MIPIM Special

Gibt es noch Opportunitäten in der Immobilienfinanzierung?

Das Immobilienjahr 2012 ist noch jung. Jeder Marktteilnehmer hat noch ausreichend Zeit, Strategien umzusetzen, Businesspläne zu erfüllen oder einfach nur gute Deals zu machen, um das Jahr 2012 für sich zu einem guten Immobilienjahr zu machen. Ein Teil der Wertschöpfungskette hat sich in den letzten zwölf Monaten allerdings immer mehr zu einem limitierenden Faktor entwickelt: die Finanzierung.

Alle Marktteilnehmer sollten sich schnellstmöglich mit der Tatsache vertraut machen, dass diese Entwicklung erst an ihrem Beginn steht. Die regulatorischen Anforderungen an das Eigenkapital der Banken verschärfen sich weiter, die Liste der etablierten deutschen Immobilienfinanzierungsbanken, die das Neugeschäft fast oder gänzlich eingestellt haben, wird von Monat zu Monat länger.

Darunter viele Institute, die noch vor wenigen Jahren den Immobilienfinanzierungsmarkt quasi unter sich aufgeteilt haben. Auslandsbanken haben den deutschen Markt nahezu vollständig verlassen. Auf dieses schwierige Umfeld trifft innerhalb der nächsten drei Jahre der Refinanzierungsmarkt aus den Boomzeiten 2004 bis 2007. In dieser Zeit sind nicht nur die Bücher der Hypothekenbanken bis zum Rand gefüllt worden, sondern es ist zusätzlich allein in Deutschland ein Immobilienfinanzierungsvolumen von etwa 50 Milliarden Euro in einem seinerzeit neuen Produkt, den Verbriefungen, platziert worden.

Veränderte Vorzeichen

Die Bewältigung der in den nächsten Jahren anstehenden Prolongationen des Darlehensbestandes der Hypothekenbanken erscheint danach unproblematisch, eine Ausweitung des Geschäftes signifikant über den Betrag an jährlichen Tilgungen hinaus ist aufgrund des fast optimal ausgenutzten Kapitalrahmens allerdings unwahrscheinlich. Eine Kapitalaufstockung der Hypothekenbanken ist aufgrund der aktuellen Verfassung der Kapitalmärkte nicht zu erwarten, zumal weder überdurchschnittliche Renditeerwartungen noch, wie vor allem die letzten Jahre gezeigt haben, eine unerschütterliche Sicherheit für Investoren in Aussicht gestellt werden können.

Somit trifft das Neugeschäft auf ein weiter schrumpfendes Angebot. Die Banken haben seit 2007 bereits mit Personalanpassungen reagiert, die Kapazitäten zur Darlehensbearbeitung sind rar, die Prüfungszeiten für Kreditentscheidungen dauern wieder spürbar länger. Diese Verknappung führt bei den Anbietern zur Anpassung der Geschäftsmodelle, also zu einer ersten Realisierung von Opportunitäten. Die Qualitätsansprüche an das Kreditneugeschäft steigen und damit der Wunsch der Kreditinstitute ihr Kreditportfolio möglichst auf reine Core-Immobilien auszurichten. Diese Ausrichtung des Kreditmarktes auf nur einen kleinen Teil des Gesamtbedarfs mag aus Sicht der Immobilienbranche unbefriedigend sein. Dass sich nach Jahren, in denen der Markt von den Darlehensnehmern bestimmt wurde, die Vorzeichen auch ändern können, muss allerdings akzeptiert werden.

Was machen aber die übrigen 90 Prozent des Marktes, um sich mit Fremdkapital zu versorgen? Zumindest sollten sich diese Immobilieninvestoren in ihren aktuellen Finanzierungsgesprächen darauf einstellen, dass ihr Produkt nicht auf großes Interesse bei den Banken stößt.

Der Grund, warum sich eine Bank ein neues Immobilienrisiko auf die Bilanz nehmen sollte, muss klar ersichtlich herausgearbeitet sein, damit das Projekt überhaupt eine Chance auf Kreditierung hat. Die Cash-Flows von Bestandsimmobilien zu stabilisieren, sich aufgrund der Marktgegebenheiten auch mit dem Thema aller Voraussicht nach fallender Immobilienpreise zu beschäftigen und hohe Margen zu akzeptieren, sind sicherlich gute Voraussetzungen, um eine gemeinsame Gesprächsbasis mit den finanzierenden Instituten zu legen.

CMBS: Refinanzierungswelle rollt

Eher noch problematischer ist das Thema der anstehenden Darlehensausläufe der CMBS-Verbriefungen. Das Produkt der Verbriefungen ist seit 2007 fast gänzlich zum Erliegen gekommen, was den Darlehensnehmern die Option der Fortführung der Finanzierungen in diesem Produkt nach heutigem Wissensstand verwehrt. Da die Darlehensnehmer und die Investoren von CMBS sich allerdings in einem weitgehend unregulierten Umfeld befinden, können gemeinsam vereinbarte kurzfristige Zwangsprolongationen - oft unter Nichtberücksichtigung von Covenant-Breaches - einen Ausweg darstellen, der zumindest einen Zeitaufschub bis zu einer Verwertung ermöglicht. Eine Lösung ist dieses Vorgehen allerdings nicht.

Risiken und Opportunitäten fälliger Verbriefungen

Die CMBS-Darlehen befinden sich aktuell auf keiner Bankbilanz und die in den Boomjahren vergebenen Darlehen entsprechen bezüglich ihrer Darlehensausläufe, aber auch häufig aus der Sicht der Objekt- oder Strukturqualität nicht den Erfordernissen des Pfandbriefgesetzes. Selbst in einem funktionierenden Pfandbriefmarkt würde somit nur ein Teil der CMBS-Darlehen Pfandbriefniveau erreichen können. Der Rest könnte somit nur durch hohen Eigenkapitalnachschuss refinanzierbar gemacht oder alternativ durch Verkauf oder Vollstreckung verwertet werden. Dass dies nur unter signifikanten Preiszugeständnissen erreichbar wäre, liegt auf der Hand. Wo sollte also eine Bank in diesem Szenario ihre Opportunitäten sehen?

Seit den Boomjahren 2004 bis 2007 haben sich bereits viele Dinge den Marktgegebenheiten angepasst: Eigenkapital ist wieder ein allgemein akzeptierter Bestandteil einer Finanzierung geworden, dass Margen dreistellig sein können, ist mittlerweile auch akzeptiert, aber reicht das, um der Immobilienfinanzierung in der direkten Konkurrenz zu anderen Bankprodukten einen festen und verlässlichen Platz in den Bankbilanzen zu reservieren?

Hypothekenbanken sind im Vergleich zu Universalbanken in ihrer Produktpalette eingeschränkt, hier stellt sich die Frage hauptsächlich in Bezug auf die Steuerung der Gesamtinanspruchnahmen. Bei Universalbanken stellt sich eher die Frage, ob die Beschäftigung mit diesem Produkt überhaupt noch als Opportunität anzusehen ist. Andererseits sind die in den letzten 15 Jahren in den USA und seit 2003 auch vermehrt in Europa begebenen CMBS-Darlehen, sieht man von Exzessen in den Jahren 2006 und 2007 ab, durchaus bewusst in dieser Form refinanziert worden.

Angebote wie Non-Recourse-Darlehen, die Finanzierung internationaler Besitzstrukturen, die Bereitstellung hoher Darlehensausläufe weit über das Pfandbriefniveau hinaus, sowie die Kreditierungsmöglichkeit beispielsweise von mit Nachbarschaftserbbaurechten belasteten Immobilien oder Handelsobjekten, die ihre gewöhnliche Nutzungsdauer bereits erreicht haben, waren einige Gründe, die für das mit dem Pfandbrief konkurrierende Produkt sprachen.

Dies kann bei einer zukunftsorientierten Betrachtung mit den Geschäftsmöglichkeiten der Branche nicht außer Acht gelassen werden. Um die Refinanzierungsproblematik der nächsten Jahre zu lösen, ist die Wiederbelebung des CMBS-Marktes unabdingbar. Dies ermöglicht gerade den mit dem Produkt vertrauten Universalbanken die Wiederentdeckung eines Geschäftsfeldes und lohnt auch die Beschäftigung mit der Immobilienfinanzierung in den Zeiten, da Verbriefung noch als Teufelszeug angesehen wird.

Wiederbelebung des Marktes durch neue Produkte

Wenn es gelingt, ein CMBS 2.0 zu kreieren, das die Auswüchse der Exzesszeiten nicht mehr zulässt und durch entsprechende Transparenz das Vertrauen der Anleger wieder zurückgewinnt, ließe sich dieses Refinanzierungsproblem zum Wohle aller Markteilnehmer in den Griff bekommen. Die Frage bliebe lediglich, welche Institute haben noch das Knowhow und die Kapazität und wie schnell können wieder hohe Volumina verarbeitet werden und auch zu welchen Margen lassen sich die Darlehen realisieren? Dass dieses Szenario nicht komplett unrealistisch ist, hat der sich seit Ende 2010 langsam wieder belebende CMBS-Markt in den USA gezeigt.

Interessant ist hierbei die Tatsache, dass die in die neuen CMBS investierenden Käufer fast allesamt bereits Käufer der CMBS aus den Boomzeiten sind. Obwohl die Verbriefung pauschal verurteilt wird, scheinen die Investoren, die das Produkt verstehen und richtig einschätzen können an dieser Anlageklasse also weiter Gefallen zu finden.

Neue Teilnehmer zeigen sich auf dem Finanzierungsmarkt: die Versicherungsunternehmen. Die neuen Regulierungen nach Solvency II begünstigen die Anlage in Immobiliendarlehen im Vergleich zu Direktanlagen in Immobilien. Allerdings ist das Produkt gerade im Bereich Commercial Real Estate (CRE) für die Versicherer neu, entsprechende Bearbeitungskapazitäten und ein verlässlicher Marktüberblick sind noch nicht vorhanden. Die Konzentration auf Core-Immobilien, wie die Beispiele der Finanzierung der DB Zwillingstürme und des Silver Tower in Frankfurt zeigen, ist aktuell auch hier im Fokus. Allerdings lassen sich für die Banken dort Anknüpfungspunkte finden.

Die Aufteilung auch von CRE-Krediten in ein Seniordarlehen, vergeben von einer Versicherung, und ein Juniordarlehen, vergeben von einer Universalbank, lassen neben der Koppelung des Know-how auch eine Verbreiterung des Produktes über den reinen Core-Bereich hinaus zu. Bei einer verabredeten Zusammenarbeit von Instituten lassen sich Bearbeitungswege und Zeiten optimieren, sowohl der Versicherer als auch die Bank können für beide Seiten profitable Darlehen vergeben, ohne den Großteil der Investoren mit unrealistischen Qualitäts- oder Preisanforderungen zu frustrieren.

Kein Schnupfen, sondern eine Lungenentzündung

Der Immobilienfinanzierungsmarkt der Zukunft wird sich verändern, er wird mehr und mehr von Institutionen beherrscht werden, die sich kapitalmarktunabhängig finanzieren. Versicherungsunternehmen, Staatsfonds und andere Kapitalsammelstellen wie Hedgefonds oder auch mit Kundengeldern unterlegte Debt Fonds werden in der Zukunft einen wesentlichen Anteil am Immobilienfinanzierungsgeschäft ausmachen. Diese Produktanbieter werden aufgrund ihrer Refinanzierungsstruktur auch die Abkehr von den in den letzten Jahren so in Mode gekommenen Swaps wieder hin zu den altbekannten Festsatzdarlehen einleiten.

Die historische Rolle der Banken, ihre Bilanz für schmalste Margen dem Immobilienfinanzierungsgeschäft zur Verfügung zu stellen, wird sich zumindest im CRE-Geschäft noch dramatischer reduzieren. Das Alles ist nicht neu, die Tendenzen und Problematiken sind seit 2009 deutlich erkennbar und häufig Thema von Vorträgen und Diskussionen. Die Praxis in Kundengesprächen zeigt jedoch, dass das Thema zwar wahrgenommen, aber nicht auf das eigene Portfolio bezogen wird. Der Immobilienfinanzierungsmarkt hat allerdings keinen Schnupfen, er hat eine Lungenentzündung und die Erinnerung an die guten alten Zeiten, wenn sie auch erst wenige Jahre zurückliegen mögen, ist allenfalls noch nostalgisch.

Je zügiger und besser sich Immobilieninvestoren auf die Entwicklung der Marktgegebenheiten einstellen, desto schneller werden wieder Darlehensnachfragen an den Markt kommen, die das Interesse der Banken an einer Finanzierung wecken. Dann werden auch bei den Finanzinstituten wieder mehr Opportunitäten wahrgenommen und der Markt kann wieder an Schwung gewinnen. Eine Zeitschiene zu dieser Entwicklung lässt sich allerdings heute noch nicht absehen. Wir sollten angesichts der anstehenden Problematiken gemeinsam alles dafür tun, dass es schnell geht.

Frank Nickel , Mitglied des Vorstands, Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), Frankfurt am Main
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