Virtuelle Geldgeschäfte

Robotic Process Automation amortisiert sich schnell

Stefan Lettmeier, Mitglied des Vorstands, V-Bank AG, München

Durch Robotic Process Automation lassen sich im Bankgeschäft überraschend viele Prozesse automatisieren, so Stefan Lettmeier. Das gilt für alle redundanten, regelbasierten Prozesse. Die V-Bank hat damit im Bereich der Konten- und Depoterfassung begonnen und damit im vergangenen Jahr eine Zeitersparnis von rund 1 000 Arbeitsstunden erzielt. Hauptvorteil aus Sicht der Bank ist die Skalierbarkeit. So lässt sich eine deutliche Zunahme des Geschäfts einfach umsetzen. Und bei einem Rückgang müssen keine Mitarbeiter abgebaut werden. Red.

Als erste Bank in Deutschland hat sich die V-Bank mit ihrem Geschäftsmodell auf die Depot- und Kontoführung sowie auf die Wertpapierabwicklung für unabhängige Vermögensverwalter und ausgewählte Kunden wie Family Offices konzentriert. Hier ist sie innerhalb von nur zehn Jahren Geschäftstätigkeit zum Marktführer in Deutschland geworden. Allein in den letzten drei Jahren sind die betreuten Kundenvermögen, Assets under Custody, jährlich um zwei Milliarden und mehr Euro auf insgesamt 17,5 Milliarden Euro Ende 2017 angestiegen. Auch in den nächsten zehn Jahren will die Bank weiter dynamisch wachsen. Skalierbarkeit bei voller Kostenkontrolle ist dabei ein Schlüsselwort; Robotic Process Automation (RPA) ein Lösungsschlüssel.

Durch die Einbindung von RPA bei der Konto- und Depoterfassung kann die Bank auch in Zukunft ihren Geschäftspartnern und deren Mandanten dauerhaft einen schnellen Service bei hoher Qualität anbieten. Das Potenzial für Zeiteinsparungen bei Erfassungen von Konten und Depots von natürlichen Personen - die Masse des Geschäftes - liegt bei rund 60 Prozent. 2017 wurden bei der V-Bank 3 500 Konten neu eröffnet und 1 500 Konten geschlossen. In Stunden gerechnet summiert sich die Zeitersparnis durch den Einsatz von Robotic Process Automation auf über 1 000 Arbeitsstunden pro Jahr.

Sobald weitere Digitalisierungsschritte wie die Online-Konto-Eröffnung ("Online Onboarding") inklusive der Vertragsunterlagen für die Depotbank und dem Vermögensverwaltervertrag umgesetzt sind, kann die heute noch manuelle Prüfung der Unterlagen ebenfalls entfallen. Der Konto- und Depoteröffnungsprozess konzentriert sich dann bei Privatpersonen in der Regel nur noch auf die Freigabe. Lediglich bei juristischen Personen wird es vermutlich weiterhin zeitraubende manuelle Arbeiten bei der Unterlagenprüfung, -erfassung und -freigabe geben.

Skalierbarkeit als signifikanter Vorteil

Der langfristige entscheidende Vorteil von RPA ist ihre Skalierbarkeit. Das Mengengerüst bei den Konto- und Depoteröffnungen sowie -schließungen wird in den kommenden Jahren um rund zehn Prozent stetig zunehmen. Gleichzeitig sollen die Kosten deutlich geringer anwachsen, um die Rentabilität des Unternehmens zu verbessern. Und falls die Anzahl der Konto- und Depoteröffnungen sprunghaft ansteigen sollte, etwa durch die Einbindung eines Robo Advisors mit Vermögensverwalterlizenz, ist dies mit der Implementierung von zusätzlichen RPA-Skripts sehr schnell realisierbar.

Der Aufbau von Mitarbeitern ist im Vergleich zum Einsatz von RPA ein deutlich aufwendigerer und langwieriger Prozess: Qualifiziertes Personal muss erst gefunden und eingearbeitet werden. Und sollten die Wachstumsvermutungen wider Erwarten nicht eintreten, lässt sich ein Abbau von Ressourcen bei RPA schnell und schmerzlos umsetzen.

ROI unter zwei

Für das erste RPA-Projekt ergibt sich im Fall der V-Bank ein Return on Investment (ROI) von 1,8. Das Investment für die Software ist somit schnell gedeckt. Insgesamt dauerte das Projekt rund 18 Wochen von März bis September 2017, mit Projektunterbrechungen zwischen Pilot- und Vollphase.

Zukünftige Projekte können aufgrund der gemachten Erfahrungen sicher wesentlich schneller umgesetzt werden. Aktiv am Projekt beteiligt waren drei interne und zwei externe Mitarbeiter, wobei die Beteiligten der V-Bank nur knapp 20 Prozent ihrer Wochenarbeitszeit in das Projekt investierten. Unter dem Strich bedeutete dies einen Aufwand von 88 Stunden pro Woche.

Die Hilfe der internen Mitarbeiter war bei der am Beginn stehenden Prozessanalyse besonders wichtig. Danach arbeiteten die Entwicklerteams sehr autark und brauchten nur gelegentliche Unterstützung seitens des Unternehmens. Zum Anschluss an das Projekt wurden die drei internen Mitarbeiter noch einen Monat lang geschult. Die V-Bank kann damit die Applikation selbstständig ohne externe Hilfe benutzen und spart somit entsprechende Kosten.

Ein dauerhafter Anpassungsprozess

Die Einführung von RPA ist für die V-Bank keine einmalige Sache, sondern ein dauerhafter Anpassungsprozess, der laufend neue Einspar- und Optimierungspotenziale bietet. Sie ist eingebettet in eine umfassende Digitalisierungsstrategie.

Neben der Erfassung bei der Konto- und Depoteröffnung/-schließung wurden alle Prozesse der Bank hinsichtlich ihres Automatisierungspotenzials evaluiert und weitere RPA Skripts eingeführt beziehungsweise bestehende angepasst.

Naheliegend war die Stammdatenpflege. Die Änderung von Versandinstruktionen kann zum Beispiel mithilfe von RPA erfolgen. Bei der Umsetzung der MiFID-II-Anforderungen Anfang dieses Jahres half RPA bei der schnellen Eingabe von Daten wie des Legal Entity Identifiers (LEI).

Doch auch in anderen Bereichen kann RPA Mitarbeiter sinnvoll unterstützen.

- Beispielsweise wurden im Handel Benchmarks und Handelsstrategien bislang von Hand eingegeben, was jetzt durch RPA erfolgt.

- Auch im Finanzmanagement ist RPA im Einsatz und stellt Daten aus unterschiedlichen Systemen für die zentrale Auswertung zur Unternehmenssteuerung zusammen.

Insgesamt waren wir überrascht, wie viele Prozessabläufe RPA-fähig sind.

In Banken gibt es zahlreiche Prozesse, die von ihrer Natur her sehr standardisiert sind. Und die Technik wird sich weiter entwickeln. Das Thema Prozessoptimierung ist für alle Finanzdienstleister wie Banken, Versicherungen, Fondsgesellschaften oder Finanzverwalter interessant. Denn mit RPA lassen sich alle redundanten, regelbasierten Prozesse automatisieren, die zeitraubend sind sowie viel manuelle Arbeit aber keinen hohen Mehrwert mit sich bringen - das trifft auf jegliche Arbeit am PC zu. Von daher ist es verwunderlich, dass sich schätzungsweise nur etwa 10 bis 20 Prozent der Banken mit dem Thema beschäftigen beziehungsweise es umsetzen.

Kundenbefragungen zeigen immer wieder, dass sich die V-Bank vor allem durch den persönlichen Kundenkontakt von den Mitbewerbern abhebt. An diesem Asset hält die Bank auch in Zukunft fest. Der Mensch wird immer ein wichtiger Bestandteil für den Erfolg des Unternehmens bleiben. Besonders in den Bereichen Kundenbetreuung, Key Account Management und Handel schätzen Geschäftspartner nach wie vor einen menschlichen Ansprechpartner. Diese Mitarbeiter sollen daher immer mehr in repetitiven Aufgaben wie der Dateneingabe und -prüfung entlastet werden und sich durch die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung der Prozesse noch mehr auf den Kunden konzentrieren.

Zum Autor Stefan Lettmeier, Mitglied des Vorstands, V-Bank AG, München
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