Einheit in der Vielfalt

Swantje Benkelberg

sb - Im Versicherungsgeschäft ist die Sparkassen-Finanzgruppe weitaus weniger stringent aufgestellt als die Genossenschaftsorganisation. 18 öffentliche Versicherungsunternehmen beziehungsweise elf Versicherungsgruppen gibt es derzeit in Deutschland. Und die anhaltenden Diskussionen im Nordwesten, wo fünf Jahre nach dem ersten Fusionsversuch von Provinzial Rheinland und Provinzial Nordwest ein neuer Anlauf zumindest geprüft zu werden scheint, zeigen, wie schwierig Zusammenschlüsse zu realisieren sind. Das liegt nicht zuletzt an der Geschichte der öffentlichen Versicherer, die zum Teil schon im 18. Jahrhundert als kommunale oder staatliche Feuerversicherer gegründet wurden und heute im Besitz von Sparkassen, Landesbanken, Landschaftsverbänden und regionalen Sparkassen- und Giroverbänden sind. Da gilt es schon, eine Vielzahl von Interessen unter einen Hut zu bringen. Und so bleibt es wohl bis auf weiteres bei einer bunten Landkarte einer Vielzahl von Anbietern.

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Dem Markterfolg der öffentlichen Versicherer hat das nicht geschadet. Im Bereich Wohngebäudeversicherung, für den sie ursprünglich gegründet wurden und in dem sie lange Monopolisten waren, sind sie ohnehin unangefochtene Marktführer, wenngleich die Marktanteile leicht rückläufig sind. Doch auch in den anderen Sparten müssen sich die Versicherer der Sparkasse nicht verstecken. Für das Jahr 2016 (die Zahlen für 2017 hatte der Verband bei Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht) stehen sie etwa in der Lebensversicherung mit zusammen 11,1 Prozent Marktanteil der genossenschaftlichen R + V (13,1 Prozent) kaum nach. Im Bereich Schaden/Unfall schneiden sie mit 14,1 Prozent (R + V 7,9 Prozent) sogar deutlich besser ab, ebenso wie bei Kranken (6,3 versus 1,4 Prozent). In der Sachversicherung zusammengenommen sind sie mit einem Marktanteil von 23,3 Prozent Marktführer. Alles in allem, so der Verband der öffentlichen Versicherer (VoeV), hat jeder dritte Deutsche mindestens einem Vertrag bei einem der zur S-Finanzgruppe gehörenden Versicherer. Und dieser Markterfolg liegt zum einen in der Regionalität der Anbieter mit ihren 3 600 eigenen Geschäftsstellen begründet, zum anderen in der Kooperation mit den Sparkassen.

Die Regionalität ist jedoch zugleich Fluch und Segen. In der Assekuranz sind Volumina, Skalen und Synergien vielleicht noch nicht ganz so dominant wie beispielsweise im Zahlungsverkehr. Dennoch gewinnen sie an Bedeutung. Zudem liegt es auf der Hand, dass kleine Anbieter wie die Ostfriesische Landwirtschaftliche Brandkasse nicht in der ganzen Bandbreite des Versicherungsgeschäfts tätig sein können. Die Öffentlichen Versicherer setzen deshalb auf Kooperation. Die Zahlen der Ostfriesen zeigen deren Bedeutung: 2017 kamen sie inklusive des Vermittlungsgeschäfts (ohne Leben und Kranken) auf Bestandsbeiträge von etwa 63,5 Millionen Euro, von denen nur 38,9 Millionen auf das selbst abgeschlossene Kompositgeschäft (ohne Kfz) entfallen. Wichtige Kooperationsfelder der öffentlichen Versicherer sind die Sparten Kranken-, Rechtsschutz- und Rückversicherung sowie die betriebliche Altersvorsorge, daneben IT und Online-Dienste sowie Assistanceleistungen. Besonders deutlich wird die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit in der betrieblichen Altersvorsorge. Im neuen Sozialpartnermodell, wie es das Betriebsrentenstärkungsgesetz vorsieht, wären die öffentlichen Versicherer mit ihrem regionalen Ansatz chancenlos. Tarifverträge, in die die bAV-Angebote integriert werden, sind nun einmal überregional; deshalb kommt hier die Sparkassen Pensions Management GmbH ins Spiel. Unter dem Strich lässt sich somit festhalten: Der Eindruck des bunten Flickenteppichs, der sich mit Blick auf die Landkarte der öffentlichen Versicherer ergibt, stimmt nur bedingt. Denn wenngleich Regionalität vielfach betont wird und Zusammenschlüsse schwierig sind, können die öffentlichen Versicherer doch an einem Strang ziehen, wo es wirklich Not tut - getreu dem Motto "Einheit in der Vielfalt", wie es die Borg-Königin in den Star-Trek-Filmen ausgibt. Das heißt aber nicht, dass ihnen nicht noch mehr Gemeinsamkeit gut täte und irgendwann einmal überlebenswichtig werden könnte.

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