DIGITALISIERUNG

Wege zur digitalen Transformation im Bankenbereich

Ulrich Scheppan, Foto: Volksbank Bielefeld-Gütersloh

Innovationen sind der Schlüssel zum Erfolg, sagt Ulrich Scheppan. Deshalb sieht er die Digitalisierung weniger als Bedrohung denn als Chance für die Bankbranche. Ganz entscheidend dabei ist die Kommunikation mit internen und externen Zielgruppen. Dazu gehören auch "digitale Lotsen", die ihren Kollegen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Bei der Frage nach möglichen Partnerschaften mit Fintechs, so Scheppan, steht immer die Frage nach dem Nutzen für die Kunden im Vordergrund. Als erfolgreiche Beispiele nennt er die Zusammenarbeit mit Creditshelf und mit Elinvar bei der digitalen Vermögensverwaltung im Private Banking. Red.

Disruptive Innovationen führen zu radikalen Veränderungen in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft. Dies gilt derzeit in besonderem Maße für die digitale Transformation, die wie ein Damoklesschwert über allem und in besonderem Maße über der gesamten Bankenbranche schwebt. Es wäre allerdings ein großer Fehler, die Veränderungen als Bedrohung wahrzunehmen, denn Innovationen sind bekanntlich der Schlüssel zum Erfolg. Und, um gleich noch einen zweiten geflügelten Satz leicht abgewandelt hinzuzufügen: Wer zu spät kommt, den bestrafen die Kunden.

Notwendig und erfolgskritisch ist daher eine Strategie, die darauf abzielt, diesen Wandel nicht nur über sich ergehen zu lassen, sondern ihn zu begrüßen und aktiv im Dienste der Kunden zu gestalten. Die Volksbank Bielefeld-Gütersloh hat sich bereits vor einigen Jahren dazu entschieden, Banking nicht nur neu zu denken, sondern auf ein neues digitales Level zu heben. Doch das funktioniert nur mit konsequenten Innovationsstrategien, einer detaillierten Roadmap und einer Vielzahl neuer Lösungsansätze.

In Bezug auf die digitale Transformation war die Corona-Pandemie zweifellos ein Katalysator und hat viele Prozesse nochmals beschleunigt. Und sie war eine Bewährungsprobe für sehr viele Geschäftsmodelle. Es galt, nicht nur Dienstleistungen und Mitarbeiterprozesse digital zu optimieren. Gleichzeitig mussten die Unternehmenswerte gewahrt und fortgeschrieben werden. Als großer Vorteil hat sich erwiesen, dass wir als Bank uns nicht erst seit Beginn der Pandemie mit der digitalen Transformation befassen, sondern uns zu diesem Zeitpunkt bereits inmitten dieses evolutionären Prozesses befanden. Denn de facto hat die digitale Transformation im Bankbereich schon vor vielen Jahren begonnen. Heute ist sie für uns die neue Normalität der stetigen schnellen Veränderung, der sich die Bank tagtäglich aufs Neue erfolgreich stellt.

In den Angriffsmodus schalten

Die enorme Dynamik der derzeitigen Entwicklung stellt die Branche allerdings vor zusätzliche Herausforderungen. Und genau deshalb müssen wir jetzt agieren, um nicht den Anschluss zu verlieren. Aber wie? Letztendlich geht es darum, die vielen Chancen, die sich für Banken derzeit bieten, zu erkennen und schnell zu ergreifen - für uns, unsere Mitarbeiter, unsere Mitglieder und vor allem für unsere Kundinnen und Kunden. Schalten wir in den Angriffsmodus!

Die Digitalisierung zwingt den Bankbereich dazu, traditionelle, steife Vorgehens- und Denkweisen zu durchbrechen. Es reicht definitiv nicht aus, lediglich die Krawatte zu Hause zu lassen. Menschen sind ein wichtiger, nein, sie sind der wichtigste Teil des Veränderungsprozesses. Wie gut ihre Symbiose mit den neuen technischen Möglichkeiten gelingt, ist für den weiteren Unternehmenserfolg eines Kreditinstituts von großer Bedeutung. Noch wichtiger ist jedoch, dass sie den Wandel annehmen und die Veränderung als etwas Positives akzeptieren.

Kommunikation ist der Schlüssel

Mitarbeiter müssen umdenken und sicherlich auch vieles völlig neu lernen. Deshalb hat das Führungsteam der Volksbank Bielefeld-Gütersloh in den vergangenen zwei Jahren vermehrt kommuniziert und dabei stets darauf geachtet, die Vorteile des Wandels immer wieder klar herauszustellen. Um es ganz deutlich zu sagen: Eine intensive, digitale Kommunikation mit allen Protagonisten ist der Schlüssel zum Erfolg.

Moderne Softwarelösungen für Kommunikationssituationen haben es ermöglicht, die Kontaktfrequenz mit internen und externen Zielgruppen während der langen Phase des strengen Lockdowns sogar noch auszubauen. Vor allem intern hat dies eine große Rolle gespielt: Netzwerke, digitale Meetings und Informationsplattformen.

Der persönliche Kontakt ist natürlich nur schwer zu ersetzen, dennoch ist es bislang mit digitalen Kommunikationslösungen hervorragend gelungen, die Belegschaft schneller über alle Veränderungen zu informieren, sie zu involvieren und so den Teamgeist zu forcieren. Das alles, ergänzt mit digitalen Weiterbildungsmöglichkeiten, stärkt das Vertrauen in digitale Lösungen. Die Tatsache, dass der Kundenkontakt in einer solchen Phase ebenfalls digital intensiviert werden kann, ist sicherlich etwas Neues, zeigt aber zugleich, wie sehr die Kollegen die digitale Transformation bereits angenommen haben.

Digitale Lotsen

In der digitalen Welt ist der Jüngere oftmals der technisch versiertere Anwender. Erfahrung ist immer hilfreich. Aber es sind Schnelligkeit, digitales Denken und technisches Know-how, die am "Schalter" der Zukunft und beim Wettbewerb um die Kunden von Morgen den entscheidenden Unterschied ausmachen werden. Digitale Transformation wird dementsprechend nur dann gelingen, wenn wir alle einbinden und mitnehmen: das gesamte Unternehmen.

In unserer Genossenschaftsbank nutzen wir dafür unter anderem digitale Lotsen, die ihren Kollegen mit Rat und Tat zur Seite stehen und auch Kunden unterstützen. Die Transformation wird mit eigenen Projektteams, digitalen Kompetenzzentren und dem eigenen Innovationsmanagement gestaltet. Dort werden die Ideen für neue Services entworfen und neue Geschäftsansätze entwickelt. Dabei geht es nicht nur um fertige Produkte oder Modelle. Sondern fortlaufend werden darüber hinaus auch Themenfelder analysiert, die nicht mit dem eigentlichen Geschäftsbereich kompatibel sind. Die Schwarmintelligenz kommt zum Einsatz, um herauszufinden, wie die Bank noch effizienter werden kann und was Kunden in der digitalen Welt heute und morgen von ihr erwarten.

Ganz bewusst wird eben kein Top-Down-, sondern ein Bottom-up-Ansatz verwendet, um die digitale Transformation gemeinsam zum Erfolg zu führen. Ziel sind vollautomatisierte End-to-end-Prozesse. Unterstützt wird die Bank dabei vom genossenschaftlichen Rechenzentrum. Die Kollegen dort haben eine neue Strategie ausgearbeitet, die dazu geführt hat, dass aktuell viele Entwicklungen in der Pipeline sind.

Kooperationen mit Start-ups

Eine kooperative Unternehmensstrategie verfolgt die Bank auch, wenn es darum geht, Zugang zu Innovationen zu erlangen. Startups und Fintechs wollen und können nicht nur die Welt verbessern, sie sind meistens auch schneller als Banken und Sparkassen: unkonventionell, anfangs weniger gewinnorientiert, flexibel, verspielt und sicherlich auch angriffslustig. Für Banker klingt das manchmal nach einer anderen, fremden Welt. Ob diese jungen Unternehmen deshalb besser und erfolgreicher sind als Kreditinstitute mit traditionellem Ansatz, ist eine Frage, die bislang noch unbeantwortet ist.

Was allerdings außer Frage steht, ist die Tatsache, dass die Veränderungen in der Welt der IT rasant und für Banken allein kaum zu bewältigen sind. Den Startups fehlt oftmals das Kapital, den Banken das Knowhow und die Flexibilität. Lösungen für die disruptiven Themen der nächsten Jahre werden wir daher nur gemeinsam erreichen.

Ein großer Vorteil für Banken: Wir können viel von unseren dynamischen Partnern lernen, bei der Entscheidungsgeschwindigkeit und -umsetzung, der exakten Ausrichtung an Kundenbedürfnissen und auch bei den Themen Führung und New Work.

Entscheidung für innovative Partnerschaften

Auch große Tech-Konzerne entwickeln nicht alles selbst. Das können sie auch gar nicht. Aufgrund ihrer teils gigantischen finanziellen Möglichkeiten übernehmen sie einfach junge, aufstrebende Startups. Als Genossenschaft setzen wir nicht auf kaufen, sondern auf kooperieren. Die Volksbank Bielefeld-Gütersloh baut die erfolgreiche Zusammenarbeit mit vielversprechenden Startups und Fintechs kontinuierlich und gezielt aus. Tendenz: weiter steigend. Mit diesen Partnerschaften sichert die Bank sich und ihren Kunden innovative digitale Formate, die sie allein in dieser Form kaum aufbauen und leisten könnte.

Drei Fragen rücken in den Vordergrund, bevor wir über eine Kooperation entscheiden:

  1. Was haben die Kunden davon?
  2. Können den Kunden durch die Zusammenarbeit individuelle beziehungsweise maßgeschneiderte Leistungen und Lösungen noch besser geboten werden?
  3. Erweitert die Bank damit zielgerichtet ihr Leistungsspektrum?

Grundsätzlich priorisieren wir Lösungen innerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe.

Zusammenarbeit mit Creditshelf

Ein Beispiel für den partnerschaftlichen Ansatz ist die Zusammenarbeit mit der digitalen Kreditplattform Creditshelf, die erst vor kurzem vereinbart wurde. Hier gibt die Bank kein Geschäft aus der Hand, sondern sie erweitert vielmehr ihr Portfolio. Das ist ein entscheidender Vorteil. Gemeinsam mit Creditshelf können jetzt unbesicherte Darlehen mit einer Laufzeit von bis zu acht Jahren und einer Höhe von bis zu fünf Millionen Euro angeboten werden. Für die mittelständischen Kunden in der Region Ostwestfalen-Lippe ist dies eine klassische Win-win-Situation, denn sie profitieren von diesen alternativen Angeboten und Möglichkeiten.

  • Auf der einen Seite genießen sie weiterhin den persönlichen und qualitativ hochwertigen Service durch die Beratungsspezialisten der Bank vor Ort.
  • Und auf der anderen Seite haben sie die Chance, ihre kreativen Ideen und zukunftsträchtigen Geschäftsfelder mit der Hilfe ihrer Bankberater zu attraktiven Konditionen zu finan zieren.

Und zwar unkomplizierter und vielschneller als sonst üblich. Denn in der digitalen Welt - und das wissen die Kunden - haben die Faktoren Geschwindigkeit und Simplizität eine herausragende Relevanz.

Von der Push- zur Pull-Strategie

Durch die Beteiligung am VR-Ventures Capital Fonds und durch Kooperationen mit Startups und Fintechs wie Creditshelf, Penta oder Elinvar ist die Bank noch stärker am Puls der Zeit. Gemeinsam können wir uns mit unserer Value Proposition auf die Erwartungen und Anforderungen der Kundschaft leistungsfähiger einrichten. Das heißt, weg von einer Push- hin zu einer Pull- Strategie.

Die Digitalisierung und die Kooperation mit neuen technologisch hochentwickelten Partnern wie den zuvor genannten Startups und Fintechs bildet dabei die Basis. Die Bank ist immer die treibende Kraft. Mit welchen Partnern und welchen Technologien sie dabei arbeitet, spielt für die Kunden keine Rolle. Sondern entscheidend ist, dass die Lösungen ihnen einen bedeutenden Mehrwert bringen. Auch in dieser Hinsicht haben sich die Wünsche der Kundschaft verändert. Wie sehr sie sich gewandelt haben, zeigt unter anderem der Erfolg der digitalisierten Vermögensverwaltung.

Digitale Vermögensverwaltung ergänzt die Beratung

Im April 2020 hat die Volksbank Bielefeld-Gütersloh die 100-prozentige Tochtergesellschaft Klarwert GmbH gegründet. Das operative Geschäft startete am ersten Januar 2021. Nach dem starken Wachstum der eigenen Vermögensverwaltung in den vergangenen Jahren war diese Weiterentwicklung ein logischer nächster Schritt. Die Klarwert GmbH ist eine konsequente Ergänzung und die Bank intensiviert nochmals die persönliche Beratung.

Der Erfolg der Gesellschaft zeigt bereits nach kurzer Zeit deutlich, dass sich persönliche Betreuung und digitale Lösungen nicht ausschließen, sondern sehr effektiv und effizient ergänzen können - zum Vorteil der Kundschaft. Denn die Klarwert GmbH bietet der Private-Banking-Klientel höchste Individualität. Zum einen berät und betreut die Bank Kunden persönlich vor Ort, ermöglicht eine hohe Flexibilität und stellt ein attraktives Angebot an verschiedenen Anlagestrategien bereit. Zum anderen werden viele Arbeitsprozesse automatisiert und der vermögende Kunde bekommt mehr Freiräume: Er hat mehr Zeit für das Wesentliche.

Ganz wichtig: "Klarwert" ist kein Robo Advisor. Sondern die Klarwert-Finanzspezialisten managen die Portfolios ihrer Klienten hybrid, sprich sie verknüpfen die persönliche Beratung mit möglichst viel automatisierten Abläufen im Hintergrund. Die Nachfrage der Kundschaft zeigt, dass mit der Gründung der richtige Weg eingeschlagen wurde. Die digitalisierte Vermögensverwaltung ist zu einer bedeutenden Säule geworden, die erfolgreich weiterentwickelt wird. Die digitale und gleichzeitig persönliche Vermögensverwaltung ist einzigartig in der Region.

Die Zusammenarbeit mit Startups und Fintechs belebt unser "altes" Geschäftsmodell immer wieder neu, hilft dabei, stetig digitaler zu werden und sorgt für frische zusätzliche Impulse. Als regionale Genossenschaftsbank gelingt es uns dadurch, eine Art Metaebene einzunehmen, das Thema Banking für uns neu zu denken und stark zukunftsorientiert zu entwickeln.

Die Klarwert GmbH arbeitet mit der Berliner Wealth- Tech-Plattform Elinvar zusammen und nutzt sie für das gesamte Angebot. Experten beider Häuser haben gemeinsam eine vollumfängliche Lösung für die digitale Vermögensverwaltung entwickelt, eine Plattform, die exklusiv auf die Klarwert GmbH und ihre Kunden zugeschnitten wurde. Kunden können zu jeder Zeit ihr Portfolio einsehen. Quartalsberichte, das komplette Vertragswesen und alle weiteren Informationen laufen über die hochmodernen Systeme und sind immer sofort digital verfügbar. Manager und ihre Kunden gewinnen dadurch zusätzliche Funktionalitäten. Dazu zählen zum Beispiel eine tiefere Attributionsanalyse und automatische Allokationen im Portfoliomanagement.

Andere Genossenschaftsbanken als Mandanten

Darüber hinaus nutzt die Klarwert die Multimandantenfähigkeit der Plattform, um mit weiteren genossenschaftlichen Instituten zu kooperieren. Und das wird nur durch die digitale Infrastruktur möglich. Partnerbanken möchte die Klarwert künftig neben der Vermögensverwaltung auch Unterstützung bei regulatorischen Aufgaben, der Entwicklung von Vertriebskonzepten und sogar der Personalsuche anbieten. Die Depots bleiben dabei gänzlich bei den Partnerbanken. Lediglich das Portfoliomanagement wird an die Klarwert GmbH ausgegliedert. Klarwert, Elinvar und die Volksbank Bielefeld-Gütersloh haben bisher deutlich von der strategischen Partnerschaft profitiert.

Im Retailgeschäft arbeitet die Bank mit dem Robo Advisor "Mein Invest". Das Produkt richtet sich an Kunden, die sich selbst beraten wollen und eine hohe digitale Affinität aufweisen. Wir prognostizieren, dass der Anteil dieses Produkts am Gesamtumsatz im Wertpapiergeschäft auf bis zu 10 Prozent steigen kann. "Mein Invest" ist eine strategische Ergänzung, die dazu führt, dass sich Kunden der Anlageberatung zuwenden.

Die Disruption umarmen

Die Zukunft sind datengetriebene Geschäftsmodelle. Regionale Kreditinstitute brauchen technologisch hochentwickelte Partner, um die digitale Transformation ihrer Unternehmen zum Erfolg führen, um Daten generieren, auswerten und nutzen zu können. Denn nur mit innovativen Partnern lassen sich neue Erkenntnisse gewinnen und umsetzen. Schnell und einfach. Wir müssen uns immer wieder auf rasante Veränderungen und disruptive Märkte einstellen. Ohne eine entsprechende unternehmerische Flexibilität wird das kaum gelingen. Connectivity ist der zentrale Baustein der Digitalisierung: die Vernetzung von Produkten und Dienstleistungen, von Erfahrung und Innovation, von analogem und digitalem Knowhow.

Solange wir alle ausreichend Energie haben, wird der Prozess der Digitalisierung nicht zum Stillstand kommen. Letztendlich geht es immer darum, die Kunden besser kennen zu lernen, um ihre Anforderungen oder Wünsche optimal erfüllen zu können. Ob uns das durch Eigenentwicklungen oder Kooperationen gelingt, ist nicht relevant. Wir sind längst dabei, die Disruption zu umarmen und uns mit unserer eigenen DNA neu zu positionieren.

Ulrich Scheppan, Mitglied des Vorstands, Volksbank Bielefeld-Gütersloh eG, Gütersloh
Ulrich Scheppan , Mitglied des Vorstands, Volksbank Bielefeld-Gütersloh eG, Gütersloh
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