Kein Patentrezept

Swantje Benkelberg

sb - Zwei Geschäftsstellen will die Sparda-Bank Baden-Württemberg neu eröffnen. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um echte neue Standorte, also keine Wiedereröffnung umgebauter Filialen oder Umzüge, sondern um eine Erweiterung des Netzes von derzeit 38 Filialen und 51 SB-Banken im Geschäftsgebiet. Damit will die Bank bisherige Lücken in ihrem Vertriebsnetz schließen. Meldungen wie diese sind selten geworden. Und es wird sie künftig vermutlich noch seltener geben, zeigen Kundenbefragungen doch immer wieder, dass der Bank- oder Sparkassenfiliale zwar theoretisch eine hohe Bedeutung beigemessen wird, die tatsächliche Nutzung jedoch stark zurückgegangen ist und wohl auch weiter zurückgehen wird. Einmal mehr lässt sich das aus einer repräsentativen Online-Umfrage des Marktforschungsunternehmens Yougov vom 11. Juni 2018 ablesen, bei der 6 685 Personen ab 18 Jahren danach gefragt wurden, welche Finanzprodukte sie nur in einer Bankfiliale und nicht im Internet abschließen würden. Dabei lag das Girokonto mit 47 Prozent bei Mehrfachnennungen deutlich vorne, mit deutlichem Abstand gefolgt von Kredit (32 Prozent), Bausparvertrag (30 Prozent), Kreditkarte (26 Prozent) und Tagesgeldkonto (23 Prozent). Dass nur 22 Prozent der Befragten sich für Aktien oder Aktienfonds aussprachen, belegt ebenso die geringe Wertpapieraffinität der Deutschen wie das offenbar überschaubare Interesse an Beratung in diesem Feld, das für die Altersvorsorge von so hoher Bedeutung ist. Etwa jeder Vierte (24 Prozent) mochte sich bei keinem der genannten Produkte auf die Filiale festlegen. Dass dieser Wert bei den jungen Kunden zwischen 18 und 24 Jahren mit 18 Prozent am geringsten ist, deutet sicher nicht darauf hin, dass die Filiale bald eine Renaissance erleben wird, sondern scheint eher eine Frage der Erfahrung zu sein. Denn schon in der nächsten Altersgruppe steigt der Wert deutlich an: Bei den 25- bis 34-Jährigen sind es 26 Prozent, bei den 35- bis 44-Jährigen sogar 28 Prozent. Nach Versicherungsprodukten wurde in der Umfrage leider nicht gefragt. Denn gerade hier ist der Abschluss bei vielen Banken und Sparkassen nur beim Berater möglich. Umso interessanter wäre es zu erfahren, inwieweit das dem Wunsch der Kunden entspricht.

Bei der Sparda-Bank Baden-Württemberg dürfte der Ausbau des Filialnetzes primär auf den Wunsch der Kunden nach persönlicher Beratung bei der Baufinanzierung zurückzuführen sein, die das Kerngeschäft darstellt. Wenn 26 Prozent der Befragten zwischen 25 und 44 Jahren und sogar 32 Prozent der 45- bis 54-Jährigen Kredite nur vor Ort abschließen möchten, dann ergibt sich daraus vermutlich ein ordentliches Potenzial, zumal die Werte vielleicht noch höher ausfielen, würde man gezielt nach der Baufinanzierung fragen. Dass die Bank sich zusätzliche Filialen leisten will, ist trotzdem bemerkenswert, gerade weil sie - anders als andere Institute der Gruppe - bislang am kostenlosen Girokonto festhält und damit auf Provisionen aus dem Zahlungsverkehr verzichtet, die andere Häuser längst nicht mehr für verzichtbar halten. Insofern ist sie ein Paradebeispiel dafür, dass es keine Patentrezepte dafür gibt, wie sich unter dem Druck von Niedrigzinsen und Regulierung die Ertragslage stabil halten lässt.

Die zur Verfügung stehenden Stellschrauben hängen jeweils vom Geschäftsmodell und bei regionalen Instituten zudem vom Markt im Geschäftsgebiet ab und sehen im Firmengeschäft anders aus als im Privatkundengeschäft Eine schlanke Struktur ist jedoch keine schlechte Ausgangsbasis beziehungsweise sollte das Ziel sein. Denn bei der Steigerung des Provisionsertrags sind die Möglichkeiten endlich. Im Wertpapiergeschäft und der Bankassurance mögen zwar noch Potenziale schlummern, dafür werden im Zahlungsverkehr nach den bereits vollzogenen Preisanhebungen die Akzeptanzgrenzen sichtbar. Und bis Big Data als Basis genutzt werden kann, um rechtssicher Ansatzpunkte für die Erschließung neuer Erlösquellen zu finden, ist es noch ein weiter Weg, der durch die Datenschutzgrundverordnung nicht kürzer geworden ist. Wo die Erträge nicht wachsen, wird der Tritt auf die Kostenbremse deshalb umso wichtiger. Das Geheimnis besteht darin, die richtigen Stellen für Sparmaßnahmen zu finden.

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