Kapitalanlage

Geschäftsstrategie als Determinante des Kurses von Immobilienaktien

Nachdem Immobilienaktien über viele Jahre haussiert hatten, gerieten sie 2007 in den Abwärtsstrudel fallender Kurse. So wie in der Hausse nur unzureichend zwischen den unterschiedlichen Geschäftsmodellen unterschieden wurde und fast jede Aktie mit Immobilienbezug Kursgewinne verzeichnen konnte, so differenzieren Investoren auch in der Baisse zu wenig. Institutionelle Investoren unterscheiden zwischen fokussierten und diversifizierten Immobilien-Aktiengesellschaften, wobei sich die Fokussierung auf einzelne Nutzungsarten oder auch auf Regionen bezieht. Während früher in Deutschland diversifizierte Gesellschaften stärker vertreten waren, haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend die fokussierten Gesellschaften durchgesetzt.

Blindlings verkauft

2007 haben Anleger große Summen ihres in Immobilienaktien investierten Vermögens abgezogen. Dabei war nicht das Geschäftsmodell der einzelnen Gesellschaften ausschlaggebend, sondern vielmehr die Zugehörigkeit zur Immobilienbranche. Insbesondere die US-Hypothekenmarktkrise hat bei Anlegern für viel Verunsicherung gesorgt. Blindlings wurden die Aktien von Immobilienunternehmen verkauft, ohne einen Blick auf das jeweilige Geschäftsmodell zu werfen.

Seit Anfang 2008 zeichnet sich eine Trendwende ab. Aktuell stehen dabei vor allem Immobilien-Aktiengesellschaften mit einem Fokus auf Wohnimmobilien hoch im Kurs. Im Vergleich mit Bestandshaltern von Gewerbeimmobilien haben Wohnimmobilien-Aktiengesellschaften kurz- und mittelfristig bessere Aussichten, da rückläufige Mieten im Gewerbebereich absehbar und Wohnungsmieten von der Rezession relativ unabhängig sind. Die Gefahr von Abwertungen ist bei Wohnimmobilien je nach Lage deutlich geringer als bei Gewerbeimmobilien. Entsprechend sind die Kurse vieler Wohnimmobilienaktien im Dezember 2008 gestiegen. Verstärkt wurde diese Entwicklung durch Karl Ehlerding, der Aktien von Wohnungsunternehmen wie Colonia Real Estate, Deutsche Wohnen und Gagfah Mitte Dezember als günstig bewertet bezeichnete.

Die stark unterschiedliche Entwicklung der Aktienkurse von Gewerbe- und Wohnimmobilien-Aktiengesellschaften zeigt, dass es für Anleger wichtig ist, nach Nutzungsarten zu differenzieren. Allerdings entwickeln sich auch die einzelnen Gesellschaften innerhalb einer Gruppe stark unterschiedlich. Für Anleger lohnt es sich, ganz genau hinzusehen.

Differenzierung nach Nutzungsarten wichtig

Bei auf Wohnimmobilien spezialisierten Unternehmen ist in einem ersten Schritt zwischen Bestandshaltern und Immobilienhändlern zu unterscheiden. Da bei Bestandshaltern die Bewertung des Immobilienvermögens eine entscheidende Rolle spielt, gab es dieses Jahr unter Analysten eine intensive Debatte über die zum Teil sehr hohen Wertzuschreibungen, die bei einigen Immobilien-Aktiengesellschaften ein Vielfaches der Mieterträge ausmachten. Der Gewinn von so manchem Unternehmen bestand sogar ausschließlich aus Aufwertungen der Immobilienvermögen.

Die Aufwertung der Immobilienbestände ist erst durch die internationalen Bilanzierungsvorschriften nach IFRS 40 ermöglicht worden. Hierbei müssen Immobilien im Anlagevermögen zum Marktwert bilanziert werden. Bei der Bilanzierung nach HGB sind lediglich die fortgeführten Anschaffungskosten anzusetzen. Investoren und Analysten sind oft der Meinung, dass die Wertzuschreibungen bei den Immobilien-Aktiengesellschaften nicht den Marktwerten entsprechen. Folglich liegen die Kurse der meisten Bestandshalter deutlich unter dem Nettoinventarwert (NAV).

Vier Gruppen

Dieses Thema spielt indes bei den Immobilienhändlern eine untergeordnete Rolle. Das Gros der Immobilien befindet sich bei diesen Unternehmen nicht im Anlage-, sondern im Umlaufvermögen. Immobilien im Umlaufvermögen sind jedoch von IFRS 40 ausgeschlossen und werden entsprechend nicht mit ihrem Marktwert angesetzt.

Bei der Gruppe der auf den Wohnimmobilienhandel fokussierten Immobilien-Aktiengesellschaften sind wiederum weitere Unterscheidungen zu treffen. Hier ist zwischen vier Gruppen zu differenzieren, wobei es durchaus auch Unternehmen gibt, die Erträge aus mehreren dieser Felder beziehen.

- Bei der ersten Gruppe handelt es sich um die "Pakethändler", bei denen das Gros der Erträge aus der Bündelung einzelner Mietshäuser und Wohnanlagen und der anschließenden Platzierung bei institutionellen Investoren resultiert. Dies war in den vergangenen Jahren ein äußerst ertragreiches Geschäft, das jedoch wesentlich volatiler ist als die nachfolgenden Geschäftsmodelle.

- Bei der zweiten Gruppe handelt es sich um Anbieter, die auf den Verkauf von Eigentumswohnungen an Mieter setzen. Das Geschäftsmodell der Mieterprivatisierung ist sicherlich vielversprechend, jedoch wurde das Potenzial für den Verkauf an Mieter vor allem von angelsächsischen Investoren zunächst stark überschätzt.

- Bei der dritten Gruppe handelt es sich um Anbieter von denkmalgeschützten Immobilien und Objekten in Sanierungsgebieten, die diese Objekte zusammen mit Modernisierungsverpflichtungen anbieten. Wegen der erhöhten Abschreibungen nach den §§ 7h und 7i des Einkommensteuergesetzes können die Anleger hohe Steuervorteile generieren. Dieses Geschäftsmodell hängt maßgeblich davon ab, dass diese beiden Paragrafen sowie auch der § 23 des Einkommensteuergesetzes, in dem die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei Immobilien geregelt ist, unverändert bleiben.

- Bei der vierten Gruppe handelt es sich um "Wandler" oder Privatisierer, die Mietshäuser erwerben, in Eigentumswohnungen aufteilen und an Kapitalanleger verkaufen. Steuerliche Gesichtspunkte spielen hier eine untergeordnete Rolle. Gleichwohl können hier durch anfänglich durchgeführte Modernisierungen beziehungsweise Instandsetzungsarbeiten steuerlich vorteilhafte Effekte erzielt werden, sofern die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zum anschaffungsnahen Aufwand sowie die Regelung in § 6, Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes beachtet werden.

Das zentrale Motiv der Anleger, vermietete Eigentumswohnungen als Kapitalanlage zu erwerben, ist bei diesem Geschäftsmodell nicht das Motiv, Steuern zu sparen, sondern die Einsicht, dass die gesetzliche Rentenversicherung zur Altersvorsorge nicht ausreicht und durch eine möglichst wertbeständige und Schutz gegen Inflation bietende private Vorsorge ergänzt werden muss. Ein Geschäftsmodell, das überwiegend auf dem Verkauf von Kapitalanlage-Eigentumswohnungen an private Anleger basiert, ist daher sowohl von der Änderung der steuerlichen Rahmenbedingungen wie auch von anderen äußeren Einflüssen weitgehend unabhängig, und die Erträge sind deutlich stabiler als bei anderen Modellen.

Flucht in Sachwerte

Aktuell profitiert dieser Bereich von einer zunehmenden Flucht in Sachwerte. Seit der Pleite von Lehman Brothers sind Anleger mit großem Geldvermögen sehr verunsichert und suchen ihr Heil in Sachwerten. Neben Gold zählen hierzu auch Wohnimmobilien, die im Unterschied zu anderen Immobilien-Nutzungsarten auch als weniger konjunktursensitiv gelten. Hinzu kommt, dass Privatpersonen bei entsprechender Bonität weiterhin problemlos einen Kredit zur Finanzierung von Wohneigentum erhalten. Die Kreditklemme betrifft lediglich institutionelle Investoren, die großvolumige Immobilienportfolios finanzieren möchten.

Investoren sollten bei Immobilienaktien die niedrigen Einstiegskurse nutzen. Ob es schon bald zu einer Erholung einzelner Titel kommt, hängt jedoch vom jeweiligen Geschäftsmodell ab. Bei Bestandshaltern ist die Gefahr von weiteren Abschreibungen bei den gehaltenen Immobilien nicht auszuschließen. Bei Wohnimmobilienhändlern sollten Gesellschaften gewählt werden, deren Fokus auf dem Verkauf von Wohnungen an private Kapitalanleger liegt und die weniger auf Portfolioverkäufe mit institutionellen Investoren angewiesen sind.

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