Swantje Benkelberg

Keine Angst vor Fintechs

Swantje Benkelberg, Chefredakteurin, Foto: Fritz Knapp Verlag GmbH

In der Krise schlägt die Stunde der Hausbank. Dieser alte Leitsatz des Firmenkundengeschäfts hat noch immer seine Gültigkeit. Das haben die krisengeprägten Jahre 2020 und 2021 zur Genüge bewiesen. Für viele von Corona und/ oder der Flutkatastrophe betroffene Unternehmen war die Hausbank der erste Ansprechpartner. Sie hat beraten, wie sich Liquidität sicherstellen lässt, welche Schäden versichert sind und welche staatliche Unterstützung oder Förderkredite helfen könnten. Das sind Leistungen, für die Mittelständler ihre Hausbankbeziehung schätzen und derentwegen sie ihr auch im digitalen Zeitalter eine weitaus größere Loyalität entgegenbringen, als das im Privatkundengeschäft üblich ist - das Private Banking einmal ausgenommen.

Die heile Welt, in der im Grunde alles genauso laufen kann, wie es immer schon war, ist indessen auch das Firmenkundengeschäft schon lange nicht mehr. Auch hier schreitet die Digitalisierung voran und mit ihr ein verändertes Kundenverhalten, auf das sich neue Wettbewerber einstellen. Das lässt sich allein schon an der wachsenden Anzahl von B2B-Fintechs ablesen, die sich speziell an kleine und mittelgroße Unternehmen wenden - seit jeher die Kernklientel von Sparkassen und VR-Banken. Diese Fintechs punkten, genau, wie das im Geschäft mit privaten Kunden funktioniert, mit digitalen Prozessen, die den Unternehmen das Leben erleichtern sollen - von der Finanzierungszusage bis hin zum gesamten Ausgabenmanagement. Zielgruppe sind häufig kleinere Betriebe, bei denen die finanziellen Angelegenheiten meist noch weniger komplex sind als bei größeren Unternehmen, die eine größere Bandbreite an Finanz- und Finanzierungsprodukten nutzen. Besonders ins Visier genommen haben Fintechs zum Beispiel Selbstständige im Graubereich zwischen Privat- und Firmenkundengeschäft, die eben aufgrund dieser nicht immer eindeutigen Zuordnung mitunter Schwierigkeiten haben, einen Kredit zu erhalten. Daneben wenden sie sich an junge Unternehmen, denen es für einen klassischen Bankkredit noch an Sicherheiten fehlt, und versprechen ihnen die Finanzierungen, die ihnen ihre Hausbank - auch aufgrund regulatorischer Zwänge - nicht ermöglichen kann.

Ein Stück weit setzen solche Finanzierungsplattformen im B2B-Geschäft die Axt an die Kundenbeziehungen - zeigt doch die Erfahrung aus dem Privatkundengeschäft, dass das Angebotsportfolio von Fintechs rasch ausgebaut werden kann, wenn erst eine gewisse Kundenzahl erreicht wurde. Zudem ist der Mensch bekanntlich ein Gewohnheitstier - Unternehmer nicht ausgenommen. Hat er mit einer Plattform erst einmal gute Erfahrungen gemacht, dann wird er dazu neigen, es dort in Zukunft wieder zu versuchen. Es ist deshalb gut und richtig, dass die Genossenschaftsbanken sich durch die Übernahme von Fincompare im Markt für digitale Mittelstandsfinanzierung eine eigene Plattform gesichert haben, wie es Marko Volck in diesem Heft beschreibt. Plattformen selbst zu betreiben, anstatt nur mit ihnen zu kooperieren, ist in Zeiten der Plattformökonomie zweifellos eine gute Basis.

Der Vergleich mit dem Privatkundengeschäft zeigt allerdings auch, dass Fintechs sich keineswegs durchweg als Wettbewerber der Banken und Sparkassen sehen, sondern vielfach eher als Partner, die sie bei der Digitalisierung unterstützen und/oder bestehende Angebotslücken füllen. Das ist im Geschäft mit dem Mittelstand nicht anders. Dort etwa, wo sich Fintechs auf Kundensegmente spezialisieren, denen Kreditinstitute kein passendes Angebot unterbreiten können, kann die Zusammenarbeit mit einem Fintech die Lösung sein, die allen Beteiligten hilft. Die Bank kann dem Unternehmer an das Fintech vermitteln, wo er seine Finanzierung erhalten kann - und hat sich damit dem Kunden gegenüber als Problemlöser erwiesen, auch dort, wo sie selbst nicht mit einem Angebot mithalten konnte. Das ermöglicht ihr, beim Kunden einen guten Eindruck zu hinterlassen und damit bei künftigen Finanzangelegenheiten zumindest wieder in die engere Wahl gezogen zu werden, etwa, wenn es um Förderkredite, Factoring oder Cash Management geht, selbst wenn die App dazu vielleicht wieder von einem Fintech kommt. Oder eben in der Krise, welcher Art sie auch sei. Denn da ist ein Berater, der sich Zeit nimmt, um Auswege zu finden, anstatt einfach die Kreditlinien zu kündigen, wenn es einmal schwierig wird, nach wie vor jeder Plattform überlegen.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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