Preisgestaltung im Retail

Wege zu mehr Profitabilität: manchmal auch Geschäftsverzicht

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Im internationalen Vergleich ist die Profitabilität deutscher Banken gering. Eine deutliche Steigerung des Zinsergebnisses wird aber im anhaltenden Niedrigzinsumfeld nur schwer zu erreichen sein, so Raimund Röseler. Und der Provisionsüberschuss stellt nur einen untergeordneten Ertragsbestandteil dar. Gleichzeitig sind die Potenziale auf der Kostenseite begrenzt. Röseler plädiert deshalb dafür, kos ten- und risikogerechte Preise zu verlangen. Wo sich diese nicht durch setzen lassen, sollte auch der Verzicht auf bestimmte Angebote geprüft werden. Mit anderen Worten: Auch Schrumpfen muss für Banken eine Option sein. Red.

Im Oktober schreckten Schlagzeilen in der Presse auf, dass die Profitabilität der europäischen Banken zu gering sei, um ausreichende Kapitalpuffer aufzubauen und nachhaltig Kredite zur Stützung der Wirtschaft bereitzustellen. Während US-Banken derzeit Eigenkapitalrenditen von 9 Prozent erwirtschaften würden, kämen Banken in der Eurozone auf weniger als 5 Prozent.

Hintergrund war eine Vergleichsstudie des IWF1) , in der weltweit 300 Großbanken untersucht wurden. Demnach erzielen Banken in der Eurozone derzeit nach einer kurzen Erholungsphase lediglich wieder eine Eigenkapitalrendite wie zu Zeiten der Finanzkrise von 2008, wohingegen es den Banken außerhalb der Eurozone gelungen ist, ihre Eigenkapitalrenditen nach dem Einbruch aufgrund der Finanzkrise wieder zu steigern.2)

Einen ähnlichen Befund stellt die European Banking Authority (EBA) auf. In ihrem Bericht zur Risikobewertung des europäischen Bankensystems weist sie darauf hin, dass Ende 2013 Banken mit einem Marktanteil von 75 Prozent3) einen Return on Equity (RoE) von unter 8 Prozent aufweisen. Banken mit einem Marktanteil von 39 Prozent erreichen nicht einmal einen RoE von 4 Prozent.4)

Trotz der im europäischen Vergleich robusten Wirtschaftslage Deutschlands kommen deutsche Banken nach einer Untersuchung der EBA von 55 europäischen Banken nicht einmal an den schwachen europäischen Durchschnittswert heran.5) Die Eigenkapitalrentabilität aller Bankengruppen fiel im Jahr 2013 nach Zahlen der Deutschen Bundesbank auf 5,3 Prozent.6) Auch wenn die Interpretation solcher Zahlen nicht immer einfach ist7) , so besteht natürlich auch vonseiten der Bankenaufsicht ein großes Interesse an profitablen Banken. Nur nachhaltig profitable Banken sind auch auf Dauer stabile Banken.

Wesentliche Treiber der Profitabilität

Traditionell stellt das Zinsergebnis die wichtigste Einnahmenquelle für deutsche Banken dar. Insgesamt macht der Zinsüberschuss weiterhin einen Anteil von über 70 Prozent an den operativen Erträgen aus, wobei die Spanne von 60 Prozent bei Großbanken bis zu 80 Prozent bei Sparkassen und Kreditgenossenschaften reicht.8) Mit sinkendem Zinsniveau hat sich in den letzten Jahren jedoch auch die Zinsspanne verringert.9) Die Zinsspanne10) der deutschen Kreditinstitute blieb mit 1,01 Prozent (der Anstieg zum Vorjahr betrug lediglich 0,02 Prozent) im unteren Bereich der langjährigen Bandbreite von 0,99 Prozent und 1,28 Prozent. Das anhaltende Niedrigzinsniveau dürfte es deutschen Banken auch in Zukunft schwer machen, zu einer deutlichen Steigerung des Zinsergebnisses zu kommen.

Mit weitem Abstand folgend macht der Provisionsüberschuss knapp ein Viertel der Erträge aus, wobei diese Position bei Großbanken einen größeren Stellenwert hat als bei den Verbundinstituten. Das Handelsergebnis stellt im langjährigen Durchschnitt nur einen untergeordneten Ertragsbestandteil dar.11)

Risiko- und kostengerechte Preise verlangen

Die unter Druck stehende Ertragsseite sowie nahezu unveränderte Verwaltungsaufwendungen spiegeln sich auch in der Aufwand/Ertrag-Relation wider, die für deutsche Banken eine schlechtere Relation als für die Mehrzahl ihrer europäischen Wettbewerber aufweist.12) Profitieren können deutsche Banken derzeit hingegen von der noch robusten Konjunktur, die sich in einer immer noch historisch niedrigen Risikovorsorge widerspiegelt. Hier wird man abwarten müssen, ob sich die Belastungen in Zukunft wieder dem langjährigen Durchschnittswert annähern werden.

Banken sind ständig aufgefordert, ihr Geschäftsmodell kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls anzupassen. Hierzu gehört auch, dass für Bankdienstleistungen risiko- und kostengerechte Preise verlangt werden. Wenn diese am Markt nicht durchsetzbar sind, dann sollte es eigentlich für jeden Geschäftsleiter einer Bank selbstverständlich sein zu prüfen, ob diese Bankdienstleistungen weiter im bisherigen Umfang angeboten werden sollen. Oft wird diese Frage bejaht, weil man sich Hoffnung auf Erlöse aus anderen Geschäftsfeldern durch sogenanntes Cross-Selling macht. In der Realität zeigt sich allerdings auch oft, dass sich diese Hoffnungen nicht im erwarteten Ausmaß realisieren. Umgekehrt gibt es auch genügend Beispiele für Banken, die trotz des Schwenks auf kostengerechte Preise kaum nachhaltig ertragsstarke Kundenbeziehungen verloren haben.

Misstrauen ist immer dann angebracht, wenn Banken aufgrund beschränkter Potenziale im Stammgeschäft auf "Ersatzgeschäfte" ausweichen. Vor der Finanzkrise hatten manche Banken aufgrund eines unzureichenden inländischen Kreditgeschäfts neue Geschäftsfelder in Form des sogenannten "Kreditersatzgeschäftes" gesucht. Investiert wurde in Subprime-Papiere und komplexe Verbriefungsstrukturen, deren Risiken sträflich unterschätzt wurden. Die Folgen sind bekannt. Sicher ist das Streben nach neuen Ertragsquellen ("Search-for-Yields") elementarer Bestandteil einer Wettbewerbswirtschaft. Dies darf jedoch nicht zur Übernahme von nicht einschätzbaren Risiken führen.

Begrenzte Spielräume auf der Kostenseite

Richtigerweise wird als Reaktion auf die schwache Ertragskraft mancher Bank auch auf die Entlastung der Kostenseite geschaut. Sicher sind häufig noch Kostensenkungspotenziale vorhanden. Zur Hebung dieser Potenziale gibt es aber kein allgemein gültiges Konzept.

- Fusionen stiften möglicherweise theoretisch Synergiepotenziale. Diese sind aber begrenzt, wenn sich zwei wenig effiziente Banken zusammenschließen.

- Die Auslagerung von Dienstleistungen an externe Partner kann zur Hebung von Effizienzsteigerungspotenzialen beitragen. Ob diese aber ausreichen, um die damit verbundenen Schnittstellen und den Kontrollaufwand zu kompensieren, ist im Einzelfall zu überprüfen.

- Streichungen im Filialnetz mögen ebenfalls kostensenkend sein, reduzieren umgekehrt aber auch die Vertriebskraft.

Die Versuchung ist daher groß, bei den Einheiten, die keinen direkt messbaren Ertrag bringen, Kosten einzusparen. Sofern hierzu die Bereiche zählen, die für die Erfüllung regulatorischer Vorgaben oder für Fragen des Risikomanagements zuständig sind, besteht hier aus Aufsichtssicht nur in seltenen Fällen Potenzial für Kostenreduzierungen. Insgesamt bleibt damit festzuhalten, dass die Spielräume auf der Kostenseite begrenzt sind. Die eine erfolgversprechende Strategie, die Profitabilität zu erhöhen, gibt es nicht. Letztlich muss jede Bank für sich entscheiden, auf welche Art und Weise sie ihre Profitabilität sicherstellen will. Für manche Bank kann dies auch heißen, dass Schrumpfen oder auch der Marktausstieg die richtige Strategie ist. Wachstumsziele dürften für manche Bank keine zukunftsfähige Strategie sein. Dies erfordert ein Umdenken für manchen Geschäftsleiter einer Bank und auch für die Eigentümer.

Die Aufsicht ist gefordert, die Geschäftsmodelle der Banken im Hinblick auf ihre nachhaltige Ertragskraft einschätzen zu können, um - wo erforderlich - auf Fehlentwicklungen hinzuweisen. Die Bankenaufsicht wird deshalb ihre Anstrengungen verstärkt auf die Analyse und das Hinterfragen der Geschäftsmodelle der Banken legen. Wenn Zweifel an der langfristigen Tragfähigkeit der Strategie einer Bank bestehen, wird sie Lösungen hierfür verlangen.

Fußnoten

1) IMF, Global Financial Stability Report, October 2014.

2) Vgl. IMF, Global Financial Stability Report, October 2014, S. 23.

3) Gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbilanzsumme aller untersuchten Banken.

4) Vgl. EBA, Risk Assessment of the European banking system, June 2014, S. 45.

5) Vgl. EBA, Risk Dashboard Q1 2014, S. 14.

6) Vgl. Deutsche Bundesbank, Die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute im Jahr 2013, in: Monatsbericht September 2014, S. 76.

7) Beispielsweise kann eine hohe Eigenkapitalrentabilität auch durch verschleppte Kosten, beispielsweise im IT-Bereich, oder durch "Kapitalminimierung" getrieben sein.

8) Vgl. Deutsche Bundesbank, Die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute im Jahr 2013, in: Monatsbericht September 2014, S. 59.

9) Vgl. Deutsche Bundesbank, Die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute im Jahr 2013, in: Monatsbericht September 2014, S. 58.

10) Zinsüberschuss im Verhältnis zur jahresdurchschnittlichen Bilanzsumme. Bei Kreditinstituten, die schwerpunktmäßig im klassischen Einlagen- und Kreditgeschäft tätig sind, gibt die Zinsspanne einen wichtigen Hinweis auf die Ertragskraft aus dem zinstragenden Geschäft.

11) Vgl. Deutsche Bundesbank, Die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute im Jahr 2013, in: Monatsbericht September 2014, S. 69.

12) Vgl. EBA, Risk Dashboard Q1 2014, S. 15.

Zum Autor

Raimund Röseler, Exekutivdirektor Bankenaufsicht, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Bonn

Raimund Röseler , Exekutivdirektor Bankenaufsicht , Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
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