Verlässlich statt verlassen

Swantje Benkelberg, Foto: Fritz Knapp Verlag GmbH

Schon im Privatkundengeschäft hat sich gezeigt: So ganz ohne Banken geht es aller Technologie und allen Fintechs zum Trotz offenbar nicht. Für Unternehmen gilt das noch in weitaus stärkerem Maße, geht es bei ihnen doch um sehr viel mehr. Während Bankdienstleistungen für viele Privatkunden mehr oder weniger austauschbar sind, hängt für Unternehmen das Wohl und Wehe an einer verlässlichen Bankverbindung. Der Zahlungsverkehr muss alle damit verbundenen Bedürfnisse damit abdecken - national und international. Und wenn es um die Finanzierung geht, ist es wichtig, dass Kreditlinien nicht sofort gekündigt werden, wenn es einmal hakt. Daran kann die ganze Existenz hängen.

Für Banken hat das den Vorteil, dass Firmenkunden auch in schnelllebigen Zeiten von großer Treue sind. Jedes zweite mittelständische Unternehmen ist laut KfW Research bereits seit 20 Jahren und länger bei seiner Hausbank, bei weiteren 26 Prozent besteht die Kundenbeziehung seit 10 bis 19 Jahren. Diese Treue honorieren Kreditinstitute, die sich als "Hausbank" verstehen, damit, dass sie - soweit dies möglich ist - ihre Kunden auch durch schwierige Zeiten begleiten. Gerade für regionale Kreditinstitute ist auch das Teil der regionalen Verantwortung, die sie sich auf die Fahnen schreiben. Spezialbanken wie zum Beispiel die Edekabank, die Apo Bank oder die Bank Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe punkten darüber hinaus mit speziellem Branchen-Know-how. Auch das kann die Kundenbeziehung festigen.

In Stein gemeißelt ist das alles freilich nicht. Natürlich schauen auch Unternehmen über den Tellerrand der eigenen Bank hinaus nach attraktiven Angeboten - den innovativere Zahlungs-Verkehr, die auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittene Angebotspalette für das Auslandsgeschäft, die günstigeren Kreditkonditionen oder schnellere Bearbeitungsprozesse. Immer häufiger werden sie hier nicht nur beim Wettbewerb aus der eigenen Branche fündig, sondern auch bei Finanzierungsplattformen. Für Letztere spricht aus Sicht mittelständischer Unternehmen neben schnelleren Kreditentscheidungen vor allem die "Abnabelung" von der Hausbank: Unabhängigkeit von der Hausbank, Alternative zum Kontokorrentkredit und Verbreiterung der Finanzierungsbasis lauten hier die Stichworte. Hinzu kommt der Zugang zu unbesicherten Krediten.

Bei Letzteren werden Banken und Sparkassen nur schwer mithalten können, schließlich mischt sich die Aufsicht sofort ein, wenn sie den Eindruck gewinnt, dass die Kreditvergabepraxis der Institute zu lax sein könnte. Im Balanceakt zwischen den beiden Anforderungen, die Kreditversorgung der Unternehmen sicherzustellen, damit der Wirtschaftsmotor brummt, wie es auch die Politik immer wieder anmahnt, und einem soliden Risikomanagement wird und sollte die Risikoprüfung immer den Vorrang haben. Auch Unternehmen sind freilich gut beraten, sich nicht zu blauäugig auf Online-Portale und vor allem die vermeintlich unkompliziertere Schwarmfinanzierung einzulassen. Denn die Nagelprobe, wie solche Plattformen mit Unternehmen in der Krise umgehen, wenn die Wirtschaftslage schwieriger wird, steht noch aus.

In Sachen Prozessverbesserung und Schnelligkeit der Kreditvergabe könnten und sollten sich Kreditinstitute gleichwohl an den neuen Wettbewerbern orientieren und nachbessern. Natürlich lässt sich nicht jeder Firmenkredit so gut automatisieren wie etwa ein Konsumentenkredit. Die technischen Möglichkeiten sind allerdings vermutlich noch nicht ausgeschöpft, ebenso wie die Potenziale einer Zusammenarbeit mit Fintechs. Ein gutes Beispiel dafür, wie auch eigentlich nicht Finanzierbares durch eine solche Kooperation finanzierbar werden kann, schildert Dirk Piethe in diesem Heft. Ansätze, mit denen die Bank digitale Schnittstellen zum Unternehmen bekommt, wird es im Zusammenhang mit der Industrie 4.0 wohl vermehrt brauchen.

Digitalisierung ist freilich das eine - persönlicher Kontakt das andere. Und Letzterer hat im Firmenkundengeschäft einen ganz anderen Stellenwert als im Privatkundengeschäft. Die Übertragung der "Nähe" von der realen in die digitale Welt ist deshalb weitaus schwieriger zu gewährleisten. Der Wunsch des Mittelstands an seine Banken, den Liz Becker formuliert - das Filialnetz nicht noch weiter auszudünnen - wird vielleicht nicht zu erfüllen sein. Es müssen dann aber neue Formate jenseits der digitalen Welt gefunden werden.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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