Streitfrage: Gutgläubiger Erwerb durch eine Leasing-Gesellschaft?

Einkaufsfinanzierer klagte auf Herausgabe eines hochwertigen Wirschaftsgutes

Alexander Kruse Quelle: Hengerer & Niemeier

Inwieweit darf eine Leasing-Gesellschaft auf den gutgläubigen Erwerb von Wirtschaftsgütern vertrauen? In welchen Fällen sind verstärkt Nachforschungen über die Rechtmäßigkeit eines Veräußerungsgeschäfts geboten, um das Risiko der groben Fahrlässigkeit zu minimieren? Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat einen Sachverhalt entschieden, der richtungweisend auf andere Konstellationen übertragen werden kann. Der Autor berichtet über diesen Rechtsstreit als Rechtsanwalt und Prozessbevollmächtigter der Leasing-Gesellschaft (Red.)

Der gutgläubige Erwerb vom Nichtberechtigten und seine Folgen sind und bleiben eine für die Leasing-Wirtschaft äußerst relevante zivilrechtliche Materie des Sachenrechtes, geregelt vornehmlich in den §§ 932-936 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), daneben in § 366 des Handelsgesetzbuchs (HGB).

Der gutgläubige Erwerb vom Nichtberechtigten ist eine zivilrechtliche Regelungsmaterie zum Schutz des Vertrauens in den Rechtsverkehr sowie dessen Praktikabilität. Denn grundsätzlich steht jeder Erwerbsinteressent bei einem Veräußerungsvorgang vor dem Risiko, mangels Verfügungsbefugnis des Veräußerers am Ende kein Eigentum an einem Wirtschaftsgut zu erwerben. Um dieses Risiko zu verringern, können laut Gesetz Rechtspositionen unter bestimmten Umständen durch einen Dritten erworben werden, obwohl dem Veräußerer diese Positionen nicht zustehen, wohl wissend, dass diese Entscheidung einen Rechtsverlust beim Berechtigten impliziert.

In der Leasing-Wirtschaft sind insbesondere die Fälle bekannt, in denen die Leasing-Geberin auf der Grundlage des Umstandes, dass sie lediglich mittelbare Besitzerin des Leasing-Gegenstandes ist, ihr Eigentum an dem Leasing-Gegenstand unter bestimmten Umständen verlieren kann. Dies ist dann gegeben, wenn der Leasing-Nehmer als Nichtberechtigter über den Leasing-Gegenstand im Verhältnis zu einem Dritten verfügt, dem Dritten den Leasing-Gegenstand übergibt und der Dritte im Sinne des § 932 BGB gutgläubig ist.

Darüber hinaus kommt es allerdings auch immer wieder zu (Rechts-) Streitigkeiten zwischen Leasing-Gesellschaften und Dritten hinsichtlich der Eigentumsrechte aus und im Zusammenhang mit dem Beschaffungsvorgang.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 9. Februar 2005,1 dass eine Leasing-Geberin, zu deren üblichen Geschäften die Finanzierung von Lastkraftwagen mit einem erheblichen wirtschaftlichen Wert gehört, beim Kauf eines solchen Fahrzeuges von einem Vertragshändler des Herstellers nicht gutgläubig das Eigentum an dem Fahrzeug erwirbt, wenn der Vertragshändler den Kraftfahrzeugbrief nicht übergibt und die Leasing-Gesellschaft aufgrund ihrer zahlreichen einschlägigen Geschäftserfahrungen weiß oder wissen müsste, dass sich der Hersteller regelmäßig das Eigentum an dem Fahrzeug bis zur vollständigen Weiterleitung des Kaufpreises an ihn vorbehält, dass der Hersteller die Verfügungsbefugnis der Händler entsprechend einschränkt und er den Fahrzeugbrief zur Verhinderung eines gutgläubigen Erwerbs durch Dritte zurückhält oder zum Zwecke des Dokumenteninkassos einem Treuhänder überlässt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz entschied mit Urteil vom 9. April 2010,2 dass dem Käufer einer Sache in bestimmten Fällen Nachforschungspflichten bezüglich der Verfügungsbefugnis an dem Kaufobjekt obliegen und ein Unterlassen dieser Pflichterfüllung zur Bösgläubigkeit führen kann.

Beide Entscheidungen befassen sich ausführlich mit der Frage des gutgläubigen Erwerbs hochwertiger und neuwertiger Leasing-Objekte - das OLG Koblenz im Falle der Unterschlagung durch den Leasing-Nehmer. Das Gericht bildete verschiedene auch auf andere Sachverhalte übertragbare Fallgruppen und gibt damit einen guten Überblick über die Rechtsprechung für andere Sachverhalte auf der Grundlage einer Unterschlagung durch den Leasing-Nehmer. Zu mit der BGH-Entscheidung3 vergleichbaren Sachverhalten gibt es relativ wenige Gerichtsentscheidungen.

Am 2. August 2017 wurde durch das OLG Frankfurt am Main4 ein durchaus interessanter Sachverhalt entschieden. Die Ausführungen des Gerichts können auf viele andere Konstellationen übertragen werden und zeigen deutlich, wie "schmal der Grat" im Bereich der Gut- beziehungsweise Bösgläubigkeit ist.

Ausgangssachverhalt

In der Rechtssache vor dem Landgericht (LG) Frankfurt am Main5 beziehungsweise vor dem OLG Frankfurt am Main6 klagte ein französisches Kreditinstitut mit einer Zweigniederlassung in Deutschland gegen eine Leasing-Gesellschaft. Die Klägerin befasst sich unter anderem mit der Finanzierung von landwirtschaftlichen Maschinen eines bestimmten Fabrikates, welche in Deutschland zentral über eine Konzerngesellschaft vertrieben werden.

Ein Landmaschinenhändler (Firma S.), welcher als sogenannter "Partner des Herstellers" von landwirtschaftlichen Maschinen mit dem Vertrieb von Mähdreschern beschäftigt war, hatte gemäß Rechnung vom 22. Juni 2011 von der Konzerngesellschaft den streitbefangenen Mähdrescher als Vorführungsgerät zum Preis von insgesamt 272 694,69 Euro käuflich erworben. Die Absatzfinanzierung der Maschine erfolgte über eine weitere Konzerngesellschaft der Klägerin, welche mit verschiedenen Fachhändlern, wie unter anderem der Firma S., zusammenarbeitete. Gemäß einem dem Kunden D. unterbreiteten Angebot zum Erwerb eines Mähdreschers schlossen die Leasing-Gesellschaft und ihr Kunde D. unter dem 9. Juli 2012 einen Mietkaufvertrag über den streitgegenständlichen Mähdrescher ab. Auf der Grundlage dieser Einigung bestellte die Leasing-Gesellschaft am 13. Juli 2012 den Mähdrescher bei der Firma S. zum Preis von 255 000 Euro, welche der Leasing-Gesellschaft das Objekt mit 303 450 Euro brutto in Rechnung stellte. In dieser Bestellung war auf der Grundlage der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Übergabe des Leasing-Objektes unmittelbar an den Kunden D. als Leasing-Nehmer vorgesehen.

Unter Ziffer 6 der Bestellbedingungen ergab sich folgende Regelung:

- "Eigentumsübergang

Die Übergabe des Leasing-Objektes an uns erfolgt durch Auslieferung des Objektes an den Leasing-Nehmer der das Leasing-Objekt von uns least. Andernfalls wird die Übergabe ersetzt durch die Abtretung ihres Herausgabeanspruchs gegen den Leasing-Nehmer an uns beziehungsweise durch die hiermit getroffene Vereinbarung eines unentgeltlichen Verwahrungsverhältnisses mit Ihnen, soweit das Objekt ausnahmsweise in Ihrem Besitz sein sollte. In jedem Falle garantieren Sie uns, dass das Eigentum am Leasing-Objekt mit Begleichung Ihrer Rechnung in Verbindung mit oben genannter Übergaberegelung unwiderruflich und unmittelbar auf uns übergeht."

In Ausführung der Bestellung lieferte die Firma S. den Mähdrescher am 17. Juli 2012 gegen die Erteilung einer Übernahmebestätigung an den Kunden D. aus. Zur Begleichung der unter dem 17. Juli 2012 durch die Firma S. erstellten Rechnung über den Mähdrescher zu einem Bruttopreis von 303 450 Euro veranlasste die Leasing-Gesellschaft die Zahlung des Kaufpreises an die Firma S., welche zu einem späteren Zeitpunkt in Insolvenz geriet. Mit Schreiben vom 14. Februar 2014 stellte die Klägerin gegenüber der Firma S. eine gemäß Rückrechnung ermittelte Gesamtforderung in Höhe von 149 543,19 Euro mit sofortiger Wirkung zur Rückzahlung fällig.

Die Klägerin machte zur Begründung ihrer auf die Herausgabe des Mähdreschers gerichteten Klage geltend, für den Betrieb der landwirtschaftlichen Maschinen des Herstellers sei die Konzerngesellschaft zuständig gewesen, welche mit verschiedenen Fachhändlern, unter anderem auch der Firma S. zusammengearbeitet hätte. Diese habe die Klägerin veranlasst, zur Ablösung des von ihr am 18. Juli 2011 geschlossenen Darlehensvertrages mit der weiteren Konzerngesellschaft der Klägerin den Mähdrescher ihrerseits zu finanzieren, wobei diese Maschine (gemäß Ziffer 2 A der Finanzierungsbedingungen) der Klägerin zur Sicherheit übereignet worden sei.

Während es in der Branche des Land- und Baumaschinenhandels üblich sei, dass die bei einem Fachhändler stehenden und zum Verkauf angebotenen Objekte in aller Regel im Eigentum einer finanzierenden Bank stünden und/oder den verlängerten Eigentumsvorbehalt des Vorlieferanten unterlägen, habe auch die Klägerin die im Rahmen der Absatzfinanzierung gestundete Kaufpreisforderung an dem unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Objekt abgelöst und die Forderung gegen die Fachhändlerin als Darlehensforderung in eine Eigenfinanzierung der Fachhändlerin umgewandelt. Indem die Klägerin ihrerseits am 19. Juli 2011 den Kaufpreis mit schuldbefreiender Wirkung an die Konzerngesellschaft gezahlt habe, sei ihr der Mähdrescher (gemäß Ziffer 2A der Finanzierungsbedingungen) sicherungsübereignet worden. Nachdem die Firma S. die Jahresrate Ende 2013 nicht gezahlt habe, habe die Klägerin den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 14. Februar 2014 fristlos gekündigt.

Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts

Die Parteien stritten zwei Instanzen darüber, ob die Leasing-Gesellschaft im Jahre 2012 das Eigentum an dem Mähdrescher gutgläubig erworben hatte (oder nicht).

Die Klägerin vertrat dazu die Ansicht, dass die Leasing-Gesellschaft sich - wie bei hochwertigen Industriegütern üblich - die Verkaufsunterlagen hätte vorlegen lassen und um die Bekanntgabe des vorfinanzierenden Bankinstituts hätte bitten müssen. Auf die Beteuerung der Firma S., wonach keine entgegenstehenden Rechte Dritter bestünden, hätte sich die Leasing-Gesellschaft nicht verlassen dürfen.

Die Leasing-Gesellschaft machte geltend, selbst wenn sie in Betracht hätte ziehen müssen, dass Landmaschinenhändler regelmäßig Finanzierungshilfen in Anspruch nehmen müssten, hätte die Leasing-Gesellschaft davon ausgehen dürfen, dass die Firma S. befugt gewesen sei, das Eigentum auf den Käufer zu übertragen. Mangels einer bei Mähdreschern unstreitig nicht bestehenden Zulassungsbescheinigung hätten für sie keine weiteren Nachforschungspflichten bestanden.

Bereits das erstinstanzliche Gericht wies die Klage vollumfänglich ab. Der Klägerin stehe nach Auffassung des Gerichtes gegen die Leasing-Gesellschaft kein Anspruch auf Herausgabe des Mähdreschers gemäß § 985 BGB zu, da selbst im Falle der Wirksamkeit der Finanzierungsbedingungen der Klägerin von einem gutgläubigen Erwerb der Leasing-Gesellschaft von der Firma S. gemäß §§ 929, 932 Absatz I und II BGB auszugehen sei. Hinsichtlich der notwendigen Gutgläubigkeit knüpfe der Rechtschein an die Besitzverschaffungsmacht der Veräußerin an. Während die Leasing-Gesellschaft keine positive Kenntnis vom fehlenden Eigentum der Veräußerin besessen habe, müsse sich ein als Erwerber agierender Kaufmann bei dem Bezug der Ware von einem Zwischenhändler zwar grundsätzlich auf einen verlängerten Eigentumsvorbehalt einstellen, nicht aber auf eine Sicherungsübereignung.

Angesichts des in Betracht kommenden Sicherungseigentums Dritter bestünden Nachforschungspflichten des Erwerbers grundsätzlich nur dann, wenn hierfür besondere Anhaltspunkte vorlägen. Da für eine Übereignung nach § 929 BGB ein ausreichender mittelbarer Besitz des Erwerbers begründet worden sei, sei von einem gutgläubigen Eigentumserwerb der finanzierenden Leasing-Gesellschaft auszugehen.

Berufungsinstanz

Gegen diese Entscheidung wendete sich die Klägerin mit ihrer formund fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Angesichts der für den Erwerb des Eigentums an dem Mähdrescher darlegungs- und beweispflichtigen Leasing-Gesellschaft habe das Landgericht laut Auffassung der Klägerin nicht genügend berücksichtigt, dass der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer im Falle des gutgläubigen Erwerbs erlangt haben müsse. Soweit in der Bestellung der Leasing-Gesellschaft vom 13. Juli 2012 bei der Firma S. der Eigentumsübergang an dem Mähdrescher mit der Zahlung des Kaufpreises und nach Maßgabe weiter Übergabemodalitäten geregelt worden sei, habe die Firma S den Mähdrescher erst am 17. Juli 2012 an den Kunden D. als Vertragspartner der Leasing-Gesellschaft übergeben und erst danach den Verkaufspreis am 20. Juli 2012 überwiesen.

Da insoweit die Einigung der Leasing-Gesellschaft mit der Firma S. über den Eigentumsübergang am Mähdrescher frühestens am 20. Juli 2012 zustande gekommen sei, sei die Firma S. zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr Besitzerin des Mähdreschers gewesen. Die Anwendung der § 932 Absatz I Satz 2, 929 Satz 2 BGB käme für eine solche Fallkonstellation nicht in Betracht, weshalb auch eine Anwendung des § 366 HGB ausscheide.

Im Übrigen sei das erstinstanzliche Gericht den Darlegungen der Klägerin zur fehlenden Gutgläubigkeit der Leasing-Gesellschaft nicht genügend nachgegangen. Insbesondere habe das Landgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens über den in der Branche des Baumaschinen- und Landmaschinenhandels üblichen Handelsbrauch unterlassen, wonach die bei einem Fachhändler stehenden und zum Verkauf angebotenen Maschinen regelmäßig im Eigentum einer finanzierenden Bank stünden und/ oder dem Eigentumsvorbehalt des Vorlieferanten unterlägen.

Das erstinstanzliche Gericht habe es weiter unterlassen, diese Frage nach dem Bestehen eines Handelsbrauchs auf tatsächlicher Ebene zu klären. Auf der Grundlage der unter Beweis gestellten Handelsüblichkeit der Finanzierung von landwirtschlichen Maschinen habe sich eine Erkundigungsobliegenheit der Leasing-Gesellschaft im Juli 2012 gegenüber der Firma S. ergeben, wobei die Unterscheidung zwischen einem in Betracht kommenden Eigentumsvorbehalt der Vorlieferanten beziehungsweise dem Sicherungseigentum eines Dritten dazu obsolet gewesen sei. Wäre die Leasing-Gesellschaft ihrer insoweit begründeten Erkundigungspflicht nachgekommen, hätte sie erkannt, dass die Kaufpreiszahlung durch die Vorlieferantin im Rahmen einer Finanzierung des Erwerbs des Mähdreschers durch die Firma S. unter damit einhergehender Begründung des Sicherungseigentums der Klägerin erfolgt sei.

Die Leasing-Gesellschaft verteidigte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die angefochtene Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main. Nach ihrer Ansicht gelte im rechtsgeschäftlichen Warenverkehr die anzunehmende Befugnis, zum Kauf angebotene Wirtschaftsgüter ohne diesbezüglich existierende Nachforschungspflichten zu erwerben. Etwas anderes hätte die Leasing-Gesellschaft im Übrigen auch nicht aus einer Rechnung der Konzerngesellschaft entnehmen können, wenn sie sich diese hätte vorlegen lassen.

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das angefochtene Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main führte in der Sache selbst nicht zum Erfolg. Die Klägerin vermochte keine durchgreifenden Gesichtspunkte vorzutragen, welche auf der Grundlage der nach § 529 Zivilprozessordnung (ZPO) zugrunde liegenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten.7

Entscheidung des Berufungsgerichts

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Herausgabe des streitgegenständlichen Mähdreschers gemäß § 985 Absatz I BGB zu, da die Leasing-Gesellschaft ungeachtet der im Streit stehenden früheren Eigentümerstellung der Klägerin jedenfalls gemäß §§ 929, 932 BGB, 366 HGB gutgläubig das Eigentum an dem streitgegenständlichen Mähdrescher erworben hat. Dies soll unabhängig davon gelten, ob die Eigentumsübertragung durch die Firma S. durch ein als Berechtigte dazu befugtes Unternehmen erfolgte oder diese im Falle des Bestehens eines von der Klägerin zu ihren Gunsten geltend gemachten Sicherungseigentums als Nichtberechtigte verfügte.

Während sich die Leasing-Gesellschaft mit der Firma S. über die Übereignung des Mähdreschers an die Leasing-Gesellschaft einig war, erfolgte die Übergabe an die Leasing-Gesellschaft als Erwerberin (§ 929 Absatz I BGB) auf deren Geheiß durch Auslieferung des Mähdreschers an den Kunden D., mit dem die Leasing-Gesellschaft einen Mietkaufvertrag abgeschlossen hatte. Bereits mit der Bestellung der Leasing-Gesellschaft vom 13. Juli 2012 bei der Firma S. und deren Annahme waren sich die Parteien einig, dass der Eigentumsübergang an dem Mähdrescher mit der Zahlung des Kaufpreises nach Maßgabe der weiter geregelten Übergabemodalitäten eintreten sollte.

Hinsichtlich der für die dingliche Übereignung notwendigen Übergabe war es insoweit für die Anwendbarkeit des § 929 Absatz I BGB nicht erforderlich, dass die Firma S. als Veräußerin ihren unmittelbaren Besitz auf die Beklagte als Erwerberin überträgt. Es genügte vielmehr, dass die Firma S. den unmittelbaren Besitz auf Geheiß der Leasing-Gesellschaft auf den Kunden D. übertrug.8

Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Einwand der Leasing-Gesellschaft, das Fehlen einer Weiterveräußerungsklausel in den Finanzierungsbedingungen der Klägerin stelle eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB mit der Folge der Unwirksamkeit dieser Regelung dar. Die Frage einer tatsächlich bestehenden Befugnis zur Eigentumsübertragung der Zwischenhändlerin an die Leasing-Gesellschaft kann letztlich dahingestellt bleiben. Dass die Firma S. mangels einer ihr selbst zustehenden Eigentümerstellung nicht befugt war, den streitgegenständlichen Mähdrescher zu übereignen, ist gerade Grundlage des gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten.

Soweit die Klägerin der Annahme des gutgläubigen Eigentumserwerbs am Mähdrescher durch die Leasing-Gesellschaft mit dem Hinweis entgegen trat, es genüge nicht, dass der vermeintliche Eigentümer zumindest früher einmal Besitzer gewesen wäre, vermag dieser Einwand die Annahme einer wirksamen Übergabe im Sinne des § 929 BGB nicht infrage zu stellen. Vielmehr genügt für die notwendige Übergabe, dass die Firma S. als Veräußerin die Maschine auf Geheiß der Leasing-Gesellschaft an deren Kunde D. auslieferte und dadurch aufgrund des zwischen diesem und der Leasing-Gesellschaft zuvor geschlossenen Mietkaufvertrages unmittelbaren Besitz verschaffte. Während ein etwaiger abweichender Wille des Kunden D., den Mähdrescher etwa nicht für die Leasing-Gesellschaft besitzen zu wollen, ohnehin nicht ersichtlich geworden ist, wäre ein davon abweichender innerer Wille im Übrigen auch unbeachtlich.9

Dass die maßgebliche Regelung für den vertraglich gewollten Eigentumserwerb der Leasing-Gesellschaft an dem Mähdrescher in der Bestellung der Leasing-Gesellschaft vom 13. Juli 2012 bei der Firma S. niedergelegt war, während die Auslieferung des Mähdreschers an den Kunden D. erst am 17. Juli 2012 erfolgte, ist für die notwendige Begründung mittelbaren Besitzes ohne entscheidende Bedeutung. Dies entspricht vielmehr der auf die Einigung mit der Leasing-Gesellschaft bezogenen Übergabe durch die Veräußerin an den Besitzmittler, den Kunden D. (als Geheißperson) der Leasing-Gesellschaft.

In gleicher Weise vermag der Einwand der Klägerin, der Übergang des Eigentums habe nach der vertraglichen Regelung zwischen der Firma S. und der Leasing-Gesellschaft frühestens mit der Überweisung des Kaufpreises gemäß Rechnung vom 17. Juli 2012 am 20. Juli 2012 erfolgt sein können, nicht zu überzeugen. Insoweit wird nicht berücksichtigt, dass die Einigung zwischen den Parteien mit dem Abschluss des Vertrages erfolgte und der Eigentumsübergang unter der aufschiebenden Bedingung der Bezahlung des Kaufpreises durch die Leasing-Gesellschaft stand.

Anders als in dem von der Klägerin in Bezug genommene Fall des BGH,10 bei dem sich das Leasing-Objekt zum Zeitpunkt der dinglichen Einigung bereits im unmittelbaren Besitz der den Besitz erkennbar nicht für den Leasing-Geber ausübenden Leasing-Nehmerin befand, hat vorliegend die Firma S. den Besitz an den aufgrund des Mietkaufvertrages mit der Leasing-Gesellschaft verbundenen unmittelbaren Besitzer (Kunde D.) als Geheißperson übertragen, nachdem zuvor eine Einigung über den mit Zahlung des Kaufpreises zu erfolgenden Eigentumsübergang erzielt worden war. Indem es zur Erlangung des mittelbaren Besitzes an dem Leasing-Gegenstand zusätzlich erforderlich ist, dass der unmittelbare Besitzer zum Zeitpunkt der eigenen Besitzerlangung noch den Willen hat, für den mittelbaren Besitzer in Anerkennung eines Herausgabeanspruchs zu besitzen,11 steht dieses Besitzmittlungsverhältnis zwischen der Leasing-Gesellschaft und dem Mietkäufer (Kunde D.) vorliegend außer Frage.

Im Gegensatz zu dem vorliegenden Fall bestanden in dem vom BGH entschiedenen Fall konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die dortige Leasing-Nehmerin durch Manipulation an den Identifikationsnummern der Geräte nach außen manifestiert hatte, dass sie den Besitz gerade nicht für den Erwerber habe ausüben wollen. Eine solche nach außen manifestierte Willensänderung des unmittelbaren Besitzers, welche die Entstehung mittelbaren Besitzes und damit die Besitzerlangung des Erwerbers hindert, ist vorliegend nicht ersichtlich. Die Bezugnahme der Klägerin auf die zitierte Entscheidung des BGH vom 10. November 200412 geht insbesondere deshalb fehl, weil in der dort entschiedenen Konstellation anders als im vorliegenden Fall die Leasing-Nehmerin bereits vor dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung deutlich zum Ausdruck gebracht hatte, nicht für die dortige Leasing-Geberin den Besitz ausüben zu wollen.

Bei der Annahme der notwendigen Gutgläubigkeit der Leasing-Gesellschaft in die Verfügungsbefugnis der Zwischenhändlerin liegen weder Anhaltspunkte für eine positive Kenntnis der Leasing-Gesellschaft von der im Hinblick auf ein etwaiges Sicherungseigentum der Klägerin fehlende Verfügungsbefugnis der Firma S. noch für eine insoweit anzunehmend grobe Fahrlässigkeit der Leasing-Gesellschaft vor.

Der Annahme des gutgläubigen Erwerbs des Mähdreschers durch die Leasing-Gesellschaft steht auch nicht das durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellte Vorbringen entgegen, wonach die bei einem Fachhändler stehenden und zum Verkauf angebotenen Maschinen in der Regel im Eigentumsvorbehalt einer finanzierenden Bank stehen würden und/oder dem Eigentumsvorbehalt des Vorlieferanten unterlägen.

Dabei kann es letztlich auch dahingestellt bleiben, ob dieses Vorbringen die tatsächlichen Voraussetzungen eines insoweit geltenden Handelsbrauchs in ausreichender Weise beschreibt. Unabhängig davon geht das OLG Frankfurt am Main in diesem Punkt mit der Klägerin davon aus, dass bei der Veräußerung von landwirtschaftlichen Maschinen bei einem derart hohen Kaufpreis wie im vorliegenden Fall mit einem in Rechnung gestellten Betrag von über 300 000 Euro durch einen Zwischenhändler bezüglich der Vorfinanzierung des Kaufobjektes tatsächlich entweder mit einem Eigentumsvorbehalt der Lieferantin oder sonstigen Sicherungsrechten wie die Begründung von Sicherungseigentum zu rechnen ist. Diesem Gesichtspunkt kommt vorliegend jedoch keine streitentscheidende Bedeutung zu.

Der Klägerin ist in diesem Zusammenhang zwar zuzugestehen, dass gegenüber der Annahme, die Firma S. sei Eigentümer des Mähdreschers gewesen, aus den vorstehenden Gründen entgegen der Annahme des Landgerichts durchaus erhebliche Zweifel angebracht waren. Vor der Anerkennung eines berechtigten Vertrauens in die Annahme, die Verkäuferin sei Eigentümerin des Kaufgegenstands, hätte insoweit zumindest eine Erkundigung hinsichtlich denkbarer Eigentumsrechte der Lieferantin oder einer finanzierenden Bank nahe gelegen.

Auf die Frage, ob die Leasing-Gesellschaft im vorliegenden Fall auf eine Eigentumsposition der Zwischenhändlerin hätte vertrauen dürfen, kommt es vorliegend jedoch deshalb nicht entscheidend an, weil sich die Leasing-Gesellschaft vorliegend mit Erfolg auf den guten Glauben an die Verfügungsbefugnis der Firma S. berufen kann. Ohne vorliegend erkennbare abweichende Anhaltspunkte durfte die Leasing-Gesellschaft davon ausgehen, die Firma S. sei von der Vorlieferantin im Falle der Lieferung unter Eigentumsvorbehalt dazu ermächtigt gewesen, die Weiterveräußerung der hochwertigen Ware an zur Nutzung vorgesehene Endabnehmer vorzunehmen.

Dies gilt in gleicher Weise für den aufgrund der Behauptung der Klägerin anzunehmenden Fall der Zwischenfinanzierung durch die Klägerin, bei der ebenfalls die Befugnis der Zwischenhändlerin zur Weiterveräußerung und Übertragung des Eigentums im Fall der Kaufpreis-zahlung an die Zwischenhändlerin im Geschäftsverkehr ohne konkrete Hinweise nicht kritisch zu hinter fragen ist. Insoweit darf grundsätzlich derjenige, der bei einem Händler im Rahmen seines Geschäftsbetriebs eine Ware kauft, bei Fehlen sich aufdrängender Anhaltspunkte von dessen Verfügungsbefugnis ausgehen.13 Dies entspricht typischerweise der Funktion einer Zwischenhändlerin, die Ware mit Gewinn an die zur Nutzung vorgesehenen Endabnehmer zu vertreiben. Nicht zuletzt das Vertrauen in eine rasche und reibungslose Abwicklung des Warenverkehrs lässt mangels abweichender Anhaltspunkte ein berechtigtes Vertrauen in die Verfügungsbefugnis der Firma S. gerechtfertigt erscheinen.

Insoweit konnte von der Leasing-Gesellschaft im Rahmen etwaiger Erkundigungspflichten auch nicht erwartet werden, sich anhand der Ursprungsrechnung der Konzerngesellschaft an die Firma S. sowohl hinsichtlich einer möglichen Ersatzfinanzierung durch die Firma S. als auch einer fehlenden Verfügungsbefugnis zur Weiterveräußerung an die Leasing-Gesellschaft zu erkundigen.

Während bei Veräußerungsgeschäften außerhalb des gewöhnlichen oder ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs des Veräußerers erhöhte Anforderungen an den guten Glauben des Erwerbers zu stellen sind,14 gilt dies vorliegend nicht, da der Handel mit Landmaschinen und speziell mit Mähdreschern zum eigentlichen Geschäftsbereich der Firma S. zählte. Es muss sich der Leasing-Gesellschaft demnach gerade nicht aufdrängen, dass mit den geleisteten Zahlungen im konkreten Fall der Eigentumsübergang nicht gewährleistet sei. Vielmehr durfte die Leasing-Gesellschaft in diesem Zusammenhang darauf vertrauen, die Lieferantin sei entweder von der Vorlieferantin oder einem etwaig sonstigen Sicherungsberechtigten zur weiteren Veräußerung berechtigt.

Im Ergebnis wurde die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Dezember 2016 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main15 mit Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 2. August 201716 zurückgewiesen.

Bewertung der Entscheidungen

Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 2. August 2017 ist aus der Sicht von Leasing-Gesellschaften sehr zu begrüßen, da ein negativer Verlauf dieser Rechtssache erhebliche Auswirkungen auf die Leasing-Branche in Bezug auf Erkundigungspflichten et cetera gehabt hätte. Umgekehrt wird durch die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main die rasche und reibungslose Abwicklung des Warenverkehrs bei Veräußerungsgeschäften innerhalb des gewöhnlichen beziehungsweise ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes gesichert.

Die Termini "gewöhnlich" und "ordnungsgemäß" zeigen allerdings auch bereits die Grenzen der raschen und reibungslosen Abwicklung des Warenverkehrs auf. Sobald sich irgendwie geartete Hinweise ergeben, die außerhalb des gewöhnlichen oder ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs des Veräußerers liegen beziehungsweise liegen könnten, kann der Leasing-Gesellschaft nur geraten werden, sich in Bezug auf etwaige Rechte von Vorbehaltseigentümern beziehungsweise Sicherungsnehmern zu erkundigen. Unterlässt die Leasing-Gesellschaft dies, kann sie schnell in den Bereich der groben Fahrlässigkeit im Sinne des § 932 Absatz II BGB gelangen.

Demnach liegt grobe Fahrlässigkeit immer dann vor, wenn der Erwerber die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall sich hätte aufdrängen müssen.17 Eine generelle Pflicht eines Erwerbers zu Nachforschungen besteht ohne konkreten Verdacht der Nichtberechtigung allerdings nicht, weil dieser grundsätzlich auf die Besitzlage vertrauen darf.

Die Konklusion

Im Bereich eines Gebrauchtwagenkaufs hat sich der Erwerber den Kraftfahrzeugbrief vorlegen zulassen, um sich anhand dessen davon zu überzeugen, dass der Verkäufer verfügungsbefugt ist.18 Denn es muss Argwohn erwecken und zu weiteren Nachforschungen Anlass geben, wenn der Veräußerer entweder den Kraftfahrzeugbrief nicht vorlegen kann oder wenn sich aus diesem ein vom Veräußerer personenverschiedener Halter ergibt.19

Bei zweifelhaften Umständen des Geschäfts können darüber hinaus weitere Nachforschungen durch den Erwerber erforderlich sein. Solche weiteren Nachforschungen sind immer dann angezeigt, wenn die Person des im Brief eingetragenen nicht mit der des Veräußerers übereinstimmt oder weitere Umstände der Veräußerung zweifelhaft sind.20 Von wesentlicher Bedeutung für das Vorlegen einer solchen Verdachtssituation können insbesondere die Veräußerungssituation und ein offenkundig günstiger Preis sein.21

In diesem Zusammenhang kann sich grundsätzlich derjenige, der gebotene Nachforschungen nicht anstellt, nicht darauf berufen, diese hätten voraussichtlich zu keinem anderen Ergebnis geführt, weil es auf die Ursächlichkeit der unterlassenen, nach Lage des Falls aber erforderlichen Anstrengung bei der Beurteilung der Gutgläubigkeit im Regelfall nicht ankommt. Es ist vielmehr allein darauf abzustellen, ob überhaupt die gebotenen Nachforschungen angestellt worden sind oder nicht.22

Zum Eigentumserwerb an einem Fahrzeug bei Übergabe eines gefälschten Kfz-Briefs wird auf das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach23 verwiesen.

Zum Thema gutgläubiger Erwerb eines Familienautos nach der Trennung mag das Urteil des OLG Düsseldorf24 "konsultiert" werden.

1) Aktenzeichen VIII ZR 82/03.

2) Aktenzeichen 8U 1007/09.

3) a.a.O.

4) Aktenzeichen 17U 20/17.

5) Aktenzeichen 2-24 O 4/16.

6) Aktenzeichen 17U 20/17.

7) Vgl. § 513 Absatz I ZPO.

8) Vgl. Urteil des BGH vom 8. November 1972, Aktenzeichen VIII ZR 79/71 und Urteil des BGH vom 4. Juni 1969 Aktenzeichen VIII ZR 163/67.

9) Vgl. Urteil des BGH vom 10. November 2004, Aktenzeichen VIII ZR 186/03 - "Flowtex-Entscheidung".

10) Urteil vom 10. November 2004, Aktenzeichen VIII ZR 186/03.

11) Vgl. BGH-Urteil vom 10. November 2004, Aktenzeichen VIII ZR 186/03.

12) Aktenzeichen VIII ZR 186/03.

13) Vgl. BGH-Urteil vom 9. November 1998, II ZR 144/97.

14) Vgl. BGH Urteil vom 9. November 1998 II ZR 144/97.

15) Aktenzeichen 2-14O 46/16.

16) Aktenzeichen 17 U 20/17.

17) Vgl. BGH NJW 2005, 1365 bzw. BGH NJW 1994, 2022.

18) Vgl. BGH-NJW 2005, 1365, BGH-NJW 1996, 2226 und BGH-NJW 1991, 1415.

19) Vgl. BGH-NJW 1994, 2022.

20) Vgl. BGH-NJW 1991, 1415, BGH WM 1975, 362.

21) Vgl. BGH-NJW 1991, 1415.

22) vgl. BGH-NJW 1994,2022 und Urteil des OLG Schleswig vom 1. September 2006, Aktenzeichen14 U 201/05.

23) abgedruckt in NJW 2005, 3578.

24) abgedruckt in NJW 2007, 1001.

DER AUTOR: Alexander Kruse, Mannheim, ist Sozius der Hengerer & Niemeier Rechtsanwälte und zudem Gastreferent zum Thema Leasing-Recht an der Universität zu Köln. E-Mail: a.kruse[at]rae-hengerer-niemeier[dot]de
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