INSOLVENZ UND INKASSO

Überschuldung - auf dem Weg zu neuen "Kerngruppen"

Michael Bretz, Foto: SchuldnerAtlas Deutschland 2018

Trotz der guten Konjunktur der letzten Jahre ist die Anzahl überschuldeter Privatpersonen immer weiter angestiegen. Ein wichtiger Faktor dabei ist ein unwirtschaftlicher Konsum, verbunden mit der Neigung, sich zu verschulden, warnt Michael Bretz. Immer ausgefeiltere Bonitätsprüfungen dürften die Problematik bei Konsumentenkrediten in Grenzen halten. Anders aussehen könnte es bei Immobilienkrediten. Hier rechnet Bretz mit einer Bedeutungsverschiebung. Gleiches gilt auch für die "Kerngruppen" der Verschuldung. Weil Ältere und Frauen aufholen, werden Frauen mit schwächeren Renten zur neuen Kerngruppe werden. Red.

Die Zahl überschuldeter Verbraucher ist 2018 zum fünften Mal in Folge angestiegen, allerdings nicht so deutlich wie im letzten und vorletzten Jahr. Zum Stichtag 1. Oktober 2018 wurde für die gesamte Bundesrepublik eine Überschuldungsquote von 10,04 Prozent gemessen. Damit sind weiterhin über 6,9 Millionen Bürger über 18 Jahre überschuldet und weisen nachhaltige Zahlungsstörungen auf. Dies sind rund 19 000 Personen mehr als noch im letzten Jahr (plus 0,3 Prozent).

In den Vorjahren nahm die Zahl überschuldeter Personen noch deutlicher zu: 2017 um rund 65 000 Fälle (plus 0,9 Prozent), 2016 um 131 000 Fälle (plus 1,9 Prozent). Der letzte Rückgang wurde 2013 gemessen (10 000 Überschuldungsfälle beziehungsweise minus 0,2 Prozent). Eine Überschuldung liegt dann vor, wenn der Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum nicht begleichen kann und ihm zur Deckung seines Lebensunterhaltes weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Oder kurz: Die zu leistenden Gesamtausgaben sind höher als die Einnahmen. Quelle für diese Feststellung sind Negativmerkmale, die sich zusammensetzen aus den aktuell vorliegenden juristischen Sachverhalten (zum Beispiel Daten aus den amtlichen Schuldnerverzeichnissen oder Privatinsolvenzen) und nachhaltigen Zahlungsstörungen. Nachhaltige Zahlungsstörungen werden in einer Minimaldefinition ab gegrenzt durch den Tatbestand von mindestens zwei, meist aber mehreren vergeblichen Mahnungen mehrerer Gläubiger.

Das Überraschende am aktuellen Anstieg der Überschuldung: Die deutsche Wirtschaft setzte ihren erfolgreichen Wachstumskurs 2018 fort - die Überschuldung setzte sich gegen diese Entwicklung ab. Denn auch, wenn zunehmend Risiken gesehen werden, blieb der Aufschwung noch stabil. So liegt zwar der Höhepunkt des laufenden Booms hinter uns: Im dritten Quartal 2018 schrumpfte die Wirtschaftsleistung (BIP: minus 0,2 Prozent). Dabei waren auch Sonderfaktoren für diese Entwicklung verantwortlich, gleichwohl haben die zunehmenden Konjunkturrisiken nun ihren realen Niederschlag in den Wirtschaftsdaten gefunden. Vor allem die weltwirtschaftliche Entwicklung bremste und der Export war rückläufig. Die Konjunkturimpulse kamen im bisherigen Jahresverlauf mehrheitlich aus dem Inland. So haben sich private wie staatliche Konsumausgaben erhöht.

Überschuldet wegen oder trotz guter Konjunktur?

Eine Antwort auf die Frage, warum sich die Zahlen selbst bei guter Konjunktur nicht bessern, weist zunächst ein Blick auf die Unterscheidung von harter und weicher Überschuldung. Im Sinne der aufgezeigten Definition von Überschuldung ist zu differenzieren. Zwei Formen von Überschuldung werden unterschieden: Fälle mit "hoher" Überschuldungsintensität basieren ausschließlich auf juristischen Sachverhalten. Fälle mit "geringer Überschuldungsintensität" bestehen aus einer eher niedrigen Anzahl von Negativmerkmalen, in der Regel sogenannten nachhaltigen Zahlungsstörungen.

Auffällig: Erstmals seit 2006 beruht der Anstieg der Überschuldungsfälle ausschließlich auf einer (deutlichen) Zunahme der Fälle mit geringer Überschuldungsintensität (vereinfacht: nachhaltige Zahlungsstörungen). Die Zahl der Fälle mit hoher Überschuldungsintensität (vereinfacht: juristische Sachverhalte) ist in fast gleicher Weise zurückgegangen. Eine ähnliche Konstellation hat es seit der getrennten Ausweisung von harten und weichen Merkmalen im Jahr 2006 noch nicht gegeben. Bis 2016 waren die "harten" Überschuldungsfälle seit 2012/2013 kontinuierlich gestiegen, die "weichen" Überschuldungsfälle durchgehend gesunken. Im Jahr 2017 war die Zahl beider Merkmale gestiegen.

Ökonomische Auslöser verlieren an Bedeutung

Die Gründe für diesen auf den ersten Blick gegensätzlichen Trend sind vielfältig und vor dem Hintergrund meist zeitversetzter Wirkungsketten einzuordnen. Die Analyse der Hauptauslöser für Überschuldungsprozesse, die seit 2008 kontinuierlich vom Statistischen Bundesamt erhoben werden, zeigt, dass vorwiegend ökonomische Auslöser wie Arbeitslosigkeit (Anteil 2018: 20 Prozent; Abweichung 2008/2018: minus 31 Prozent der Fälle) und gescheiterte Selbstständigkeit (8 Prozent; 2008/ 2018: minus 13 Prozent der Fälle) langfristig an Bedeutung verloren haben.

Aufgrund der in den letzten Jahren insgesamt stabilen Konjunktur in Deutschland haben sich ihre Anteile als Hauptüberschuldungsgründe deutlich verringert. Dies gilt trotz kleiner Schwankungen mit temporären Anstiegen. In einer Gesamtsicht korrelieren diese Auslöser stärker mit einer Zunahme der Fälle mit hoher Überschuldungsintensität. Zugleich hat sich der Trend der Vorjahre bei den Überschuldungsauslösern Erkrankung, Sucht, Unfall (Anteil 2018: 16 Prozent; Abweichung 2008/2018: plus 44 Prozent der Fälle) sowie unwirtschaftliche Haushaltsführung (Anteil 2018: 13 Prozent; Abweichung 2008/2017: plus 32 Prozent der Fälle) verstärkt. Beide Ursachen verzeichnen merkliche Anstiege als Auslöser für Überschuldungsfälle. Dabei bildet insbesondere der Auslöser "unwirtschaftliche Haushaltsführung", in vielen Fällen "schleichend", den Einstieg in eine Überschuldungsspirale und korreliert eher mit Fällen mit geringer Überschuldungsintensität.

Zusammengenommen erklären beide Befunde den aktuellen Basistrend, der nur auf den ersten Blick gegenüber dem allgemein gesamtwirtschaftlich zu konstatierenden Wohlstand im Zuge guter Konjunktur mit einem starken Arbeitsmarkt widerspricht.

"Unwirtschaftlicher" Konsum

Der aktuell deutliche Anstieg der "weichen Überschuldung" korrespondiert, wie zu schlussfolgern ist, mit einer Zunahme der Konsumverschuldung. Konsumklima und private Konsumausgaben lagen in den letzten zwölf Monaten auf hohem, ja höchstem Niveau. Der starke Anstieg weicher Überschuldungsfälle korreliert in auffälliger Weise mit der Entwicklung der Konsumausgaben der privaten Verbraucher. Laut Statistischen Bundesamt stiegen diese 2017 um 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (in jeweiligen Preisen): Dies ist der größte Zuwachs seit 1994.

Preisbereinigt nahmen die privaten Konsumausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent zu. Insgesamt beliefen sich die privaten Konsumausgaben in Deutschland im Jahr 2017 auf 1,735 Milliarden Euro. Hierzu hat sicherlich auch der Boom des Online-Handels beigetragen. Für 2018 können nach überschlägigen Hochrechnungen rund 1,77 Billionen Euro erwartet werden.

Im Jahresverlauf blieb das Konsumklima trotz leicht ungünstigerer Rahmenbedingungen auf hohem Niveau - alles in allem gute Voraussetzungen und Ausdruck der hohen "Konsumbereitschaft" der deutschen Verbraucher. Dies zeigen auch die Analysen zum Konsumklima für den Monat Oktober 2018, nachdem der entsprechende Index im Jahresverlauf temporäre Einbußen verzeichnete. Nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung vom Oktober 2018 behauptet sich der Teilindikator Anschaffungsneigung und bestätigt damit sein exzellentes Niveau.

Die Verbraucher sind damit weiter in einer ausgesprochenen Konsumlaune. Offenbar unbeeindruckt von externen Risiken wie Handelskonflikt und Brexit, sind die Konsumenten bereit, ihr Geld auszugeben - und sich zu verschulden, möchte man hinzufügen.

Zu viele Kredite an Verbraucher?

Bei einer Analyse von ausgewählten Indikatoren zum Finanzverhalten der Verbraucher ergab sich, dass nachvollziehbar insbesondere die Nutzung von Konsumentenkrediten eine positive Korrelation zur Überschuldungslage zeigt. Je höher die Nutzung von Konsumentenkrediten, desto höher die Überschuldung. So weisen beispielsweise Räume mit hoher Konsumkreditnutzung höhere Überschuldungsquoten auf. Bei einer Analyse von ausgewählten Indikatoren zum Finanzverhalten der Verbraucher ergab sich, dass nachvollziehbar insbesondere die Nutzung von Konsumentenkrediten eine positive Korrelation zur Überschuldungslage zeigt. Je höher die Nutzung von Konsumentenkrediten, desto höher die Überschuldung.

Allerdings zeigen wiederum die aktuellen umfragegestützten Daten des Bankenfachverband e.V. (Oktober 2018), dass 2018 weiterhin viele vorhandene Konsum- und Anschaffungswünsche mithilfe von Konsumkrediten realisiert wurden. Allerdings ist der Trend zum vierten Mal in Folge leicht rückläufig. Sowohl Finanzierungen (32 Prozent; minus 4 Punkte) als auch die Nutzung von Ratenkrediten (24 Prozent; minus 3 Punkte) haben weiter abgenommen.

Die Gemeinschaftsdiagnose der "Wirtschaftsweisen" von Ende September trug den prognostischen Titel: "Aufschwung verliert an Fahrt - Weltwirtschaftliches Klima wird rauer". Dort mahnten die Autoren, dass sich die derzeitige Verschuldung der Verbraucher in Deutschland angesichts der finanzpolitischen Rahmenbedingungen als zu hoch erweisen könnte: "Auch das Niveau der privaten Verschuldung könnte sich als problematisch erweisen, wenn die Finanzierungskosten in der Zukunft wie zu erwarten wieder spürbar steigen."

Immobilienkredite im Auge behalten

Immerhin sorgen immer ausgefeiltere Prüfmechanismen im Zusammenhang mit der Kreditvergabe an Konsumenten dafür, dass nach Schätzungen weit über neunzig Prozent der Kredite an Verbraucher zurückgezahlt werden. Dennoch muss gerade im Zusammenhang mit der Immobilienfinanzierung und den Befürchtungen einer "Immobilienblase" vielleicht weniger der kurzfristige Anschaffungskredit für Konsumgüter als der gewichtigere und längerfristigere Hauskredit im Auge behalten werden.

Der Hinweis auf die harten Überschuldungsmerkmale wies schon den Weg. Stärker als die Unternehmensinsolvenzen verringerten sich die Verbraucherinsolvenzen. Um 4,7 Prozent beziehungsweise 3 360 Personen nahm deren Zahl auf noch 68 600 Fälle ab (2017: 71 960). Ein vergleichbarer Wert wurde zuletzt im Jahr 2005 (68 900) verzeichnet.

Ausschlaggebend für den anhaltend positiven Trend war vor allem die gute Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland. Die Arbeitslosenquote lag im Oktober auf dem niedrigsten Stand seit 1990. Die Bruttolöhne und -gehälter der Arbeitnehmer waren im dritten Quartal 2018 um 2,7 Prozent höher als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt kürzlich meldete. Die weiter rückläufige Zahl an Verbraucherinsolvenzen korrespondiert mit der Abnahme der Zahl hart überschuldeter Verbraucher, die bereits gerichtliche Negativeinträge aufweisen. So können offenbar wieder mehr Verbraucher bestehende Überschuldungstendenzen abbauen.

Der Schritt zur Verbraucherinsolvenz ist aber in Deutschland weiterhin ein probates Mittel, um einer ausweglosen Überschuldungssituation zu entkommen. In den letzten zehn Jahren (2009 bis 2018) machten rund 890 000 Personen davon Gebrauch.

Problem Altersüberschuldung

Aber nicht nur die "weiche Überschuldung" nimmt zu, auch die Tendenz zu einem höheren Anteil von Frauen und Alten bestimmt das aktuelle Geschehen der Überschuldung zunehmend. Bei einer Altersanalyse zeigt sich: Einerseits geht die Überschuldung bei den jüngeren Personengruppen merklich zurück. Andererseits gewinnt das Phänomen Altersüberschuldung, wie bereits in den letzten Jahren, weiter an Bedeutung. Auf der positiven Seite nahm die Zahl jüngerer Personen (unter 30 Jahre), die in einer Überschuldungspirale stecken, 2018 überdurchschnittlich deutlich ab (1,58 Millionen; minus 73 000 Fälle). Der Rückgang der Überschuldungsfälle beruht ausschließlich auf einer Abnahme der Fälle mit hoher Überschuldungsintensität (minus 81 000 Fälle). Allerdings nahm die Zahl überschuldeter Personen mit nachhaltigen Zahlungsstörungen (plus 8 000 Fälle) zum zweiten Mal in Folge wieder zu.

Die insgesamt besonders positive Entwicklung bei den jüngeren Überschuldeten korrespondiert mit der Entwicklung der Jugenderwerbslosenquote in Deutschland, die sich weiter verringert hat. 2017 betrug diese nur noch 6,4 Prozent, nach 7,1 Prozent im Jahr 2016. Sie bleibt damit auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der neunziger Jahre. Die Arbeitslosenquote der 15- bis 25-Jährigen lag im Oktober 2018 bei 4,3 Prozent.

Ganz anders sieht es bei den älteren Mitbürgern aus. Die Zahl überschuldeter Personen und die Überschuldungsquote steigen in den beiden ältesten Personengruppen 2018 überdurchschnittlich an. So hat die Zahl überschuldeter Personen ab 70 Jahren mit rund 35 Prozent überdurchschnittlich zugenommen. Die Überschuldungsquote dieser Altersgruppe nahm ebenfalls deutlich zu (2,04 Prozent; plus 0,54 Punkte), verbleibt aber weiterhin deutlich unter den Vergleichswerten der anderen Altersgruppen.

Im Mehrjahresvergleich 2013/2018 ist der Anstieg mit 138 Prozent ebenfalls deutlich. überdurchschnittlich, allerdings von vergleichsweise niedrigem Niveau aus. Die Gesamtzahl aller überschuldeten Personen hat sich im gleichen Zeitraum "nur" um rund fünf Prozent erhöht.

Rund 263 000 Menschen ab 70 Jahren müssen in Deutschland in diesem Jahr als überschuldet eingestuft werden (plus 69 000 Fälle). Die nächstjüngere Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen zählt aktuell rund 556 000 Überschuldungsfälle (plus 33 000 Fälle; plus 6,5 Prozent). Damit liegt der Anstieg in dieser Altersgruppe ebenfalls deutlich über dem Durchschnitt.

Was die Jugendarbeitsarbeitslosigkeit als Indiz für die positive Entwicklung bei den Jüngeren leistet, zeigt unter umgekehrten Vorzeichen die Erwerbstätigkeit bei den Älteren. Große Teile dieser Altersgruppen gehen einer Erwerbstätigkeit im Rentenalter nach und arbeiten häufig im Rahmen atypischer oder geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse, um fehlende Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu beschaffen. So zeigen auch die aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit, dass die Zahl geringfügig Beschäftigter (2003 bis 2018: plus 30 Prozent), insbesondere im Alter von über 60 Jahren, deutlich angestiegen ist (plus 66 Prozent) - im Vergleich zum letzten Jahr alleine um rund 5 Prozentpunkte. Diese Entwicklung spiegelt sich nochmals deutlicher bei "im Nebenjob geringfügig Beschäftigter". Hier betrug der Anstieg seit 2003 rund 560 Prozent.

Eine Veränderung zeigt auch die Beteiligung von Männern und Frauen an der Überschuldung: Männer stellen zwar weiterhin die meisten Überschuldungsfälle, der Anteil an Frauen hat in den letzten Jahren aber deutlich zugenommen. Nicht zuletzt, da besonders alleinerziehende Frauen überdurchschnittlich häufig von Überschuldung betroffen sind und oft auch im Familienleben eine Doppelbelastung aushalten müssen. So betrug die Überschuldungsquote von Alleinerziehenden bei einer überschlägigen Analyse 2013 rund 38 Prozent.

Rentnerinnen mit kleinen Renten werden zur "Kerngruppe"

Und auch in diesem Jahr bestätigt sich der Trend der letzten Jahre. Der aktuelle Anstieg der Zahl der Überschuldungsfälle ist ausschließlich auf die Neuüberschuldung von Frauen zurückzuführen. Frauen verursachten 2018 rund 21 000 neue Überschuldungsfälle (plus 0,8 Prozent). Bei Männern ging die Zahl um knapp 2 000 Fälle zurück (minus 0,04 Prozent).

Die Erklärungsmuster für die unterschiedlichen Überschuldungsquoten von Männern und Frauen sind weiterhin stabil: Männer verfügen im Schnitt über höhere Einkommen und sind häufiger (noch)Hauptverdiener. Sie sind zudem auch bei Finanzentscheidungen risikobereiter als Frauen, die beispielsweise bei der Inanspruchnahme von Krediten (mäßigenden) Einfluss auf die Höhe des Kredits nehmen. Frauen übernehmen hingegen zunehmend im Rahmen veränderter Rollenbilder gleichberechtigt die Verantwortung für Schulden als Einkommensbezieherinnen oder als Alleinerziehende. Frauen leiden zudem deutlich stärker unter sogenanntem "Schuldenstress", der oft auch in positivem Sinne mit Ausgabenvorsicht und Kaufzurückhaltung einhergeht.

Wohl keine Überschuldungswelle

Insgesamt zeigt die jüngste Entwicklung der Überschuldung von Verbrauchern eine Festigung des Trends zu einer stärkeren Überschuldung von Frauen und älteren Verbrauchern, die bedenklich stimmt, weil sich die Demografie in diese Richtung weiter entwickeln wird und ältere Frauen mit schwächeren Renten die "Kerngruppe" der Überschuldung sein werden. Frauen werden älter und sie haben die dürftigeren Renten.

Sorgen macht natürlich auch die allgemeine Wirtschaftsentwicklung, weil Rückschritte am Arbeitsmarkt dazu führen würden, dass die harte Überschuldung wieder steigt und dass es insgesamt schwieriger wird, aus der Überschuldungsspirale zu entweichen. Bei diesen Kassandrarufen bleibt jedoch auch festzuhalten, dass die Deutschen, verglichen mit anderen Nationen, im Hinblick auf Verschuldung und Überschuldung eher zurückhaltend agieren. Eine "Überschuldungswelle" steht uns wohl nicht ins Haus.

Michael Bretz, Leiter Wirtschaftsforschung und Mitglied der Geschäftsleitung, Verband der Vereine Creditreform e. V., Neuss

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