Bausparen und Bausparkassen 2007

Grenzen des ökonomischen Kalküls in der privaten Altersvorsorge

Laut dem Titel eines Beitrags im Finanzteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 1. April 2006 ist der Deutsche "eine einzige Rentenlücke". Der Autor, Versicherungsexperte der Redaktion, geht dem Erscheinungstag entsprechend locker und mit einem guten Schuss Ironie an das Thema heran und kommt trotzdem - oder gerade deswegen - auf den Punkt: Für junge Menschen ist es wenig motivierend, für die Rente in zwanzig oder dreißig Jahren jetzt einen Großteil der verfügbaren Mittel Monat für Monat zu binden. "Bevor der Mensch in Rente geht, braucht er eine gute Ausbildung, später müssen Berufseinstieg, Auto, Familiengründung und unter Umständen ein Eigenheim finanziert werden", fährt er fort.

"Zu jung für Altersvorsorge"

Der Autor trifft die Stimmungslage einer Generation, die mit wachsender Rentnerzahl und daher steigenden Sozialbeiträgen auf der einen Seite und sinkenden Erwartungen für die eigene Rente auf der anderen Seite konfrontiert wird. Sie erkennt die Notwendigkeit, selbst zusätzlich vorzusorgen und wehrt sich gleichzeitig innerlich dagegen. Kein Wunder, dass ein gutes Fünftel der Befragten in einer Allensbach-Umfrage aussagte, sich noch zu jung zu fühlen, um sich mit dem Thema Altersvorsorge zu beschäftigen, merkte der Autor an. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Das Sparen für die Rente bleibt jungen Menschen ein fernes und wenig greifbares Ziel.

Der Jahresbeginn 2006 markierte eine Zäsur in der Wohnungsbaupolitik: Erstmals gab es in Deutschland keine individuelle klassische Förderung mehr für den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum. Ein bewährtes Instrument zuletzt in Gestalt der vielfach maßlos angefeindeten Eigenheimzulage - wurde ersatzlos aufgegeben. Dafür wurden die verschiedensten Gründe ins Feld geführt ("Bauen war gestern! "), in erster Linie jedoch waren fiskalische Überlegungen ausschlaggebend.

Die Abschaffung der Eigentumsförderung geht in ihrer Bedeutung weit über die Streichung eines der vielen Subventionstatbestände hinaus. Denn beim selbst genutzten Wohneigentum handelt es sich nicht um einen Vermögenswert einer bestimmten Klientel - den man staatlich fördern kann oder auch nicht -, sondern um die Zukunftschancen breiter Teile der Bevölkerung - denen sich die Politik zumindest annehmen sollte.

Zukunftschancen deshalb, weil mittlere Einkommensgruppen in der Regel nur über das Immobilieneigentum einen Vermögensaufbau leisten können. Immobilieneigentum wird von der überwältigenden Mehrheit der Gesellschaft über alle sozialen Grenzen hinweg nicht nur als Funktionalität für das Wohnen, sondern als Lebenstraum und Statussymbol, als Form der Selbstverwirklichung, als Freiheit von Fremdbestimmung und nicht zuletzt als emotional akzeptierte Vorsorge für das Leben im Alter wahrgenommen (siehe Abbildung 1).

Um die Zukunft der Altervorsorge- und Sozialsysteme, speziell der Generationen-vertrag-gestützten Systeme, wird in Deutschland seit Jahren gerungen. Mit den Rentenreformschritten der jüngsten Vergangenheit hat der Staat erste Antworten auf die existenzielle Frage unserer Gesellschaft gegeben, wie die materielle Substanz unserer Gesellschaft, wie die Frucht von Arbeit, Fleiß und Ehrgeiz in nicht einmal allzu ferner Zukunft angesichts gravierender demografischer Veränderungen gesichert werden kann.

Der Gesetzgeber hat diese Antwort vorerst auf die gesetzliche Rente beschränkt und hauptsächlich mit der "Riester-Rente" eine staatliche Subventionierung der privaten Altersvorsorge eingeführt. Vor dem Hintergrund der Wirkungen von Wohneigentum, aber auch der Erwartungen und Wünsche der Menschen, ist es (politisch) jedoch völlig unverständlich, dass die "eigenen vier Wände" bisher aus der Altersvorsorgeförderung ausgeklammert sind.

Die "Riester-Rente" hat andere Funktionen als die Wohnimmobilie

Die Rentenreform von 2001 hatte das Ziel, den auf Grund der demografischen Entwicklung unvermeidbaren Anstieg der Rentenbeiträge einzudämmen. Dazu wurde das gesetzliche Rentenniveau von damals 70 auf zirka 67 Prozent des Nettoeinkommens im Jahr 2003 abgesenkt. Nachfolgende Rentenreformschritte haben das Rentenniveau weiter abgesenkt. Im Gegenzug erhalten Arbeitnehmer die Möglichkeit, einen begrenzten, staatlich geförderten Teil ihres Einkommens in einen privaten Altersvorsorgevertrag einzuzahlen. Bei der "Riester-Rente" handelt es sich demnach um eine ersetzende Rente, die allein dazu ausgelegt ist, die durch die Rentenreformen in der gesetzlichen Rente verursachte Lücke zu schließen.

Am Ende eines jahrzehntelangen Riester-Sparprozesses fließt eine Rente, die das vorhandene Altersvorsorgekapital restlos aufzehrt. Unverbrauchtes Kapital - wenn der Rentner vor Erreichen der durchschnittlichen statistischen Lebenserwartung verstirbt - fällt der Gemeinschaft der "Riester-Sparer" anheim. Damit hat die "Riester-Rente" Eigenschaften, die an das Umlageverfahren der gesetzlichen Rente erinnern und keineswegs zwingend für eine Kapital gedeckte Altersvorsorge sind. Darüber hinaus stellt das Altersvorsorgekapital im Vergleich zu den eigenen vier Wänden kein gleichermaßen verfügbares und individuelles Eigentum dar.

Weil Beiträge zur "Riester-Rente" in der Sparphase vom Staat durch Zulagen und/oder bis zu einem Höchstbeitrag als Sonderausgaben steuerlich gefördert werden, sind die Renten in der Leistungsphase zudem voll steuerpflichtig.

Unterschiedliche Erwerbsmotive

Die Wirkungen des Wohneigentums für die Altersvorsorge unterscheiden sich von denen der "Riester-Rente" grundsätzlich, die Erwerbsmotive sind völlig anders gelagert: Bauherren und Käufer entscheiden sich für eigene vier Wände, weil sie echtes Eigentum schaffen.

Dieses Eigentum ist erlebbar und kann vererbt werden. Es sind emotionale Gründe (siehe Abbildung 2), durch die Altersvorsorge durch Wohneigentum leichter fällt und gleichwohl extrem wirksam ist. Wer im Rentenalter mietfrei in entschuldeten eigenen vier Wänden wohnt, hat "mehr" von seiner Rente.

Der Vorteil des mietfreien Wohnens im Eigentum beläuft sich im Bundesdurchschnitt auf zirka 570 Euro monatlich, der durch Instandhaltungsaufwendungen von 117 Euro pro Monat nicht entscheidend eingeschränkt wird. Anders als die "Riester-Rente" verhält sich Wohneigentum auch bei der Steuer- und Abgabenbelastung. Im Unterschied zu Renteneinkünften werden weder die selbst genutzte Immobilie noch deren Nutzwert steuerlich erfasst oder sind sozialversicherungspflichtig.

Natürlich wollen nicht alle Mieter Wohneigentümer werden. Doch jeder heute erwerbstätige Bürger stellt sich die Frage, womit er im Alter die Wohnkosten - den größten Posten in den Ausgaben von Rentnern - bestreiten will. Um mit Wohneigentümern gleichziehen zu können, müssten Mieter während des Erwerbslebens eine entsprechende Kapitalsumme aufbauen, die ausreicht, um die Wohnkosten lebenslang zu decken. Die "Riester-Rente" ist dafür untauglich. Denn sie ist lediglich Ersatz für Kürzungen in der gesetzlichen Rente, keinesfalls aber zusätzliche Altersvorsorge. Das Immobilienvermögen von Eigentümern hingegen generiert unter allen Umständen einen Zusatznutzen, nicht nur während der Nutzung des Objekts, sondern auch, wenn es im Alter verkauft werden soll oder muss. Der Erlös lässt sich jederzeit lebenslang verrenten. In der Förderpolitik zur Altersvorsorge klafft - systembedingt - die "Immobilienlücke". Die Politik hat das Problem erkannt, die große Koalition konnte im November 2005 im Koalitionsvertrag vereinbaren, dass die selbst genutzte Wohnimmobilie ab 2007 "diskriminierungsfrei" in die "Riester-Förderung" einzubeziehen sei. Um dieses Ziel wird seither gerungen. Das bisher bei der "Riester-Rente" vorgesehene Zwischenentnahmemodell erfüllt die Forderung nach einer diskriminierungsfreien Gleichbehandlung des Wohneigentums nicht. Es sieht vor, dass "Riester-Sparer" bis zu 50 000 Euro aus ihrem "Riester-Vermögen" für den Erwerb von Wohneigentum entnehmen dürfen. Mit der Rückzahlung muss jedoch bereits nach Ablauf von zwei Jahren nach Auszahlung in gleichmäßigen Raten begonnen werden. Das führt für Immobilienerwerber zu untragbaren Belastungen in der Tilgungsphase.

Die Bausparkassen haben ein eigenes Modell "So Fa" vorgelegt. Es sieht vor, dass Wohneigentumsinteressenten die Sparleistung und die Förderung ihrer "Riester-Verträge" zeitweise auf das Sparen für den Wohneigentumserwerb umlenken dürfen. Nach Ende der Finanzierung wird die Besparung des "Riester-Vertrages" wieder aufgenommen. Eine nachgelagerte Besteuerung des Immobilienvermögens findet nicht statt (daher "So Fa": "sofort ohne Finanzamt").

Die Besteuerung soll durch eine Beschränkung der "Riester-Förderung" auf 80 Prozent und die Nichtzulassung des Sonderausgabenabzugs pauschal abgegolten werden. Das Verfahren mutet einfach, transparent und unbürokratisch an. Die Finanzämter hätten lediglich die wohnungswirtschaftliche Verwendung des Kapitals zu prüfen, die Zulagenstelle weist 80 Prozent der Zulagen zu.

Dem gegenüber steht das Modell der wohnungswirtschaftlichen Spitzenverbände unter dem Namen "Ka NaPe" (Kapitalstock zur Kalkulation der nachgelagerten persönlichen Einkommensbesteuerung). Es sieht die Auszahlung von angespartem "Riester-Vermögen" für den Bau oder Kauf von Wohneigentum vor.

Kompromisse gesucht

"Riester-Rente" und selbst genutztes Wohneigentum sind keine Gegensätze, sondern Altersvorsorgeinstrumente mit unterschiedlichen Wirkungen, die zu einem sinnvollen Policy-Mix kombiniert werden können. Einen überaus praktikablen Kompromiss beinhaltet das "Positionspapier zur Integration der selbst genutzten Wohnimmobilie in die geförderte private Altersvorsorge", das von der Unionsfraktion im April 2006 verabschiedet wurde.

Der Vorschlag schwenkt auf die Linie einer transparenten und schlanken Regelung ein. Darlehensverträge für die selbst genutzte Immobilie sollen neben die bisher begünstigten Altersvorsorgeprodukte treten, indem die Tilgungsleistung bei der Förderung gleich gestellt wird. Eine nachgelagerte Besteuerung ist nicht vorgesehen, die Steuerzahlung soll vorab pauschal abgegolten werden. Mit diesem Vorschlag würde für die Bürger eine echte Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Formen der Altersvorsorge hergestellt werden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X