BANK UND TECHNIK

Robots as a Service - für bestehende und neue Prozesse

Michael Lichtner, Foto: Sparda-Bank Baden-Württemberg

Die Migration des Kernbankensystem der Sparda-Datenverarbeitung mit Sopra Steria belastet IT-Budgets und IT-Ressourcen, sagt Michael Lichtner. Um die Digitalisierung und Automatisierung während der Transformationsphase dennoch weiter vorantreiben zu können, hat sich die Sparda-Bank für ein Robots-as-a-Service-Modell entschieden. Als Anwendungsbeispiel nennt der Autor die Automatisierung der Übertragung von Baufinanzierungsunterlagen von der Europace-Plattform BaufiSmart in die internen Systeme der Bank, für die es zunächst noch keine API gab. Bei der Neuanlage von Genossenschaftsanteilen musste die Bank jedoch lernen, dass es wichtig ist, bei künftig auf zusetzenden Prozessen von vornherein die Anforderungen von Bots im Blick zu haben. Red.

Die Digitalisierung durchdringt immer mehr Bereiche des Alltags und verändert die Anforderungen der Kunden. Das bekommt auch die Bankenbranche zu spüren, denn Kunden erwarten heute branchenübergreifend digitalisierte Prozesse, die ihnen möglichst schnell die Antworten liefern, die sie suchen.

Foto: AdobeStock/sdecoret

Die Realität sieht jedoch an vielen Stellen noch anders aus, mit vielen manuellen Schritten in den Arbeitsabläufen. Eine Änderung an den Kernsystemen, um so Prozesse zu digitalisieren, ist jedoch ein aufwendiger, zeit- und kostenintensiver Prozess. Die Sparda-Bank Baden Württemberg hat sich für eine schnelle und einfache Alternative entschieden: die Automatisierung mithilfe von Robotic Process Automation (RPA). Die Besonderheit: Die Abwicklung erfolgt nach einem As-a-Service-Modell. Bei diesem Modell wird die Technologie nicht von der Bank gehostet, sondern im Rechenzentrum des IT-Dienstleisters Datagroup und steht der Bank sozusagen aus der Cloud zur Verfügung.

Vier Kernpunkte waren für die Sparda-Bank ausschlaggebend, um sich für Robotic Process Automation as a Service zu entscheiden:

  • Die aktuelle und bis 2023 andauernde Transformation des Rechenzentrums,
  • Open-Banking-Prozesse gemäß PSD2 zu ermöglichen,
  • Einsparung von Kosten sowie
  • die Entlastung der eigenen Mitarbeiter von Routineaufgaben.

Als Robotic Process Automation (RPA oder auch Bots genannt) bezeichnet man eine Technologie, bei der Software-Roboter Anwendungen wie ein Mitarbeiter bedienen können, also über das Frontend Texte bearbeiten, kopieren und einfügen, Buttons klicken und vieles mehr. RPA steht jedoch 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche zu Verfügung, die Bots halten sich immer exakt an den vorgegebenen Prozess und machen keine Fehler. Durch die mögliche Integration über das Frontend von Anwendungen anstatt über Schnittstellen können sie überall dort eingesetzt werden, wo bisher Mitarbeiter in manuellen Schritten hochvolumige, stark regelbasierte Prozesse abgearbeitet haben.

Rechenzentrumsressourcen in der Migration entlasten

Bisher betrieb die Gruppe der Sparda-Banken ein eigenes Rechenzentrum in Nürnberg, das jedoch im August 2019 mit dem neuen Unternehmen Sopra Financial Technology GmbH verschmolz. Mit diesem Schritt wollen die sieben beteiligten Sparda-Banken das eigene Kernbankensystem modernisieren und neue innovative Services implementieren. Im Zuge dieser Migration sind jedoch die IT-Budgets und IT-Ressourcen stark belastet.

Um nicht für die Dauer der Transformation an Ort und Stelle zu verbleiben und IT-Initiativen aufzuschieben, sondern weiter Prozesse digitalisieren zu können, musste eine Lösung gefunden werden, die weder die Fachkräfteressourcen im Unternehmen noch die sich noch in der Entstehung befindende neue Rechenzentrumsinfrastruktur belastet. Das Robots-as-a-Service-Modell bringt genau diese Vorteile mit. Die Technologie wird im Rechenzentrum des IT-Dienstleisters gehostet und zur Verfügung gestellt. Deren Mitarbeiter unterstützen die Bank zudem bei der Entwicklung der Bots und entlasten so interne IT-Ressourcen.

Bot mit eigenem "Schreibtisch"

Perspektivisch bietet eine Plattformlösung größere Skaleneffekte als die Implementierung und der Betrieb der Lösung im eigenen Rechenzentrum. Neben den eigentlichen Kosten von RPA konnte durch die Automatisierung von hochvolumigen Prozessen auch die Neueinstellung von Mitarbeitern vermieden werden. Mitarbeiter werden zudem von eben diesen Prozessen entlastet und können effektiver in anderen Prozessen eingesetzt werden. Beim Einsatz der Bots geht es explizit nicht darum, Mitarbeiter zu entlassen, sondern ihnen die Zeit und den Raum zu geben, sich mit anderen Aufgaben auseinander zu setzen, die kritischeres Denken und Entscheidungsfähigkeit benötigen.

Entscheidend für die Akzeptanz der Mitarbeiter war die richtige Kommunikation. Zum einen wurden Prozesse gewählt, bei denen Mitarbeiter sehr schnell die Entlastung zu spüren bekamen und die sie nicht unbedingt als erfüllend wahrnahmen. Zum anderen bekam der erste Bot, SiDo (Hinweis: Der Name setzt sich aus den ersten beiden Buchstaben der Vornamen der internen Prozessverantwortlichen zusammen) genannt, einen eigenen Arbeitsplatz im Büro der Mitarbeiter. So konnten die Mitarbeiter an SiDos Desktop erkennen, was er tat und auch schnell Rückmeldung geben, wenn SiDo Probleme zu haben schien.

Open-Banking-Prozesse ermöglichen

Ein weiterer wichtiger Aspekt für den Einsatz von Bots ist die weiterhin ungebremste Bewegung hin zu Open Banking. Nicht nur im Sinne der PSD2 müssen Banken Drittanbieter integrieren, sondern es gilt, insgesamt bei allen Prozessen mehr Partner einzubinden und externe Prozesse gut mit internen zu verknüpfen. Nicht immer sind dafür jedoch entsprechende Programmierschnittstellen vorhanden oder können ohne hohen Programmier- und damit Kostenaufwand genutzt werden.

Die Bots schlagen hier eine schnelle Brücke zwischen externen und internen Systemen, ohne dass sie zwingend mit APIs arbeiten müssen. So können sie Daten von externen Systemen auch über Formulare, E-Mails oder andere Eingangskanäle annehmen und dann in die internen Banksysteme übertragen - Prozesse, die sonst aufwendig manuell erfolgen müssten und entsprechend länger Zeit benötigen.

Ein Anwendungsfall für einen solchen Einsatz von Bots bei Open-Banking- Prozessen ist die Baufinanzierung. Vor Robotic Process Automation bestanden bei der Übertragung von Baufinanzierungsunterlagen von der Europace-Plattform BaufiSmart in die internen Systeme der Bank noch mediale Brüche. Es stand zunächst keine API zur Verfügung, weshalb die Daten manuell übertragen werden mussten. Das war mit hohem Zeit- und Personalaufwand verbunden. Eine Erstellung der API wäre mittelfristig möglich, aber nur mit einem hohen Kostenaufwand umsetzbar gewesen.

Stattdessen fiel die Entscheidung für Bots. Diese nehmen wie digitale Mitarbeiter die Daten von BaufiSmart entgegen, tragen sie an den richtigen Stellen in die Bankensysteme ein, verarbeiten sie und können so den Baufinanzierungsprozess automatisiert abarbeiten. Durch ihren Einsatz hat sich die durchschnittliche Durchlaufzeit pro Vorgang um den Faktor zehn verringert und die Fehlerquote durch den Wegfall manueller Übertragungen deutlich reduziert. Inzwischen hat Europace eine entsprechende API bereitgestellt, die Sparda-Bank Baden-Württemberg setzt aber aufgrund der Vorteile weiterhin auf die Roboter. Einziger Unterschied: Die Daten werden nun direkt von der API bezogen und übertragen.

Neue Abläufe möglich

Auf den ersten Blick scheint der Einsatz von Bots sehr geradlinig zu sein: Man nimmt passende Prozesse und bildet daraus einen Workflow, dem die Bots genau folgen. Die Bots bieten jedoch noch ganz andere Möglichkeiten, etwa um komplett neue Prozesse zu implementieren, die ohne Roboter überhaupt nicht möglich gewesen wären. Dabei muss man jedoch die Automatisierung als Mindset immer im Hinterkopf behalten.

So hat die Bank einen weiteren Prozess automatisiert: die Anlage von genossenschaftlichen Anteilen. Dieser lief bis dahin manuell. Die Herausforderung bestand darin, dass es bei diesem Prozess unterschiedliche Eingangskanäle für die Informationen der Kunden gab, darunter Coupons in unterschiedlichen Designs. Gibt es jedoch solch unterschiedliche Varianten, muss der Bot jede einzelne davon lernen. Letztendlich wurde den Bots mithilfe der Texterkennungssoftware Abbey beigebracht, die Coupons nach Kundennummer, Name, Anteile und Konto auszulesen und mit diesen Informationen automatisch das Sepa-Lastschriftmandat für die Genossenschaftsanteile anzulegen. Bei künftig neu aufzusetzenen Prozessen wäre es insofern zweckdienlich, von Anfang an die Anforderungen der Bots im Blick zu haben und auf einen digitalen Eingangskanal zu setzen.

Die Bots haben sich bewährt. Bereits jetzt hat die Bank viele weitere Prozesse identifiziert, die sich automatisieren ließen und wird sich Schritt für Schritt durch die Wertschöpfungskette arbeiten, um Prozesse zu identifizieren, zu optimieren und zu automatisieren. Mit den Bots und dem As-a-Service-Modell lässt sich das Bankengeschäft besser auf den Kunden ausrichten und der neue Standard des Open Bankings einfacher umsetzen.

Michael Lichtner, Abteilungsleiter Marktfolge Aktiv, Marktnahes und Risiko relevantes Geschäft, Sparda-Bank Baden Württemberg eG, Stuttgart
Michael Lichtner , Abteilungsleiter Marktfolge Aktiv, Marktnahes und Risiko relevantes Geschäft, Sparda-Bank Baden Württemberg eG, Stuttgart

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