Arbeitsteilung im Verbund

Zur Zukunft der Arbeitsteilung im Bankverbund

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Die Gruppe der zwölf Sparda-Banken bildet einen Verbund im Verbund der genossenschaftlichen Finanzgruppe. Auf beiden Ebenen gilt: Mehr denn je muss der Verbund strategische Funktion haben. Und das wiederum erfordert seitens der Banken die Bereitschaft, sich dem gemeinschaftlichen Interesse auch einmal unterzuordnen. Das Bewusstsein dafür, dass auch das eigene Wohl und Wehe von der Stärke des Verbunds abhebt, so Joachim Wuermeling, muss zunehmen. Ständige Anpassung erfordern nicht zuletzt die rechtlichen Rahmenbedingungen. Denn sie sind derzeit das entscheidende Hemmnis für die Weiterentwicklung der Finanzverbünde. Red.

Die Debatte um die richtige Struktur des deutschen Bankenmarktes ist in den letzten Wochen und Monaten erneut entflammt. Ausgelöst durch die Niedrigzinsphase und die damit verbundenen Ertragseinbußen stellen Politiker, Aufseher und Wirtschaftsforscher die Frage, ob in Deutschland wirklich zweitausend Banken gebraucht werden. Eine Marktbereinigung sei von Nöten, heißt es, kleine und mittlere Banken müssten zu effizienteren Einheiten fusionieren.

Dabei wird die Tatsache übersehen, dass praktisch alle kleineren Institute in erheblichem Umfang in Bankverbünden kooperieren und damit weite Teile der Banktätigkeit in großen Einheiten zusammengelegt haben. Auf den zweiten Blick betrachtet ist der deutsche Markt also gar nicht so fragmentiert, wie bisweilen argumentiert wird. Der folgende Artikel geht am Beispiel der Sparda-Gruppe der Frage nach, wie solche Verbünde heute funktionieren und wie diese Arbeitsteilung zukunftsfähig bleibt. Zunächst werden in einem ersten Abschnitt die verschiedenen Verbundstrukturen dargestellt. Anschließend wird die Funktionsweise solcher Gruppen am Beispiel der Sparda-Banken erläutert. Zuletzt werden schließlich Anforderungen an die Verbundarbeit im neuen regulatorischen und technologischen Marktumfeld aufgezeigt.

Vielfalt von Verbundstrukturen

Banken kooperieren in den verschiedensten Formen und in unterschiedlichsten Bereichen miteinander. Von einem "Verbund" sollte jedoch erst die Rede sein, wenn die Zusammenarbeit strategisch ausgerichtet ist und gemeinsame Institutionen und festgelegte Entscheidungsstrukturen die Verbundarbeit steuern.

Der Funktionsumfang von Verbünden - hier im europäischen Vergleich - beginnt auf einer ersten Stufe (insbesondere bei deutschen Sparkassen und Kreditgenossenschaften) mit einzelnen Bankdienstleistungen und Aufgaben, etwa dem Betreiben von Rechenzentren, dem gemeinsamen Einkauf oder der Bearbeitung von regulatorischen Fragen.

Auf einer weiteren Stufe gelten integrierte Verbünde (zum Beispiel österreichische Volksbanken) aufsichtsrechtlich als Einheit, halten also gemeinsam das Kapital vor und betreiben zentral das Risiko- und Liquiditätsmanagement. Damit sind auch Weisungsbefugnisse verbunden.

In einer dritten Stufe (zum Beispiel niederländische Rabobank) wird letztlich eine gemeinsame Bank geschaffen, in der alle maßgeblichen Entscheidungen zentral getroffen werden. Die Ortsbanken übernehmen dann im Wesentlichen nur noch Vertriebs- und Servicefunktionen.

Grundsätzlich kann das Maß der Einbindung der einzelnen Bank in den jeweiligen Verbund stark variieren. Während einzelne Banken vollumfänglich der Strategie des Verbunds folgen und alle seine Leistungen in Anspruch nehmen, gehen andere Institute eigene Wege und nutzen nur punktuell die Dienste des Verbunds.

Sparda-Banken ein Verbund ...

Die zwölf rechtlich und wirtschaftlich eigenständigen Sparda-Banken verstehen sich als eine Gruppe, bilden zunächst selbst einen Verbund, sind aber darüber hinaus Teil der genossenschaftlichen Finanzgruppe.

Im Sparda-Verbund werden maßgebliche bankfachliche Aufgaben gemeinsam organisiert: In der Sparda-Datenverarbeitung werden die IT-Prozesse der Banken abgewickelt. Nachdem nahezu alle Prozesse des Bankgeschäfts digitalisiert sind, bedeutet dies ein hohes Maß an Integration, auch wenn nach wie vor Einzelanwendungen für Banken existieren. Die Kernkompetenz der Sparda-Gruppe, die effiziente Bearbeitung von hohen Stückzahlen einer einfachen Produktpalette für Privatkunden, wird in der gemeinsamen IT abgebildet. Ebenfalls Aufgabe der Gruppe, die vom Verband koordiniert wird, sind beispielsweise

- die Markenpflege und der Marktauftritt auf nationaler Ebene,

- die Vertretung der Gruppe nach außen,

- Vereinbarungen mit Kooperationspartnern und Dienstleistern,

- gemeinsame Beschaffung,

- das Karten- und Wertpapiergeschäft,

- Personal- und Bildungsmanagement,

- Beteiligungen und

- neuerdings die Aushandlung von Tarifverträgen.

Der Verband der Sparda-Banken führt die genossenschaftliche Prüfung bei den Banken durch, erstellt deren Steuererklärungen und berät sie in Rechtsangelegenheiten. Die Meinungsbildung vollzieht sich in Vorstandsarbeitskreisen, die der Verband der Sparda-Banken organisiert, und in einer Vielzahl von Expertengruppen auf unterschiedlichen Ebenen. Strategische Entscheidungen fallen auf Arbeitstagungen, an denen die Vorstandsmitglieder aller Banken teilnehmen. In formellen Gremien, aber auch informell findet ein ständiger Austausch über best practices statt.

... im Verbund

Alle Sparda-Banken sind auf der nächsten Verbundebene Teil der genossenschaftlichen Finanzgruppe und Mitglieder im Bundesverband Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). Dort nehmen sie insbesondere die Dienste der Zentralbanken DZ Bank und WGZ Bank in Anspruch, sind Partner der Verbundunternehmen und vertreiben deren Produkte. Sie sind ebenfalls Teil der Sicherungseinrichtung des BVR.

Genutzt werden weiter zahlreiche Angebote der Genossenschaftsfamilie, etwa des DG-Verlages oder der Akademie deutscher Genossenschaften (ADG). Der BVR vertritt auch die Interessen der Sparda-Banken in seiner Lobbyarbeit in Brüssel und Berlin. Über den BVR sind die Sparda-Banken im europäischen Genossenschaftsbankenverband European Association of Cooperative Banks (EACB) vertreten.

Schließlich sind sie Mitglied im Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV). Gegenstand der gemeinsamen Arbeit sind vor allem Fragen des genossenschaftlichen Prüfungswesens, aber auch die Förderung des Genossenschaftsgedankens.

Trotz der gemeinsamen Erledigung vieler Aufgaben bleiben die einzelnen Banken rechtlich und wirtschaftlich selbstständig. Kernfunktionen, ob Marketing, Vertrieb, Produktion, Steuerung, Treasury, Organisation oder Personal, verbleiben in der einzelnen Bank. Die Banken entscheiden letztlich immer wieder neu, ob und in welchem Umfang sie an Verbundaktivitäten teilnehmen wollen.

Strategische Funktion statt Dienstleistungen à la carte

Die zunehmende Komplexität des Bankgeschäfts, der härter werdende Wettbewerb im europäischen Markt und die Digitalisierung stellen kleine und mittlere Banken vor große Herausforderungen. Nur als Teil eines starken Verbunds können solche Institute im Markt mithalten.

Die Verbundarbeit muss den Banken in zunehmendem Maße ermöglichen, Skaleneffekte zu erzielen, Komplexität zu bewältigen und das Bankgeschäft weiter zu digitalisieren.

Dabei wird es in dem anspruchsvoller werdenden Umfeld für den Verbund nicht reichen, punktuell Dienstleistungen anzubieten, die "à la carte" in Anspruch genommen werden. Im Wettbewerb mit straff gemanagten Bankkonzernen muss der Verbund auch eine strategische Funktion wahrnehmen können.

Starker Verbund erfordert Integrationsbereitschaft der Banken

Dabei muss der Verbund über handlungs- und entscheidungsfähige Institutionen verfügen. Der kleinste gemeinsame Nenner darf nicht das Maß der Dinge sein, der Langsame nicht allein das Tempo bestimmen. Hier hilft den Verbünden der Kreditgenossenschaften die klare Orientierung an den genossenschaftlichen Prinzipien. Ein starker Verbund erfordert deshalb eine entsprechende Integrationsfähigkeit und -bereitschaft der ihm angehörenden Banken. Die Durchsetzung der eigenen Interessen muss auch einmal zurückstehen, wenn es das Gesamtinteresse der Gruppe erfordert. Die Erkenntnis, dass das Wohl und Wehe des einzelnen Instituts von dem Funktionieren des Verbunds abhängt, muss wachsen.

Trotz zunehmender Gruppenaufgaben gibt es womöglich auch Funktionen, die in Zukunft wieder besser auf der Ebene der Bank vor Ort wahrgenommen werden, etwa bei der regionalen Marktbearbeitung und Produktionsprozessen. Jedenfalls erfordert die Dynamik im Bankgeschäft eine ständige Anpassung des Umfangs der Funktionen der Gruppe und der Bildung immer neuer Netzwerke. Diese Flexibilität wird zukünftig verstärkt ein Kennzeichen erfolgreicher und damit wettbewerbsfähiger Verbundstrukturen darstellen.

Rechtliche Rahmenbedingungen hemmen Weiterentwicklung

Ein Hindernis für die Weiterentwicklung der Finanzverbünde sind leider die gegenwärtigen rechtlichen Rahmenbedingungen. Insbesondere das Aufsichtsrecht setzt enge Grenzen für die gemeinsame Arbeit, weil Bankvorstände ihre Letztverantwortung nicht an Institutionen des Verbunds abgeben können. Die Anforderungen an wesentliche Auslagerungen sind so streng, dass sich an dieser Stelle Verbundarbeit häufig kaum noch lohnt, zum Beispiel bei der Compliance-Funktion. Oder sie widersprechen dem Wesen der Verbundarbeit, wie beispielsweise das gemeinsame Vorhalten von Liquidität, für das das europäische Aufsichtsrecht praktisch Konzernstrukturen fordert.

Besonders ärgerlich ist schließlich die Belegung von Verbunddienstleistungen mit Umsatzsteuer. Dies ist ein erheblicher Kostennachteil gegenüber großen Bankkonzernen, die hausintern produzieren können, weil die Steuer dabei nicht anfällt.

Weitere Anforderungen für Verbünde könnten entstehen, wenn die neue europäische Aufsicht Bankengruppen zunehmend als Ganzes betrachten würde, wie es etwa Rating-Agenturen schon praktizieren. Dass Verbundstrukturen unter besonderer Beobachtung stehen, zeigt die Einrichtung einer eigenen Direktion dafür in der EZB. Wenn dies dazu führen sollte, dass aufsichtsrechtliche Vorgaben an die Verbünde als Ganzes gestellt werden, bekäme die Verbundkooperation einen völlig neuen Charakter.

Ein differenziertes Bankensystem mit einer Vielzahl von Instituten am Markt erfordert starke und leistungsfähige Bankverbünde. Die Kooperation im Verbund macht eine Marktbereinigung durch Fusionen oder Konzernierung überflüssig. Sie hebt Synergien, erhält die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Banken und bewahrt gleichzeitig ihre Stärken als regional verhaftete und verantwortungsbewusste Finanzdienstleister. Zukunftsfähig sind starke Bankenverbünde mit entscheidungs- und handlungsfähigen Institutionen, die sich der Entwicklung am Markt fortlaufend anpassen können. Rechtliche Hindernisse können sich allerdings als Pferdefuß für die erforderliche Weiterentwicklung erweisen.

Zum Autor

Prof. Dr. Joachim Wuermeling, Vorsitzender des Vorstands, Verband der Sparda-Banken e.V., Frankfurt am Main

Prof. Dr. Joachim Wuermeling , Mitglied des Vorstands , Deutsche Bundesbank
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