Personalpolitik

Personalmanagement als Erfolgs garant

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Die Varianz des wirtschaftlichen Erfolgs eines Kreditinstituts lässt sich zu 95 Prozent durch die Qualität des Personalmanagements bestimmen, so die Autoren. Allerdings sehen sie bei kleineren Kreditinstituten noch deutlichen Nachholbedarf. Die größten Defizite gibt es der aktuellen zeb-HR-Studie zufolge bei der Digitalisierung, die durch Personalmaßnahmen noch zu unsystematisch unterstützt wird. Vor der Umsetzung neuer Trends raten die Autoren jedoch in jedem Fall zu einer Analyse, was die Personalabteilung mit den bestehenden personellen Kapazitäten und Kompetenzen überhaupt bewältigen kann. Red.

Personalmanager fragen sich oft und werden von der Geschäftsführung gefragt, welchen messbaren Wert die Personalarbeit für den Unternehmenserfolg hat. Allgemeine Behauptungen wie "Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapital" helfen dabei nicht weiter. Doch kann man den Wertbeitrag des Personalmanagements überhaupt messen? Man kann, wie unsere HR-Studie1) beweist. Abbildung 1 zeigt das Rechenschema: Die Unternehmen werden geordnet nach ihrer Managementqualität in vier Gruppen geteilt und ebenso geordnet und eingeteilt nach ihrem Finanzerfolg. Die Abbildung zeigt die Ergebnisse: Rechnet man aus, wie genau man durch die Managementqualität den Finanzerfolg bestimmen kann, so liegt man in 55 Prozent der Fälle richtig. Errechnet man den Zusammenhang von Finanzerfolg und Managementqualität, liegen die Zahlen mit gerade einmal 27 Prozent deutlich darunter.

Wenn man noch etwas genauer rechnet, nämlich mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Qualitätsstufen im Personalmanagement zu welchen Finanzkennziffern führen, dann kann man die Varianz des wirtschaftlichen Erfolgs eines Kreditinstituts zu 95 Prozent durch die Qualität seines Personalmanagements bestimmen. Bei der HR-Studie 2009 lag dieser Wert noch bei 35 Prozent, weil durch die Finanzkrise und die wachsende Bedeutung des Kundengeschäfts auch die Bedeutung des Personalmanagements deutlich gestiegen ist.

Die Messung und Steuerung des Personalmanagements müsste also im Interesse aller Banken und Sparkassen liegen. Von den Teilnehmern unserer Studie setzen nur rund 15 Prozent der Kreditinstitute fortgeschrittene Datenanalysen ein und weniger als 5 Prozent verfügen über strukturierte und fortlaufend aktualisierte Personal-Cockpits. Branchenübergreifende Vergleichswerte liegen bei immerhin 20 Prozent. Hier hat die oft kleinteilige Kreditwirtschaft noch deutlichen Nachholbedarf.

Qualitätssteigerungen sind "sprungfix"

Die zeb.HR-Studie zeigt im Detail, auf welche Weise Qualitätsverbesserungen in zentralen Handlungsfeldern des Personalmanagements auf die Kosten- und Ertragssituation eines Unternehmens wirken.

- Qualitätssteigerungen wirken nicht linear, sondern sind "sprungfix". Dies bedeutet, dass Qualität einen gewissen Aufwand erfordert, bevor sie erfolgswirksam wird, denn: Nur ein bisschen "gut" ist nicht gut genug.

- Die Wirkung entsteht, wenn zusammenhängende Handlungsfelder gemeinsam eine hohe Qualitätsstufe erreichen: Managementqualität zeigt sich nicht in einsamen Spitzenleistungen, sondern im soliden Mehrkampf.

Kleine Institute drohen den Anschluss zu verlieren

Dies beides bedeutet, dass das Management generell nicht auf einfache Zusammenhänge setzen kann, wohl aber auf spezifische Wirkungen: Fokussiertes Personalkostenmanagement hat messbare, aber begrenzte Folgen für die Personalkosten, wirkt aber nicht auf Kosten-Ertragsverhältnis und Erträge. Gutes Personalmanagement ist kein Sprint, sondern ein Dauerlauf.

Während sich die Managementqualität noch 2009 recht einheitlich verteilte, setzt sich eine Spitzengruppe - die Top-25-Prozent - immer weiter vom Durchschnitt ab. Kleine Institute drohen den Anschluss zu verlieren. Dies spricht nicht unbedingt für Größe als Qualitätsmerkmal, wohl aber dafür, dass kleine Unternehmen sich schwertun mit der "Dauerinvestition" in das Halten und Ausbauen von Qualitätsvorsprüngen.

Führungsqualität als Topthema

Die aktuelle HR-Studie zeigt, dass das Thema Führungsqualität ein Topthema ist: Es wird nicht nur eine hohe Bedeutung, sondern auch ein hoher Handlungsbedarf gesehen; darin besteht Einigkeit zwischen Personalleitern und Geschäftsführern beziehungsweise Vorständen. Weitere Topthemen sind die "Besetzung von Schlüsselpositionen" und "Nachfolgemanagement infolge demografischer Entwicklung". Hier unterscheiden sich jedoch die Einschätzungen des Handlungsdrucks: Geschäftsführer sehen hier akuten Handlungsbedarf, die Personaler sehen dies deutlich ent spannter.

Ganz am Ende der Skala liegen, wie auch in den Vorjahren, die Frauenförderung und die Entwicklung einer Arbeitgebermarke. Eine fatale Fehleinschätzung, denn die Mehrheit der Mitarbeiterschaft stellen Frauen und damit eben auch das Potenzial für die schwierige Besetzung von Schlüsselpositionen. Und die wird immer schwieriger, wie die Einschätzung der befragten Institute zeigt: Über 70 Prozent der Befragten sehen zumindest teilweise Besetzungsprobleme, im Firmenkundengeschäft klagen schon fast 40 Prozent über Dauerprobleme.

Die Vernachlässigung des Themas Arbeitgebermarke ergibt sich wohl aus einer unbewussten Selbstüberschätzung: 81 Prozent der Kreditinstitute fühlen sich attraktiver für Bewerber als andere Unternehmen und 85 Prozent denken, dass sie attraktiver für Mitarbeiter sind als ihre Wettbewerber. Die jungen Generationen bringen ein gewandeltes Verständnis von Arbeit und Führung in die Unternehmen, das geprägt ist von dem Wunsch nach Kommunikation, Teamwork und wertschätzender Führung sowie einem hohen Pragmatismus - weniger nach Visionen und "klarer Ansage" (Abbildung 3). Es geht aber nicht allein um hohe Ansprüche an materielle Ausstattung und Flexibilität. Hinzu kommen ein hoher Stellenwert der Familie und der wachsende Wunsch junger Männer, die klassische Rolle des "Ernährers" zu verlassen und ihre Vaterschaft zu erleben.

In beinahe allen Kreditinstituten stellen Frauen die größte Zahl der Berufsanfänger. Die Arbeitswelt ist aber weit von den Idealvorstellungen dieser jungen Frauen entfernt. Der demografische Wandel sowie der zunehmende Fachkräftemangel erfordert ein Umdenken: Innerhalb weniger Jahre haben sich die Rahmenbedingungen des Personalmanagements von einem Arbeitgeber- zu einem Arbeitnehmermarkt verändert.

Führung auf dem Prüfstand: Förderung von Innovation zu unsystematisch

Die Studie zeichnet ein wenig schmeichelhaftes Bild der aktuellen Lage: Die Mehrheit der Befragten glaubt nicht, dass ihre Führungskräfte den notwenigen Wandel überhaupt wollen. Fast drei Viertel sind der Meinung, dass ihre Führungskräfte Veränderungsprozesse nicht begleiten können, selbst wenn sie es wollten. Und weniger als die Hälfte der Führungskräfte fühlt sich von ihrem Personalmanagement bei Veränderungsprozessen ausreichend unterstützt. Die Detailergebnisse machen deutlich, was dies im Einzelnen bedeutet.

Die Kompetenzen der Führungskräfte im Change Management werden noch verhalten positiv eingeschätzt (53 Prozent "eher gut" oder "sehr gut"). Der Durchschnitt der Institute erreicht jedoch nur einen Qualitätswert von 45 Prozent - eine systematische Unterstützung erfolgt dort also nicht. Dies entspricht einem Management, das zwar "bei Bedarf" und "auf Anfrage" aktiv wird, aber nicht aus eigenem Antrieb. Die Topinstitute haben hier ihren Qualitätsvorsprung auf fast 70 Prozent ausgebaut, was einer regelmäßigen Unterstützung entspricht, die in Teilen systematisch mit anderen Aktivitäten des Unternehmens vernetzt ist (Abbildung 4).

Schaut man sich die Systematik der Unterstützung noch etwas genauer an, so wird deutlich, dass vor allem die Unterstützung von Innovation und Veränderungsfähigkeit zu unsystematisch erfolgt. Die Topinstitute liegen im Schnitt jeweils gut 20 Prozent über den Qualitätswerten der Durchschnittsinstitute und liefern daher regelmäßige und in Teilen bereits systematische Unterstützungsleistungen.

Bei der Digitalisierung gibt es die größten Defizite

Besonders eklatant werden die Veränderungen durch die fortschreitende Digitalisierung sein - und hier gibt es auch die größten Defizite. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Personal und Organisation noch kaum auf den digitalen Wandel vorbereitet sind. Vielen Instituten erscheint das noch nicht einmal als Problem, weil der Wandel aus ihrer Sicht nur langsam einsetzt, obwohl der Durchschnitt aller Institute wie auch die Topinstitute glaubt, dass alle wesentlichen Leistungsbereiche - Vertrieb, Produktion und Steuerung - von Digitalisierung betroffen sind. Das Thema bereits angegangen hat aber nur etwas mehr als die Hälfte der Institute, bei den Topinstituten sind es über 70 Prozent. Gut ein Fünftel der Institute (21 Prozent) hat gar keine konkreten Pläne.

Fragt man nach speziellen Bildungsmaßnahmen zum Thema "Digitalisierung", so fällt auf, dass Personalabteilungen sich weitgehend aus dem Thema heraushalten: Nur rund ein Viertel (26 Prozent) unternimmt "regelmäßig" oder "regelmäßig und systematisch" etwas. Der enorme Unterschied der Top 25 Prozent zum Durchschnitt wird besonders deutlich, wenn man alle Qualitätsstufen zusammen nimmt, in denen die Personalabteilung aus eigenem Antrieb etwas unternimmt (also "manchmal", "regelmäßig" und "regelmäßig und systematisch"): 76 Prozent der Qualitätsführer unternehmen zumindest "manchmal" etwas, der Durchschnitt aber nur zu 50 Prozent.

Zu geringe Unterstützung durch Personalmaßnahmen

Noch deutlicher wird dieses Bild, wenn man nicht nur Bildungsmaßnahmen sucht, sondern alle Unterstützungsmaßnahmen, die die Personalabteilung "regelmäßig" oder "regelmäßig und systematisch" anbietet: Gut die Hälfte der Topinstitute tut dies, aber nur 25 Prozent der Durchschnittsinstitute. An der Offenheit und der Kompetenz der Mitarbeiter scheint es dabei nicht zu liegen, wenn man die Ergebnisse der Studie zugrunde legt: "Gerade richtig" finden über die Hälfte der Institute die Veränderungsbereitschaft ihrer Mitarbeiterschaft, nur eine Minderheit denkt, dass es "viel zu wenig" ist. Die Qualitätsführer glauben auch mehrheitlich, dass die Kompetenzen in ihren Personalabteilungen "gerade richtig" sind (62 Prozent). Davon sind die durchschnittlichen Institute weniger überzeugt ("gerade richtig" = 41 Prozent), aber viel zu wenig Kompetenz sieht auch nur eine Minderheit (4 beziehungsweise 9 Prozent).

Wenn es also an Veränderungsbereitschaft und Kompetenz nicht liegt, dann muss man sich fragen, ob nicht die deutlich zu geringe Unterstützung der Digitalisierung durch Personalmaßnahmen eines der Hauptentwicklungshemmnisse darstellt.

Ein gängiges, hierarchisch geprägtes Managementverständnis reicht für die Lösung von Problemen, die durch tief greifenden Wandel entstehen, nicht mehr aus. Das "Forum gute Führung" der "Initiative Neue Qualität der Arbeit" (INQA) zeigt die Bestandteile einer für den erfolgreichen Wandel erforderlichen Führungskultur:

- Prozess ist wichtiger als Ziel: Gestaltung ergebnisoffener Prozesse und schrittweises Vortasten zum Erfolg.

- Selbstorganisierte Netzwerke: Netzwerkstrukturen statt Hierarchien und die Nutzung der kollektiven Intelligenz autonomer Mitarbeiter in selbst organisierenden Netzwerken.

- Motivation durch Wertschätzung: Gehalt und materielle Anreize nehmen in ihrer Motivationswirkung ab, persönliches Engagement wird vor allem durch Wertschätzung, Entscheidungsfreiräume und Eigenverantwortung erzielt, Autonomie wird wichtiger als Statussymbole.

- Absage an hierarchische Führung: Zahlenorientierte Steuerung ist angesichts zunehmender Komplexität und Dynamik der Arbeitswelt nicht mehr angemessen, klassische Linienhierarchie wird als Führungsmodell der Zukunft abgelehnt und nahezu zum Gegenentwurf "guter Führung".

Diese Auflistung macht bereits deutlich, welch tief greifender Wandel und welche enormen Aufgaben den kleineren und mittleren Regionalbanken bevorstehen. Aber ein wichtiges Führungsmotto lautet: "Never miss a good crisis". Der bevorstehende, radikale Wandel macht es möglich, dass Maßnahmen angedacht und umgesetzt werden, wie es bisher nicht möglich war.

Bedeutungsverlust des Personalbereichs

Die Personalfunktion wird zwar immer wichtiger, aber der Personalbereich wird es nicht: Durch immer stärkere Orientierung an Regulation, Kostensenkung und Digitalisierung der Kundenschnittstelle wird der Bedeutungsverlust der Personalarbeit fortschreiten. Damit werden operative Risiken größer: Mitarbeiter werden durch ständig neue Veränderung überfordert, Führung ist nicht einheitlich und passt nicht zu gewandelten Erwartungen, notwendige Anpassungen an Erwartungen der Regulatorik und des Marktes sind nicht schnell und tiefgreifend genug, Kostenprogramme zeigen zu wenig und vor allem keine nachhaltige Wirkung.

Ganz praktisch bedeuten die Ergebnisse unserer Studie also: Man kann den Wertbeitrag von Personalmanagement messen - und er ist viel höher als gedacht. Aus dem Bedeutungsverlust und der Krise des Personalmanagements führen drei Fragen:

- Was können wir tun? Welche Kapazitäten und Kompetenzen sind derzeit im Personalbereich vorhanden und wie können sie in Zusammenarbeit mit den Führungskräften der Bank optimal genutzt werden?

- Was müssen wir tun? Welche Anforderungen an den Personalbereich ergeben sich aus der aktuellen Geschäftsplanung der Bank und wie müssen Kapazitäten und Kompetenzen im Personalbereich daran angepasst werden?

- Was sollen wir tun? Wie nehmen Personaltrends wie Digitalisierung, Demografie, verändertes Werte- und Führungsverständnis und zunehmende Vielfalt (Diversity) Einfluss auf die Geschäftsplanung und wie muss die Personalabteilung darauf reagieren?

Diese drei Fragen sind nicht unabhängig voneinander zu beantworten, sondern stellen eine Abfolge dar. Sie kommt nur in der Praxis selten vor. Viel häufiger ist es so, dass versucht wird, neue Trends in der Personalarbeit aufzunehmen, ohne sich vorher klar zu machen, ob dafür die nötigen Kapazitäten und Kompetenzen vorhanden sind. Der erste Schritt zu besserer Qualität im Personalmanagement ist eine ehrliche Bestandsaufnahme der aktuell vorhandenen Mitarbeiterkapazitäten und -kompetenzen: Es ist allemal besser, eine funktionierende Personalverwaltung zu gewährleisten, als Zukunftsprojekte in Gang zu setzen, die schlecht gemacht werden. Danach ist zu überlegen, von welchen Personalthemen die Umsetzung der Bankziele abhängig ist und welche Kapazitäten und Kompetenzen im Personalbereich dafür bereit stehen müssen.

Quellenangabe:

1) Joachim Hasebrook, Thorn Kring (Hrsg.), Erfolgsfaktor Personal in Banken und Sparkassen - Zusammenhänge von Personalmanagement und -führung auf den Unternehmenserfolg mittelständischer Kreditinstitute, Band 3 der zeb.Managementreihe, Fritz Knapp Verlag, Frankfurt/Main 2016, 240 Seiten mit über 100 Abbildungen und Tabellen, ISBN 978-3-8314-0865-8

Zu den Autoren

Prof. Dr. Joachim Hasebrook, zeb.business school an der Steinbeis Hochschule Berlin, Maren Singer, Manager zeb, Münster

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