ALTERSVORSORGE

Bei der Riester-Reform geht es auch um das Vertrauen in die Politik

Dr. Carsten Brodesser, Foto: Lina Sommer

Obwohl die Reform der Riester-Rente im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart war, ist es bisher zu keiner gemeinsamen Willensbildung gekommen. Die Positionen der CDU/CSU-Fraktion sowie der Anbieterseite liegen gar nicht so weit auseinander, sagt Carsten Brodesser. Das Bundesfinanzminsterium sowie das Arbeitsministerium hegen jedoch eher grundsätzliche Bedenken gegen eine Fortentwicklung. Zu einem großen Wurf wird die Zeit deshalb wohl nicht mehr reichen. Der Autor plädiert jedoch dafür, zumindest noch "minimalinvasive" Verbesserungen vorzunehmen. Anderenfalls drohe die Anbieterseite, sich von dem Produkt zurückzuziehen. Damit ginge nicht zuletzt Vertrauen in verlässliche Zusagen seitens der Politik verloren. Red.

Obwohl sich die große Koalition eine Reform der Riester-Rente im Koalitionsvertrag auf ihre Fahnen geschrieben hatte, wird es am Ende nun doch anscheinend leider nicht mehr für eine zukunftsorientierte Neuausrichtung der Riester-Rente reichen. 2002 gestartet und benannt nach dem damaligen Arbeitsminister Walter Riester, sollte die Riester-Rente über staatliche Förderungen die Bürger motivieren, die sich schon damals abzeichnende Rentenlücke durch private Altersvorsorge zu schließen.

Stellschrauben und Motivation vor allem auch für niedrige Einkommen, sollten die Zulagen und eine nachgelagerte Besteuerung für höhere Einkommen sein. Immerhin rund 16,5 Millionen Menschen fanden diesen zusätzlichen Baustein für die eigene Altersvorsorge überzeugend, vertrauten der Empfehlung der Politik und schlossen entsprechende Riester-Verträge ab.

Für die CDU/CSU sollte eine gesunde Alterssicherung auf drei Säulen fußen, der gesetzlichen, der betrieblichen und der privaten Vorsorge. Der alle vier Jahre von der Bundesregierung vorgelegte Alterssicherungsbericht stützt diese Einschätzung. So liegt nach dem zuletzt Ende 2020 vorgelegten Alterssicherungsbericht 2020 das durchschnittliche Netto-Gesamteinkommen aus Alterssicherungsleistungen und zusätzlichen Einkommen bei Ehepaaren bei 2 907 Euro im Monat. Bei den alleinstehenden 65-jährigen und Älteren beziehen Männer durchschnittlich ein Gesamteinkommen von 1 816 Euro, bei den Frauen liegt dies bei 1 607 Euro. Knapp 54 Prozent der Arbeitnehmer verfügen über eine betriebliche Altersvorsorge (bAV). Aktive Anwartschaften auf eine betriebliche Altersvorsorge bestanden bis Ende 2019 in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst für rund 21 Millionen Beschäftigte.

Die Hälfte der Geringverdiener sorgt nicht für das Alter vor

Eine zusätzliche Altersvorsorge, entweder über bAV und/oder einen Riester-Vertrag, besaßen rund 66 Prozent der Beschäftigten. Allerdings ergab sich aus dem Bericht auch, dass gut die Hälfte der Geringverdiener bisher nicht zusätzlich für das Alter vorsorgt. Genau um diese Gruppe muss sich die Politik kümmern. Die kürzlich verabschiedete Grundrente ist da ein weiterer Mosaikstein, um Altersarmut zu vermeiden. Die Riester-Rente und ihre verabredete Novellierung sollte diese Zielgruppe ebenso im Fokus haben.

Der Säulenmix schafft und gibt den Menschen eine Vielzahl von Möglichkeiten, um auf gesellschaftliche Entwicklungen, die persönlichen Belange und unterschiedliche Lebenswege reagieren zu können, die sich heute vielfältiger und bunter darstellen, als zu Bismarcks Zeiten.

Der politische Handlungsdruck wächst

Durch den demografischen Wandel, Änderungen der Marktentwicklung (Niedrigzins), um nur zwei wichtige Punkte zu benennen, müssen die Alterssicherungssysteme insgesamt umso dringlicher regelmäßig auf den Prüfstand, um auf aktuelle Marktentwicklungen zukunftsfähig nachjustiert zu werden. Damit soll sichergestellt werden, dass die Menschen im Alter durch ihre langfristigen Vorsorgeprodukte auch ein auskömmliches Einkommen für ihren Ruhestand haben. Denn die geburtenstarken Jahrgänge kommen nun sprichwörtlich in die Jahre, wo sie in Rente gehen.

Bei der gesetzlichen Rente sinkt das Versorgungsniveau seit Jahren. Mütterrente, Grundrente und die Rente mit 63 sind Faktoren, die das gesetzliche Renten- und Umlagesystem immer stärker belasten. Schon vor der Corona-Krise flossen dadurch knapp 30 Prozent der Ausgaben der Rentenversicherung als Bundeszuschuss in die staatliche Rentenkasse. Der Druck und die Belastung für den Bundeshaushalt sind also jetzt schon enorm. Eine Stabilisierung der gesetzlichen Rente ließe sich mit dem bestehenden Generationenvertrag bei einer alternden Gesellschaft daher nur durch höhere Beiträge oder längerer Lebensarbeitszeit verhindern. Beides scheint derzeit weder populär noch mehrheitsfähig, weshalb der politische Handlungsdruck wächst.

Eine unabhängige Rentenkommission hatte sich im Auftrag der Bundesregierung daran gemacht, in Bezug auf die Fortentwicklung der gesetzlichen Rente zumindest klare Leitplanken für die Zukunft zu ziehen. Ende März 2020 legte sie unter dem Titel "Verlässlicher Generationenvertrag" ihren Schlussbericht vor, der einen Dreiklang bestehend aus gesetzlich verbindlichen Haltelinien für das Sicherungsniveau vor Steuern und den Beitragssatz über 2025 hinaus definiert. Die Haltelinien sollen jeweils für einen Zeitraum von sieben Jahren gelten. Weiter will man gesetzlich perspektivische Haltelinien für einen Zeitraum von jeweils 15 Jahren festlegen und neue sozialstaatliche Bezugsgrößen im Rentenversicherungsbericht formulieren. Eine erste Festsetzung durch den Gesetzgeber soll für den Zeitraum von 2026 bis 2032 erfolgen, die zweite Festsetzung dann für die Jahre von 2033 bis 2039 und so weiter.

Die verbindliche Haltelinie für das Sicherungsniveau vor Steuern (als untere Haltelinie) soll sich in einem Korridor zwischen 44 und 49 Prozent des Sicherungsniveaus vor Steuern bewegen. Dieser Niveaukorridor bezieht sich auf einen Standardrentner mit 45 Entgeltpunkten. Die verbindliche Haltelinie für den Beitragssatz (als obere Haltelinie) soll sich im Korridor zwischen 20 und 24 Prozent bewegen. Damit wird den Rentnerinnen und Rentnern das Versprechen der weiteren Teilhabe an der Wohlstandsentwicklung durch die Kopplung an die Lohnentwicklung gegeben. Zugleich wird die Belastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler begrenzt.

Verbreitungshemmnisse bei Riester beseitigen

Parallel zu dieser Kommission hatten sich die Sozial- und Finanzpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zusammengesetzt und schwerpunktmäßig mit der Fortentwicklung der Riester-Rente beschäftigt. Auch dies war im Koalitionsvertrag mit der SPD verabredet, den Rahmen für die private Altersversorgung weiterzuentwickeln.

Ziel sollte dabei ein standardisiertes Riester-Produkt sein, das die offensichtlichen Verbreitungshemmnisse dieses an sich gut gedachten Produktes beseitigen sollte, als da wären: das komplizierte Zulagenverfahren, die hohen Vertriebskosten und die Beitragsgarantie, um die Wesentlichen zu nennen. Alles Faktoren, die - wie bei den Lebensversicherungen - eine rentierliche Anlage im aktuellen Marktumfeld auf absehbare Zeit verhindern. Mitte 2020 wurde dann ein Papier der Öffentlichkeit vorgestellt, das medial durchaus als Revolution gefeiert wurde.

Leitgedanke der Reformvorschläge ist die Feststellung, dass Menschen mit geringem Einkommen und/oder vermehrt diskontinuierlichen Erwerbsbiografien besonders von Altersarmut gefährdet sind. Die Corona-Pandemie unterstreicht dies für diesen Personenkreis noch einmal umso mehr. Anstatt dauerhaft eine Grundsicherung im Alter zu akzeptieren, muss es der Politik gelingen, die Rahmenbedingungen und Anreize für eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge so klar und einfach zu setzen, dass jeder Rentner mit einem auskömmlichen Einkommen im Alter rechnen kann.

Zur Wahrheit zählt aber auch, dass es gerade den Beziehern geringer Einkommen oftmals neben der finanzpolitischen Bildung auch an den notwendigen finanziellen Spielräumen und aufgrund der Komplexität der Produkte an Anreizen für ein langfristiges Sparen fehlt. Daher sind Klarheit, Verständlichkeit und Einfachheit der Vorsorgeprodukte notwendig. Gerade hier wollen wir ansetzen und verbesserte klarere Rahmenbedingungen setzen, als dies die bisherige Riester-Konstruktion aufwies.

Im System durchaus reformierbar

Die bisherige Riester-Rente sehen wir als im System durchaus reformierbar an, zumal so viele Menschen dem Produkt vertraut haben. Denkbare Ansatzpunkte innerhalb der bisherigen Riester-Renten-Systematik sind folgende Reformschritte:

  • Ausdehnung des Kreises der Förderberechtigten auf alle unbeschränkt Steuerpflichtigen, sodass auch Selbstständige die Zulagen-Rente abschließen können.
  • Der Sparer kann den Produktanbieter selber auswählen. Es findet keine Beschränkung bisheriger Produktgattungen statt.
  • Je Produktgattung soll ein Standardprodukt definiert werden.
  • Die Kosten des Standardprodukts sind auf 1 Prozent der Effektivkostendefinition gemäß Produktinformationsblatt (PIB) zu begrenzen.
  • Die derzeitige komplizierte Beantragung der Zulagen entfällt. Stattdessen teilen die Anbieter der ZfA die Höhe der eingegangenen Beiträge mit. ZfA und Finanzämter prüfen im Anschluss die Förderhöhe. So werden derzeit übliche und für die Betroffenen ärgerliche Zulagenrückforderungen vermieden. Alle Förderberechtigten werden über ihr Finanzamt regelmäßig über den Umfang der möglichen Förderung informiert.
  • Die bisherige 4-Prozent-Regelung wird durch eine standardisierte Zulagenförderung abgelöst. Eine strikte Einkommensabhängigkeit sowie der Sonderausgabenabzug entfallen. Bezieher geringerer Einkommen (hier: unter 24 000 Euro pro Jahr) erhalten 175 Euro, wenn sie mindestens 60 Euro Eigenbeitrag sparen. Ab einer jährlichen Sparrate von 437,50 Euro werden alle geleisteten Eigenbeiträge mit eine Zulage von (linear) 40 Prozent gefördert. Der maximal förderfähige Eigenbeitrag beträgt 2 400 Euro. Pro Kind soll eine einheitliche Kinderzulage in Höhe von 300 Euro pro Kind gezahlt werden.
  • Von der bisher geltenden 100-prozentigen Beitragsgarantie (gemäß AltZertG) kann zukünftig abgewichen werden, wodurch auf Wunsch eine stärkere Anlage in Aktien mit besserer Rendite über den Langzeitbereich ermöglicht wird. Der Kunde soll selbst entscheiden, ob er 100 Prozent Beitragsgarantie haben möchte mit weniger Rendite oder weniger Garantie und höhere Rendite.
  • In der Produktgattung "Wohnriester" ist das Wohnförderkonto mit einem aktuell üblichen Zinssatz abzuzinsen (hier: 0,5 Prozent anstatt aktuell 2,0 Prozent). Die Verwendung des Wohnriesters kann auch bei einer energetischen Sanierung erfolgen.

In Zulagen-Rente umbenennen

Durch die angeführten Reformschritte der bisherigen Riester-Rente halten wir auch eine Bezeichnung als "Zulagen-Rente" für passender. Sie könnte auch als neuer Durchführungsweg für die "Geringverdiener-bAV" (gemäß Betriebsrentenstärkungsgesetz in Verbindung mit § 100 EStG) dienen.

Unterschreitet der Arbeitnehmer die Einkommensgrenze, würde der Arbeitgeber der förderberechtigte Vertragspartner. Wird dagegen im Laufe des Erwerbslebens die Einkommensgrenze überschritten, wird der Arbeitnehmer förderberechtigter Inhaber der Zulagen-Rente. Mit einem solchen Modell würde eine Durchlässigkeit zwischen der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge geschaffen. Dies wäre flexibel und entspräche der heutigen Lebenswirklichkeit. Es würde die Fortführung der zusätzlichen Altersvorsorge bei steigenden Einkommen sicherstellen.

Vor der Sommerpause 2020 schien das Bundesfinanzministerium (BMF) anfangs durchaus an einer Fortentwicklung von Riester interessiert zu sein. Es gab mehrere Dialogforen, zu denen die betreffenden Anbieter und Verbände ins Ministerium eingeladen wurden. Umfangreiche Abfragen mit Fragebögen folgten. Allerdings fand dieser "Dialog" immer nur als "brain drain" in eine Richtung statt. Eine Auswertung und Fortsetzung des Dialogs sollte laut BMF bis spätestens Oktober 2020 folgen. Es geschah aber nichts.

Anbieterseite mit gemeinsamen Forderungen

Trotz der unterschiedlich gelagerten Interessen der Spitzenverbände der Versicherer, der Fondsindustrie und der Bausparkassen (GDV, BVI, LBS und private Bausparkassen) verfassten diese sogar einen gemeinschaftlichen Fünf-Punkte-Plan mit ihren Kernforderungen zu einer konstruktiven Fortentwicklung der Riester-Rente:

1. Ausgestaltung eines Standardprodukts, welches sich auf die Kerneigenschaften einer ergänzenden Altersvorsorge konzentriert: Auszahlung einer lebenslangen Rente beziehungsweise Eigenheimrente, regelmäßige Einzahlungen nur monatlich möglich, spürbar abgesenktes, einheitliches Garantieniveau deutlich unter 90 Prozent, welches eine stärkere Aktienallokation ermöglicht, Steuerung der Vermögensallokation durch den Anbieter, Anbieterwechsel in der Ansparphase und zu Rentenbeginn möglich, je Produkt standardisierte Todesfallleistungen und Verzicht auf weitere Zusatzabsicherungen in der Anspar- und Auszahlphase.

Solche vereinfachten Standardprodukte sollten möglichst digital, verständlicher und weniger beratungsintensiv sein und so komplizierte Wahlentscheidungen entbehrlich machen. Vor allem könnten damit die hohen Vertriebskosten gesenkt werden.

2. Förderung transparenter gestalten: Zulage in Höhe von 50 Cent auf jeden Euro Eigenbeitrag, Förderquote immer mindestens 50 Prozent ohne Schlechterstellung zum aktuellen Förderniveau, Dynamisierung des maximal zulageberechtigten Eigenbeitrages entsprechend der Lohnentwicklung, für Familien mit Kindern und Geringverdiener weiterhin höhere Förderintensität, Vereinheitlichung der Kinderzulage auf jährlich 300 Euro pro Kind unabhängig vom Geburtsjahr. Hierdurch würde die Attraktivität der Förderung auf den ersten Blick erkennbar.

3. Erweiterung des förderberechtigten Personenkreises auf alle in Deutschland unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen (zum Beispiel auch Selbstständige) und weitere Personen, soweit dies europarechtlich geboten ist (zum Beispiel EU-Ausländer, die in der inländischen gesetzlichen Rentensicherung pflichtversichert sind).

Die Ausweitung des förderberechtigten Personenkreises würde komplexe Abgrenzungsprobleme wie die Unterscheidung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Förderberechtigung sowie der Einfluss unterschiedlicher Erwerbsbiografien auf die Förderberechtigung entfallen lassen.

4. Beitragsgarantie von 100 Prozent lockern: Eine spürbare Lockerung der gesetzlich geforderten Bruttobeitragsgarantie ist wesentlich für die Kunden und die Branche, um die Renditechancen und die Erträge für eine bessere Versorgung der Menschen im Alter zu ermöglichen. In der Langzeitperspektive solcher Anlagen erzielen andere Länder um die 6 Prozent.

5. Zulageverfahren automatisieren: Der umständliche Zulagenantrag für den Sparer entfällt. Das hierauf basierende fehleranfällige Meldeverfahren wird abgeschafft. Stattdessen erfolgt eine automatisierte Meldung der Höhe der eingegangenen Beträge durch die Anbieter an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) und Gutschrift der staatlichen Zulage nach finaler ZfA-Prüfung direkt auf den Altersvorsorgevertrag. Der Datenabgleich zwischen den relevanten staatlichen Stellen erfolgt automatisch. Das von den Sparern als ungerecht und undurchsichtig empfundene Ärgernis der "Zulagenrückforderungen" wird dadurch weitestgehend vermieden. Schließlich rechnen sich viele Verträge ohne Zulage nicht mehr. Der Verwaltungsaufwand wird deutlich reduziert und die Akzeptanz bei Kunden verbessert.

Die Zeit reicht nicht mehr zum großen Wurf

Zum großen Wurf wird es im Bereich der Riester-Rente wohl trotz dieser vielschichtigen Vorschläge leider bis zum Ende der Legislaturperiode nicht mehr reichen. Seit der Sommerpause 2020 herrscht Funkstille seitens des Bundesfinanzministeriums und auch die SPD hält sich sehr bedeckt mit Äußerungen. Das BMF saugte kräftig Honig aus dem geballten Know-how der Vorsorgeexperten, aber eine Erwiderung oder Auswertung dieses in Gang gesetzten Prozesses blieb bis heute aus. Durchgesickert ist lediglich, dass es auch aus dem Arbeitsministerium massive Bedenken gegen eine Fortentwicklung des bestehenden Riester-Modells gäbe.

Auch die Opposition hat immer wieder durch kleine Anfragen an die Bundesregierung nach dem Fortgang des Koalitionsvorhabens gefragt, zuletzt die FDP im Dezember, wo die sibyllinische Antwort des BMF immer lautet: "Dabei wurde noch einmal deutlich, dass es zur Zukunft der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge sehr unterschiedliche Auffassungen und Vorschläge gibt, die von der Optimierung beziehungsweise Weiterentwicklung der bestehenden Förderung bis hin zu grundsätzlich anderen Ansätzen reichen. Die Meinungsbildung hierzu ist noch nicht abgeschlossen." Vorschläge liegen, wie dargelegt, eine Reihe auf dem Tisch. Wenigstens darüber reden oder gerne auch streiten sollte man in einer Koalition.

Während CDU/CSU und Anbieter gar nicht weit auseinanderliegen und mit ihren Vorschlägen auf eine Reform des bestehenden Modells setzen, werben die SPD und die von ihr geführten Ministerien für einen grundlegenden Wandel. So fasste der rentenpolitische Sprecher der SPD, Ralf Kapschack kürzlich die Kritik seiner Fraktion an der Riester-Rente zusammen: "Die Erträge aus kapitalgedeckter Altersvorsorge reichen in der Regel nicht aus, um Verluste bei der gesetzlichen Rente auszugleichen". Er möchte - trotz 16 Millionen bestehender Verträge - die Riester-Rente nicht als Erfolgsmodell bezeichnen. Das wirkt wie eine "Rolle rückwärts" bei den wesentlich unter SPD-Kanzlerschaften getroffenen politischen Entscheidungen - möglicherweise mit Blick auf Verhandlungen für ein rot-rot-grünen Regierungsbündnisses ansparen möchte, wo man primär rein auf die erste Säule setzt. Wie realistisch eine solche "Traumhochzeit" ist, sei dahingestellt.

Minimalinvasive Verbesserungen noch möglich

Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber aufgrund der Fülle der vorliegenden Reformvorschläge und der schwindenden Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode wären nach unserer Einschätzung zumindest minimalinvasive Verbesserungen noch möglich:

Eine Lockerung der Beitragsgarantie, wobei der Kunde über Höhe der Beitragsgarantie entscheiden soll, die Neuordnung des Zulageverfahrens, die Absenkung des Zinssatzes für das Wohnförderkonto und die Verwendung von Wohnriesterdarlehen auch für energetische Sanierungen.

Mit der Umsetzung dieser Punkte ließe sich das angekratzte Vertrauen der Bürger in die Zukunft einer Zulagenrente wieder zurückgewinnen, verbunden mit einer klimapolitischen Komponente. Die Sparer sähen auskömmliche Renditemöglichkeiten auch im Niedrigzinsumfeld. Anbieter könnten marktfähige Produkte entwickeln, die ihnen nach jetziger Rechtslage verwehrt sind. Die Umsetzung dieser Minimalforderungen wäre weitestgehend haushaltsneutral.

Überleben und Vertrauen sichern

Sollte es bis zum Ende der Legislaturperiode allerdings zu keinen Änderungen kommen, ist davon auszugehen, dass sich viele Anbieter vom Riester-Markt zurückziehen werden. Entsprechende Brandbriefe haben viele Anbieter auch an das Bundesfinanzministerium adressiert.

Was in diesem Fall mit den Beständen der Altverträge passiert, sei dahingestellt. Gleiches gilt für das verlorene Vertrauen, das die vielen Millionen Kunden in die Verlässlichkeit politischer Aussagen legen. Aber noch gibt es die Chance, zumindest mit kleineren Korrekturen zum Ende hin der Riester-Rente das Überleben und damit das Vertrauen in sie zu sichern.

Carsten Brodesser , MdB, Mitglied des Finanzausschusses, CDU/CSU-Fraktion, Berlin
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