BANKEN UND SUBVENTIONEN

"Wir brauchen die Förderung der eigenen Immobilie für jeden Lebensentwurf" Interview mit Stefan Münter

Stefan Münter, Foto: Europace

Staatliche Fördermittel können helfen, Menschen auch mit niedrigem Einkommen in die eigenen vier Wände zu bringen, sagt Stefan Münter. Gleichzeitig lohne sich auch die Förderung bei höheren Einkommen - um nachhaltiger zu bauen und überhaupt in Wohnraum zu investieren. Nicht alle Fördermaßnahmen hält Münter jedoch für gleich gut. Wohnriester etwa hat sich aus seiner Sicht nicht bewährt. Und die Bausparprämie sollte besser durch die Befreiung der ersten Immobilie von der Grunderwerbsteuer ersetzt werden. Red.

Als Bundeswirtschaftminister Robert Habeck im Januar dieses Jahres den Stopp der Förderung für Effizienzhäuser angekündigt hat, war der öffentliche Aufschrei groß. Zu Recht? Oder war das teilweise dem Überraschungseffekt geschuldet?

Der Stopp der KfW55-Förderung im Februar dieses Jahres war geplant. Dieser weit im Voraus angekündigte Förderungsstopp führte allerdings dazu, in meinen Augen wenig überraschend, dass viele Bauherren ihre Anträge genau auf dieses Ende abgestimmt haben.

Dass man dann eine Woche vorher sagt: "Es geht nicht mehr. Wir haben zu viele Anträge", ist ein Schlag ins Gesicht der Verbraucher, die sich auf eine staatliche Unterstützung verlassen, die ja seit vielen Jahren planbar existiert. Für die Betroffenen ist der Stopp dann nicht nur überraschend, er ist vielmehr schädlich für das konkrete Bauvorhaben. Mit der geplanten Finanzierung wird es nichts. Es muss neu- und umgeplant werden, im schlimmsten Fall ist das Vorhaben nicht mehr möglich.

Im Bereich der KfW40-Förderung bedeutet der Stopp im Wesentlichen das gleiche. Hier kommt noch hinzu, dass man sich die Frage stellen kann, ob es sich lohnt, energieeffizienter zu bauen, gerade, wenn mit zinsgünstigen Darlehen und Förderung gerechnet wurde.

Es hat also nicht nur ökonomische Folgen, sondern auch ökologische, wenn die gewünschten Standards nicht mehr finanziert werden können, weil die Unterstützung fehlt, gerade in Zeiten, in denen das Bauen insgesamt mit deutlichen Teuerungsraten und einer Verknappung der Materialien kämpfen muss.

Welche Relevanz haben staatliche Fördermittel generell in der privaten Baufinanzierung?

Wir glauben daran, dass die eigene Immobilie ein Teil eines jeden Lebensentwurfs sein soll. Deshalb wünschen wir uns umso mehr Anreize für die Menschen, ihre vier Wände auch selbst ihr eigen nennen zu können. Wohneigentum trägt einen erheblichen Teil zur Vermeidung von Altersarmut bei. Die Sparquote ist in diesem Fall viel höher. Und insgesamt ist die Eigenheimquote in Deutschland noch immer wesentlich geringer als im internationalen Vergleich.

In Deutschland besitzen laut Statista nur knapp 50,4 Prozent eine eigene Immobilie, der Großteil lebt noch immer zur Miete - nur die Schweiz liegt mit 42,3 Prozent im europäischen Vergleich noch hinter Deutschland. Länder wie Frankreich (64 Prozent), Norwegen (80,8 Prozent) oder Kroatien (91 Prozent) haben eine deutlich höhere Quote. Hier hat Deutschland noch deutlich Potenzial aufzuholen.

Was heißt das für unsere Gesellschaft und die private Baufinanzierung? Staatliche Fördermittel können helfen, Menschen auch mit niedrigerem Einkommen in die eigenen vier Wände zu bringen. Die KfW kann ihren Anteil an der Bewerbung für Immobilienvermögen leisten. Und ich bin überzeugt, dass insbesondere die guten Förderungen zu Energieeffizienz in Hinblick auf eine bessere Energiebilanz des Gebäudesektors einen wichtigen Beitrag leisten, Und hier kann man noch deutlich mehr tun.

An was denken Sie da zum Beispiel?

Wir sollten den Bau mit nachwachsenden Rohstoffen zur CO2-Speicherung fördern, beispielsweise durch die Nutzung von Holz statt Betonbau. Unsere Gesellschaft setzt auf den massiven Ausbau von erneuerbaren Energien. Das braucht Förderung, gerade dann, wenn es nicht zugleich ökonomisch auch die bessere Lösung ist, die PV Anlage zu maximieren.

Bauherren stehen gerade in Zeiten steigender Baupreise vor der Frage, ob sie auf die Kosten der nächstbesseren Energieeffizienzklasse verzichten, weil sie es schlicht müssen, um sich den Traum der eigenen Wohnung oder des eigenen Hauses überhaupt zu erfüllen.

Und warum ist eigentlich nicht die erste eigene Immobilie zur Eigennutzung von der Grunderwerbsteuer befreit? Das wäre ein starkes Signal für die Bevölkerung.

Sie haben die steigenden Baukosten angesprochen. Heißt das, heute geht oft nichts mehr ohne staatliche Zuschüsse?

Wenn wir wollen, dass Menschen auch mit geringerem Einkommen eine Immobilie erwerben können, müssen wir diese Gruppe fördern. Wenn wir daran glauben, dass die eigene Immobilie zu jedem Lebensentwurf gehören soll, brauchen wir Mittel und Wege, das zu erreichen.

Förderung kann den niedrigeren Einkommensklassen helfen, überhaupt etwas zu erwerben, oder zu bauen. Den mittleren Einkommensklassen ermöglichen wir, besser und nachhaltiger zu bauen. Und den oberen Einkommensklassen bieten wir ein Instrument, das Entscheidungen in die Richtung unserer Förderziele bringt. Dabei geht es heute mehr denn je um Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und die Bereitschaft, in eines der knappsten Güter in unserem Land zu investieren, das von vielen als Grundbedürfnis wahrgenommen wird: Wohnen und Wohnraum.

Und wir können in den Bauvorschriften sicherstellen, dass wir nachhaltig bauen. Die Frage bleibt also, was für einen Sinn und Zweck verfolgen wir mit Förderungsmitteln?

Ich wünsche mir die Förderung genau dieser drei Perspektiven:

1. Wir fördern das Bauen an sich, unterstützen Investition in Wohnraum.

2. Wir fördern Energieeffizienz und Nachhaltigkeit beim Bau und setzen hohe Standards.

3. Wir sorgen gleichzeitig dafür, dass es mehr Menschen möglich wird, in die eigenen vier Wände zu kommen.

In welchem Ausmaß hängt die Kalkulation privater Baufinanzierungen tatsächlich von verfügbaren Fördermitteln ab? Mit anderen Worten: Wie häufig brechen Finanzierungskonzepte zusammen, wenn eine Förderung, die einkalkuliert wurde, doch entfällt?

Wir können davon ausgehen, dass es Finanzierungen gibt, die nach dem Stopp von KfW55 nicht mehr möglich waren. Konkrete Menschen konnten womöglich nicht mehr bauen oder erwerben. Solange jedoch die Nachfrage nach Immobilien, so deutlich über dem Angebot liegt, gehe ich andererseits nicht davon aus, dass das bestehende Marktangebot nicht auf ausreichende Nachfrage trifft.

Meine Hypothese wäre: Der Rückzug aus den Förderprogrammen führt dazu, dass in bestimmten Zielgruppen eine niedrigere Preisdurchsetzung möglich wird. Das könnte die Preise bei bestimmten Lagen und Objekten geringfügig dämpfen.

In der privaten Altersvorsorge wird vielfach kritisiert, dass die staatliche Förderung seit Jahren nicht angepasst wurde. Gilt das auch bei der Förderung rund um das Eigenheim?

Die KfW hat die Förderungsprogramme für die Baufinanzierung in der Vergangenheit angepasst. Die Darlehenszinsen wurden gesenkt und die Förderung selbst spürbar erhöht. Das war ein guter und wichtiger Impuls für Verbraucher, gerade beim Thema energieeffizientes Bauen und Sanieren.

Die Bausparprämie hat bei der Frage, ob jemand in die eigenen vier Wände investieren kann, meines Erachtens keine Relevanz. Das zielt für mich eher auf junge Menschen, die am Beginn ihrer beruflichen Laufbahn eine Förderung mitnehmen. Für die Frage, ob sich jemand ein Eigenheim leisten kann oder nicht, machen 70 Euro Unterstützung pro Jahr bei der aktuellen Preisentwicklung sicher keinen Unterschied.

Und was hat das Baukindergeld gebracht? Würden Sie sich hier eine Neuauflage wünschen?

Das Baukindergeld sehe ich positiver. Wir haben zahlreichen Familien geholfen und diese direkt unterstützt. Die Hypothese, dass die Förderung zu einer Erhöhung der Immobilienpreise geführt hat, kann ich anhand unserer Daten nicht nachvollziehen, insofern wünsche ich mir durchaus, dass man hier weiter fördert.

Wie steht es um die Transparenz der unterschiedlichen Fördermöglichkeiten bei Neubau oder Sanierung? Blickt der durchschnittliche Häuslebauer dabei überhaupt durch?

Bei Neubauten ist die Frage nach der Energieeffizienzklasse ein fester Bestandteil der Finanzierungsberatung. Kunden sind heute sehr gut über die überregionalen KfW-Förderungen informiert und wissen sehr wohl, welches Programm für ihr Vorhaben infrage kommt.

Das beginnt schon beim Gespräch mit dem Bauträger oder dem Architekten. Es wird ja schon in der Planungsphase über Energieeffizienz und den damit verbundenen KfW-Standard gesprochen. Und die entsprechenden Förderungen fließen in die finanziellen Planungen mit ein. Auch bei Sanierungen informieren Partner und Dienstleister über mögliche Zuschüsse. Die regionalen Förderungen - beispielsweise durch die Landesförderbanken - sind dagegen oft nicht ganz so bekannt. Hier muss und sollte individuell geprüft werden.

Wie gut lässt sich das Thema "Fördermittel" in digitalen (Selbst-)Beratungstools abbilden beziehungsweise welche Rolle kommt hier dem Berater zu?

Das muss man zweigeteilt betrachten. Wir haben mit der KfW ein großes überregionales Förderinstitut, dessen Produkte zum einen von so ziemlich allen Banken akzeptiert werden. Diese lassen sich gut in digitale Beratungstools integrieren. Und das sind sie im Großen und Ganzen auch schon. Hier gibt es Schnittstellen zur Konditionsreservierung und eine hohe Akzeptanz vonseiten der Vertriebe und der Verbraucher.

Etwas anders sieht es bei den regionalen Förderinstituten aus. Wir haben hier die Situation eines sehr heterogenen Produktangebotes. Die Ausgestaltung dieser Produkte variiert dabei oft stärker, als es bei den regulären Baufinanzierungsprodukten der Fall ist. Dies führt dazu, dass wir hier eine höhere Beratungsnotwendigkeit sehen. Und damit ist auch eine digitale Integration noch nicht weit fortgeschritten.

Dazu kommt, dass auch die technischen Voraussetzungen aufseiten der regionalen Förderbanken oft nicht den Anforderungen genügen. Insgesamt ist die bundesweite KfW gut aufgestellt, regionale Förderbanken können da noch aufholen.

Was wir brauchen ist eine bundesweite, zentrale Förderplattform, auf der regionale Förderbanken ihre Produkte hinterlegen. Dies hätte den Vorteil einer einfachen, technischen Anbindung für Plattformen und würde auch die Möglichkeit unterstützen, Menschen an einer zentralen Stelle auf die gesamte Angebotspalette aufmerksam zu machen. Wie so oft gilt auch hier: Gemeinsames Handeln in digitalen Zeiten würde zu besseren Erfolgen führen und uns eher ans Ziel bringen, die Förderquoten zu erhöhen.

Erschwert das Einbeziehen von Fördermitteln die Sofortkreditzusage, wenn das Finanzierungskonzept darauf angewiesen ist?

Das ist in Zukunft ein wichtiges Thema, für das wir mit unserem Produkt One Click eine Lösung finden werden. Die Prüfung selbst muss für übliche Darlehen gleich ablaufen. Voraussetzung dafür ist, dass One Click für den Produktanbieter erfolgreich durchlaufen wird, um die verbindliche Zusage per sofort zu erhalten. Die Kreditentscheidung für Fördermittel wird bei den Banken, nicht bei der Fördermittelbank getroffen, sodass nicht zwei Zusagen notwendig sind. Grundsätzlich wird das Einbeziehen von Fördermitteln die Sofortkreditentscheidung nicht erschweren. Letztlich wird es eine Entscheidung der einzelnen Produktanbieter sein, ob sie One Click auch mit Fördermitteln anbieten werden. Wir drängen jedenfalls darauf.

Welche Fördermaßnahmen haben sich bewährt? Und welche halten Sie für entbehrlich?

Ich würde mir eine Rückkehr der zinsgünstigen KfW-Darlehen wünschen und zugleich die Wiederaufnahme der Förderung für energieeffizientes Bauen. Diese Förderung in Verbindung mit der Verwendung nachwachsender Rohstoffe bietet eine gute Grundlage für Verbraucher, die sich den Traum des eigenen Zuhauses erfüllen wollen.

Die Bausparprämie empfinde ich dagegen nicht mehr als zeitgemäß und halte diese deshalb auch für entbehrlich. Besser wäre es, wir würden bei der ersten eigenen Immobilie zur Selbstnutzung auf die Grunderwerbsteuer verzichten.

Und wie ist das mit Wohnriester?

Bei Dr. Klein spielt Wohnriester schon seit einigen Jahren keine Rolle bei der Baufinanzierung mehr - nicht zuletzt, weil es mittlerweile auch aufseiten unserer Bankpartner praktisch kein Angebot mehr gibt.

Die Grundidee war sicher gut gemeint: ein Darlehen, bei dem die Riester-Förderung als Tilgung einfließt. Allerdings eben nur bei der Eigennutzung der Immobilie. Wurde das Objekt vermietet oder verkauft, hatte das steuerliche Konsequenzen zur Folge. In der Ausgestaltung war das Produkt also bereits in der Beratung sehr komplex und hat folglich keine nennenswerte Rolle gespielt. Auch die Nachfrage war letztlich nicht hoch.

Stefan Münter , Co-CEO und Vorstand , Europace AG, Berlin
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