz für die Kunden, Effizienzgewinne für die Banken und Kostenersparnis durch Prozessoptimierung und Volumen in sich vereinte.

Das schnelle Wachstum und die Akzeptanz dieses Angebots im Markt zeigen, dass sich Kunden heute auch bei Finanzprodukten nicht mehr mit dem "Angebot des Hauses" zufrieden geben, sondern aktiv auf der Suche nach Alternativen und Vergleichsmöglichkeiten sind. In Zeiten des Internets kann man sich als Bank diesem Trend ohnehin nicht entziehen. Geschickter ist es daher, die neuen Möglichkeiten für sich zu nutzen und zu prüfen, wie man die Angebote bestmöglich in das eigene Geschäftsmodell einbinden kann.

Während in Bereichen wie Baukrediten und auch Investmentfonds die anbieteroffene Architektur heute weitgehend selbstverständlich ist, ist ausgerechnet das bei den Deutschen beliebteste Investment, die Anlage in Tages- und Festgeld, immer noch ein sogenannter Closed Shop. Hier werden dem Kunden in jedem Institut nur die hauseigenen Produkte angeboten. Dabei handelt es sich um einen riesigen Markt: Auf der Suche nach sicherer Rendite liegen derzeit über 1 900 Milliarden Euro Privatkundeneinlagen bei deutschen Banken.

Plattform für Tages- und Festgeld

Schon heute nutzen jedoch viele Kunden die Produktvielfalt auch in diesem Bereich. Anleger können sich in Sekundenschnelle online die besten Zinskonditionen von fast 100 Banken heraussuchen. Um das Geld anzulegen, mussten die Sparer jedoch bisher immer neue Konten bei immer neuen Banken eröffnen. Viele Antragsformulare, Postident-Verfahren, Steuerbescheinigungen und PIN/TAN-Listen verkomplizieren das eigentlich einfache Produkt der Spareinlage. Nicht nur für die Sparer selbst. Sondern auch für die nach Einlagen suchende Bank.

Mit der anbieteroffenen Architektur von Comonea und Zinspilot können Anleger erstmals über einen Zugang und mit nur einem Konto eine Vielzahl von attraktiven Tages- und Festgeldangeboten unterschiedlicher Banken nutzen, steuern und verwalten. Seit Dezember 2014 ist der Service für alle Anleger geöffnet. Der Anleger braucht kein eigenes Konto bei den anbietenden Banken, sondern kann bequem und schnell über eine Einzahlung auf sein Konto bei der Partnerbank der Plattform anlegen.

Kostengünstiger Zugang zur Zielgruppe

Der Zugriff auf eine Vielzahl von Zinsangeboten über ein einziges Konto ist nicht nur für die Privatanleger interessant. Vor allem für Banken, die Anlegerkapital einwerben wollen, ist das Konzept spannend. Ein Blick auf die aktuellen Festgeld-Angebote auf einer großen Online-Vergleichsplattform zeigt, dass derzeit von den Top 50 Angeboten mit Laufzeit von einem Jahr insgesamt 46 Angebote von Anlagebanken gestellt werden, die keine Kundenbanken mit Girokonten sind, sondern Spezialinstitute wie zum Beispiel Leasing- oder Autobanken.

Bisher mussten solche Institute für die Einwerbung von Anlegerkapital komplexe Prozesse zur Verwaltung von Einzelkonten im Endkundengeschäft aufbauen, um Privatkundeneinlagen entgegennehmen zu können. Dazu kamen hohe Kosten für Werbung und Marketing. Zudem lassen sich solche breit angelegten Werbekampagnen um Anlegerkapital strukturbedingt nicht präzise steuern. Entsprechend besteht bei diesem Ansatz die Gefahr, teure Überschuss-Liquidität einzuwerben, wenn zu viele Anleger das Angebot nutzen und die Konditionen sich nicht schnell genug anpassen lassen.

Die Plattform bietet Banken nun einen effizienteren und kostengünstigeren Zugang zur Zielgruppe der Privatanleger. Über die Plug-and-Play Lösung können interessierte Anlagebanken innerhalb weniger Tage ihre Angebote einer Vielzahl von Privatanlegern zugänglich machen.

Keine überschüssige Liquidität

Überschüssige Liquidität gibt es nicht mehr: Ist das anvisierte Einlagenvolumen erreicht, endet das Angebot auf der Plattform. Kosten für zu viel Liquidität fallen damit nicht an.

Damit entfallen nicht nur Risiko und hohe Marketingkosten in der Direktansprache von Privatanlegern. Auch die gesamte Endkundenbetreuung und Kontoverwaltung ist mit abgedeckt. Denn hinter dem Angebot steht bereits das Konto einer Kundenbank, über das alle Compliance-Anforderungen der Anlagebank erfüllt werden. Die Verwaltung der anzulegenden Gelder übernimmt die Bank, über die der Kunde das Angebot nutzt. Technisch ist der Marktzugang mit minimalem Aufwand verbunden. Die Anlagebank muss lediglich ein Treuhandkonto für die Kundenbank einrichten und erhält alle erforderlichen Compliance-Informationen in einer Treugeberdatei: Ein Konto pro Zinsangebot statt einem Konto pro Anleger.

Die eingesparten Kosten für Aufbau und Management einer eigenen Kontoführungs-Infrastruktur und das Endkunden-Marketing ermöglichen den Anlagebanken, einen Teil der Ersparnisse als bessere Zinsangebote an den Endkunden weiterzuleiten. Auch ist die Nutzung der Plattform als Marktzugang für die Anlagebanken einfacher kalkulierbar und transparent, sie zahlen lediglich eine Provision für die tatsächlich eingeworbenen Einlagen.

Ergänzungsangebot für die Sutor Bank

Die Kontoführung übernimmt mit der Sutor Bank eine Partnerbank, die über alle aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Prozesse und Lizenzen verfügt. Zinspilot selbst managt das Produktangebot und die Verwaltung. Zugriff auf das Geld der Anleger haben aber immer nur die Hausbank, die Anlagebank und der Anleger selbst.

Die Sutor Bank selbst will über die Einbindung auf www.zinspilot.de auch gezielt weitere Anlagekunden gewinnen, die transparente und faire Bankprodukte suchen. Als Privatbank für alle, die Anlegern unabhängig von ihrem Anlagevolumen einen Zugang zu einer Vermögensverwaltung bietet, sieht das Unternehmen die Plattform auch selbst als gute Ergänzung der bisher vor allem auf mittel- und langfristig ausgelegten Angebote. Die Hausbanken müssen keine Angst vor abfließenden Kundeneinlagen haben, denn mit der Einbindung der offenen Architektur für Tages- und Festgeld im Unternehmen werden die Hausbanken wieder zum zentralen Ansprechpartner für den Vertrieb von Einlagenprodukten und können ihren Kunden eine Vielzahl attraktiver Zinsangebote machen.

Damit verringert sich das Risiko, dass die Kunden auf der Suche nach besseren Konditionen immer neue Konten bei immer neuen Banken eröffnen und mit dem investierbaren Kapital auch die Kundenbeziehung womöglich dauerhaft verloren geht. In Tages- oder Festgeld angelegtes Kapital fließt stattdessen zum Laufzeitende automatisch wieder auf das Girokonto des Kunden zurück, damit bleibt die Hausbank der zentrale Anlaufpunkt für alle Geldangelegenheiten.

White-Label-Lösung für das Private-Wealth-Management

Für interessierte Hausbanken ist aber auch eine White-Label-Lösung im Angebot, die sich als zusätzlicher Service in die normale Kundenbeziehung integrieren lässt - gezielt im Beratungsgeschäft oder im Bereich Private Wealth Management. Hier kommt ein Vorteil der offenen Architektur besonders gut zum Tragen: Durch das Aufteilen von Einlagen auf unterschiedliche Banken kann eine Portfoliostrategie für Einlagenangebote umgesetzt werden. Die Kunden profitieren so von der Einlagensicherung bei jeder Anlagebank in voller gesetzlicher Höhe und gelangen über eine geringe Ticketgröße je Einzelanlage in den Bereich der Retail-Konditionen anstelle der Konditionen für institutionelle Anleger. Darüber hinaus ist sichergestellt, dass die Hausbank ihren exklusiven Kundenzugang behält. Anlagebanken dürfen den Kunden nicht kontaktieren und führen auch kein Einzelkonto für den Kunden.

Zu den Autoren

Thomas Meier, Geschäftsführender Gesellschafter, Sutor Bank, Max Heinr. Sutor oHG, Hamburg, Dr. Tim Sievers, Geschäftsführer, Deposit Solutions GmbH, Hamburg

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