Nur ein Teil der Wahrheit

Swantje Benkelberg

Sucht man im Internet nach den Begriffen "Banken" und "Steuern", dann werden die Ergebnisse zunächst einmal von Negativmeldungen dominiert: Cum-Ex, Panama Papers, Geldwäsche, Steueroasen, Bauherren-Modelle, so die Stichworte. Der Gesamteindruck ist der einer Branche, die ihren Kunden tatkräftig dabei hilft, ihr Vermögen vor dem Zugriff des Fiskus zu schützen. Eine Schmuddel-Branche eben. Keine Frage: Natürlich hat es Skandale gegeben. Doch sie sind nur ein Teil der Wahrheit. Das gilt deswegen, weil die "Gestaltungsmöglichkeiten" unter anderem meist nur einem Teil der Kundschaft offenstehen - primär Private-Banking- oder großen Firmenkunden.

Die breite Masse mittelständischer Unternehmen sowie der Privatkunden hat solche Möglichkeiten gar nicht. Im Retailbanking kann es deshalb gar nicht um "Steuervermeidungsmodelle" gehen. Sondern hier sind die Banken in allererster Linie Dienstleister des Staates. Rund sieben Milliarden Euro an Abgeltungssteuer haben sie 2018 für den Fiskus eingezogen, so weist es das Bundesfinanzministerium aus. Und während der Staat sich von den Kirchen für den Einzug der Kirchensteuer bezahlen lässt und dafür einen Anteil etwa zwischen 2 und 4,5 Prozent des Kirchensteueraufkommens einbehält, darf die Kreditwirtschaft den Einzug von Abgeltungssteuer und Solidaritätszuschlag für den Fiskus (und der Kirchensteuer auf Kapitalerträge für die Kirchen) untentgeltlich erledigen. Selbstredend dürfen die damit verbundenen Kosten auch nicht an den Kunden weitergegeben werden. Schließlich hat die Rechtsprechung hinreichend klargestellt, dass es regelmäßig eine unangemessene Benachteiligung des Kunden darstellt, wenn er für Kosten zur Kasse gebeten wird, die durch die Erfüllung gesetzlicher Auflagen entstehen. Wie viel genau das mit der Abführung der Steuern verbundene Meldewesen und die entsprechenden Rechenzentrumsleistungen kosten, lässt sich ohnehin schwer quantifizieren.

Ein weiteres Feld, in dem sich Kreditinstitute als Dienstleister des Fiskus betätigen dürfen, ist das Thema Geldwäscheprävention. Hier gibt es zumindest Zahlen dazu, was es kostet, in diesem Bereich nicht achtsam genug gewesen zu sein: 16 Milliarden US-Dollar haben europäische Banken deshalb zwischen 2012 und 2018 an Strafe gezahlt, das meiste davon in den USA. So hat es Moody's errechnet. Vergütung des Aufwands, der mit der Einhaltung der strengen Geldwäscheregularien verbunden ist - ebenfalls Fehlanzeige.

Neben diesen Dienstleistungen sind Banken natürlich auch selber Steuerzahler - und das nicht zu knapp, auch wenn die öffentliche Berichterstattung mitunter einen anderen Eindruck erweckt. 7,5 Milliarden Euro an Steuern haben Kreditinstitute in Deutschland 2017 gezahlt, ist im Monatsbericht der Bundesbank vom Dezember 2018 zu lesen. Das entspricht 1,4 Prozent der gesamten Steuereinnahmen, die das Bundesfinanzministerium für 2017 ausweist. 5,1 Milliarden Euro davon - stolze 68 Prozent - haben die genossenschaftlichen Primärbanken und Sparkassen gezahlt. Ihre Steuerbelastung ist ausweislich der Bundebank mit rund zehn Prozent der operativen Erträge etwa fünfmal so hoch wie die der Großbanken. Fiskalisch gesehen ist die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz erhoffte Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank ohnehin eher fragwürdig, wäre doch eine solche Bankenhochzeit erfahrungsgemäß zunächst einmal mit beträchtlichen Kosten und damit noch weniger Steuereinnahmen verbunden. Mit Blick auf die Steuerleistungen der Kreditwirtschaft wäre es somit wichtiger, eine Entlastung regionaler Institute vom regulatorischen Aufwand voranzutreiben.

Die Bremsspuren, die überbordende Regulatorik und Geldpolitik in der GuV von Banken und Sparkassen hinterlassen haben, sind am Steueraufkommen der Branche ablesbar. Der Beitrag, den sie für die Gesellschaft leisten, ist allerdings noch höher: Hier sind auch die Mittel einzurechnen, die für gesellschaftliches Engagement aufgewendet werden. Gerade in kleineren und finanzschwachen Kommunen ist dieser Beitrag zum Beispiel für das Überleben von Sportvereinen oder im Bereich Kultur nicht zu unterschätzen - sind doch die örtliche Volksbank oder Sparkasse häufig die wichtigsten Sponsoren. Diese Rechnung wird leider nicht aufgemacht, wenn von Banken als Steuerbetrüger die Rede ist. Denn es ist nun einmal so, dass Skandale weit mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen als Positivmeldungen.

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