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Die Entwicklung der Wohnungsmärkte in Universitätsstädten am Beispiel Münster

Seit Anfang 2010 steigen die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland kontinuierlich. Allein selbst genutztes Wohneigentum wurde zwischen dem ersten Quartal 2010 und dem zweiten Quartal 2013 um nahezu elf Prozent teurer.

Deutliche Preissteigerungen lassen sich aktuell vor allem in den großen Wirtschaftszentren und attraktiven Universitätsstädten beobachten. vdp Research setzte sich deshalb intensiver mit diesen Märkten auseinander und verarbeitete die dortige Angebots- und Nachfragesituation in Berichten. Beispielhaft anhand der Universitätsstadt Münster soll die Struktur der Marktberichte dargestellt werden, welche in unregelmäßigen Abständen von vdp Research veröffentlicht werden.

Münster, eine Universitätsstadt mit rund 46 000 Studenten, weist einen der wachstumsintensivsten Wohnungsmärkte in Nordrhein-Westfalen auf. Kennzeichnend dabei ist ein seit Jahren zu beobachtender Nachfrageüberhang in nahezu allen Segmenten. Grund hierfür sind stetig steigende Einwohner- und Haushaltszahlen, während die Neubautätigkeit deutlich unter dem jährlichen Bedarf liegt.

Überdurchschnittlich steigende Mieten

Die Kaufpreise und Wohnungsmieten1) steigen in Münster stetig. Insbesondere seit dem Jahr 2010 ist in allen Segmenten ein deutlicher Anstieg auszumachen, wobei die Wohnungsmieten am kräftigsten anzogen. Allein in den letzten fünf Jahren sind diese im Durchschnitt um nahezu zwölf Prozent gestiegen. Im Vergleich aller kreisfreien Städte und Landkreise in Nordrhein-Westfalen rangiert damit Münster auf Platz vier nach Düsseldorf, Bonn und Köln. Heute liegt die Durchschnittsmiete bei knapp neun Euro pro Quadratmeter, mit einer Spanne von sechs bis 14 Euro pro Quadratmeter je nach Lage und Ausstattung. Die höchsten Mieten und auch -steigerungen werden im Innenstadtbereich erzielt.

Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise rückt die Bischofsstadt zunehmend auch in den Fokus von Investoren und Kapitalanlegern. Wie eine Untersuchung des Gutachterausschusses ergab, wurde 2012 nahezu jede zweite Eigentumswohnung von Auswärtigen erworben. Entsprechend dieser gestiegenen Nachfrage haben sich die Kaufpreise seit 2007 um nahezu zehn Prozent verteuert. Damit weist Münster im Betrachtungszeitraum die zweithöchste Steigerungsrate in Nordrhein-Westfalen auf, nämlich hinter Düsseldorf, jedoch vor Köln und Bonn (siehe Abbildung 1). Im Durchschnitt kostet heute eine Eigentumswohnung 2 500 Euro pro Quadratmeter. Je nach Lage und Ausstattung muss für eine bis zu zwölf Jahre alte Eigentumswohnung (ohne Neubau) zwischen 1 600 und 2 900 Euro pro Quadratmeter bezahlt werden.

Die höchsten Preissteigerungen sind dabei im Innenstadtbereich und den unmittelbar angrenzenden Stadtteilen (wie zum Beispiel Kreuz und Mauritz) zu beobachten - also überwiegend in sehr guten Wohnlagen. Bevorzugt werden Eigentumswohnungen in zentraler Lage nachgefragt. Entsprechend konzentriert sich die Neubautätigkeit auf diesen Bereich. Als Beispiel können die "Bahnhofstürme" genannt werden, wo in einem 15-stöckigen Gebäude knapp 160 Appartements geplant sind.

Folgt man den Angaben des Gutachterausschusses haben sich Neubauten im vergangenen Jahr sogar um rund 20 Prozent verteuert. Der durchschnittliche Verkaufspreis für eine neue Eigentumswohnung lag demzufolge im Jahr 2012 bei rund 3 300 Euro pro Quadratmeter, bei einer Spanne von knapp 2 000 bis 5 000 Euro pro Quadratmeter. Betrachtet man das derzeitige Verkaufsange - bot, so liegt der Schwerpunkt der Neubauofferten bei mittlerweile über 4 000 Euro pro Quadratmeter, sodass für das laufende Jahr mit einem weiteren Preisanstieg zu rechnen ist.

Eigenheimpreise: plus neun Prozent gegenüber 2007

Aber auch der Eigenheimsektor verbucht steigende Preise. Allein die Eigenheimgrundstücke haben sich laut Gutachterausschuss im letzten Jahr um rund drei Prozent verteuert. Dabei gab es jedoch deutliche Lageunterschiede. So standen stagnierende Preise in einfachen Lagen überdurchschnittlichen Anstiegen in den sehr guten Wohnlagen gegenüber. Heute liegt der durchschnittliche Baulandpreis bei rund 200 Euro pro Quadratmeter für städtische Grundstücke. Neue Eigenheimsiedlungen entstehen derzeit schwerpunktmäßig in den Ortsteilen von Münster. So wurden im vergangenen Jahr die meisten Grundstücke in den Ortsteilen Albachten (Baugebiet Süd) und in Hiltrup (Messenstiege) veräußert. Derzeit verfügt die Stadt nur noch über ein sehr begrenztes Baulandpotenzial für die Errichtung von Eigenheimen, was sich im Wesentlichen auf Restflächen in bereits bestehenden Baugebieten beschränkt. Dem gegenüber steht eine rege Nachfrage.

Parallel zu den Grundstückskosten haben sich seit 2007 die Eigenheimpreise entwickelt, ein Plus von neun Prozent. Hier liegt der durchschnittliche Verkaufspreis heute bei gut 2 300 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Innerhalb der Stadt zeichnet sich in diesem Marktsegment ein überdurchschnittlicher Preisanstieg insbesondere in den Stadtteilen Gievenbeck, Neutor, Schloss und Sentrup ab. Hier kostet ein Eigenheim aktuell rund 2 800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Entsprechend des geringen Baulandpotenzials treten ältere Eigenheime zunehmend in den Fokus von Kaufinteressenten.

Stetig wachsende Einwohnerzahlen

Die überdurchschnittlichen Steigerungsraten bei den Immobilienpreisen und Mieten spiegeln die äußerst angespannte Marktsituation in Münster wider. Wie die Gebäude- und Wohnungszählung 2011 ergab, stehen nur etwa 1,6 Prozent der Wohnungen leer. Dies ist eine der niedrigsten Leerstandsquoten deutscher Städte.

Ursächlich für diese Situation sind vor allem die stetig steigenden Einwohnerzahlen. Heute leben in der Stadt Münster knapp 297 000 Personen2). Damit hat sich die Einwohnerzahl allein seit dem Zensus im Mai 2011 um 1,4 Prozent erhöht. Ursächlich für die positive Entwicklung ist einerseits die Tatsache, dass mehr Menschen geboren werden als sterben, andererseits auch eine positive Wanderungsbilanz. So sind in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich rund 2 400 Personen mehr nach Münster gezogen als weggezogen. Etwa 40 Prozent der Zuzüge entfielen auf die Altersklasse der 18 bis 24-Jährigen, was auf die hohe Bedeutung von Münster als Universitätsstadt zurückzuführen ist. Zum Wintersemester 2012/2013 waren rund 46 000 Studenten an den Hochschulen in Münster immatrikuliert. Innerhalb von fünf Jahren hat sich die Studentenzahl damit um nahezu sieben Prozent erhöht. Angelehnt an die Einwohnerprognose des Statistischen Landesamtes, die der Stadt bis zum Jahr 2020 einen Bevölkerungsanstieg auf knapp 310 000 Einwohner (Erstwohnsitze) prognostiziert, hat die Stadtverwaltung für Münster einen jährlichen Neubaubedarf von rund 1 500 neuen Wohnungen ermittelt.

Zuletzt wurde diese Größenordnung 2001 erreicht. In den Folgejahren wurden im Durchschnitt nur noch rund 900 Einheiten pro Jahr fertiggestellt (vergleiche Abbildung 2), wobei insbesondere der Mietwohnungs- und Eigentumswohnungsbau zum Teil gravierende Einbrüche zu verzeichnen hatte. Der Eigenheimbau präsentierte sich dagegen in diesem Zeitraum belebt.

Bedarfszahlen übersteigen Neubautätigkeit

Seit 2010 wird wieder mehr gebaut. In den vergangenen drei Jahren sind jeweils rund 1 300 neue Wohnungen entstanden. Hier schlägt auch die Errichtung mehrere Studentenappartementhäuser (unter anderem The Flag Münster One und Two mit insgesamt rund 330 Appartements) zu Buche. Gleichzeitig wurde 2012 jedoch das größte Studentenwohnheim in Münster abgerissen. Die "Boeselburg" mit insgesamt 720 Wohnheimplätzen wird zwar durch einen Neubau ersetzt, der jedoch rund 30 Prozent weniger Plätze bieten wird. Insbesondere im Geschosswohnungsbau - und hier speziell bei Mietwohnungen - wird dennoch spürbar zu wenig gebaut, zumal jährlich über 200 Wohnungen aufgrund von Abriss beziehungsweise Umnutzung vom Markt genommen werden.

Schätzungen der Stadt zufolge entfallen zirka 75 Prozent des Wohnungsbedarfs deshalb auf dieses Segment, also ein jährlicher Neubaubedarf von rund 1 100 Miet- und Eigentumswohnungen. Zum Vergleich: Im Zweijahresdurchschnitt 2010/2011 entstanden nur rund 780

Einheiten in Mehrfamilienhäusern. Diese Tatsache, gekoppelt mit den stetig steigenden Einwohnerzahlen, führt zu einem spürbaren Ungleichgewicht zwischen Wohnungsangebot und -nachfrage und hat in der Folge zu den bereits angesprochenen Preissteigerungen geführt. Die Einwohnerzahl von Münster wird bis Ende der Dekade deutlich stärker steigen als die von Düsseldorf und Köln. Als wesentliche Wachstumsmotoren sind dabei zu sehen:

- Arbeitsplätze. Die Stadt ist wichtiges Verwaltungs- und Dienstleistungszentrum in Nordrhein-Westfalen. Gleichzeitig hat sich Münster zu einem bedeutenden Wissenschaftsstandort mit zukunftsweisenden Technologien entwickelt. Einer aktuellen Studie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) ist Münster nach München und Stuttgart einer der führenden Wirtschaftsstandorte in Deutschland. Es ist deshalb mit einem anhaltend hohen arbeitsmarktbedingten Zuzug zu rechnen.

- Studenten. Münster zählt zu den größten und beliebtesten Hochschulstandorten in Deutschland. Angesichts des bevorstehenden doppelten Abiturjahrgangs ist in den nächsten Jahren mit einem weiteren Anstieg der Studentenzahlen zu rechnen. Bis zum Jahr 2015 wird ein Plus von rund 5 800 Studenten prognostiziert.

Eine Trendwende am Münsteraner Wohnungsmarkt ist trotz der sich abzeichnenden höheren Neubautätigkeit deshalb kurzfristig nicht abzusehen. Insbesondere auf dem Mietwohnungsmarkt sind weitere Engpässe zu erwarten, sodass hier mit einem anhaltenden Preisanstieg zu rechnen ist. Gleichzeitig gewinnen dadurch Eigentumswohnungen zur Kapitalanlage zusätzlich an Attraktivität.

Interessantes Potenzial für den Wohnungsmarkt bieten die Konversionsflächen der britischen Stationierungskräfte. Die Gesamtfläche von 36 Hektar (ohne Kasernen) verteilt sich auf 18 Standorte. Bebaut sind die Areale derzeit mit rund 800 Wohneinheiten. Je nach Standort werden die Möglichkeiten einer Neubebauung beziehungsweise einer Instandhaltung diskutiert und weiterentwickelt. Entsprechend der Vielfältigkeit können dabei alle Nachfragergruppen berücksichtigt werden.

Fußnoten

1) Alle im Bericht angegebenen Wohnungspreise und Mieten sowie deren Veränderungen wurden - sofern keine andere Quellen genannt sind - von vdp Research auf Grundlage der Transaktionsdatenbank ermittelt.

2) Statistisches Landesamt NRW, Bevölkerungsfortschreibung auf Basis Zensus 2011.

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