Großer Bilanzvergleich

Die deutschen Bausparkassen 2008: Sonderkonjunktur dank Prämiendiskussion

2008 war für die deutschen Bausparkassen erneut ein Ausnahmejahr. Denn eine Neugeschäftsexplosion von mehr als neun Prozent ist in einem wohlgemerkt reifen Markt höchst ungewöhnlich und nur mit besonderen, externen Ereignissen erklärbar. So lieferte auch diesmal wieder - wie bereits 2003 - die Bundespolitik unfreiwillig Impulse für das Bausparen. Und wieder war es die Verschlechterung von Subventionskonditionen, die zum Ende eines bis dahin durchschnittlichen Bausparjahres eine Sonderkonjunktur induzierte. Sorgte 2003 noch die Diskussion um die mögliche Abschaffung der Eigenheimzulage für einen Neugeschäftsanstieg um rund 32 Prozent (weggefallen ist die Zulage erst ab 2006), so war es diesmal die Ausdehnung der Zweckbindung für die Wohnungsbauprämie von sieben Jahren auf unbegrenzte Zeit für alle nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossenen Verträge, welche die Bausparvertriebe zu verstärkter Neugeschäftsakquisition anspornte.

Die Einbindung des Wohneigentums in den Katalog staatlich geförderter Altersvorsorgeformen trug zwar ebenfalls zu einer stärkeren öffentlichen Beachtung des Bausparens bei, doch ist dessen Anteil am Neugeschäftszuwachs (noch) vergleichsweise gering. Deutlich mehr Einfluss dürfte dagegen die Entwicklung des Kapitalmarktes und die Verunsicherung der Sparer nach der Lehman-Pleite und dem Beinahe-Zusammenbruch der HRE gehabt haben. Dem Bausparen mit seinem - vom Kapitalmarkt weitgehend unabhängigen - geschlossenen Spar- und Finanzierungskreislauf wurde hier von den Anlegern offensichtlich besonderes Vertrauen entgegengebracht.

Insgesamt wurden im Geschäftsjahr 2008 branchenweit Bausparverträge über eine Summe von 98,6 Milliarden Euro eingelöst, von der knapp zwei Drittel auf die privaten und gut ein Drittel auf die öffentlichen Bausparkassen entfielen. Marktanteile gewonnen hat die zum genossenschaftlichen Finanzverbund gehörende Bausparkasse Schwäbisch Hall, auf die mittlerweile mehr als 30 Prozent des gesamten Netto-Neugeschäfts entfallen. Im Jahr 2002 hatte ihr Anteil lediglich 25 Prozent betragen. Damit reicht Schwäbisch Hall bis auf nur noch gut sechs Prozentpunkte an die zur Sparkassenorganisation gehörende LBS-Gruppe heran. Den Verlust von Marktanteilen gestoppt hat die Wüstenrot Bausparkasse, die 2008 wieder fast einen Prozentpunkt auf 8,1 Prozent zugelegt hat. Im Jahr 2002 stand das Institut noch bei knapp zehn Prozent Marktanteil. Auffällig ist auch das Absatzplus der Deutsche Bank Bauspar AG, die mit einem Netto-Neugeschäft von 4,37 Milliarden Euro ein Plus von 52,4 Prozent erreichte und damit ihren Marktanteil von 3,2 auf 4,4 Prozent ausbaute. Der branchenweite Neugeschäftsanstieg ließ auch den verwalteten Bestand an Bausparverträgen um 1,42 Prozent auf 753,9 Milliarden Euro wachsen.

Die vor allem im vierten Quartal abgeschlossenen Verträge, mit denen sich die Bausparer die Wohnungsbauprämie noch zu den alten Konditionen sichern wollten, war vor allem ein relativ kleinteiliges Geschäft. So sank die durchschnittliche Bausparsumme bei Neuabschlüssen um 4,6 Prozent auf 25 837 Euro. Zur Zuteilung kamen dagegen Bausparverträge mit einer durchschnittlichen Bausparsumme von 20 056 Euro. Insgesamt stieg die durchschnittliche Bausparsumme im Bestand um 7,1 Prozent auf 25 769 Euro. Aus Sicht der Bausparkassen erfreulich ist einerseits der relative Anstieg der Zuteilungen gegenüber dem nicht zugeteilten Bestand und andererseits die Entwicklung der Baufinanzierungen. So erhöhte sich der Anteil der kollektiven und außerkollektiven Darlehen von 57,2 auf 59,3 Prozent (vergleiche Tabellen 7 und 8). Allerdings waren hier die privaten Institute erfolgreicher als die LBS-Gruppe. Auch das Verhältnis von Baudarlehen zu Bauspareinlagen nahm hauptsächlich durch die privaten Institute auf 91,9 (2007: 86,2) Prozent zu. Aber: Das Darlehensgeschäft der Bausparkassen besteht hauptsächlich aus außerkollektiven Baufinanzierungen in Form von Vor- und Zwischenkrediten. Bei den privaten Bausparkassen stammen lediglich 22,1 Prozent der Baudarlehen aus zugeteilten Bausparverträgen, bei der LBS sind es immerhin 40,7 Prozent.

Insgesamt jedoch steigt der Anteil der Zuteilungsdarlehen am Finanzierungsvolumen der Bausparkassen, weil infolge des steigenden Zinsniveaus bei Festzinshypotheken das Bauspardarlehen günstiger wird. Positiv ist ebenfalls der Anstieg der Darlehensquote, also des Verhältnisses von Bauspardarlehen zu Bauspareinlagen, zu werten (siehe Tabellen 17 und 18). In der aktuellen Marktlage wünschen sich die Bausparkassen eine höhere Darlehensvergabe. Daher sehen sie den relativen Rückgang der Bauspareinlagen im Verhältnis zur Bilanzsumme gelassen. Auch der rückläufige Geldeingang gibt gegenwärtig noch keinen Grund zur Sorge. Vielmehr werten die Bausparkassen die sinkenden Spar- und Tilgungsbeträge als ein positives Signal dafür, dass Bausparen weder als Parkplatz für überschüssige Liquidität missbraucht wird, noch dass mittels vorzeitiger Kündigung die Bauspardarlehen durch Hypothekenkredite abgelöst werden.

Dieses Verhalten der Bausparer schlägt sich auch auf den Zinsüberschuss als Hauptertragskomponente der Bausparkassen nieder (vergleiche Tabellen 9 und 10). Er sank bei den privaten Bausparkassen, während er in der LBS-Gruppe leicht zulegte. Mit steigendem Neugeschäft nahmen die Provisionsaufwendungen der Institute insgesamt zu. Für die Bausparbranche als Einheit betrachtet - konnte der Rückgang in den Erträgen nicht durch Einsparungen in den Verwaltungsaufwendungen kompensiert werden, sodass die Bausparkassen überwiegend sinkende und teilweise sogar negative Teilbetriebsergebnisse ausweisen. Dass der Jahresüberschuss in der LBS-Gruppe so deutlich anstieg, liegt im Wesentlichen an der LBS Ost, die aufgrund eines einmaligen, steuerlich begründeten Sondereffekts für 2007 einen Jahresfehlbetrag von 35,9 Millionen Euro ausgewiesen hatte, im Jahr 2008 jedoch wieder einen Überschuss von 8,0 Millionen Euro zeigte. Das Bild bei den privaten Bausparkassen wird insofern verzerrt, als Schwäbisch Hall seinen Gewinn von 74 Millionen Euro an die DZ Bank abführte, sodass kein Jahresüberschuss ausgewiesen wird. Auch das BHW hat im Jahr 2008 seinen Überschuss von 9,2 Millionen Euro an die BHW Gesellschaft für Wohnungswirtschaft weitergereicht. L. H.

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