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Vertriebspotenziale von Plattformen richtig nutzen

Michael Möllmann, Foto: privat

Dem Trend zu Vergleichs- und Vermittlungsplattformen können sich Banken kaum entziehen, sind sich Michael Möllmann und Bernd Frese einig. Der Preiskampf ist allerdings hart. Angesichts der niedrigen Margen im Plattformgeschäft gilt es deshalb für Banken, die Automatisierung voranzutreiben, so die Autoren. Das ist auch deshalb wichtig, weil im Ranking neben dem Preis auch die Bearbeitungsgeschwindigkeit zählt. Zudem können Banken das Vermittlergeschäft selbst ausbauen. Kunden- und Mitgliederportale von Genossenschaftsbanken stärken nicht nur die Kundenbeziehung. Sondern durch die Vernetzung von Privat- und Firmenkunden fördern sie auch die Region. Red.

Die Bedeutung von Vermittlungsplattformen für Finanzdienstleistungen wächst. Immer mehr Kunden recherchieren dort und werden von den Portalen zu der Bank mit dem besten Angebot weitergeleitet. Es ist sinnvoll für Banken, auf diesen Plattformen präsent zu sein, um von ihrer Reichweite zu profitieren und den Kunden abzuholen. Um die meist geringen Margen voll ausschöpfen zu können, brauchen Banken für das Vermittlungsgeschäft eine vernetzte IT-Infrastruktur mit hohem Automatisierungsgrad.

Das Kundenverhalten unterliegt einem fortwährenden Wandel - auch im Bankenbereich. Getrieben durch die fortschreitende Digitalisierung und die daraus erwachsenen Vergleichsmöglichkeiten versuchen viele Kunden, ihr persönliches Optimum zu finden. Online-Suchen ermöglichen es, schnell einen Überblick über verschiedene Angebote zu erhalten: Waren es vor einigen Jahren überwiegend die Preise von Energieversorgern, die über Vergleichsportale einander gegenübergestellt wurden, so ist dies nun auch mit großen Teilen der Finanzdienstleistungsbranche der Fall. Daraus resultiert ein größerer Wettbewerbs- und Preisdruck für Banken. Banken, die Interessenten und Kunden auch weiterhin begegnen wollen, können sich dem nicht entziehen: Sie müssen mit ihrem Angebot dort präsent sein, wo der Kunde sich bewegt. Dieser findet in der Regel nicht direkt den Weg auf die Webpräsenz der Hausbank, sondern zu den Plattformen diverser Anbieter, die die Marktführung in der Vermittlung verschiedenster Lösungen übernommen haben.

Komplementäre Angebote im Kommen

Die Plattformen bilden eine Säule im Entscheidungsprozess des Kunden: Dieser überlegt sich, was er sich leisten kann, und recherchiert erste Informationen und Konditionsindikationen online auf Vergleichsportalen. Diese arbeiten mit Finanzierungsvermittlern zusammen und im besten Fall finden Kunde und Bank so für den Abschluss zusammen - das Vorgehen entspricht dann Research Online Purchase Offline (RoPo). Andere Kunden gehen nach der Recherche den Weg zu ihrer lokalen Bank und schließen dort das Geschäft ab. Gerade bei Krediten für eine Baufinanzierung ist das Vertrauen in den bekannten Berater ein Pfund, mit dem zum Beispiel Sparkassen und Genossenschaftsbanken wuchern können. Allerdings nur, wenn die Konditionen nicht zu stark abweichen.

Neben Portalen, die die günstigsten Anbieter herausdeuten, gibt es auch solche mit komplementären Angeboten wie die passende Finanzierung zur Immobilie. Immobiliensuchportale integrieren zum Beispiel schon die Kostenseite mit Konditionen von Banken, Darlehenssummen mit monatlichen Raten als erste Berührungspunkte mit einer Finanzierung. Taucht eine Bank hier nicht auf, bleibt sie bei der Entscheidung außen vor. Studien prognostizieren weiterhin ein rasantes Wachstum im Portalgeschäft: So wird etwa im Bereich der Baufinanzierung davon ausgegangen, das bis 2025 jede zweite Baufinanzierung darüber vermittelt wird. Aktuell ist es noch ein Drittel - der ungebrochene Wachstumstrend seit zehn Jahren hält damit an. Viele Banken haben die Zeichen der Zeit erkannt und nutzen das Portalgeschäft in verschiedenen Bereichen.

Automatisierte Abläufe für größere Margen

Die Präsenz auf Portalen ist für Banken und Finanzdienstleister wichtig, doch der Preiskampf ist hart und in der Regel kommen nur die Anbieter zum Zuge, die als preiswert wahrgenommen werden. Entsprechend gering fallen die Erträge pro Geschäft aus und daher muss über die Mengengerüste ein adäquater Ertrag erwirtschaftet werden. Für viele Banken ist das schwierig: Die Margen sind ohnehin gering und durch fehlende technische Infrastruktur sind die Abschlüsse nur zu hohen Produktionskosten möglich, was die Gewinnspanne weiter senkt.

Eine Hauptschwierigkeit für Banken besteht in ihren IT-Infrastrukturen: Viele verfügen neben dem Kernbanksystem über keine adäquate Lösung, Daten zu vernetzen und zu automatisieren. Während die Prozesse in den Portalen meist standardisiert sind, sind die Folgeprozesse der Banken eher individueller Natur: Informationen aus den Formularen der Portale zu den Kunden und abgeschlossenen Produkten kommen häufig nur über halbdigitale Kanäle wie E-Mails oder PDF-Dateien in die Bank und müssen dann manuell in die Kernbanksysteme oder CRM-Systeme übertragen werden. Bei hohen Fallzahlen bindet diese Vorproduktion viele Ressourcen.

Banken müssen deswegen das Optimum aus den gelieferten Daten machen und die manuellen Tätigkeiten auf ein Minimum reduzieren. Ein Großteil der Portaldaten wird bereits strukturiert erfasst und aufbereitet. Durch Echtzeitkommunikation mit API können Banken sie per standardisierte Eingangskanäle automatisiert abholen und in einem Workflow-Management verarbeiten. Mit einem intelligenten Datenmanagement werden die Informationen so aufbereitet, dass die anschließende Bearbeitung nach gleichen Regeln und Logiken der Bank erfolgt. Dabei ist es unerheblich, über welches Portal der Abschluss getätigt wurde. Neben einer offenen und flexiblen IT-Architektur gilt es, Datensilos zu konsolidieren und die immer größere Datenmenge nach Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten besser zu nutzen. Banken, die die Daten aus den Portalen manuell verarbeiten, können ohne Weiteres pro Jahr eine Arbeitskraft nur für die Erfassung verschenken. Ein System erledigt die gleiche Arbeit schneller, rund um die Uhr und ohne Fehler.

Bearbeitungsgeschwindigkeit zählt im Ranking

Banken profitieren von den Portalen durch die erhöhte Aufmerksamkeit und ein Mehr an Reichweite. Abseits des Preises werden Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit in der Bearbeitung auch von den Vermittlern in der Bewertung berücksichtigt. Eine Bank kann hier punkten, indem Prozesse effizient und schnell vom Abschluss bis zur Produktion durchlaufen. Und funktioniert der Produktionsapparat, lassen sich trotz günstiger Konditionen noch angemessene Margen erzielen. Grundsätzlich sind die Voraussetzungen für den Anschluss an ein Portal nicht besonders hoch: Das Onboarding erfolgt meist über den Plattformbetreiber. In der Regel haben diese ein Interesse, möglichst viele Anbieter zu vergleichen, da sie erst dann für User interessant werden.

Im Umfeld niedriger Zinsen und geringer Margen aus dem eigenen bilanziellen Geschäft verfolgen einige Banken zudem die Strategie, das Vermittlungsgeschäft selbst auszubauen. Dabei brechen klassische Kooperationen etwa mit bestimmten Versicherungsgruppen auf. Kooperationen mit Fintechs stehen nun hoch im Kurs, mit dem Ziel über White-Label-Lösungen eigene Plattformen zu betreiben, um Provisionsertrag zu generieren. Auch hier bietet die Vernetzung über Schnittstellen viele Potenziale, in dem nicht nur Informationen aus der Plattform gezogen, sondern auch Informationen zu Kunden aus dem CRM-System an das Portal gegeben werden.

Vermittlungsgeschäft und Mitgliederportale ausbauen

Dieser Ansatz erfordert es, dass sich der Kunde legitimiert. Kundenpotenziale werden dann zum Beispiel aus dem Produktnutzungsverhalten, den Lebensphasen oder externen Marketinginformationen abgeleitet. Eine Zahlung aus einer fälligen Lebensversicherung oder Ereignisse wie die Geburt oder Hochzeit können mit den entsprechenden Hinweisen auf die Lösungen der Hausbank verknüpft und Cross-Selling-Ansätze aktiv gesteuert werden. Dabei ist der Datenschutz konsequent zu berücksichtigen.

Zudem besteht die Möglichkeit, mit der Leistung aus einer Hand zu werben, was für den Kunden ein Mehr an Komfort bietet: So kann eine Immobiliensuche direkt bei der Hausbank in einem Paket mit Baufinanzierung und Versicherung münden. Kunden- oder Mitgliederportale der Genossenschaftsbanken gewinnen also eine gewisse Bedeutung und liefern Mehrwert, indem sie zur Stabilisierung der Kundenbeziehung beitragen. Mit passenden Angeboten hat der Kunde das Gefühl, sich in seiner persönlichen Online-Filiale zu bewegen - Abschlüsse werden wahrscheinlicher. Außerdem sind eine persönliche Ansprache sowie Einblicke ins Nutzerverhalten möglich.

Genossenschaftsbanken können mit einem eigenen Portal auch als Vermittler zwischen den eigenen Firmenkunden und den Bankkunden auftreten. Davon profitieren alle drei Parteien - wichtig ist dabei die Qualitätssicherung der Angebote. Banken können mit derartigen Angeboten die Region fördern und ein gemeinschaftliches Leistungsbündel aufbauen.

Michael Möllmann, Leiter Vertriebsmanagent, Volksbank Bocholt eG, Bocholt
 
Bernd Frese, Generalbevollmächtigter, GenoData EDV-Systeme GmbH, Landau
Michael Möllmann , Leiter Vertriebsmanagent, Volksbank Bocholt eG, Bocholt
Bernd Frese , Generalbevollmächtigter, GenoData EDV-Systeme GmbH, Landau

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