Trends im automobilen Finanzdienstleistungssektor in Japan

Digitalisierung und Mobilitätsdienstleistungen

Tabelle: Ländervergleich Japan-Deutschland Quelle: Statistisches Bundesamt (2014)

Georg Hammerer - Wesentliche Erfolgsfaktoren für Unternehmen in der automobilen Finanzdienstleistungsbranche sind deren Antworten auf die "Megatrends" Digitalisierung und Mobilität. Die zunehmende digitale Vernetzung und geografische Unabhängigkeit der Kunden erfordern nicht nur die bloße Bereitstellung und Finanzierung eines Automobils. Vielmehr werden innovative Dienstleistungen nachgefragt, die individuelle Mobilität einfacher und komfortabler machen. BMW Financial Services trägt diesen Herausforderungen und Trends in seiner Strategie Rechnung.

Digitalisierung und Mobilitätsdienstleistungen stellen neue strategische Initiativen für BMW Financial Services dar, mit deren Hilfe auch in Zukunft eine innovative Vorreiterrolle in der automobilen Finanzdienstleistungsbranche eingenommen werden soll.

Die Potenziale und Herausforderungen, die sich durch die Veränderung der Kundenbedürfnisse für die Automobilbranche ergeben, zeigen sich aufgrund der demografischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen insbesondere in Japan. Der hohe Lebensstandard der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt macht sie zu einem für alle Premiumhersteller attraktiven Absatzmarkt. Gleichzeitig steht der Inselstaat großen Herausforderungen gegenüber, allen voran der wirtschaftlichen Stagnation, dem demografischem Wandel und dem anhaltenden Trend zur Urbanisierung (vgl. Tabelle, Seite 60). 91,3 Prozent der Bevölkerung leben bereits in Städten, Tendenz weiter steigend.

Für die Automobilbranche ist dies problematisch, da die Anzahl der Fahrzeuge pro Haushalt in den Ballungsräumen viermal geringer ausfällt als in ländlichen Gebieten. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind in den Städten hervorragend ausgebaut und werden immer öfter gegenüber einem eigenen Automobil bevorzugt.

Ein Hauptgrund hierfür sind die hohen Kosten, welche die Haltung eines eigenen Fahrzeugs mit sich bringt. Die Voraussetzung für den Erwerb eines Autos bildet der Nachweis eines monatlich umgerechnet 300 bis 500 Euro teuren Parkplatzes. Hinzu kommen Kosten für die zweijährliche sogenannte Shaken-Inspektion (ähnlich des TÜVs) von circa 1 500 Euro sowie höhere Steuern für leistungsstarke Automobile.

Natürlich reduzieren Finanzierung oder Leasing eines Fahrzeugs die unmittelbare finanzielle Belastung der Kunden und unterstützen so den Absatz von Automobilen in einem gewissen Rahmen. Um den Unternehmenserfolg jedoch langfristig zu gewährleisten, sollten sich Automobilhersteller und ihre Finanzdienstleister auch den globalen Trends der Mobilitätsdienstleistungen und Digitalisierung zuwenden.

Automobilbranche in Japan

Noch prägt Japan eine besondere Verbindung zum Automobil. Durch bekannte Marken wie Toyota, Honda, Nissan oder Mitsubishi konnte sich Japan an der Spitze der Exportländer in der Automobilbranche positionieren. Das Land stellt sich weltweit als der drittgrößte Absatzmarkt auf, weswegen die meisten deutschen Hersteller dort Vertriebsgesellschaften betreiben. Etwa die Hälfte der 350 000 pro Jahr importierten Automobile stammt aus Deutschland. Da der Premiummarkt im Gegensatz zu anderen asiatischen Ländern wie Japans Wirtschaft weitgehend stagniert, herrscht großer Konkurrenzdruck in der Branche.

Der Staat fördert sehr kleine, kraftstoffsparende Automobile. So konnte sich eine japanische Besonderheit entwickeln, die sogenannten Kei-Cars. Diese in Maßen und Gewicht beschränkte Fahrzeugklasse erfreut sich aufgrund der Steuervorteile und dem Wegfall des Parkplatznachweises großer Beliebtheit in Japan und macht so etwa ein Drittel der Neuzulassungsstatistik aus. Doch auch im Premiumsegment steigt die Anzahl an umweltfreundlichen Elektro- und Hybridfahrzeugen. Mit den Modellen "i3" und "i8" ist es BMW gelungen, sich in diesem Markt erfolgreich zu positionieren. Die BMW Group verkaufte im Jahr 2015 über 70 000 Neufahrzeuge in Japan, wovon ein großer Teil direkt über den eigenen Finanzdienstleister finanziert wurde.

Automobile Finanzdienstleistungen

Charakteristisch für die japanische Wirtschaft sind Verbünde in der Industrie, oft innerhalb eines "Keiretsu". Diese Netzwerke von Herstellern, Zulieferern und Vertriebsgesellschaften zeichnen sich durch enge Geschäftsbeziehungen innerhalb eines stark diversifizierten Portfolios in unterschiedlichen Industrie- und Dienstleistungsbranchen aus. Das Zentrum des Keiretsu bildet in der Regel eine Bank, die sämtliche beteiligten Unternehmen mit günstiger Finanzierung versorgt. Als Beispiele dafür seien genannt: die japanischen "Megabanken" Mitsubishi UFJ, Sumitomo Mitsui und Mizuho. Teil dieser Verbünde sind auch eigene Finanzierungs- und Leasing-Gesellschaften (Shinpan), die momentan eine bedeutende Rolle im japanischen Automobilfinanzierungsmarkt spielen. Japanische Automobilhersteller wie Toyota, Mitsubishi oder Mazda sind ebenfalls in Keiretsu eingebunden, die eigene Finanzierungsgesellschaften umfassen.

Ebenso bedienen sich ausländische Hersteller lokaler Shinpan und bieten Kundenfinanzierungsprodukte über oft mehrere lokale Partner an. BMW Financial Services Japan (nachfolgend kurz: BMWFSJ) ist der einzige europäische Automobilfinanzdienstleister, der sowohl Kunden- als auch Händlerfinanzierung in Eigenleistung ohne Kooperation mit lokalen Banken anbietet.

Das Zinsniveau in Japan bewegt sich aktuell auf sehr niedrigem Niveau. Anfang 2016 führte die japanische Zentralbank erstmals negative Zinsen ein. Dadurch steigt der hohe Margendruck auf Banken und Finanzdienstleister weiter. Lokale Shinpan, als Teile von großen Konzernverbünden, befinden sich in der Lage, die geringeren Margen dabei tendenziell leichter zu kompensieren. Ihre Strategie zielt weniger auf die unmittelbaren Gewinne aus dem automobilen Finanzdienstleistungsgeschäft ab als auf das Potenzial, den akquirierten Kunden weitere Produkte verkaufen zu können. Ausländischen Finanzdienstleistern stellt sich daher umso mehr die Frage, welche Möglichkeiten sie haben, sich im Wettbewerb zu differenzieren, ohne einen kaum zu gewinnenden Preiskampf mit lokalen Banken und Shinpan einzugehen.

Produktportfolio

Neben der klassischen Automobilfinanzierung bietet BMWFSJ eine Reihe von automobilnahen Versicherungen und Dienstleistungen sowie Kreditkarten an. Etwa die Hälfte der BMW-Neuwagenkäufer finanziert oder least ihr Fahrzeug. Rund ein Drittel der Finanzierungskunden entscheidet sich für eine Ratenzahlung des gesamten Kaufpreises, etwa die Hälfte wählt eine restwertbasierte Finanzierungsform.

In der Kompetenz der Restwertsetzung und des Angebots von weiteren automobilnahen Dienstleistungen liegt der Wettbewerbsvorteil eines auf Automobilfinanzierung spezialisierten Finanzdienstleisters. Leasing ist mit knapp einem Fünftel der abgeschlossenen Verträge weitaus weniger populär als beispielsweise in Deutschland. Insgesamt leasen einer Studie der Beratung Accenture zufolge in gesamt Japan weniger als ein Prozent der japa nischen Autobesitzer überhaupt ihr Fahrzeug.1)

Kundenbedürfnisse im Fokus

Um trotz der schwierigen Situation auf dem Finanzdienstleistungsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben, reicht das Angebot klassischer Finanzierungs- und Versicherungsprodukte für automobile Finanzdienstleister im Premiumsegment nicht mehr aus. Vielmehr müssen die Bedürfnisse der Konsumenten ins Zentrum sämtlicher Initiativen und Produkte gestellt werden. Ein detailliertes Wissen um die Erwartungen, an diese Bedürfnisse angepasste Finanzprodukte sowie digitale Zusatzangebote, die dem Kunden das Leben erleichtern, sind gefragt. So suchen diese aufgrund der hohen Kosten für Parkplatz und Shaken-Inspektion nach simplen, kostengünstigeren Alternativen zum Fahrzeugkauf, ohne dabei auf das Premiumangebot von BMW verzichten zu wollen.

Erfolgsmodelle wie das in Europa gestartete Carsharing "DriveNow" lassen sich jedoch aufgrund rechtlicher Hindernisse nicht ohne weiteres auf den japanischen Markt übertragen. Stattdessen setzt BMW FSJ auf an den japanischen Markt angepasste Mobilitätsdienstleistungen wie standortbasiertes Carsharing und Kurzfristmiete.

Ausgezeichneter Service

In Japan ist exzellenter persönlicher Service in allen Lebensbereichen bedeutend. So wünscht sich der japanische Kunde eine sehr umfassende Betreuung seitens des Händlers. Wiederholte, zum Teil private Besuche - auch außerhalb der Geschäftszeiten - stellen keine Seltenheit dar. Nach Vertragsabschluss möchten laut eigener Marktforschung 80 Prozent der Kunden in Japan weiterhin kontaktiert werden, mehr als die Hälfte davon gerne per E-Mail.2)

Fast alle befragten Konsumenten nutzen das Internet, allen voran Suchmaschinen, Online-Shopping-Seiten, Soziale Netzwerke und Videoplattformen (vgl. Abbildung 1, Seite 60). Ein Großteil der Kunden nutzt bereits das Internet, um sich über den nächsten Automobilkauf zu informieren. Daraus ergibt sich ein großer Bedarf an Dienstleistungen, die es dem Kunden erlauben, rund um die Uhr ortsungebunden Informationen zu Produkten und Dienstleistungen abzurufen oder auch eigenständig zu ändern.

Obwohl der E-Commerce-Markt in Japan jährlich um mehr als zehn Prozent wächst, beträgt der Anteil an online gekauften Produkten rund um das Automobil aktuell nur etwa drei Prozent. Gleichwohl zeigen sich zahlreiche der Kunden bereit, Finanzdienstleistungen online zu erwerben. BMWFSJ reagiert auf diese Bedürfnisse mit einem Ausbau digitaler Kanäle in der Kundenkommunikation.

Digitalisierung

Den vielbeschäftigten Alltag Japans kennzeichnet Mobilität; das Smartphone ist allgegenwärtig, und die "Salarymen", die Angestellten japanischer Konzerne, sitzen oft bis spät nachts im Büro. Doch nicht nur für diese Kunden erweist es sich als essenziell, eine intelligente Kontaktstrategie zu entwickeln, mit der sie am gewünschten Ort zur richtigen Zeit erreicht werden können. Generell steigt die Kundenzufriedenheit mit personalisierten Angeboten und der Verfügbarkeit von Informationen über verschiedene Kommunikationskanäle hinweg. 80 Prozent der japanischen Premiumfahrzeugabnehmer verbringen zur Recherche von Fahrzeuginformationen zumindest die Hälfte der Recherchezeit online3) (vgl. Abbildung 2, Seite 61). Firmen, die hier nicht an den signifikanten Punkten des Entscheidungsfindungsprozesses auftreten, verpassen die Chance, potenzielle Kunden von ihren Produkten zu überzeugen.

Auch im weiteren Verlauf des Kundenlebenszyklus soll dem Kunden für jede Interaktion eine Auswahl an Kanälen zu Verfügung stehen, zwischen denen er reibungsfrei und beliebig oft wechseln kann. Neben traditionellen geht es hier vor allem um digitale Kanäle, wie etwa Online-Plattformen, E-Mails oder soziale Netzwerke.

Dabei gilt es, auch die Backend-Prozesse entsprechend anzupassen, damit die gesammelten Informationen von und über Kunden in einer zentralen CRM4)-Datenbank zusammenlaufen und ständig aktualisiert werden. So lassen sich maßgeschneiderte Angebote für die Kunden generieren. BMWFSJ nutzt eine Reihe von digitalen Kanälen an wesentlichen Kontaktpunkten entlang des Kundenlebenszyklus.

Kundenakquise

Die Phase der Akquise bietet die Gelegenheit, Kunden über entscheidungsrelevante Aspekte des Dienstleistungsangebots zu informieren. Die mit Abstand wichtigste Informationsquelle potenzieller Käufer stellt die offizielle Website des Herstellers dar, die 80 Prozent bei ihrer Recherche zu Pkws bevorzugen (vgl. Abbildung 3). Um diese attraktiver zu gestalten, kann sie mit digitalen Medien und sozialen Netzwerken verknüpft werden. Unter anderem dienen Videos dazu, Finanzprodukte einfach verständlich zu machen und beispielsweise die genaue Funktionsweise restwertbasierter Produkte zu erläutern. Zur Erreichung von potenziellen Abnehmern über soziale Netzwerke bieten sich in Japan Facebook, Youtube und insbesondere der Kurznachrichtendienst "Line" an.

Online-Finanzierung

Unter den zukünftigen Finanzierungskunden im japanischen Premiumfahrzeugsegment bekunden in Bezug auf Fahrzeugkredite 27 Prozent und bezüglich Fahrzeugversicherungen sogar 52 Prozent ihr Interesse an einem Vertragsabschluss im Internet (vgl. Abbildung 4).

Trifft der Konsument aufgrund der Informationen im Internet die Entscheidung für ein Automobil, bekommt er die passenden Finanzierungsprodukte direkt online angeboten. Mithilfe von Kreditsimulationen hat er die Möglichkeit, monatliche Ratenzahlung - basierend auf Parametern wie Fahrzeugpreis, Zinssatz und Anzahlung - zu variieren. Der Finanzierungsvertrag kann dann durch ein bereitgestelltes Formular innerhalb weniger Minuten direkt abgeschlossen werden, notwendige Dokumente lassen sich - mit dem Smartphone fotografiert - ebenfalls online ergänzen.

Online-Service-Plattformen

Mit einer Online-Service-Plattform besteht für den Käufer die Möglichkeit, während der Vertragslaufzeit jederzeit vertragsrelevante Informationen einzusehen und persönliche Daten zu jeder beliebigen Zeit zu ändern. Kunden können auf einer derartigen Plattform beispielsweise ein neues Wunschmodell konfigurieren, Anfragen verschicken oder Videos ansehen, um sich eingehend mit dem Produktangebot zu beschäftigen.

Besonders relevant ist ein Kreditsimulator, mit dessen Hilfe der Kunde nicht nur die potenzielle monatliche Belastung bei einer Finanzierung eines möglichen neuen Automobiles berechnen kann, sondern ebenso Vorschläge für Modelle und Finanzprodukte erhält, die auf einem gewünschten monatlichen Betrag basieren (vgl. Abbildung 5, Seite 64).

Kundendatenanalyse und SEO

Die aktive Nutzung verschiedener Internetplattformen generiert eine große Menge an Daten, die das Unternehmen für sich nutzen kann. Dies erlaubt es dem Unternehmen, die Kommunikationsstrategie an Echtzeit-Kundendaten anzupassen. Viele Käufer fordern, sie mit personalisierten Informationen anzusprechen, was eine zielgerichtete und schnelle Analyse großer Datenmengen zu einer der wichtigsten Aufgaben des Unternehmens macht.

Gezielte Suchmascheninenoptimierung (SEO)5) und Suchmaschinenmarketing erlauben es, das Wissen über das Nutzungsverhalten der Abnehmer einzusetzen und sie gezielt zum richtigen Zeitpunkt in Bezug auf die präferierten Finanzprodukte anzusprechen.

Trotz der Finanzierungsangebote der Automobilhersteller entscheiden sich immer weniger Japaner für ein eigenes Automobil, was die rückläufige Rate der Haushalte mit einem Pkw, besonders bei unter 40-Jährigen, deutlich aufzeigt. Doch gleichzeitig ist die Anzahl der Japaner, die einen Führerschein besitzen, sogar noch gestiegen. Sie beträgt, je nach Altersgruppe, zwischen 80 und 95 Prozent.

Innovative Mobilitätsdienstleistungen

Darüber hinaus leben mehr als 90 Prozent der Japaner in Ballungsräumen, in denen zwar das öffentliche Verkehrsnetz hervorragend ausgebaut, aber gleichzeitig zu Stoßzeiten stark ausgelastet ist. Für den Alltag benötigt man also nicht unbedingt ein eigenes Fahrzeug, wohl aber, wenn man mit der Familie reisen oder Gepäck befördern möchte, ohne die in Japan vergleichsweise hohen Kosten für ein Taxi zu bezahlen. Gegen den Besitz eines eigenen Autos spricht aber vor allem der obligatorische, kostspielige Parkplatz.

Diese Faktoren, verbunden mit dem Wandel in der Mentalität in Bezug auf Besitz hin zu einer "Sharing Economy", haben in Europa und den USA die Idee des Carsharing reifen lassen. Dort arbeitet BMW mit dem Carsharing "DriveNow" bereits erfolgreich. Nach der Registrierung kann der Kunde in zahlreichen Städten das nächstgelegene Fahrzeug online finden, reservieren, und nach der Nutzung an einem beliebigen Ort parken. Das Nutzungsentgelt enthält bereits die Kosten für Benzin und Parkplatz. In Japan hat der Carsharing-Markt in den letzten Jahren ebenfalls stark zugenommen (vgl. Abbildung 6, Seite 64). Mit rund 12 000 Fahrzeugen und 450 000 Mitgliedern stellt sich der japanische Markt neben Deutschland als der größte Carsharing-Markt weltweit auf.

Ein Konzept wie "DriveNow" lässt sich allerdings nur eingeschränkt auf den japanischen Markt übertragen, da das Gesetz nicht nur einen Parkplatznachweis vorschreibt, sondern es auch nicht zulässt, den Pkw an einem beliebigen Ort zu parken. Daher betreibt BMW in Japan ein "Closed Community"-Carsharing. Ein Unternehmen oder Hotel bietet dabei ein Fahrzeug für einen begrenzten Nutzerkreis an. So werden Aufwand und Kosten gegenüber einem herkömmlichen Mietwagen reduziert und gleichzeitig ein zusätzlicher Premiumservice für Kunden angeboten. Nicht weit entfernt von der Idee des standortbasierten Carsharings ist das klassische Mietwagengeschäft. BMW-FSJ baut seine Präsenz in diesem Markt ebenfalls weiter aus, um die Zufriedenheit durch Ersatzfahrzeuge oder "Addon Mobility" für bestehende Kunden zu erhöhen und mithilfe von "BMW on Demand" neue Kunden zu gewinnen. Das weit verzweigte BMW-Händlernetzwerk erlaubt eine schnelle und effektive Umsetzung dieser Initiativen in ganz Japan.

BMW-Fahrer mussten früher während einer Reparatur- oder Inspektionszeit oft ein Ersatzfahrzeug eines Wettbewerbers hinnehmen. Heute profitieren nicht nur sie von BMW-eigenen Ersatzfahrzeugen direkt bei ihrem Händler. Auch die Händler können durch die Kostenübernahme der Versicherungen ihr Einkommen steigern.

Auch stellte sich für Kunden von "BMW i", der Elektromobilitätssparte, früher oft die Frage, wie sich längere Strecken ohne Ladestationen zurücklegen lassen. Als Antwort darauf bietet BMW Financial Services seit 2014 die exklusive Zusatzleistung "Addon Mobility" an, die es dem Kunden erlaubt, herkömmliche Fahrzeuge für längere Strecken zu leihen. Dieser Service will dazu beitragen, umweltbewusste Kunden trotz des Arguments der Reichweite für ein Elektroauto zu begeistern.

Abgrenzung vom Wettbewerb

Der in München bereits erfolgreiche Dienst "BMW on Demand" ermöglicht zudem, die Modellpalette unabhängig von einer Probefahrt beim Händler kennenzulernen. So lassen sich die Fahrzeuge für einen Zeitraum von einer Stunde bis zu mehreren Tagen zur freien Nutzung anmieten. Zwei Drittel der Premiummarkenfahrer in Japan würden gerne hin und wieder einen BMW fahren.6) Zieht man dies in Betracht, stellt "BMW on Demand" auch ein Mittel zur Kundengewinnung dar.

BMW sieht in Mobilitätsdienstleistungen also eine Möglichkeit, sich vom Wettbewerb abzugrenzen und dem Kunden gleichzeitig einen Mehrwert zu bieten. Sie steigern die Chance auf erhöhten Umsatz von Fahrzeugen und Finanzprodukten, ist die Begeisterung für die Marke erst einmal geweckt. Angesichts des stagnierenden Premiummarktes können Mobilitätsdienstleistungen ein wichtiger Schritt sein, das Wachstum der Marke zu gewährleisten. Zudem werden Kundenbindung undloyalität erhöht sowie Einnahmen über Mietgebühren generiert. Neben diesem Umsatz bietet sich den Händlern zusätzlich noch die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit Interessenten und Kunden. Gleichzeitig haben die Kunden den Vorteil, überall und jederzeit ein BMW-Fahrzeug mieten zu können.

Innovative Geschäftsmodelle

BMWFSJ sieht in Mobilitätsdienstleistungen ein Geschäftsmodell, das mehr verspricht als nur Gewinne aus der Vermietung von Fahrzeugen. Regelmäßige Einnahmen werden auch dank Leasing und Versicherung der Flotte an die Händler erzielt. Infolge der Bündelung von Mobilitätsdienstleistungen und Finanzprodukten ergeben sich Absatzpotenziale durch einen Service, der gleichzeitig die individuelle Mobilität für den Kunden vereinfacht. Nicht zuletzt erhält das Unternehmen auf diese Weise wertvolle Kundendaten, die sich auswerten und nutzen lassen, um später zum Abschluss eines Finanzierungs- oder Leasing-Vertrags sowie weiterer Dienstleistungen zu führen.

Die Bedeutung von automobilen (Finanz-)Dienstleistungen dürfte in Zukunft noch weiter zunehmen. Der Trend weg vom persönlichen Besitz hin zur Nutzung in der "Sharing Economy" zeichnet sich in den Industriestaaten weltweit ab. Die steigende Popularität von Diensten wie "Uber"7) , einem Anbieter von Mitfahrgelegenheiten, oder des Portals "AirBnB"8) , das private Unterkünfte vermittelt, zeigen dies deutlich. Sie beweisen aber auch, dass sich innovative Geschäftsmodelle in der "Sharing Economy" gewinnbringend gestalten lassen, wenn erst einmal die passende Infrastruktur geschaffen ist. Die fortschreitende Digitalisierung führt zu weiteren Veränderungen in der Automobilbranche. Das vernetze Automobil wird sich basierend auf den Kundendaten von selbst individuell auf die Bedürfnisse des Fahrers einstellen. Dabei kann es mit anderen Fahrzeugen kommunizieren und so die Sicherheit für den Fahrer erhöhen. Die große Herausforderung für die Automobilhersteller ist dabei, durch eigene Dienstleistungen und Softwareprodukte nicht nur zum "Hardwarelieferanten" für die Bereitsteller der Informations- und Telekommunikationstechnologien wie Google oder Apple zu werden. Die BMW Group verfügt aufgrund ihrer starken Premiummarken und der nötigen Ressourcen über sehr gute Voraussetzungen, diese zu meistern. Besonders für die Finanzdienstleistungssparte bieten sich dadurch neue Chancen. Aufgrund der umfangreichen Erfahrungen im Umgang mit großen Datenmengen sowie in den Bereichen Kundenorientierung und Mobilitätsdienstleistungen kann BMW Financial Services auch in Zukunft eine Vorreiterrolle in der Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle einnehmen. In der technologieaffinen Gesellschaft in Japan werden viele dieser Innovationen schnell Anklang finden.

1) "Automotive Survey: What Digital Drivers Want - Japan Results" (Accenture, 2015).

2) Von BMWFS bei GfK Japan in Auftrag gegebene Studie zum Thema Online-Kundenkommunikation (2015, n = 600).

3) Von BMWFSJ bei GfK Japan in Auftrag gegebene Studie zum Thema Online-Kundenkommunikation (2015, n = 600).

4) Costumer Relationship Management (CRM).

5) Search Engine Optimization (SEO).

6) Von BMWFSJ bei dem Marktforschungsunternehmen Intage in Auftrag gegebene Kundenbefragung (2014, n = 1000).

7) www.uber.com/de/

8) www.airbnb.de

DER AUTOR:

Georg Hammerer, Tokio, ist Direktor mit der Verantwortung für die Umsetzung von Zukunftsinitiativen bei BMW Financial Services Japan. Sein Tätigkeitsfeld umfasst strategische Geschäftsfeldentwicklung, Digitalisierung, Mobilitätsdienstleistungen und Kundenbeziehungen.E-Mail: georg.hammerer[at]bmw.co[dot]jp

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